Filme aus dem September 2021

Bis an die Grenze (Drama)

 

4 Menschen, 4 persönliche Probleme und eine Nacht. In dieser Buchverfilmung sorgt ein einfacher Transport für viel Gesprächsstoff.

 

Die drei Pariser Polizisten Virginie (Virginie Efira), Erik (Grégory Gadebois) und Aristide (Omar Sy) sind gezwungen, einen ungewöhnlichen Auftrag anzunehmen: Um seine Abschiebung zu vollziehen, müssen sie einen Asylbewerber aus Tadschikistan zum Flughafen fahren. Auf dem Weg dorthin erkennt Virginie, dass ihr Inhaftierter den Tod riskiert, wenn er in sein Land zurückkehrt. Angesichts dieser unerträglichen Gewissheit versucht sie, ihre Kollegen davon zu überzeugen, ihn fliehen zu lassen.

 

 

2016 erschien die Novelle "Die Polizisten" von Hugo Boris und sorgte vorallem in Frankreich für begeisterte Leserschaften. Zugegeben, das Buch habe ich nie gelesen und kann daher keinen Vergleich ziehen. Liest man sich jedoch die ein oder andere Filmkritik durch wird immer wieder bemängelt das Regisseurin Anne Fontaine deutlich zu wenig aus der starken Vorlage gemacht haben soll. Sieht man sich "Bis an die Grenze" auch ohne Kenntnis der Romanhandlung an fallen die eklatanten Schwächen auf, mit denen der Arthausfilm zu kämpfen hat. Das fängt allein damit an wie die vier relevanten Charaktere eingeführt werden, Ihre Geschichte erzählt wird und gemeinsame Zusammenhänge einen Platz finden. Anstatt hier auf eine glaubwürdige Einarbeitung im logischen Ablauf zu setzen präsentiert Fontaine quasi vier Minikapitel, die sich zeitlich überschneiden und gewisse Szenen aus verschiedenen Blickwinkeln zeigen.

 

Somit springt die Handlung wild im Zeitstrang hin und her wodurch sich der Zuschauer anfangs nicht so richtig auskennt was das  Ganze nun soll und welche Thematik der Film behandelt. Der doppeldeutige Filmtitel tut sein übriges dazu. Handelt es sich bei "Bis an die Grenze" um einen Film über Polizisten die körperlich und psychisch an Ihre Grenzen geraten oder um eine Landesgrenze. Schließlich haben Virginie, Aristide und Erik massive private Probleme und müssen nach einem an sich schon langen Tag nun noch eine Extraschicht schieben. Auf der anderen Seite haben wir den Flüchtlich Tohirov, der in seiner Heimat offenkundig misshandelt wurde und bei erneuter Einreise um sein Leben fürchten muss.

So weit so gut, daraus hätte man definitiv einen eindringlichen, durchaus spannenden und nachwirkenden Film im Genre des Dramas machen können, sofern man das Zusammenspiel der einzelnen Schicksale in den Mittelpunkt stellt.

 

Regisseurin Fontaine hat aber etwas anderes vor und inszeniert das Grundszenario auf eine sehr vorhersehbare, langatmige und phasenweise langweilige Art, wegen derer sich die knapp 100 Minuten Laufzeit ziemlich lange anfühlen (habe ehrlich gesagt 3x auf die Uhr gesehen). Hinzu kommen ein unpassender Zynismus sowie unnötig platzierter schwarzer Humor, die zwar für einige Lacher sorgen, aber meines Erachtens in einem Film dieser Machart nichts zu suchen haben. Es verfestigt sich der Eindruck als ob Fontaine letztendlich unsicher war welche Richtung nun die Richtige sei.

Die internen Konflikte kommen insgesamt viel zu kurz und werden zum Ärgernis der Zuschauer auch nur halbherzig hervorgehoben. So bleibt am Ende die Autofahrt (etwa 30 Minuten) als großes Highlight übrig, bei der das Belauern, das Abtasten sowie die sich ständig ändernden Loyalitäten wirklich überzeugen können. Damit können selbst jene Betrachter etwas anfangen, die das Buch nicht kennen.

 

Der angestaute Frust, die psychischen und körperlichen Belastungen der Polizeiarbeit und die nun vorherschende Ausnahmesituation erleben während dieser Phase genau die Intensität und moralische Bedeutung, welche man sich über die gesamte Laufzeit gewünscht hätte.

Abseits seiner einzig wirklich sehenswerten Momente bleibt der Film ein insgesamt nicht besonders passendes Werk aus fehlender Figurentiefe/nicht nachvollziehbaren Entscheidungen gepaart mit einer gerade zum Finale hin unglaubwürdigen Story (seit wann kann eine einfache Polizistin eine geplante Abschiebung verhindern?) und der verkorksten Darstellung von ordentlicher Polizeiarbeit (Virginie öffnet während der Fahrt einfach die Akte und später hält man an um bei KFC etwas zu essen). Sicherlich dienen einige augenscheinlich merkwürdige Momente ausschließlich dem einen Zweck um die sowieso schon angespannte Situation noch heikler werden zu lassen.

 

Beweisen die durchaus namhaften Darsteller Ihr schon vielfach gezeigtes Können, verblast dies im Schatten der schwachen Figurenzeichnung und deren wenig plausiblen Handlungen größtenteils. Virginie Efira (bekannt aus "Ein Becken voller Männer" oder "Sibyl") spielt die schwangere Virginie (das Baby stammt aus der Affäre mit Ihrem Kollegen), die bereits Mutter eines 18-Monate alten Babys ist und aufgrund des Akteninhalts Gewissenbisse bekommt. Auf der Wache wird Sie meist "Miss Norwegen" genannt und wirkt oft gedankenlos mit leerem Blick und unglücklichen Gesicht.

Als Aristide ist Omar Sy zu sehen, der ein Lebemann ist und keine langfristigen Beziehungen eingehen kann/will. Dennoch veriebt sich der Polizist, welcher einst als Einwanderer nach Frankreich kam und unter Panikattacken leidet in seine attraktive Kollegin weshalb er grundsätzlich eher zu Ihr steht und bereit ist dienstliche Befehle zu missachten.

Als konsequent nach Vorschrift handelnder Gesetzteshüter gilt Erik, gespielt von Gregory Gadebois, der in einer schlimmen Ehekrise steckt und in Verbindung mit seinem stressigen Job kurz davor ist durchzudrehen.

Payman Maadi als Flüchtling Tohirov spricht sehr wenig, macht aber stets einen ängstlichen und bemitleidenswerten Eindruck, wodurch man Ihm abkauft ein politsch verfolgter Flüchtling zu sein, welcher in einer Nacht und Nebelaktion trotz fehlendem Urteil vom europäischen Gerichtshof abgeschoben werden soll.

 

Wie bereits erwähnt machen die vier Hauptakteure das Beste aus der Situation und liefern den Beweis, dass ein richtig guter Darsteller aus einer schwachen Rolle zuminderst etwas authentisches machen kann.

Dank langer Sequenzen, bei der sich eine ruhig geführte Kamera hervortut strahlt "Bis an die Grenze" durchweg ein ruhiges Gefühl aus, das während der Autofahrt mehr Puls und Intensität erhält. Ansonsten erleben wir einen französischen Streifen im besten Arthaus-Look mit interessanten Blickwinkeln, kräftigen Farben und  der Handlung angepassten Kontraste was das Design/Spektrum der Settings betrifft. Die allermeisten Szenen gleichen sowieso einem Kammerspiel und finden auf recht begrenzen oder engen Raum statt. Und das obwohl wir uns mitten in Paris befinden. Effekte sucht man vergebens wie auch gewalttätige Szenen. Lieber stellt man den Tod eines Babys als skurriles Erlebnis in Leben eines Polizisten dar.

Also rein technisch definitiv ein Werk im oberern Bereich, dass jedoch beim Soundtrack sehr auf franzözische Straßenmusik setzt und ansonten wenig innovatives zu bieten hat. Gerne hätte ich mehr positives aufgezählt, aber davon gibt es in meinen Augen leider nichts mehr.

 

Fazit: Trotz namhafen Cast, der wirklich alles gibt gelingt es Anne Fontaine nur ganz selten einen glaubwürdigen Film auf die Leinwand zu bringen, der zudem viel zu zynisch daherkommt und unnötig mit schwarzem Humor arbeitet.

 

Bewertung:

Genre: 5.5 von 10 Punkten

Gesamt: 4 von 10 Punkten

 

Je Suis Karl (Drama/Thriller)

 

Nach "Und morgen die ganze Welt" kommt der nächste politisch hochbrisante Thriller im deutschen Genrebereich in die Kinos.

 

Ein Terroranschlag in Berlin erschüttert Deutschland. Ganz direkt betroffen ist Maxi (Luna Wedler). Sie hat ihre Mutter, ihre zwei jüngeren Brüder und ihr Heim verloren. Nur sie und ihr Vater Alex (Milan Peschel) haben überlebt. Beide versuchen nun einen Weg zu finden, wie sie mit ihrer Trauer umgehen können. Doch nichts scheint zu helfen. Beide sind traumatisiert, vor allem Alex, der das Paket angenommen hat, in dem die Bombe war. Erst durch die Mitarbeit bei einer politischen Bewegung findet Maxi neuen Lebensmut, denn dort lernt sie den charismatischen Studenten Karl (Jannis Niewöhner) kennen, der sie mit auf ein europäisches Studententreffen in Prag nimmt. Er hilft ihr, mit ihrer Angst und ihrem Trauma fertig zu werden. Doch Karl hat große Pläne, Europa zu verändern und Maxi ist der Schlüssel. Und Maxi erkennt in ihrer Wut und Trauer nicht, mit wem sie sich da eingelassen hat...

 

Wir leben in Zeiten wo politische Radikalgruppen weltweit an Bedeutung gewinnen, egal ob im linken oder rechten Spektrum. Der 2020 erschienene "Und Morgen die Ganze Welt" hat sich auf eine linke Gruppierung konzentriert, in der sich ein kleiner Kern radikalisiert hat und die junge Protagonistin ahnungslos immer tiefer hineingezogen wird um am Ende doch noch die Kurve zu bekommen.

Ein ähnliches Prinzip wendet nun Christian Schwochow bei seinem Thriller an, nur eben auf der anderen Seite der politischen Karte. Wieder haben wir eine junge Frau, wieder eine radikale Gruppe und wieder zieht es die ahnungslose (oder blinde) Figur in Kreise hinein, welche man besser meiden sollte. Doch der Regisseur und sein Drehbuchautor Thomas Wendrich denken etwas größer und verpassen Ihrer rechten Gruppe eine europäische Ebene und lenken die Geschicke mit Anschlägen.

 

Alles beginnt mit einer extrem wackeligen Handkamera und zeigt ein Paar das einem Syrer die Flucht von Tschechien nach Deutschland ermöglicht. So richtig kann man diese Einleitung lange Zeit nicht interpretieren, da man ja weiß wie es zum schrecklichen Anschlag kam. Denn diesen zeigt Schwochow aus gleich mehreren Blickwinkeln und nutzt diesen als Startpunkt für eine verhängnisvolle Begegnung, die sinnbildlich für so viele im richtigen Leben steht. Zudem spielt er mit den vorherschenden Klischees zum Thema "Terroranschläge", weshalb das perfide Treiben der radikalen Studentenbewegung mit Ihrem charismatischen Anführer Karl so extrem authentisch aussehen lässt.

Die Neuen Rechten sind nicht mehr vergleichbar mit den Nazis der 1990er Jahre: Ihr Aussehen ist dabei ebenso unscheinbar wie auch die Wortwahl. Vorbei sind die Zeiten von Glatze, Springerstiefel und plumpen "Ausländer raus"-Rufen (wobei es solche Menschen immer geben wird) da man genau weiß wie man die Menschen heutzutage einfangen kann.

 

Die Ziele sind weiterhin dumm und menschenverachtend, der Weg dahin aber eleganter. Genau hierfür nimmt sich der Film auch viel Zeit und lässt seine Handlung an Orten stattfinden, die wohl jeder von uns kennt oder gerne besucht. Das große Treffen findet in Prag an der Universität statt, die finale Brandrede in einem Fernsehstudio in Straßburg/Frankreich. Besonders jene Momente in denen deutlich wird wie Karl oder seine Freunde mit Ihrer geschickten Sprache deren menschenverachtende Gesinnung zum Ausdruck bringen sollen fassungslos machen und gleichzeitig aufklären. Die Masche ist immer die gleiche und in gewisser Weise kann man Maxi auch keinen Vorwurf machen. In Ihrer Trauer und Wut ist die junge Frau sehr empfänglich für so simple Parolen und Andeutungen.

 

Daher ist es auch nicht verwunderlich wie schnell Sie sich vor der Karren der Gruppierung spannen lässt um deren Sprachrohr und vorzeigbares Opfer zu werden. Hinzu kommt ein weiterer entscheidender Fakt; Maxi und Karl verlieben sich und haben eine heiße Affäre. Wohin das führt zeigen die Bilder im letzten Drittel, die zudem klar eine Anspielung auf das Treiben von Marie Le-Pen in Frankreich sind, zumal die französische Gruppe eine zentrale Rolle spielt. Schwochow nimmt einfach eine jüngere Version von Le-Pen womit es perfekt zur Studentenbewegung passt. Das ekeleregende Spiel geht sogar auf, wenngleich sich die Macher hier zu sehr an amerikanischen Verhältnissen orientiert haben, und die Masken fallen endgültig. Es fehlt jedoch ein befriedigender Abschluss bzw. jenen gelebten Sinneswandel der Hauptfigur mit dem "Und Morgen die Ganze Welt" am Ende für ein klares Zeichen gegen politschen Terror gesetzt hat. So lässt man den Zuschauer etwas ratlos zurück und verwehrt der ansonsten stark geschriebenen Story ein eindeutiges sowie aussagekräftiges Ende, dass zudem ziemlich offen daher kommt.

 

Während viele Filme mit politischer Botschaft oftmals zu sehr auf Äußerlichkeiten achten, geht man bei "Je Suis Karl" einen etwas anderen Weg und legt den Fokus auf Maxi und Ihre "Beziehung" zu Karl, mit all ihren emotionalen Höhen und Tiefen sowie einer romantischen Ader. Daher verwundet es auch nicht, das der Film ein eher langsames Tempo aufweist und es ausschließlich um die einzelnen Charaktere gehen soll.

Diese werden durch die Bank sehr überzeugend gespielt und dienen als Beleg dafür, mit welch tollen Darstellern der deutschsprachige Raum gesegnet ist.

Über Luna Wedler braucht man eigentlich nicht mehr viel sagen, verkörpert Sie doch seit Jahren Figuren mit anspruchsvollen Charaktereigenschaften. Und da die junge Darstellerin solche Rollen einfach kann verwundert es kaum, dass Wedler Maxi alle relevanten Facetten verleiht und diese unfassbar ausdrucksstark zur Geltung bringt.

 

Mit dem charismatischen und hoch freundlichen Karl kann Jannis Niewöhner zeigen, dass er die bösen Jungs auch spielen kann. Obwohl man rein optisch und vom Auftreten her nicht glauben kann welch kranke Gedanken Karl besitzt, ist doch Niewöhner's Performence der beste Beweis für das Auftreten der neuen Rechten in Europa. Immer dann wenn man meint die Person muss doch einfach eine gute Seele haben, kommt das Sprichwort zum Einsatz das "Stille Wasser tief sein können"

Endlich mal nicht in einer Blödelrolle sieht man Milan Peschel, der den traumatisierten und traurigen Vater Alex spielt, den der Anschlag ebenfalls aus der Bahn wirft. Im Gegensatz zu seiner Tochter kann er seine Wut im Zaum halten und rational Denken, wenngleich er (verständlicherweise) seltsame Dinge macht, weshalb es zum Streit mit Maxi kommt.

Etwas wenig Spielzeit erhält Edin Hasanovic, der einen italienischen Fanatiker spielt und zum inneren Zirkel der Gruppe gehört. Daher fällt eine fundierte Aussage zu seiner Darbietung schwer, wie auch zu den anderen namentlich erwähnten Nebenfiguren.

 

Auf der technischen Seite besticht "Je Suis Karl" mit klaren Bildern und kräftigen Farben sowie aussagekräftigen Kontrasten der einzelnen Handlungsorte bzw. Handlungsstränge. Die Kamera nimmt zwar immer die Rolle eines Beobachters ein, zeigt das Geschehen aber oftmal aus Sicht von Maxi oder Alex. Dabei erkennt man die Idee des Regisseurs, seine Charaktere stets im Fokus zu behalten um dabei auch deren Emotionen einzufangen. Regelmäßig streut Schwochow auch Handyvideos bzw. Livestreamaufnahmen ein, womit sein Film definitiv darauf abzielt, ein jüngeres Publikum erreichen zu können. Als Nebeneffekt wird aufgezeigt, dass die neuen Rechten heutzutage eben mit sozialen Medien arbeiten um dort aktiv auf sich aufmerksam zu machen. Begleitet werden die starken Bilder von einem ebenso guten Soundtrack, der sich sehr an aktuellen Musiktrends orientiert und mit teilweise vielsagenden Texten versehen sind, die klar machen, mit welch simpler Sprache man die Massen heute für sich begeistern kann um am Ende das Feuer zu entfachen. Genau diese Eskalation suchen Karl und Co. und wollen europaweit die Macht mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen übernehmen, womit "Je Suis Karl" im Finale von seinem eingeschlagenen Weg abweicht, um wieder das Verhalten der "alten" Rechten aus der Mottenkiste zu holen.

 

 

 

Fazit: Besonders dank seiner starken zweiten Filmhälfte liefert dieser deutsche Genrefilm einen unheimlichen und erschreckenden Einblick in die Welt der Neuen Rechten, wenngleich das Finale etwas zu amerikanisch daher kommt.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Schachnovelle (Drama/Thriller/Historie)

 

Die 1941 erschienene und gleichnamige Novelle von Stefan Zweig bekommt 2021 eine neue Verfilmung fürs Kino.

 

Als Wien 1938 von den Nationalsozialisten besetzt wird, versucht der Anwalt Josef Bartok (Oliver Masucci) noch zusammen mit seiner Frau Anna (Birgit Minichmayr) in die USA zu fliehen, doch die Mühe war umsonst – er wird von der Gestapo verhaftet und ins Hotel Metropol gebracht. Da Bartok das Vermögen des Adels verwaltet, soll er im Hauptsitz der Geheimen Staatspolizei dem Leiter der Behörde Franz-Josef Böhm (Albrecht Schuch) Zugang zu einigen Konten der Aristokraten ermöglichen. Der Jurist ist jedoch standhaft und weigert sich, egal in welcher Form auch immer, mit der Gestapo zu kooperieren. Die anschließende Isolationshaft zermürbt Bartok zunehmend. Als er zufällig in Besitz eines Schachbuches gerät, beginnt sich das Blatt zu wenden...

 

Bereits 2019 konnte man Oliver Masucci in einer Buchverfilmung sehen, in der es thematisch um das dritte Reich ging und konnte mit "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" auf den letzten Metern des Jahres noch den Platz 1 in meinem Ranking erziehlen. Nun sieht man Masucci in "Schachnovelle", der Verfilmung der gleichnamigen Novelle von Stefan Zweig, die zur Zeit des Anschlusses von Österreich ans deutsche Reich spielt und autobiografische Züge enthält.

Auch hier kann ich keine Vergleiche zur literarischen Vorlage machen, da ich diese nicht gelesen habe und mich ausschließlich auf die Eindrücke des Films konzentrieren werde. Vorneweg sei gesagt das "Schachnovelle" nicht auf Platz 1 meiner Hitliste 2021 landen wird, obwohl das Werk einen starken Eindruck hinterlassen hat.

Ich würde definitiv jedem empfehlen sich dieses eindrucksvolle Historienkino anzusehen, besticht Phillipp Stölzl's Werk doch mit einer unfassbaren Bildsprache und starker Kameraarbeit.

 

Den Inhalt der Novelle muss man beim Kinobesuch nicht zwangsläufig kennen, erfährt der Zuschauer doch recht schnell die inhaltliche Thematik. Einzig deren Auswüchse in Wahnvorstellungen und der Frage ab wann Zeit- und Bewusstseinsebenen kollidieren bzw. verschmelzen zeigen sich erst im Verlauf der Handlung auf. Im Anschluss an eine fast schon witzige und lockere Einleitung, bei der man die typische Wiener Lebensart spührt, findet man sich im düsteren dritten Reich wieder, was sich allein schon anhand der nun vorherschenden Farben zeigt, die sich allesamt im dunklen und tristem Spektrum befinden. Selbst hier baut Stölzl noch den ein oder anderen humorvollen Satz ein den der noch gut gelaunte Josef raushauen kann bevor Ihm klar wird das der Spaß nun vorbei ist.

Regelmäßig wechselt das Geschehen die Perspektive und damit auch den Handlungsort. Vom Hotelzimmer und Isolationshaft zum Passagierschiff mit Kurs auf Amerika, der angepeilten neuen Heimat des Anwalts und seiner Frau.

 

Ob es sich dabei um eine Erzählung auf verschiedenen Zeitebenen handelt (und Josef auf der Reise sich nur stets an die Vorkommnisse in Wien erinnert) oder eine fiktive Gedankenwelt handelt bleibt quasi bis zum Finale völlig unklar und wird mit Unstimmigkeiten und verwirrenden Richtungswechseln noch befeuert. Zumal mit Fortschreiten der Handlung immer skurrilere Szenen auf dem Dampfer entstehen, die eigentlich nur das Produkt eines Verstandes sein können, der sich immer mehr in Richtung Wahnsinn entwickelt. Genau das muss der Notar/Anwalt Josef auch am eigenen Leib erfahren, wollen Ihn doch die Nazis bzw. die Gestapo mit Folter und Haft brechen um an dessen Geheimnisse zu kommen. Der Leidensweg nimmt somit die zentrale Rolle dieses historischen Thriller-Dramas ein und stellt somit die größte Abweichung zur literarischen Vorlage dar, wie von einigen Seiten bemängelt wird.

 

Persönlich fand ich diese Fokussierung jedoch ziemlich klug gewählt, zeigt sie doch eindrucksvoll wohin man kommt wenn andere einem zermürben wollen, koste es was es wolle. Mit dem Diebstahl des Schachbuches (als sich ein anderer Häftling aus dem Fenster in den Tod stürzt) beginnt der Wahnsinn dann erst so richtig, Realität und Fiktion verschwimmen zusehens und Josef verliert seine humoristische Art mit dem Geschehen umzugehen. Aber wenn ein Film schon Schach im Titel hat sollte das Strategiespiel auch einen entsprechend prominenten Platz innerhalb der Geschichte bekommen, weshalb vorallem im letzten Drittel viel Zeit verwendet wird um darauf einzugehen. Dabei kommt folgender Aspekt zum Tragen, dass Stölzl sich für eine völlig tempofreie Inszenierung entschieden hat, bei der neben der Hauptfigur auch der Zuschauer den Zeitsinn verliert und bei sich rückwärts drehenden Uhren an seinem Verstand zweifelt.

 

Was neben all dem persönlichen Leiden von Josef nie vergessen werden sollte ist der geschichtliche Hintergrund mit all den vielen Überläufern und heimlichen Spionen wodurch die Gestapo schon kurz nach dem Einmarsch alle relevanten Infos zu den Zielpersonen hat um gezielt vorgehen zu können. Außerdem zeigen die Bilder wie schnell die Machtübernahme vonstatten ging und welch menschenverachtende Methoden angewendet wurden um an das zu kommen was man haben wollte. Allgemein gilt es die herausragende Kameraarbeit mit ein paar lobenden Worten zu erwähnen. Obwohl sich die Handlung ausschließlich im Hotel bzw. auf dem Schiff abspielen bekommt der Zuschauer doch ein recht authentisches Gefühl der späten 1930er Jahre. Hinzu kommen fließende Übergänge/Schnitte und der regelmäßige Wechsel des Blickwinkels bzw. der Perspektive. Mal betrachtet man das Geschehen aus Sicht der Figuren, mal als neutraler Zuschauer mit entsprechendem Abstand. Somit sind auch die gezeigten Bilder verschieden und können vorallem immer dann punkten wenn die Kamera auf Gesichter fokussiert ist um dort Emotionen, Trauer, Hilflosigkeit oder Zorn und Wut hautnah auf die Leinwand zu bringen.

 

Besonders Josef sieht man seine Verzweiflung mit jeder Minute mehr an, was auch an einer ruhigen und klaren Kameraeinstellung liegt bzw. langen Sequenzen. Wenige, dafür aber sehr prägnante Bilder bleiben somit im Kopf und lassen "Schachnovelle" phasenweise als eine Art Kammerspiel wirken, wenngleich die die beiden Hauptspielorte nicht mit sonderlich vielen Details gesegnet wurden. Sie sind eher Mittel zum Zweck und sollen sinnbildlich für Gefangenschaft bzw. Freiheit stehen. Kontrastreich ist der farbliche Unterschied zwischen der heilen Welt zu Hause und der leblosen im Hotel. Einerseits ist alles bunt, warm und kräftig, auf der anderen Seite schwarz, grau, dunkel und kalt und damit wenig einladend.

Etwas unscheinbar aber funktionell fallen Kostüme und Make-up auf, die jeweils recht dezent gehalten sind. Es passt einfach zur damaligen Zeit, worunter ebenfalls das Inventar bzw. die Ausstattung fallen.

 

Aus dem durchweg guten Cast sticht besonders Oliver Masucci mit seiner herausragenden Performence heraus, weshalb Josef maximal facettenreich gezeigt werden kann. Aus dem anfangs fröhlichen, naiven und humorvollen Notar wird ein gebrochener Mann mit Wahnvorstellungen und seltsamen Bewegungsabläufen. Daneben überzeugt seine Mimik, welche geprägt sind von leeren Blicken, Verzweiflung, Verwirrtheit und täglich schwindender Hoffnung auf Freiheit. Während der Schifffahrt fragt er seine Frau wie das Leben früher genau war, als hätte Josef keine Erinnerungen mehr. Masucci verschmilzt mit seiner Rolle und verleiht Ihr damit die benötigte Ausstrahlung.

Diese findet man auch beim von Albrecht Schuch gespielten Böhm, der als Bösewicht sehr charismatisch rüber kommt und eine fiese Aura besitzt.

Somit fallen die restlichen Figuren in diesem kleinen Kammerspiel etwas ab, und bilden mit zahlreichen literarischen Zitaten das solide Fundament von "Schachnovelle".

 

Über allem steht jedoch der Weg in den Wahnsinn, dessen Ausweg ein selbstgebautes Schachspiel sowie ein spezielles Buch darüber zu scheinen seint, dass Josef wie einen Schatz behandelt. Wenn man Irre im Kopf wird scheinen solche Auswüchse wohl normal.

Die wenigen Effekte (Wetter/Sturm auf dem Schiff) sind soweit in Ordnung und die begleitende Musik zumeist klassisch angehaucht. Dabei werden ausschließlich Songs der damaligen Zeit verwendet, die durchweg eine begleitende Funktion besitzen.

 

 

Fazit: Gerade wegen seiner außergewöhnlichen Bildsprache sowie der herausragenden Leistung von Oliver Masucci ist "Schachnovelle" ein Film, der seinem historischen Auftrag erfüllen kann. Letztendlich hätte ein etwas ruhigeres Finale dem Werk gut getan

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Helden der Wahrscheinlichkeit (Thriller/Drama/Komödie)

 

Wer noch nicht genug beRAUSCHT war von Mads Mikkelsen bekommt hier gleich den nächsten Kinofilm mit dem Schauspiel-Star.

 

Soldat Markus (Mads Mikkelsen) kehrt nach dem Tod seiner Frau bei einem Zugunglück nach Dänemark zurück. Er muss sich nun alleine um die jugendliche Tochter Mathilde (Andrea Heick Gadeberg) kümmern. Dabei will er vor allem eines: Seine Ruhe und ab und zu seine Trauer mit viel Bier runterspülen. Doch er hat nicht mit dem Mathematiker Otto (Nikolaj Lie Kaas), seinem Kollegen Lennart (Lars Brygmann) und dem Hacker Emmenthaler (Nicolas Bro) gerechnet, die eines Tages unvermittelt vor seiner Tür stehen. Die drei sehen nicht gerade aus wie das blühende Leben und scheinen das Pech förmlich anzuziehen, doch sie eint ein großes Talent: Sie können rechnen! Und dabei haben sie eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: Laut ihren Berechnungen ist Markus' Frau nicht zufällig gestorben. Vielmehr ist die Entgleisung des Zuges, die das Leben seiner Frau forderte, kein Unfall gewesen. Die Beweiskette der drei Männer, an deren Ende eine Bande namens „Riders Of Justice“ steht, ist eindeutig und weckt die Rachlust von Markus...

 

Ich bekenne mich schuldig, vorallem deshalb weil ich "Helden der Wahrscheinlichkeit" so gar nicht auf meinem Zettel stehen hatte und ganz schön doof aus der Wäsche geschaut habe, als der Genremix mit Mads Mikkelsen in der Sneak Preview lief. Gerade noch lieferte er in "Der Rausch" seine beste Performence seit Ewigkeiten ab, sieht man den Dänen-Star 2021 tatsächlich nochmal auf der großen Leinwand. Diesmal mit fast kahlgeschorrenen Kopf sowie Vollbart (inkl. grauer Spitzen) und grimmigen Ausdruck. Immerhin zeigt dies wie vielseitig Mikkelsen spielen kann, der ja demnächst in Fantastische Tierwesen 3 und dem neuen Indiana Jones Film zurück im Blockbusterkino auftreten darf.

Nach dem Rausch kommt aber nun die Rache, die einerseits gnadenlos brutal aber auch extrem witzig daher kommt. Man fragt sich während des Films mehrmals ob sich der Mix aus Thriller, Drama, Komödie und schwarzem Humor letztendlich ernst nimmt oder eine etwas verrücktere Art eines Blödelfilms darstellt. Zu kurz kommt jedoch die Verarbeitung von Trauer nach solch einem Schicksalschlag

 

Für einen brutalen und rasanten Rachethriller hat das Werk von Anders Thomas Jensen einfach zu viele Lacher während er für eine reine Komödie zu blutig (mit vielen Toten) ausfällt. Der Spagat gleicht einem Ritt auf der Rasierklinge, den der dänische Regisseur größtenteils ziemlich gut meistert, aber an der ein oder anderen Stelle übertreibt. Dann stehen die Blödeleien zu sehr im Fokus und sorgen für leider unpassende Momente zum Fremdschämen. Allgemein stellt sich die Frage inwiefern Jensen hier experimentieren wollte und sich "Ausrutscher" zur falschen Genreseite erlaubt hat. Am Ende muss jeder Zuschauer selbst entscheiden was er von "Helden der Wahrscheinlichkeit" hält, werden sich doch die Meinungen ziemlich genau auf 2 Lager aufteilen. Der Grundplot ist recht schnell erklärt: es geht um Rache weil Markus durch Otto und Lennart glaubhaft versichert wird, dass der Tod seiner Frau kein Unfall war. Daher würde ich dem Film scherzhaft in "Der Rächer und die Supernerds" umtaufen, da Otto, Lennart und Emmenthaler eben jener besonderen "Spezies" angehören und in vielen Punkten sehr den Nerds aus "The Big Bang Theory" ähneln wobei ich mich die ganze Zeit gefragt habe wer hier Sheldon Cooper ist. Vom Charakter her trifft das am ehesten auf Emmenthaler zu, einem IT-Spezialisten mit besonderer Vorliebe für Jagdhörner (einem durchaus seltenen Instrument) der gerne nörgelt und sich tierisch aufregen kann wenn etwas nicht nach seinen Vorstellungen läuft. Außerdem macht Emmenthaler einen auf sehr mutig um am Ende doch den Schwanz einzuziehen

 

Anders als der Physiker ist er extrem füllig und ist mit einer XXL-Pizza recht einfach bestechbar. Das Mathegenie Otto ist spezialisiert auf Statistiken, Auswertungen und besitzt aufgrund eines Unfalls einen tauben Arm. Optisch und aufgrund seines "Talents" mit dummen Sprüchen um die Ecke zu kommen dürfte seine Vorlage Leonard sein. Eine Mischung aus Howard und Rajesh scheint Lennard zu sein, ebenfalls ein IT-Spezialist der mehrere hundert Sitzungen bei diversen Psychologen hatte aber eine sanfte Aura besitzt. Zudem kennt er sich gut mit chemischen Stoffen aus und hat besondere Talente was Reinigung besitzt. Nebenbei werden homosexuelle Tendenzen angedeutet, was aber spekulativ gesehen werden sollte. Der vierte im Bunde ist Markus, ein Kriegsveteran der seine Familie lange Zeit nicht gesehen hat und daher kaum einen Bezug zur Tochter haben kann. Er regelt die Dinge gern auf rabbiate und konsequente Weise, weshalb er den Freund von Mathilde bei der ersten Begegnung gleich mal ein blaues Auge verpasst. Ein Lächeln oder gar einen freundlichen Ausdruck sucht man bei Markus vergebens, sowie ausführliche Dialoge. Ein Mann der Tat und knappen Worte eben der eine Vorliebe für Schusswaffen hat.

 

Als Quartett funktioniert die Gruppe somit überraschend gut, auch weil die Harmonie zu jeder Zeit stimmt. Während die Nerds durchweg für die Lacher sorgen verkörpert Mikkelsen den ernsten Part wenngleich seine Performence nicht an die in "Der Rausch" heranreicht. Mitunter sind einige Gags unter der Gürtellinie, grenzen an Mobbing und können auch beleidigend sein. Ich verbuche das alles mal unter dem Mantel "Schwarzer Humor", der über der gesamten Handlung liegt die der berühmte Fels in der Brandung. Schließlich bringt jeder Lacher Lockerheit in die ansonsten eher düstere und kalte Atmosphäre, derer sich die Optik mit entsprechend dunklen und tristen Farbtönen auch gut anpasst, zumal das Ganze im dänischen Herbst spielt. Dank zügigem Tempo, einigen rasanten Szenen und den bereits erwähnten humorvollen Passagen kommt quasi nie Langeweile auf, trotz fast 120 Minuten Laufzeit. Seine stärksten Momente besitzt "Helden der Wahrscheinlichkeit" jedoch immer dann wenn man in Tiefe geht und Figuren in Ihrer Verletzlichkeit/Trauer zeigt. So bleibt ein durchdrehender Markus in Erinnerung welcher vor lauter Zorn sein Badezimmer in alle Einzelteile zerlegt oder Emmenthaler, der es trotz großspuriger Ankündigung nicht übers Herz bringt einen aus der Rockergang abzuknallen.

 

Was ist eigentlich mit dem Gegenspieler? Offenkundig soll hier eine Rockergang um Kurt die Bösen darstellen, die aber allesamt viel zu oberflächig und stereotyp gehalten sind als dass man Sie auch wirklich ernst nehmen kann. Zudem bekommen die Rocker auch erstaunlich wenig Spielzeit und haben daher lediglich eine Alibi-Funktion inne. Der eigentliche Feind ist dann wohl das innere Rachegefühl von Markus, der sich davon überzeugen lässt das es zu viele Zufälle wären womit letztendlich nur ein gezielter Anschlag auf den Zug für den Tod seiner Frau der Grund für alles ist. Übrigens lässt der Film die Frage nach Absicht oder tragischem Schicksal trotz einiger Hinweise in meinen Augen offen und bringt ein gestohlenes Fahrrad (für ein Mädchen aus Estland) als mögliche Ursache ins Spiel (könnte wohl auch eine ironische Anspielung sein). Abschließend sei zu den Figuren noch gesagt das es hier mehr Charaktertiefe/Charakterzeichnung gebraucht hätte und weniger Klischees sowie Charisma beim ein oder anderen Darsteller.

 

Selbst die größtenteils ruhige und auf die Figuren fokussierte Handlung kann den ein oder anderen Logikfehler nicht kaschieren. Während einer Schießerei vor Emmenthaler's Wohnung sind keine weiteren Personen auf der Straße und von den zahlreichen Anwohnern wird auch keine Polizei verständigt, die dem Treiben und Töten ein rasches Ende bereiten könnte. Punktuell wird das Geschehen etwas hektischer mit entsprechenden Wacklern gefilmt, vorallem immer dann wenn die Action einsetzt und/oder Verfolgungen anstehen. Größtenteils ist man zu Gast auf Markus' Anwesen und in seiner gigantischen Scheune während es aber regelmäßig vom Lande in die Stadt geht.

Musikalisch muss man sich auf alles andere als genretypisches Geplänkel einstellen. Plötzlich erklingt Chorgesang in Verbindung mit Klängen die eigentlich ins Gotteshaus gehören. Trotzdem fühlen sich die Titel harmonisch und einfach zum Film passend an, was man als Komponist auch erst mal schaffen muss wenn man so ganz was "seltsames" bringt.

 

 

Fazit: "Der Rächer und die Supernerds" ist ein Ritt auf der Rasierklinge zwischen hartem Rache-Thriller und schwarzhumoriger Blödelkomödie, der nicht immer ganz perfekt gelingt.

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Saw: Spiral (Horror/Thriller)

 

Teil 9 der "Ich möchte ein Spiel spielen"-Horrorreihe ist endlich im Kino angekommen und sorgt wieder für ultrabrutale Momente.

 

Polizist Zeke Banks (Chris Rock) und sein neuer Partner William Schenk (Max Minghella) untersuchen im Auftrag ihrer Chefin Capt. Angie Garza (Marisol Nichols) eine Serie grausamer Morde an Polizisten, die mit dem brutalen Tod von Detective Marv Bozwick (Daniel Petronijevic) in einem New Yorker U-Bahntunnel ihren Anfang genommen hat. Die Morde erinnern an die blutige Vergangenheit der Stadt, denn offenbar ist hier ein Nachahmer des legendäre Jigsaw-Killers am Werk, der auf die Korruption innerhalb der Polizei aufmerksam machen will. Bald muss Zeke nicht nur einsehen, dass ihnen der Mörder immer einen Schritt voraus ist, sondern auch erkennen, dass der Killer ein perfides Spiel mit ihm spielt. Zeke bittet seinen Vater, den angesehenen Polizeiveteranen Marcus Banks (Samuel L. Jackson), um Hilfe, doch plötzlich steht er mitten im Zentrum des morbiden Plans...

 

Irgendwie ist das Saw-Franchise eine dieser Film-Reihen, die mit dem immer gleichen Aufbau über Jahre hinweg erstaunlich erfolgreich bleiben. Anders als etwa die alten "Wrong Turn" Teile, die ab Teil 2 nur noch als Direct to DVD Veröffentlichung herauskamen, hat es bisher jeder neue "Saw" ins Kino geschafft. Zumal mehrteilige Horrorreihen immer das Problem haben den Besucherschnitt des Vorgängers zu überbieten oder zuminderst beizubehalten (sieht man mal davon ab, dass Fortsetzungen in den allermeisten Fällen sowieso schlechter abschneiden, egal in welchem Genre).

Nun versucht sich Chris Rock an "Saw 9", wo er neben der Hauptrolle auch als Produzent an Bord und damit maßgeblich für die Realisierung verantwortlich ist.

Vorweg sei bereits gesagt: Besonders gut ist "Saw Spiral" nicht geworden und dürfte am Jahresende auch in keiner Liste der Highlights auftauchen.

 

Dabei haben sich die Autoren immerhin ein paar Gedanken gemacht wie man die sich stets wiederholenden Elemente mit einer halbwegs plauiblen Handlung ausgestalten kann. Und einige Ideen sind auch nicht mal schlecht.

Die Wahl fiel schlussendlich auf eine Handlung rund um ein New Yorker Polizei Revier mit Rachemotiv. Um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten lässt man den Film einfach im "Saw-Universum" spielen, dass ja in "Jigsaw" den ACHTUNG SPOILER mit John Kramer seinen "Spielleiter" verloren hat. Aber ein neuer "Saw" ohne Jigsaw? Natürlich müssen Verweise zum verrückten Kopf hinter den kreativen Todesspielchen hergestellt und seine kranken Ideen weitergeführt werden.

Mit einer Freigabe ab 18 Jahren war vorab zu rechnen und genau das liefert der Horror-Thriller auch; Abgefahrene, ausgeklügelte und durchweg brutale Fallen/Spiele, bei denen die "Spieler" nur 2 Möglichkeiten haben: entweder sterben oder ein blutiges Opfer bringen. Schon nach wenigen Minuten geht es richtig zur Sache und das erste Opfer ist zu beklagen.

 

Fortan legt "Saw 9" ein ordentliches Tempo ans Licht und besitzt mit 93 Minuten auch eine recht passende Laufzeit. Viel länger könnte man sich das vorallem zum Finale hin aufkommende Unheil auch gar nicht ansehen. Den erstaunlich starken Beginn machen sich die Macher mit einem völlig absurden und nervigen Ende kaputt und entlassen den Besucher mit einem enttäuschenden letzten Eindruck aus dem Kinosaal. Bei dem was man sehen muss bleibt entweder Kopfschütteln oder das Hände über den Kopf schlagen, also quasi ein eigenes Spiel das immerhin keine Zunge oder Finger fordert. Hardcore-Fans können dem sicherlich etwas abgewinnen, der "einfache" Saw-Fan leidet dafür sichtlich. Neben dem schrecklichen Finale sorgen unzählige billige Jumpscares sowie zahlreiche wenig plausible Rückblenden für Verwirrung und kein besonders intensives Gruselfeeling. Hinzu baut man einige Nebenstränge auf, die weder der eigentlichen Handlung dienen noch irgendwie befriedigend auserzählt werden und im Grunde nur nerven oder den Handlungsfluss stören.

 

Was den Zuschauer jedoch am allermeisten frustriert sind zweifelsohne die oberflächigen und völlig inhaltsleeren Figuren mitsamt Ihrem Verhalten. Revierchefin Angie (gespielt von Marisol Nichols) ist einerseits hysterisch und wirkt wie eine Frau mit einer Überdosis an Östrogen, was wirklich nur schwer zu ertragen ist. Ob die Rolle so ausgelegt oder Nichols einfach nur komplett über die Stränge schlägt wissen nur das Skript oder die Darstellerin genau. Ähnlich sieht es bei Samuel L. Jackson aus, der Zeke's Vater spielt, der einst selber Polizeichef. Mehr als seine markanten Sprüche sowie Ausdrücke (v.a. "Motherfucker") trägt der Hollywood-Star nicht zum Film bei, wodurch sich die Frage aufdrängt warum er überhaupt an Bord ist. Wahrscheinlich um ein größeres Publikum auf den Film aufmerksam zu machen.

Einzig Chris Rock als Zeke hinterlässt einen positiven Eindruck und bekommt sowas wie eine Hintergrundgeschichte und damit verbunden eine Vergangenheit im Polizeidienst. Zwar ist das alles nicht sonderlich tiefsinnig, aber Rock macht daraus das Beste und hat den ein oder anderen tollen Moment zu bieten.

 

Lange Zeit lässt man den Drahtzieher im Hintergrund spielen und die Fäden in der Hand haben, doch die Auflösung ist wenig überzeugend inszeniert und es fehlt massiv an Charisma. Wie fast alle anderen Figuren geht der Jigsaw-Jünger vor lauter Oberflächigkeiten unter. Allein schon das gesamte Auftreten sowie Aussehen überzeugen kaum, zumal man recht schnell am Anfang merkt wie die Geschichte ablaufen wird.

Rein optisch ist "Saw 9" ganz ordentlich gelungen, besonders was Bildschärfe und Farbtiefe betrifft. Alles spielt sich im sommerlichen New Yorker Bezirk ab, der geprägt wird von einigen "dreckigen" Orten bzw. verlassenen Gebäuden.

Hauptsächlich spielt sich das Geschehen im Polizei-Revier ab, wechselt aber gelegentlich zu diversen anderen Spielorten wie etwa die U-Bahn, das Gericht oder der Wohnung von Zeke's Vater.

 

Nicht immer plausibel gestaltet sind die jeweiligen Übergänge während die Kamera an sich einen soliden Job macht. Gelegentlich etwas zu unruhig bekommt der Zuschauer definitv Bilder zu sehen, welche man bereits aus den anderen Teilen kennt. Hinzu kommt der Wechsel der Perspektiven sowie verschiedene Blickwinkel auf das Geschehen. So springt die Kamera von einer distanzierten Aufnahme plötzlich zu einem sehr nahen Blick ins Gesicht einzelner Figuren.

Recht was Besonderes darf man in dieser Reihe sowieso nicht erwarten und somit ist das alles schon in Ordnung.

Auch dank des Mantels einer im Polizeimillieu spielenden Handlung hinterlässt die Filmmusik einen besonderen Eindruck, spiegeln die vielschichtigen Genres doch ganz gut die Hintergründe wieder. Verwendet werden moderne Hip Hop Tracks im Gangsterstyle mit denen das Leben auf der Straße (Drogen, Gangs, Stricher) exzellent eingefangen wird.

 

Fazit: Punktuell interessante Ideen, eine nett anzusehende Polizei-Rache-Story und ein klein wenig Kritik am System der USA können jedoch nicht verbergen das "Saw: Spiral" letztendlich ein schwacher neunter Teil der Reihe ist.

 

Bewertung:

Genre: 5.5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

 

Dune (Sci-Fi/Fantasy/Abenteuer)

 

Das lange erwartete Remake eines Buchklassikers könnte der Auftakt einer neuen epochalen Filmreihe werden.

 

Paul Atreides (Timothee Chalamet) siedelt gemeinsam mit seinem Vater Herzog Leto (Oscar Isaac), seiner Mutter Lady Jessica (Rebecca Ferguson) und dem gesamten Hauststand des Adelshauses Atreides auf den Planeten Arrakis um, der auch als Dune bekannt ist. Dort sollen die Atreides sicherstellen, dass das Spice, eine Droge, die intergalaktische Reisen erst möglich macht und nur auf Arrakis zu finden ist, weiter abgebaut wird. Doch die Reise nach Arrakis entpuppt sich als Falle, die Baron Vladimir Harkonnen (Stellan Skarsgård) den Atreides gemeinsam mit dem Herrscher des galaktischen Imperiums gestellt hat. Paul muss gemeinsam mit seiner Mutter in die endlosen Wüsten von Dune fliehen, wo er auf die geheimnisvollen Fremen um deren Anführer Stilgar (Javier Bardem) und die furchtlose Chani (Zendaya) trifft, ein nomadisches Wüstenvolk, das auf die Ankunft eines prophezeiten Erlösers wartet...

 

Er gilt als einer der visionärsten Regisseure in Hollywood: Denis Villeneuve. Nun hat sich der Kanadier einem für Ihn besonderen Werk angenommen und hat ein Epos geschaffen, das auf dem gleichnamigen Sci-Fi Roman von Frank Herbert basiert. Bereits 1984 lief der von David Lynch inszenierte "Dune" in den Kinos und konnte seinerseits die Kritiker sowie Fans nicht in Gänze überzeugen weshalb nun alle Augen auf das Remake von Villeneuve gerichtet sind, der neben seiner Regiearbeit auch am Drehbuch beteiligt war und bereits angekündigt hat schon eine mögliche Story im Kopf zu haben sollte es eine Fortsetzung geben. Diese ist aber davon abhängig wie gut "Dune" an den weltweiten Kinokassen für Einnahmen sorgt. Der Hype ist definitiv riesig und es verdammt schwer abzuschätzen wie sich diese schier unendlich große Vorfreude am Ende auszahlen wird. Teilweise wird das Sci-Fi-Epos schon als wichtigster Film des Jahres betitelt, was meiner Meinung nach eine Übertreibung darstellt. Klar, optisch und audiovisuell ist "Dune" ein Knaller, aber dennoch sollte man mit solchen Ausdrücken vorsichtig bleiben.

 

An dieser Stelle sei noch erwähnt das ich weder das Buch noch Lynch's Version kenne und meine Review sich rein auf Villeneuve's Werk bezieht und es somit keinerlei Vergleiche geben wird. Quasi eine Kritik für all diejenigen unter euch, die komplett ohne Vorwissen ins Kino gehen. Und nur auf der großen Leinwand entfaltet der 156 Minuten lange Blockbuster auch sein gesamtes Potential, der zu Beginn den Zusatz "Part 1" besitzt. Setzt der Regisseur hier Warner Bros etwa unter Druck Ihm zuminderst einen Part 2 abzusegnen?

Auch wenn sich 2,5 Stunden lange anhört besitzt der starbesetzte "Dune" keinerlei Längen und wenn überhaupt nur 1-2 Momente wo man die Szenen etwas kompakter halten hätte können. Ansonsten vergeht die Zeit erstaunlich schnell, aber nicht im Sinne von "jetzt peitscht der Regisseur alles durch" sondern mit eher ruhiger Inszenierung bei der sich Zeit für Details, Nebenhandlungen und dem Ausarbeitung der Figuren genommen wird. Da es sich um ein visuell beeindruckendes Werk handelt wird das Zeitgefühl völlig außer Kraft gesetzt.

 

Ich rate aber jedem von euch, der weder die 1984er Version noch den Roman kennt sich unbedingt vor dem Kinobesuch ein wenig in die Thematik einzulesen, da gleich zu Beginn viele Begriffe, Orte und Namen fallen sowie bestehende Zusammenhänge im Imperium ohne große Erklärung eingeführt werden. Ansonsten fällt es möglicherweise etwas schwer zügig in die Handlung reinzukommen. Schließlich spielt die Geschichte auch in einer ferner Zukunft (etwa in 10 T Jahren) und weist erstaunlich viele Paralellen zur "Star Wars" Saga auf. Es gibt ein Imperium, einen Imperator und durchweg anhaltende Konflikte der Herrschenden. Im Kern handelt "Dune" also von einem aufkommenden galaktischen Krieg, Missgunst, Eitelkeiten, Verrat und den Kampf um eine wertvolle Ressource, das Spice (ja den Namen kennt man aus dem Bereich der Drogen). Fällt da nicht etwas auf? Genau, es sind Punkte die auch im Jahr 2021 für weltweite Konflikte sorgen und quasi seit Beginn der Menschheit (zuminderst seit er richtig denken kann) für ein ununterbrochen instabiles System sorgen.

 

Warum sollen die Menschen der Zukunft auch groß anders sein als wir heute, scheint doch die Menschheit niemals aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen.

Wer nun aber denkt hier einen auf simpler Thematik basierenden Film zu sehen wird schnell eines besseren belehrt, setzt Villeneuve auf eine detailreiche und vorallem ruhige Inszenierung, die immer wieder für epische Schlachten das Tempo kurzzeitig anzieht um danach wieder langsamer zu machen. Der Fokus liegt dabei immer auf dem Wesentlichen, dem Werdegang von Paul auf dem unwirklichen Wüstenplanet Arrakis. Seine Familie wird unter falschen Voraussetzungen/Versprechungen dorthin entsendet und damit in eine Falle gelockt. Mit seiner ganz speziellen Vision von Inszenierung baut Villeneuve ein Szenario auf, dass sich immer weiter aufbaut um in einer gigantischen Schlacht den vorläufigen Höhepunkt zu finden. Doch danach bleibt die Intensität am Anschlag und der Spannungsbogen gespannt.

 

Die Story entpuppt sich somit als vielschichtige sowie tiefsinnige Handlung welche neben der unbeschreiblichen Optik auch damit glänzen kann, wie sich Paul während der 2,5 Std charakterlich entwickelt. Trotz seiner Visionen (wegen dieser er sich oftmals unwohl oder verwirrt fühlt) besitzt der junge Mann einen klaren Verstand. Ich muss ja ehrlich zugeben das Timothee Chalamet bisher nicht unter den Schauspielern war, mit denen ich gut zurecht gekommen bin, aber was er hier abliefert ist einfach nur atemberaubend stark. in jungen Jahren solch eine Präsenz, eine Aura oder dieses spezielle Charisma auszustrahlen muss besonders hervorgehoben werden. Daneben wirkt der Hauptcharakter ungemein sympathisch und besitzt eine innerliche Ruhe und Gelassenheit. Sein Schicksal ist geprägt von tragischen Verlusten sowie der Hoffnung in den Fremen neue Verbündete zu finden.

 

Es wäre jetzt zu umfangreich jedem der vielen Stars einen eigenen Absatz zu widmen weshalb zusammengefasst der ohnehin riesige Cast (egal wie groß die Rolle ist) mich überzeugen konnte. Wobei man sich schon fragen kann weshalb ein Dave Bautista hier mitspielt und dann mit einer so undankbaren Rolle abgespeist wird, die man sicherlich auch anders hätte besetzen können, zumal diese (vorerst) keine große Bedeutung besitzt. Ebenfalls eher abseits und überwiegend in Pauls Visionen (die regelmäßig eingestreut werden) zu sehen ist Zendaya, weshalb Sie ebenfalls nicht zeigen kann was Sie kann.

Vielleicht ist das aber alles in einem größeren Kontext zu sehen, was sich in einer möglichen Fortsetzung offenbaren könnte.

Villeneuve behandelt in seinem Film ja nur einen Teil des Romans und lässt damit viel Stoff noch unbehandelt.

Neben den grandios geschriebenen und größtenteil brilliant gespielten Figuren besitzt "Dune" jedoch zwei besondere Highlights über die man reden muss.

 

Allem voran der visuelle Eindruck, der geprägt wird von herausragendem CGI (Effekten), bombastischen Bildern, epischen Momenten und detailreichen Setbauten bzw. Welten. Sein Sandplanet Arraktis sieht wie die überdimensionale Sahara aus, wirkt mit seinen gigantischen Sandstürmen und den riesigen Würmern (mehrere hundert Meter lang) maximal lebensfeindlich, heiß und trocken. Wie so oft bergen jene Orte die größten Schätze (in Chile bsp Lithium) und aus Habgier werden diese rücksichtslos ausgebeutet. In "Dune" nennt sich die Substanz Spice welche mit riesigen Raupenbaggern gefördert werden trotz Stürmen und der Würmer. Daneben besitzt der Planet riesige Weiten, Berge und eine auf Beton basierende Architektur im schlichten aber futuristischen Stil. Hierzu zählen auch die funktionellen und farbtechnisch eher dunkel gehaltenen Kostüme, mit denen der Sci-Fi Epos auch dank toller Features (wie eine Art Energiefeld) mächtig punkten kann. Die gesamte Ausstattung zeugen von Ideenreichtum, Kreativität und dem Wunsch etwas Besonderes bieten zu können. Herausragend gestaltet sind die libellenartigen Helikoter mit entsprechenden Flügeln, die sich ebenso bewegen wie jene der genannten Insekten.

 

Villeneuve ist ein Meister seines Faches und das sieht man besonders daran wie er die Kamera ausrichtet. Mal nah an den Figuren, mal mit dem Blick in die Ferne oder auch das große Ganze im Auge behaltend ist "Dune" ein Film bei dem der Zuschauer stets die beste Sichtweise auf die Handlung besitzt. Gerade im Bezug darauf wie Villeneuve die Kämpfe und Schlachten in Szene setzt (Feuer, Explosionen, Schwerter) zeigen die komplette Bandbreite der Choreographien der Darsteller/Figuren. Eingefangen durch die exzellente Kameraarbeit, welche ohne jeglichen Wackler oder Ungenauigkeiten überzeugt, bekommt der Zuschauer einen Film geboten, dessen Übergänge nahtlos vonstatten gehen. Zudem begeistert die Arbeit mit der Lichttechnik, wegen derer absolut alle Aufnahmen perfekt ausgeleuchtet und authentisch wirken.

 

Solch eine absolut überragende Qualität gibt es nur ganz selten und als Besucher muss man davon einfach in den Bann gezogen werden sowie darüber Staunen mit welch präzisen Bildern Villeneuve hier arbeitet.

Daneben gilt der wuchtige, epische und überwältigende Soundtrack von Mastermind Hans Zimmer als der entscheidende Faktor für das audio-visuelle Kinoerlebnis von "Dune". Wiederkehrende Melodien sind ebenso Bestandteil wie ausdrucksstarke und facettenreiche Klänge welche nicht nur im Hintergrund zur Beschallung dienen sondern zu den Treibern der Handlung zählen. Somit kommt der Filmmusik mit exzellenten Sounddesign eine wichtige Rolle im Bereich der stimmungsvollen Atmosphäre zu, was Zimmer auf den Punkt genau komponiert hat. Man muss das aber alles selbst im Kino erleben um genau das zu spühren was einem die Bilder samt Musik sagen wollen.

 

Fazit: Auch wenn letztendlich dieser eine besondere Moment zum perfekten Film fehlt ist Denis Villeneuve's Version von "Dune" ein Meisterwerk des Sci-Fi Genres, ein visuelles Erlebnis und wird getragen von einem herausragenden Hauptdarsteller. Ganz großes Kino was man 2021 unbedingt im Kino gesehen haben muss.

 

 

Bewertung:

Genre: 10 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

Malignant (Horror/Thriller)

 

Legt Horror-Mastermind James Wan hier den Grunstein für ein neues Grusel-Franchise?

 

Madison (Annabelle Wallis) wurde einst als traumatisiertes Mächen von einer liebevollen Pflegefamilie adoptiert. Als erwachsene Frau wird sie nun von ihrer tragischen Vergangenheit eingeholt, denn Gabriel, ihr vermeintlich imaginärer bester Freund aus Kindheitstagen, scheint sehr wohl zu existieren. Allerdings verfolgt ihr einstiger Wegbegleiter keineswegs gute Absichten, sondern reißt Madison vielmehr mit in einen dunklen Strudel hinab: Gabriel begeht nämlich eine Reihe brutaler Morde, die Madison aufgrund ihrer besonderen Verbindung zu ihm mitansieht, als wäre sie live selbst mit dabei. Aber geschehen die Taten wirklich oder existieren die blutigen Vorfälle nur in ihren Gedanken? Die Grenze zwischen Wahrheit und Einbildung sind längst verschwommen...

 

Dem Regisseur und Drehbuchautor James Wan ist es zu verdanken das es im Horrorgenre einige sehr erfolgreiche Reihen gibt. Darunter fallen etwa "Saw", Insidious" oder das "Conjurung"-Universum (das mit 2.1. Mrd Dollar die finanziell erfolgreichste Horror-Reihe darstellt) mit denen Wan Millionen Menschen in die Kinos locken konnte. In den letzten Jahren führte der Aufstieg in Hollywood (und bei Warner Bros) dafür, das der Australier die DC-Verfilmung "Aquaman" sowie dessen Fortsetzung inszenieren durfte womit er im Blockbusterkino angekommen ist. Zwischen diesen beiden Drehs konnte sich Wan trotzdem einem Herzensprojekt widmen und bekam vom Studio ein ansehnliches Budget für "Malignant", der eine Hommage ans italienische Giallo darstellt und definitiv für den ausgewiesenen Horrorfan gedacht ist.

Als kleiner, feiner sowie blutiger Slasherstreifen wird man damit zwar kein großer Hit an den Kinokassen, aber in ein paar Jahren sicherlich Kultstatus im Genre genießen.

 

Außerdem stehen die Chancen gut mit Gabriel einen neuen Kult-Killer ins Leben gerufen zu haben, von dem man nach dem Film auf jeden Fall mehr sehen will. Denn lange Zeit schwebt der Zuschauer im Unklaren was für einen Horrorfilm man hier eigentlich sieht. Dafür sind die Infos einfach zu ungenau und das Grauen lauert noch im düsteren Hintergrund. Die kurze Rückblende gleich zum Einstieg verwirrt eher als das sie einführt, gibt aber sofort die Marschrichtung vor. Es wird brutal, blutig und extrem abgefahren, wobei Rücksichtnahme auf zarte Gemüter definitiv nicht gewollt ist. Es macht den Anschein das sich James Wan hier mal richtig austoben und experimentieren wollte, da er den Slasher-Stil mit dem des Übernatürlichen kombiniert um etwas Böses zu schaffen, dass sowohl menschliche wie auch dämonische Facetten aufweist.

Sauber verpackt in eine hochgradig spannende Inszenierung (mit einigen überraschenden Twists) sowie knisternder und düsterer Atmosphäre im Albtraumhorrorstil.

 

Ja, es geht phasenweise heftig zur Sache und Gabriel ist erstaunlich kompromisslos in seinem Handeln. Der Name ist dabei sicherlich von symbolischer Bedeutung (Erzengel Gabriel) jedoch mit ironischer Auslegung. Trotz fast 2-stündiger Laufzeit fühlt sich die durchweg krasse und überdrehte Story nie langweilig oder zäh an und überzeugt mit flottem Handlungstempo. Nachdem es anfangs meistens um Madison's Haus geht wechselt das Geschehen im Mittel-und Endteil zu verschiedenen Handlungsorten in Seattle. Sicherlich erfindet Wan den Horror-Thriller nicht neu und setzt auf klassische Stilmittel (wie etwa schaurige Musik, Dunkelheit und Schocker), das aber mit einer Effizienz und Intensität wie er es bereits bei den ersten "Conjuring" Filmen geschafft hat. Allgemein erinnern die zumeist dunklen Bilder mit besonderen Blickwinkeln und Kamerafahrten an die Fälle der Warrens, wodurch Wan's Handschrift klar ersichtlich wird. Sein Blick auf das Ganze wird auf die Leinwand übertragen wodurch nicht nur mega gruselige Einstellungen bei herauskommen sondern vorallem eine Kameraarbeit die den Zuschauer richtig erschauern lässt vor Furcht. Dank unzähligen krassen Bildern dürfte der ein oder andere Besucher nachts unruhig schlafen.

 

Das durchweg hohe Spannungslevel fällt auch dann nicht ab wenn sich der Nebel lichtet und das Böse zusehend ein Gesicht sowie eine Backroundstory erhält. Diese versucht zwar aufzuklären, lässt aber einige Fragen unbeantwortet und bietet daher Raum zum spekulieren. Zudem verstecken die Autoren noch ein Beziehunsdrama sowie etwas Gesellschaftskritik im hervorragend geschriebenen Drehbuch. 1-2 kleinere Logikfehler kann jeder getrost hinnehmen, begeistert doch das Werk als Ganzes. Aber auch visuell und ausstattungstechnisch hat "Malignant" einiges zu bieten. Gerade jene Effekte als Matilda in den Stand einer stillen Beobachterin des Schlächters (mit Lederjacke und Handschuhen) wechselt sehen nicht nur gut aus sondern zeugen auch von einem höheren  Budget als es unbekannte Filmemacher für so ein Projekt bekommen würden.

Selbst der klassische Trick mit kleinen Lichtquellen inmitten völliger Dunkelheit wirken trotz allgemrin dunklen/düsteren Bildern niemals billig sondern mit Bedacht gewählt. Der so entstehende Gruselfaktor errreicht den Anschlag und fesselt den Zuschauer an seinen Kinosessel womit Wan sein Publikum in den Bann zieht.

 

Das Unerklärliche übt nicht nur im Reallife eine ungeheuere Faszination aus sonder auch auf der Leinwand. Und da der Täter seine Opfer nicht nur einfach absticht sondern bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt kommen Horrorfans auf Ihre Kosten, die sich abseits des Mainstreams aufhalten. Es gibt eine Szene gegen Ende auf dem Polizeirevier, wo es den Anschein hat Wan übertreibt es nun mit seinem Gemetzel gewaltig, was aber im Nachhinein vieles von der Intensität genommen hätte. Während des Handlungsverlaufs fragt man sich warum Gabriel so seltsame Bewegungen macht wenn er vor etwas wegrennt oder kurz davorsteht sein nächstes Opfer ins Jenseits zu schicken. Die Erklärung (sowie die komplette Auflösung des Ursprungs) gibts mithilfe eines genialen Twists, der das letzte Drittel einläutet und ebenso dreckig, blutig wie auch abgefuckt daher kommt wie der gesamte Rest. Viele Regisseure wären daran gescheitert, James Wan macht daraus einen der besten Horror-Thriller der letzten Jahre, und dass mit der Prämise mit der sein Film dennoch unterhaltsam ist.

 

Man muss sich "Malignant" einfach ansehen um den Wahnsinn begreifen und feiern zu können da Bilder bekanntlich mehr erzählen als 1000 Worte. Gerade wenn es viele kleine Dinge sind mit denen Wan die einzelnen Puzzleteile zusammensetzt und nebenbei klare Bezüge zum Giallo-Genre herstellt. Ein moderner Horror-Schocker braucht eben nicht immer eine Neuerfindung sondern lediglich eine gute, ausgereifte Idee und einen Plan wie man diese möglichst effektiv in die Tat umsetzt.

Natürlich darf man die Darsteller nicht vergessen, die hier einen richtig guten Job machen, wenngleich außer Madison und Gabriel wenig interessant und spannend geschrieben sind. Zwar sind einige Figuren für den Verlauf wichtig bekommen jedoch nicht das dafür notwendige Standing. Irgendwie ist das aber egal, wird man doch von den beiden Hauptfiguren derat gefesselt, womit die kurzweilig witzigen Momente um den Polizisten Shaw zwar für ein Schmunzeln sorgen jedoch schnell in den Hintergrund rücken. 

 

Als eine psychisch labile und verängstigte Madison mit düsterem Geheimnis spielt sich Annabelle Wallis in eine Art Rausch und darf mehrfach völlig hemmungslos Ihre Furcht herausschreien. Gerade jene Momente sind bärenstark inszeniert bei denen die fast 40-jährige bewegungslos den Morden von Gabriel zusehen darf während sich die Umgebung verändert. Das vertraute Heim verschwimmt immer mehr und die Wohnungen der Opfer treten aus dem nebelartigen Dampf hervor. Ohne zu viel Spoiler rauszuhauen gilt die krasse Vergangenheit sowie der Grund Ihrer Kinderlosigkeit und die dazugehörige Auflösung zu jenen Passagen, die einerseits ein Schlag in die Magengrube sind aber auch eine seltsame Faszination ausüben, wenngleich man einiges davon für absurd halten kann. Ich persönlich fand James Wan's Idee dahinter mega genial.

Wo wir gerade bei genial sind, muss noch der exzellente Score von Joseph Bishara erwähnt werden, der mit besonderen Melodien und einem teils klassischen, teils sehr skurrilen Sounddesign für die passende musikalische Begleitung sorgt. Punktuell war mir das aber etwas zu viel und ich hätte mir dann eher Momente der Stille gewünscht.

 

Fazit: Mit seinem blutigen Horror-Slasher liefert James Wan nicht nur einen unfassbar atmosphärischen sowie visuell beeindruckenden Streifen ab, sondern ein kleines und feiner Genrewerk der Extraklasse. Definitiv ein Film für Genrefans, der dem Mainstreampublikum zu abgefahren sein wird.

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

Der Rosengarten von Madame Vernet (Komödie)

 

Das Rosen nicht nur die Blume der Liebe sind und Botanik begeistern kann zeigt eine Komödie aus Frankreich

 

Eva (Catherine Frot) war einst die weltweit größte Züchterin von Rosen. Schon ihr Vater war ein begnadeter Rosenmeister und brachte ihr die Kunst von Kindesbeinen an näher. Nun führt sie alleine die traditionsreiche Gärtnerei in Burgund, herrscht über die Blumenfelder und über das voller Duftproben steckende Landhaus. Doch die goldenen Zeiten sind längst vorbei. Ihre letzte Auszeichnung mit der „Goldenen Rose“ liegt schon acht Jahre zurück, genau so lange ist es ungefähr her, als ihr Geschäft das letzte Mal so richtig gebrummt hat. Heute steht sie kurz vor dem Bankrott. Schuld daran ist auch Konkurrent und Großzüchter Constantin Lamarzelle (Vincent Dedienne). Ihre treue Sekretärin Vera (Olivia Côte) glaubt eine gute Idee zu haben, um die Vernet Roses zu retten. Sie engagiert Samir (Fatsah Bouyahmed), Nadège (Marie Petiot) und Fred (Melan Omerta), drei Obdachlose ohne gärtnerische Fähigkeiten – dafür wissen sie alles über Diebstähle und Einbrüche. Mit ihrer Hilfe entführt Eva eine der seltensten Rosen aus Lamarzelles Imperium, denn nur mit ihr kann sie eine neue Rosenkreation erschaffen, die ihr ganz bestimmt eine neue „Goldene Rose“ bescheren wird...

 

Wenn Rosen im Film- und Serienbereich zum Einsatz kommen dann handelt es sich in der Regel um eine romantische Szene, welche gerade im Bereich der Liebeskomödien gerne ins kitschige abdriften und voller Klischees stecken. Das es aber anders geht und diese wunderbare Blume eben mehr sein kann als reines Valentinstaggeschenk oder Liebesbeweis (bzw. Symbol der Liebe) zeigt uns Pierre Pinaud in seiner leichten, sommerlichen und charmanten Produktion über eine ehemals erfolgreiche Rosenzüchterin, die aufgrund Ihrer neuen Mitarbeiter neuen Mut in der Krise schöpft. Dabei kommt der Film mit einem geringen Drama-Part aus, der genau die richtige Gewichtigkeit bekommen hat ohne die locker-flockige Grundstimmung nachhaltig in den Keller zu drücken.

Mit knapp 96 Minuten Laufzeit durchaus knackig hält sich Pinaud gleich zu Beginn nicht mit Belanglosigkeiten auf und man wird als Zuschauer sofort ins Geschehen hineingeworfen. Hinzu kommt ein angenehm zügiges Handlungstempo wodurch keinerlei Längen aufkommen, die zu Langeweile führen würden.

 

Schon beim ersten Aufeinandertreffen der im Selbstmitleid verfallenen und leicht hochnäsigen Madame Vernet mit den 3 neuen Arbeitskräften (welche von Vera, der einzigen Mitarbeiterin, kurzerhand aus einem Resozialisierungsprogramm genommen werden) wird der Zuschauer darauf eingestellt was Ihn nun erwartet: Viel Humor, etwas Chaos und ein ungleiches Team, das Dank seiner verschiedenen Charaktere und Vorstellungen gut zusammenpassen wird. Aufkommende Streitigkeiten legen der Ex-Verbrecher Fred, der etwas seltsame Samir und die mit sanftem Gemüt ausgestattete Nadege schnell beiseite und haben sich gleich wieder richtig lieb. Schließlich sind sie ja alle auf den Job angewiesen und wollen auf ein geregeltes Leben mit Einkommen hinarbeiten. Diese "Abhängigkeit" nutzt Vernet kurzerhand, aber auf charmante Weise, aus und verpflichtet Ihre Angstellten dazu, einem Konkurrenten eine sehr seltene Rosensorte zu stehlen, um mithilfe dieser eine ganz neue Sorte züchten zu können.

 

Allgemein spielen Rosen eine zentrale Rolle in Pinaud's Komödie bzw. in Vernet's Leben. Von Ihrem Vater hat die kinderlose und unverheiratete Dame eine Gärtnerei geerbt, in der Sie mit großer Begeisterung und Hingabe neue Sorten züchtet. Das Geschäft läuft aber schlecht, Kunden springen ab und einen Preis hat Eve auch lange nicht mehr gewonnen. Da bietet der größte Widersacher an, das Geschäft zu übernehmen und Sie als Mitarbeiterin weiterarbeiten zu lassen. Der ewige Kampf David vs. Goliath bzw. nostalgische Rosenzucht vs. Massenproduktion mit High Tech Gewächshäusern. Zwar gibt es im realen Leben noch Züchter die im Kleinen neue Sorten kreieren, aber zumeist haben auch hier riesige Betriebe das Sagen und entwickeln auf gigantischen Flächen sowie in teils hypersterilen Räumen Ihre neuesten Verkaufsschlager. Gewissermaßen will Pinaud hier ein klein wenig Kritik am System äußern, das dem Beruf "Gärtner" immer mehr seinen eigentlichen Charme nimmt. Pflanzen sind nur noch schnell produzierte Ware und sollen stets perfekt aussehen, feste Blüten besitzen und natürlich unanfällig für Krankheiten sein.

 

Zum Glück aber spielt "Der Rosengarten von Madame Vernet" (übrigens ein sehr schöner Filmtitel) die allermeiste Zeit im schönen Burgund mit tollen Landschaftsbildern, bunten Rosenfeldern und viel Natur. Schließlich liegt das Geschäft von Eve außerhalb der Stadt, in der man dann mit allerlei Kreativität versucht die wunderbaren Rosenstöcke an den Mann/die Frau zu bringen. Die Ideen stammen dabei von Fred, Samir und Nagede und beinhalten bsp. das von Haustür zu Haustür tingeln oder den Verkauf an die Fussball-Freunde. Selbst wenn man von Botanik keine Ahnung hat und Blumen vielleicht nicht sehr mag schafft es der Film einen in seinen Bann zu ziehen, die Schönheit der Rose in den Vordergrund zu stellen und ganz nebenbei sogar dem Zuschauer die traditionellen Methoden der Rosenzucht anschaulich und informativ näher zu bringen. Im idyllischen Burgund scheint die Welt noch in Ordnung und die Magie der Rosen kommt zum Tragen. Ja, Blumen können das Leben schöner und aus einem Haufen "Loser" fleißige Menschen machen.

 

Völlig frei von Schwermut, Kitsch und negativen Vibes ist "Der Rosengarten von Madame Vernet" auch ein Film der 2ten Chancen und beweist das ehemals Kriminelle nicht dauerhaft diesen Stempel aufgedrückt bekommen sollten. Zwar fehlt es so gut wie allen Figurene an Tiefe bzw. einer Vorgeschichte, was aber kaum ins Gewicht fällt da die Harmonie untereinander stimmt. Lediglich Eve und Fred erhalten etwas mehr charakterliche Eigenschaften, die punktuell immer wieder in den Vordergrund gestellt werden. So erfährt man das der Ex-Einbrecher schon früh von seinen Eltern verstoßen wurde und dies bis heute nicht verkraftet hat während die Züchterin mit sich selbst hadert und anfangs von Vera's eigenständigen Handeln alles andere als begeistert ist. Je länger Sie aber mit Fred, Samir und Nagede zusammenarbeitet, desto mehr schließt Sie die drei ins Herz. Alle Darsteller zeigen dabei überzeugendes Schauspiel weshalb jede Figur für den Zuschauer sympathisch wirkt und als Gruppe fast schon familiär daher kommen. Der seichten Unterhaltung hätte aber etwas mehr Figurentiefe sicher gut getan.

 

Der Feel-Good-Movie wird begeleitet von verspielter Musik, welche oft vom Piano dominiert wird aber auch modernere Parts (etwa Hip Hop) oder royale Töne zu bieten hat. Gerade wenn Eve abends allein in Ihrem Haus sitzt um Ihr Tagebuch zu führen erklingen dazu französische Klassiker aus den Lautsprechern. Der Soundtrack hat nebenher auch noch emotionale Melodien im Programm, die vorallem im gefühlvollen Finale erklingen, weshalb dieses jedem ans Herz gehen wird. Wie Nagede es gerne und unbeabsichtigt macht können hierzu Tränen kullern, was keinem Zuschauer peinlich sein sollte.

Gefilmt mit ruhiger Hand, fokussiert auf die Figuren und sanfte Übergänge (Schnitte) bilden das Grundgerüst einer tollen Kameraarbeit, die zudem unzählige Aufnahmen von blühenden Rosen aus verschiedenen Blickwinkeln aufweist. Die farbenreichen und gesätigten Bilder besitzen die gleiche Harmonie wie Vernet und Ihr Team.

 

Gesehen habe ich den Film im Rahmen eines Sichtungslink in Orginalfassung mit deutschen Untertiteln weshalb es zur deutschen Synchronisation keine Angabe/Einschätzung geben wird

 

Fazit: Eine von Leichtigkeit erfüllte, humorvolle und botanische Sommer-Komödie aus Frankreich. Stark gespielt ergibt sich eine charmante Truppe die jedem Chaos trotzt.

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Ein bisschen bleiben wir noch (Drama)

 

Das Thema "Illegale Einwanderung" ist nicht nur in Deutschland an der Tagesordnung sondern auch bei unseren südlichen Nachbarn in Österreich.

 

Die 13-jährige Lilli (Rosa Zant) und der achtjährige Oskar (Leopold Pallua) sind mit ihrer Mutter (Ines Miro) aus Tschetschenien nach Österreich geflüchtet. Seit sechs Jahren leben sie nun schon in Wien. Als jedoch die Polizei ihren illegalen Aufenthalt feststellt, sollen sie abgeschoben werden. Verzweifelt begeht die Mutter einen Selbstmordversuch, was das Jugendamt auf den Plan ruft: Oskar und Lilli werden ihr weggenommen und in verschiedene Pflegefamilien gesteckt. Ihre Trennung verkraften die Geschwister nur schwer und sie setzen alles daran, miteinander in Kontakt zu bleiben und ihre Mutter zu finden.

 

Nicht nur hierzulande nutzen Regisseure Romane als Vorlage für neue Filmwerke, sondern auch bei unseren Nachbarn in Österreich. So hat sich Arash T. Riahi mit der Autorin Monika Helfer zusammen getan um aus deren Roman ""Oskar und Lilli" auf die Kinoleinwand zu bringen. Inwieweit man sich dabei an die Buchvorlage hält kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen, da mir hierzu der Vergleich fehlt. Das was der Zuschauer aber im Kino zu sehen bekommt kann definitiv überzeugen und bleibt noch lange nach Ende der Vorstellung im Kopf.

Mit der Thematik von illegalen Aufenthalten und wie man mit den Betroffenen umgehen soll betritt Riahi ein Feld voller Vorurteile, hitzigen Diskussionen und politischen Entscheidungen die oftmals gegen den Menschenverstand gehen. Allein das sich der Regisseur daran traut verdient höchste Anerkennung, zumal sein Film erstaunlich unpolitisch ausfällt und sich ausschließlich auf das Leben von Lilli und Oskar fokussiert.

 

Genau damit findet der Zuschauer einen Zugang zum Geschehen und wird nicht durch bewusst eingefügte Meinungsmache in seiner Wahrnehmung getrübt. Erzählerisch beginnt alles mit dem Eindringen der Polizei in die Wohnung und der darausfolgenden Trennung der Kinder von der Mutter, die sich vor Verzweiflung das Leben nehmen will. Alles was dem vorausging bleibt somit im Dunkeln, was aber nicht ins Gewicht fällt. Mit ruhigem Tempo und detailreicher Inszenierung werden nun die neuen Leben der beiden abwechselnd erzählt, wobei es immer wieder zu einem Treffen in Wien kommt. Dabei nutzt Raihi stets offensichtliche sowie scheinbar zufällige Lach-Smileys für besondere Momente, dank derer es zu positiven Schwingungen in einem ansonsten oft tragischen Umfelds. Schließlich passiert eben nicht das was sich die zuständigen Stellen von den Pflegefamilien erhofft hatten: ein geordnetes Leben mit sicherem Umfeld und guter Grundstimmung.

 

Lilli's neue Freundin hat ein zutiefst trauriges Geheimnis und scheint das Mädchen nur auszunutzen, während Ruth's Freund wenig begeistert ist von dem "Familienzuwachs" (was er in einem persönlichen Gespräch mit Lilli deutlich macht). Auf der anderen Seite landet Oscar in einer Lehrer-Familie in der alle Veganer sind und die an Parkinson erkrankte Mutter des Vaters ein trauriges Leben führt.

Und genau das Unerwartete tritt ein, Lilli und Oscar beweisen wie stark und willensstark sie sind, womit beide jeweils mehr Ausstrahlung besitzen als alle anderen Beteiligten. An dieser Stelle muss man die auffallend starken Schauspielleistungen der beiden Kinderdarsteller hervorheben, die zusammen den Film tragen und als Geschwisterpaar vollends überzeugen können. Dabei ist Lilli eher der emotionalere Part und zeigt in einigen Situationen all Ihre Emotionen, jeweils mit voller Wucht sowie einer besonderen Überzeugung. Oscar ist hingegen der berechnende Typ, der sich eine gemeinsame Zukunft in Argentinien ausmalt und für sein Alter erstaunlich erwachsen wirkt.

 

Er schreibt jeden Tag einen Brief an seine Mutter, kümmert sich um seinen "Stiefbruder" Simon und unterhält eine besondere Beziehung zur kranken Oma, die Ihn als einzige versteht und durch seine positive Erscheinung glücklicher wirkt. Diese speziellen Momente der beiden Generationen sind ebenso sehenswert wie jene von Lilli mit Ihrer Mutter. Hier gibt es dann auch eine Szene im Film mit der Raihi den Zuschauer zu Tränen rühren wird, da es hier maximal emotional zur Sache geht mit einem Hauch Entsetzung sowie Fassungslosigkeit. Aber genau solche Parts benötigt ein Film über Kinder in dieser Situation um deren Enttäuschung und Verzweiflung greifbar zu machen. Obwohl beide schon seit 6 Jahren in Österreich leben sind Sie nicht richtig integriert und gelten als Außenseiter. Daher ist es nicht verwunderlich dass Lilli sich mit einer Außenseiterin anfreundet, die von Ihren Mitschülern gemobbt wird, und Oscar versucht Anschluss zu finden indem er sein Pausenbrot mit Mitschülern teilt.

 

Obwohl sich "Ein bisschen bleiben wir noch", im übrigen ein leicht ironischer Filmtitel, ausschließlich um die Geschwister dreht behandelt er nebenbei noch einige andere, besondere Themen und schneidet diese im genau richtigen Ausmaß an. Es geht um Beziehungsprobleme (Ruth mit Georg), schwer kranke Menschen (Oma Erika) und wie diese leiden wenn man sich nicht um Sie kümmert sowie um Suizidgedanken. Gerade letzteres greift der Regisseur immer wieder auf, da neben der Mutter auch Erika sowie Lilli sich aktiv damit beschäftigen. Oscar stellt im Heim der Betreuerin sogar die Frage ob diese wisse das sich viele Bewohner von Flüchtlingsheimen das Leben nehmen, woraufhin diese damit antwortet das es sich hier um eine Falschinfo handelt. Diese vielen kleine Nebenschauplätze runden die Handlung exzellent ab und geben ein sehr authentisches Gesamtbild einer Situation ab, die man keinem Kind wünscht. Als Abschluss gibts dann noch eine Szene mit Schmunzelcharakter, die auch deshalb so gut aussieht, weil man damit den Filmtitel nochmals untersteicht. Zum heiteren Lachen hält "Ein bisschen bleiben wir noch" trotz seiner Dramatik einige Augenblicke bereit, die zudem eine Hommage an Leben und die Freude daran bilden.

 

Die ruhige und eindringliche Inszenierung zeigt sich neben dem tollen Drehbuch und den ansprechenden Schauspielleistungen, neben den Kindern überzeugen auch alle anderen Darsteller (wobei Christine Ostermayer als kranke Oma besonders gut spielt), vorallem in einer ebenso tollen Kameraarbeit mit der das Geschehen auf die Leinwand gebracht wird. Immer nah an den Figuren, frei von Hektik und im ansehnlichen Arthaus-Look beweist Enzo Brandner das er sein Handwerk versteht. Dank gesättigter Farben, fehlerfreien Übergängen und starken Kontrasten ist Raihi's Werk optisch ein wunderbares Beispiel dafür wie man aus relativ wenig Budget besonders viel herausholen kann. Zwar spielt die Handlung zumeist im vertrauten Umfeld der Kinder (Wohnung/Schule) wechselt aber regelmäßig zum lokalen Volksfest, bei dem zahlreiche Fahrgeschäfte gezeigt werden, selbst wenn weder Lilli noch Ihre Freundin darin sitzen. Beim ersten Besuch meint die 13-jährige dann das sie noch nie so viele glückliche Menschen auf einmal gesehen habe. Aber auch im Alltag schwenkt die Kamera immer wieder weg vom Geschehen und filmt quasi in fremde Wohnungen hinein oder auf die Straße.

 

Als wolle man dem Zuschauer bewusst darauf hinweisen das es neben der Filmstory noch ein Reallife gibt. Was für einige sicherlich ungewöhnlich wirkt sind die gezeigten Träume von Oscar und Lilli in denen Sie mit der Mutter im zerstören Tschtschenien zu sehen sind, wobei die Bilder hierzu mit wenig Farbe ausgestattet werden und daher trist, kühl und traurig wirken. Zum restlichen Film ein toller Kontrast, der definitiv heraussticht und nachdenklich stimmt. Hierzu zählen auch regelmäßig von Oscar aus dem Off eingworfene "Weisheiten" bzw. tiefsinnige Sprüche, die er wohl im Laufe seines Lebens irgendwo aufgeschnappt oder gelesen hat.

Sind die Kostüme und das Make-up durchweg funktionell gehalten und dadurch frei von Auffälligkeiten (man erkennt optisch keinen Unterschied zwischen Lilli/Oscar und den anderen Kindern aus der Schule) fällt bei der Filmmusik auf, das diese mit facettenreichen Melodien stets für die richtige Begleitung der Bilder sorgt und dadurch den finalen Push für die herausragende Atmosphäre bildet. Dabei drängen sich die emotionalen Titel niemals in den Vordergrund und überlassen den mitfühlenden Part den Bildern.

 

Sicherlich könnte man "Ein bisschen bleiben wir noch" noch ausführlicher beleuchten, aber ich möchte euch den Film mit den genannten Punkten schmackhaft machen und nicht alle schönen Momente vorweg nehmen.

 

Fazit: Mit seinem frei nach Monika Helfers Roman adaptieren Drama liefert Arash T. Riahi einen zu tiefst emotionalen und intensiven Film über zwei Geschwister denen erst die Mutter genommen wird um dann in genauso chaotischen Verhältnissen leben zu müssen. Gerade wegen seiner ruhigen Inszenierung mit detailreichen Blicken auf scheinbar nebensächliches bleibt das Werk lange im Kopf des Zuschauers hängen.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

Don't Breathe 2 (Horror/Thriller)

 

Norman Nordstrom ist wieder zurück auf der Leinwand und das ganz anders als erwartet.

 

Jahre nach dem aufwühlenden Einbruch in sein Haus führt der blinde Norman Nordstrom (Stephen Lang) inzwischen wieder ein geruhsames Leben. Dabei kümmert er sich mittlerweile sogar väterlich um ein junges Mädchen namens Phoenix (Madelyn Grace), dem er nach einer schweren Tragödie ein neues Zuhause gab. Doch dauert es nicht lange, bis diese selbst geschaffene Idylle ihr jähes Ende findet: Eine Bande Unbekannter hat es auf das Mädchen abgesehen, entführt es kurzerhand und lässt das Haus des Blinden in Flammen aufgehen. Das will der natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Um seinen Schützling aus den Fängen der Kidnapper in einer ihm unbekannten Umgebung zu befreien, muss sich der Kriegsveteran einmal mehr auf seine anderen Sinne und seine Instinkte verlassen – und mit seinen Widersachern kurzen Prozess machen.

 

Ziemlich am Anfang sieht man in den Nachrichten eines TV-Geräts das die Polizei nach einem Arzt sucht, der in einem Organtransplantationsskandal verwickelt ist. Da diese Info so prominent platziert wird, bedeutet dies nur eines: Im Laufe der Handlung spielt der besagte Mediziner wohl noch eine Rolle, womit die Geschichte eine drastische Wendung bekommen soll. Regisseur und Co-Drehbuchautor (zusammen mit Fede Alvarez) Rodolfo Sayagues beginnt seinen Thriller (mit Horrorelementen) erst mit einem sehr kurzen Rückblick wo man ein junges Mädchen auf der Straße liegen sieht während im Hintergrund ein Haus brennt um dann 8 Jahre in die Zukunft zu springen. Die dortige Einführung in die eigentliche Handlung fällt kurz aber ausreichend aus um danach richtig Fahrt aufzunehmen. Schnell wird klar worauf sich der Zuschauer in den 99 Minuten einzustellen hat: Spannung, Düsterheit, Blut und viele Kills.

 

War der Ablauf von Teil 1 noch auf das Haus von Norman und dessen dunklen Geheimnissen beschränkt erleben wir hier nun zwei Handlungsorte von Bedeutung. Gut 2/3 der Spieldauer lässt Sayagues die Figuren im Zuhause des blinden Kriegsveteranen agieren, bevor es zur finalen Location geht, einem abgefuckten Hotel inkl. Schwimmhalle. Wie nicht anders zu erwarten liegen beide Spielorte in den verfallenen Teilen von Detroit wodurch sich eine besonders prägnante und leblos-düstere Atmosphäre einstellt. Man ist ja abseits der Zivilisation und niemand interessiert sich dafür was da draußen so alles passiert. Die junge Phoenix (der Name erklärt sich aus der bereits erwähnten Einstiegsszene) fragt anfangs immer wieder warum Sie nicht in "die Stadt" darf, weshalb der Umgebung eine triste Rolle zugeteilt wird, in der niemand leben will, vorallem kein Mädchen ohne andere Kinder. Den Überfall der unbekannten Einbrecher kostet der Film regelrecht aus, nimmt sich Zeit den Home-Invasion-Terror in all seinen Facetten zu zeigen und sorgt für die ersten richtig heftigen Momente, womit die Altersfreigabe ab 18 Jahren gerechtfertigt wird.

 

Trotzdem sind auf die gesamte Laufzeit gesehen zahlreiche Kills "entschärft" worden was für mich letztendlich ein Negativpunkt ist. Wenn schon heftig dann auch volles Rohr und ohne Rücksicht auf Verluste. Aber vielleicht erscheint "Don'T Breathe 2" ja später mal in einer Uncut-Version mit entsprechender Härte. Obwohl für den ersten Teil der Geschichte, auch dank eines ausgiebigen Katz-und-Maus Spiels, ein Großteil der 99 Minuten draufgehen fühlt er sich zu keiner Zeit langweilig oder in die Länge gezogen an. Dafür bieten das zumeist dunkle Setting sowie ein recht ordentlich verfasstes Skript ausreichend Spannung, Tempo und blutige Actionszenen. Alles andere wäre auch unglaubwürdig erschienen, vorallem wenn die Männer das Mädchen ohne Verluste oder Schrammen bekommen hätten. Jedoch muss auch Norman mächtig einstecken und sammelt fleißig Wunden. Nichtsdestotrotz fallen das ein oder andere Logikloch auf mit denen der Film im weiteren Verlauf noch vereinzelt zu kämpfen hat.

 

Darüber kann eigentlich jeder hinweg sehen, passen doch die restlichen Parameter überwiegend gut zusammen. Das flotte Tempo zieht sich bis zum Finale durch und Stephen Lang's Präsenz trägt die Handlung ja sowieso. Nebenbei gelingt es hier und da noch ein paar Backround-Infos zu einzelnen Figuren einzubauen, welche dafür sorgen warum nun jemand sehr sauer ist oder besonders auf Rache aus ist. Das wirkt ganz nett und lässt die Handlung nicht nur auf banale Gewalt setzen. Sicherlich wäre hier noch mehr drinnen gewesen, hätte eine Ausarbeitung einzelner Beziehungen auf jeden Fall interessante und spannende Momente gebracht. Im Vergleich zu vielen Genrevertretern liefern die beiden Autoren und der Regisseur aber einen wirklich gelungenen kurzweiligen Film ab, der ein würdiger Nachfolger zu "Don't Breathe" ist. Mit neuer Location sowie besagter Wendung bekommt der Horror-Thriller zusätzliche Brisanz und einen Grund für die folgende exzessive Gewalt, die ihren Höhepunkt im heftigen Finalakt erlebt.

 

Hier spielt auch der flüchtige Arzt seine Rolle, wenngleich diese schneller als gedacht ihr Ende findet. Nebenbei wird das in Elendsvierteln weit verbreitete Drogenproblem aufgemacht, womit der wohl erschreckenste Fakt gezeigt wird. Aus Spoilergründen verrate ich natürlich nicht worum es im Detail geht, aber dass was man sieht, macht sprachlos. Drogen zerstören nicht nur einzelne Leben sondern ganze Familien und vorallem den Verstand. Auch hier fehlen mir ein paar tiefgreifendere Szenen mit denen Alvarez und Sayagues Ihrem Film das gewisse Extra verleihen hätten können. 10 Minuten mehr Laufzeit dafür aufgewendet und alle im Saal sind happy, garantiert. Beim Blick aufs technische lassen sich die negativen Punkte jedoch vergessen.

Besonders die sehenswerte Kameraarbeit mit drehenden Fahrten durchs Haus, oder atemberaubende Einstellungen bzw Blickwinkeln mit denen das Geschehen auf der Leinwand zu sehen ist. Hierzu sei auch erwähnt mit welch überlegter Lichtarbeit im Zusammenhang mit Schattenspielen es gelingt Norman regelmäßig perfekt in Szene zu setzen.

 

Wie aus dem Nichts steht der Blinde hinter einem der Entführer oder agiert aus dem Dunklen heraus. Zwar deuten sich jene Momente schon vorab an, um dann letztendlich trotzdem von gelungener Inszenierung zu zeugen. Das Zuhause von Norman und Phoenix ist optisch auf jeden Fall nicht das gleiche wie im ersten Teil und macht auch im Puncto Ausstattung einen etwas anderen Eindruck. Begeisterung kommt beim heruntergekommenen Hotel auf, das voller Wandmalerein ist und vielfach keinerlei Ausstattung mehr besitzt. Da wundert es doch, dass die Lampen an der Wand noch funktionieren während anderswo Wasser eindringt. Gerade diese triste und verlassene Gegend ist ein Grund warum "Don't Breathe 2" atmosphärisch überzeugen kann.

Während die Gruppe der Entführer recht blass bleibt was Charakter und Charisma betrifft sind es vorallem Lang und seine Filmtochter Madelyn Grace die mit starken Schauspiel herausragendes leisten. Wie bereits im ersten Teil sind es Lang's Ausstrahlung sowie seine permanente Präsenz warum Norman die tragende Figur darstellt und auf den Zuschauer eine besondere Faszination ausübt. Besser kann man diesen Charakter, der erneut seine verletzliche Seite zeigen darf, auch nicht spielen. Einerseits diese Gnadenlosigkeit und Brutalität während es noch einen fürsorglichen und traumatisierten Norman gibt, der vor seiner Vergangenheit nicht fliehen kann.

 

Jungdarstellerin Grace sorgt mit Ihren Fähigkeiten dafür, dass Phoenix ein mutiges, kämpferisches Mädchen ist, das jedoch darunter leidet fernab anderer Kinder aufzuwachsen und nichts über die tote Mutter erfahren zu können. Obwohl Sie körperlich einen trainierten und fitten Eindruck hinterlässt, bleiben auf der Charakterseite die typischen Eigenschaften einer angehenden Teenagerin stehen.

Von Raylan (Brendan Sexton) als Anführer der "Bösen" bleibt nach dem Film wenig hängen, da er weder Anführerqualitäten noch eine aussagekräftige Performence an den Tag legt. Seine Motive werden zwar im Laufe der Handlung aufgezeigt und die Umsetzung erfolgt unter den vorherrschenden Bedingungen (fehlende Staatsgewalt, Drogen) des Bezirks aber am Ende wirkt das doch ziemlich generisch und oberflächig.

 

 

Fazit: Härter, brutaler und blutiger; "Dont Breathe 2" setzt im Vergleich zum Vorgänger noch einen drauf und lässt die blinde Hauptfigur plötzlich auf die Seite der Guten wandern. Dank gleichbleibenden Erzählstil sowie der physischen Präsenz von Stephen Lang kann man über das ein oder andere Logikloch hinweg sehen.

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Fantastische Pilze (Doku)

Kurzreview

 

Sie sind quasi überall und tun Ihr Werk im Verborgenen: Pilze

 

Regisseur Louie Schwartzberg will in seinem Dokumentarfilm die Sprache der Natur – genauer gesagt: der Pilze – entschlüsseln und die magische Welt zu unseren Füßen einem größeren Publikum näher bringen. Schwartzberg zeigt die mysteriöse, ökologische und medizinisch wertvolle Kraft der Pilze, die etwa bei der Bekämpfung von Ölkatastrophen oder Artensterben helfen können.

 

2020 kam mit "Das Geheime Leben der Bäume" bereits eine sehr gute Natur-Doku in die deutschen Kinos und konnte am Ende mehrere hunderttausend Besucher zählen. Von diesen Gefilden kann der neue Film von Louie Schwartzberg, auch wegen weniger breitem Start, nur träumen. Anders als der Baumfilm handelt diese Doku über die mysteriöse und geheime Welt der Pilze, die nicht nur zu den ältesten Lebewesen dieser Erde zählen sondern auch die meisten Arten vorweisen. Weder Tier noch Pflanze sind Pilze eine eigene Gattung mit entsprechend eigener Fortpflanzung.

 

Für viele von uns gelten sie als schmackhafte Zutatt für Gerichte die man in fast jedem Wald findet. Doch das was wir als "Pilz" bezeichnen ist lediglich der Fruchtkörper dessen einziger Zweck die Verbreitung von Sporren sind.

So taucht der Zuschauer bei diesem Film in die Unterwelt des Bodens ab, dorthin wo Wurzeln und der eigentliche Pilz für ein Netzwerk sorgen das unserem Internet sehr ähnlich ist. Im ersten Drittel beschäftigt sich Schwartzberg vorallem mit wissenschaftlichen Details, vielen Informationen und sehr sehenswerten Nahaufnahmen, zumeist in Slow-Motion bzw. Zeitraffer. Sie zeigen bsp. wie die Fruchtkörper aus dem Boden schießen, die Kappe geöffnet wird und es zum Sporrenflug kommt.

 

Nebenbei erfährt der Zuschauer mit ausdrucksstarken Aufnahmen sowie handfesten Aussagen warum Pilze der "Kompostierer" der Natur sind und wir ohne Ihre "Arbeit" auf meterdicken Schichten von Bio-Müll sitzen würden.

Außerdem zeigt Schwartzberg auf welch sensationelle weitere Eigenschaften diese augenscheinlich simplen Lebensformen besitzen, die vom Abbau von Problemmülll bishin zu medizinischen Zwecken reichen. Gerade letzteres wird dann etwa ab Mitte der Laufzeit besonders hervorgehoben und äußerst ausführlich behandelt. Dadurch scheint sich Schwartzberg etwas zu sehr in der durchaus spannenden Thematik zu verrennen wodurch man vom eigentlichen Zweck abdriftet. Zuminderst empfand ich diesen Part zu lange und entsprechend zäh, wobei mir der Seitenhieb auf die Pharma-Industrie gefallen hat.

 

Erst im letzten Viertel besinnt sich "Fantastische Pilze" wieder auf seine eigentliche Aussage und haut noch zahlreiche spannende Infos raus. Mit 80 Minuten Laufzeit angenehm kurz, bleibt am Ende eine ordentliche sowie informative Dokumentation bei der im Orginal Hollywood Star Brie Larson aus dem Off die Stimme liefert, mit denen die Pilze eine Art Erzählerrolle einnehmen. Nebenbei kommen einige Experten, Professoren und Wissenschaftler zu Wort, deren englische Aussagen mit deutschen Untertiteln versehen sind. Musikalisch gibt es genretypische Melodien zu hören mit denen die Bilder recht gut begleitet werden. Besonders jene Aufnahmen bei denen man verschiedene Pilzarten zeigt sind die kleinen Highlights, von denen es gerne mehr hätte geben können.

 

 

Fazit: Eine besondere Doku über Pilze, deren Lebensweise, Ihre Bedeutung für unser Leben und warum diese in der Medizin so wenig Anwendung finden. Gerade der Part wo es um die heilende Wirkung geht wirkt zäh, zu lang weshalb die Story auch weit abdriftet.

 

Bewertung:

Dokuwertung: 6 von 10 Punkten

 

 

Beckenrand Sheriff (Komödie)

 

Der deutsche Film ist um eine Komödie reicher, bei der man mehr erwarten hätte können.

 

Das örtliche Freibad von Grubberg ist der Bürgermeisterin (Gisela Schneeberger) ein Dorn im Auge. Es hat seine besten Zeiten hinter sich, ist viel zu teuer und soll deshalb geschlossen werden. Der Bauherr Albert Dengler (Sebastian Bezzel) sieht daraufhin nur Dollarzeichen, schließlich bietet das große Gelände Platz für jede Menge Wohnungen! Doch der Bademeister Karl (Milan Peschel) kann und will das nicht akzeptieren. Damit er das Freibad retten kann muss er mindestens 600 Unterschriften auftreiben, was aber schwierig wird, denn die noch verbliebenen Badegäste sind nicht gut auf den Beckenrandsheriff zu sprechen. Vor allem Dr. Rieger (Rick Kavanian) treibt Karl regelmäßig zur Weißglut! Währenddessen ist sein nigerianischer Bademeister-Azubi Sali (Dimitri Abold) bestens integriert – fast schon besser als Karl. Doch Sali möchte eigentlich nur nach Kanada. Als Sali die Profischwimmerin Lisa (Sarah Mahita) kennenlernt, beginnt er an seinem Plan zu zweifeln. Soll er bleiben, Karl helfen und damit auch Lisas Zufluchtsort retten?

 

Wenn schonmal ein auf breiter Front startender Film mit recht namhaften Cast startet der in meiner Region (Nordoberpfalz) gedreht wurde gehört der Kinobesuch definitiv zum festen Ritual. Bekannterweise bin ich ja kein Freund von deutschen Mainstreamkomödien, war aber vom Trailer dann doch angetan und hatte entsprechende Hoffnungen einen Film zu sehen, der sich vom Einheitsbrei abhebt.

Anfangs wirkt "Beckenrand Sheriff" dann auch frisch, heiter, locker und ist vollgepackt mit bayerischen Flair samt Dialekt. Doch mit zunehmender Laufzeit dreht die Handlung in Richtung eines Flüchtlingsdramas womit Rosenmüller leider seinen roten Faden verliert. Nicht wegen der Einwanderungsthematik sondern vielmehr deshalb, weil er zu viele Themenbereiche einbaut die dann wenig tiefsinnig ausgearbeitet werden.

 

Gewissermaßen erlebt der Zuschauer eine randvoll gepackte Story unter dem Deckmantel einer Komödie die ziemlich vorhersehbar und vollends generisch daher kommt. Somit fühlen sich die knapp 2 Stunden, was viel zu lang ist, Lauflänge auch wirklich lange an und teilweise zäh an obwohl der Film ein ordentliches Tempo aufweist. Auch wenn es punktuell gelingt bleibt "Beckenrand Sheriff" insgesamt eine zu oberflächige Komödie im typisch deutschem Stil.

Immerhin setzt Rosenmüller auf hinter einer heiteren Inszenierung auf eine gesellschaftskritische Note, mit Fingerzeit auf die Politik, Einwanderungspolitik, Polizeigewalt oder dem Wirken von schwerreichen Geschäftsmännern.

Viele Zuschauer werden es witzig ,aber Gisela Schneebergers Rolle als Bürgermeisterin ist alles andere als eine lustige Figur sondern ein Abbild der mittlerweile eingebürgerten Art Politik zu machen. Willkür, Korruption, Machtmissbrauch und eine nach Außen hin zur Schau gestellte Freundlichkeit und Unehrlichkeit wie hier zu sehen ist widert mich persönlich massiv an und lässt die Figur zum absolut unsympathischen Faktor werden. Schneeberger's Leistung hingegen ist verdammt authentisch und überzeugend sodass es mir schon wieder leid tut diesen Punkt so expliziet erwähnen zu müssen.

 

Aber auch die Rolle von Albert Dengler, gespielt vom "Eberhofer" Sebastian Bezzel, sollte zum Nachdenken anregen. Seine im Film offenkundig zur Schau gestellten Vorurteile gegenüber Flüchtlingen, der Egoismus sowie die fehlende Empathie gegenüber seiner Tochter oder sein Denken mit Geld alles kaufen zu können, bzw. Geld als Druckmittel einzusetzen sind ebenfalls ein klarer Fall von gezeigter Kritik am System. Leider finde ich Bezzel in dieser Rolle völlig unglaubwürdig und hätte mir hier eine andere Besetzung gewünscht. Solche Charaktere liegen dem Darsteller wohl nicht, da seine Ausstrahlung ausschließlich auf Seiten von Sympathieträgern wie eben dem chaotischen Dorfpolizisten liegen. Es ist löblich das er sich dieser angenommen hat, aber sieht man genauer hin spürt man Bezzel's inneren Kampf einen auf Arschloch zu machen.

Hinzu kommen besonders zum Finale hin ziemlich unglaubwürdige Wandlungen dieser beiden Figuren mit denen das ohnehin skurrile und überdrehte Ende den Zuschauer aus dem Kinosaal entlässt. Enttäuschend ist, wie sich hier erneut zeigt das der deutsche Mainstreamfilm ein Problem damit hat von seinem eingefahrenen Abläufen zu lösen.

 

Ebenso fraglich bleibt folgender Punkt warum aus einer anfangs lockeren und heiteren Komödie plötzlich ein ernstes Flüchtlingsdrama wird wodurch letztendlich ein unklarer Eindruck hängen bleibt hier einen Film gesehen zu haben der unvollendet und nicht ausgereift wirkt. Ein "Willkommen bei den Hartmanns" hat dies bedeutend besser hinbekommen und gezeigt wie man Komödie und Flüchtlingsthematik zusammen bringen kann, obwohl ich der Meinung bin das diese gegensätzlichen Aspekte eigentlich nicht unter einen Filmhut zu bringen sind.

Rosenmüller gibt sich aber Mühe solch schlagkräftige Punkte wie Familienkonflikte, Angst vor Abschiebung, Finanzielle Probleme von Gemeinden, Leistungsdruck in unserer Gesellschaft, Integration, Bürokratie, neue Liebe oder den Glauben an Gott unterhaltsam in Szene zu setzen, und das alles im komödiantischen Stil zum Schmunzeln.

Allgemein sind das aber keine Dinge über die man lachen sollte, handelt es sich doch oftmals um sehr ernste Hintergründe. Aber gut, vielleicht ist es aber auch mal gut wenn man den Alltag ausblenden kann und vieles einfach weniger ernst nehmen sollte.

 

Genau das mach auch Rosenmüller in einigen dann doch sehr humorvollen Momenten. So zeigt der Regisseur im Dienst rauchende Polizisten, einen in der Kirche fluchenden Priester oder wie schnell man als Baumongul einen Farbeimer abgekommen kann wenn man andere auf die Helmpflicht hinweist aber selber keinen trägt.

Und was machen die beiden Hauptfiguren Karl und Sali? Der mürrische und überkorrekte Schwimmmeister (nicht Bademeister!) ist gebürtiger Berliner der im tiefsten Bayern wie sein Vater der Chef im örtlichen Freibad ist, gilt in der Stadt als wenig sympathischer Mensch dem keiner etwas recht machen kann. Ständig regt er sich über Kleinigkeiten im Bad auf und hat anfangs große Restriktionen als Ihm seine Schwester den aus Nigeria geflohenen Sali vor die Nase setzt. Heimlich in die Trainerin der Wasserballmannschaft verliebt, puzzelt er für sein Leben gerne und merkt zusehens was für ein freundlicher Mensch sein "Azubi" eigentlich ist.

Mit einigen düster gestalteten Rückblenden erfährt der Zuschauer die schreckliche Vergangenheit von Sali, der auf der Flucht fast ertrunken wäre und nicht schwimmen kann.

 

Mit einem Mitflüchtling soll es eigentlich weiter nach Kanada gehen da man sich dort ein besseres Leben erhofft.

Sowohl Milan Peschel (Karl) als auch Dimitri Abold (Sali) spielen Ihre Rollen mit Freude, positiver Ausstrahlung und sympathischer Art. Zudem bilden die beiden ein unterhaltsames Duo am Beckenrand und geben sich gegenseitig Tipps für bestimmte Lebenslagen. Gerade wie Sali versucht Karl das Flirten beizubringen sorgt für einige schöne Lacher im Saal.

In einer kleinen aber feinen Nebenrolle darf sich Rick Kavanian austoben während eine der deutschen Nachwuchshoffnungen Sarah Mahita als ehemaliger Kinderschwimmstar Lisa (Tochter von Albert Dengler), die aufgrund eines Dopingvergehens Ihre Karriere aufs Spiel gesetzt hat, eine ansprechende Leistung zeigt.

 

Technisch ist "Beckenrand Sheriff" eine typische Komödie mit entsprechender Kameraarbeit, Bildgestaltung, Schnitt oder Soundtrack. Hauptsächlich spielt sich das Geschehen im maroden Freibad ab, um gelegentlich mal Halt an anderen Locations wie etwa das Rathaus, eine Bar oder das Flüchtlingsheim zu machen. Absolute Standardkameraeinstellungen sorgen für fast schon gewohnte Bilder mit entsprechender Ausleuchtung der Nachtszenen oder strahlendem Sonnenschein am Tage. Farbtechnisch bekommt man sommerliche, warme und helle Töne präsentiert, die im Kontrast zu jenen im Flüchtlingsheim stehen, wo es düster, trist, kalt und leblos wirkt was sich anhand der verwendeten Farben erkennbar ist. Als begleitendes Element erklingen genretypische Klänge die mit einigen Schlagern der 70er Jahre vermischt werden.

 

 

Fazit: Anfangs eine heitere Sommerkomödie entwickelt sich "Beckenrand Sheriff" zusehens zu einem Flüchtlingsdrama und mündet in einem völlig wirren und überdrehten Finale fernab jeglicher Logik. Mit seinem neuen Film bleibt Marcus H. Rosenmüller hinter den Erwartungen zurück.

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

After Love (Erotik/Romanze/Drama)

 

Tessa und Hardin sind mit Ihrer Auf-und-Ab Liebesgeschichte zurück im Kino und gehen damit in Runde 3.

 

Für Tessa (Josephine Langford) steht eine große Veränderung bevor: Nachdem sie während ihres Praktikums großen Eindruck im Verlag von Christian Vance (Stephen Moyer) hinterlassen konnte, hat man ihr eine Stelle angeboten – für die sie allerdings nach Seattle umziehen muss. Das wäre an sich kein großes Problem, ganz im Gegenteil freut sie sich auf die neuen Eindrücke und Erfahrungen, die bevorstehen. Doch ihr Freund Hardin (Hero Fiennes Tiffin) freut sich nicht so richtig mit. Zwar wünscht er ihr eine gute berufliche Zukunft, möchte mit ihr aber lieber in seine Heimat London ziehen – und die Aussicht, dass Tessa alleine nach Seattle gehen könnte, macht ihn eifersüchtig. Wovon Hardin ebenfalls alles andere als begeistert ist: Tessas alkoholkranker Vater Richard Young (Atanas Srebrev), der die Familie verlassen hatte, steht plötzlich wieder auf der Matte. Hardin glaubt nicht, dass Richard einen guten Einfluss auf Tessa haben wird...

 

Die "After"-Buchreihe gilt als Bestseller und wird daher (logischerweise) auch entsprechend auf die Kinoleinwand gebracht. Mit dramatischen Liebesgeschichten zieht man eben viele Besucher an, vorallem aus der Altersgruppe der 12-15-jährigen, ausschließlich weiblicher Natur. Sicherlich spielt hier auch die Besetzung der Hauptfiguren eine Rolle, da Hardin optisch perfekt ins Bad Boy Image passt während Tessa wie das brave Mädchen von nebenan wirkt, denen man gerne folgendes Sprichwort anheftet: "Stille Wasser sind Tief"

Diese simple Rechnung geht somit ziemlich gut auf und sorgt in Deutschland für Besucherzahlen um die Millionengrenze.

Erstaunlich ist jedoch die Tatsache, dass das stets gleiche Rezept sich bisher nicht abgenutzt hat, handeln die "After"-Filme immer von der gleichen Thematik und besitzen stets den selben Aufbau. Auf Drama mit Eifersucht folgt Versöhnung und Sex um danach wieder etwas dramatisches aufkommen zu lassen.

 

Außerdem fehlt es durchweg an Tiefe und vorallem an einem: Einer grundlegenden Story. All diese genannten Punkte vereint nun auch das dritte "Abenteuer" von Tessa und Hardin, welches aber zum Finale immerhin ein paar Momente zu bieten hat, in denen der Zuschauer die Verletzlichkeit der beiden Hauptfiguren erahnen kann. Denn ansonsten gibt es wieder viel Drama mit anschließender Versöhnung zu sehen, wobei man bei "After Love" erstaunlich viel Zeit investiert das wilde Liebesgeschehen stärker in den Fokus zu rücken während Tessa dieses mal nur einmal ein wenig fremdflirten darf. Daher fühlen sich die knapp 100 Minuten auch etwas lang an, fehlt es doch an Tempo und besagter Handlung mit der etwas voran geht. Lediglich in zwei Orten spielt sich das Geschehen ab: Seattle und London. Die Parts in Hardins Wohnung und dem Hotel im Wald fallen recht kurz aus und sind daher im Grunde nicht der Rede wert, sofern es um die Spielorte geht.

 

Einzig unter dem Gesichtspunkt, dass das Skript unbedingt eine Situation schaffen will mit der die Romanze wieder mal in den Krisenmodus gefahren werden soll bleiben jene Szenen im Hinterkopf.

Wie nicht anders zu erwarten wirkt die gesamte Inszenierung sehr auf die Zielgruppe sowie eine FSK-Freigabe ab 12 Jahren getrimmt, da mit viel Kitsch sowie Klischees gearbeitet wird und die "Heißen Szenen" nicht den Hauch von intimen Einblicken liefern. Immer wenn Tessa und Hardin Sex haben arbeitet die Kamera mit vielen Schnitten und zeigt dabei ausschließlich die Gesichter der beiden, maximal noch einen freien Rücken oder die Schenkel. Wie das Paar miteinander redet und umgeht bzw streitet ist leider ziemlich unauthentisch, da sich die Darsteller wie Jugendliche aufführen aber äußerlich wie Erwachsene aussehen. Meiner Meinung nach sollte solch ein Filmfranchise mit seinem Publikum wachsen und nicht darauf bedacht sein nach drei Teilen weiterhin die Außendarstellung vom Beginn aufrecht zu erhalten. Wobei, "After Passion" war zu brav was sich mit "After Truth" gebessert hat.

 

Die logische Weiterentwicklung bleibt also aus und findet, wenn man wirklich ins Detail geht, lediglich im Bereich der Ausarbeitung von Tessa und Hardins Beziehung statt, da zwar weiterhin auf ein Wechselspiel von Drama und Versöhnung gesetzt wird aber nicht mehr mit ständig neuen Männern im Hintergrund. Wir sprechen hier jedoch von einer eher seichten Entwicklung die keinesfalls für mehr Tiefe oder Wendungen sorgt.

Es ist sowieso nicht der Anspruch von "After Love" dem Zuschauer irgendeinen Mehrwert zu bieten mit dem er im Leben etwas sinnvolles anfangen kann. Bleibt die Frage warum sich so viele Menschen solch einen sehr vorhersehbaren Film mit oberflächigen Charakteren antun. Ich denke mal deshalb, weil die Handlung durch ihren einfachen Aufbau sowie der Tatsache das wohl jeder schonmal in der Situation war um eine Beziehung kämpfen zu müssen, leicht zugänglich ist und daher gerade für junge Frauen/Mädels eine Faszination für tragische Verliebheit auslöst.

 

Unter Umständen wollen wir auch einfach das ständige Auf und Ab erleben in der Hoffnung selbst niemals solch eine Never-Ending-Story mitmachen zu müssen. Am Ende kündigt ein "Fortsetzung folgt" Teil 4 an, den es in meinen Augen nicht braucht da das Finale einen schönen Abschluss bilden würde.

Aber es gibt ja noch Bücher und die müssen wohl oder übel auf die Leinwand gebracht werden.

Noch ein paar Worte zum technischen Part. Die Kameraarbeit setzt wie schon bei den Vorgängern auf eine jugendliche Inszenierung, kräftige Farben sowie zahlreiche Nahaufnahmen der Haupfiguren. Die gesättigten Bilder weisen zudem eine gute Ausleuchtung auf und sind ohne gravierende Wackler oder unsaubere Führung gefilmt.

Musikalisch bekommt man ein Wechselspiel aus sinnlichen und emotionalen Tracks geboten, die gerade während der Liebesakte sehr im Vordergrund stehen und für ein angenehm harmonisches und ansprechendes Feeling sorgen. Hier hat der Komponist wohl vorab ein paar Alben von Lovemusik gehört und sich davon inspirieren lassen.

 

Darstellerisch zeigen Josephine Langford als Tessa sowie Hero Fiennes Tiffin als Hardin genau das was man bereits aus den ersten "After"-Filmen kennt und auch erwarten kann. Tessa ist weiterhin der ruhige Part die sehr offenherzig mit anderen Menschen Kontakt aufnimmt und dadurch auch etwas flirtet. Zudem liegt es Ihr am Herzen in die Beziehung Ehrlichkeit, Offenheit und Vertrauen an erste Stelle zu stellen, wenngleich Tessa die an Hardin gestellten Forderungen Ihm gegenüber nicht immer selbst so ernst nimmt. Als rasend eifersüchtiger Machotyp mit kurzen Zündschnüren erlebt das Publikum Hardin, der regelmäßig an Tessa's Treue zweifelt und aus seinen Gewohnheiten nicht heraus kommen zu scheint.

Allgemein wirken beide aber recht kühl sowie distanziert und das feurige kommt viel zu kurz. Wurde das zuvor etwa zu overacted oder will das Drehbuch hier etwas erwachsener wirken? Ich kann das leider nicht abschließend beantworten

Vom restlichen Cast sollte der Zuschauer nicht allzu viel erwarten, handelt es sich wie eh und je um reine Nebenfiguren mit wenig Spielzeit und entsprechend wenig Charakterzeichnung. Einzig die Neubesetzung einiger relevanter Charaktere fällt auf, hat mich aber gar nicht gestört bzw. viel erst bei der Nachrecherche auf (bin aber auch kein Hardcore Fan der Reihe und merke mir solche Dinge auch nicht).

 

Am Ende muss ich tatsächlich eines sagen; Mit wenig bis keiner Erwartung reingegangen und mit einem leicht positiven Eindruck den Saal verlassen. "After Love" ist für mich als jemand der mit Liebesfilmen recht wenig anfangen kann ein Film, der sicherlich nie in einer Top-Liste auftauchen wird aber dennoch einen ordentlichen Eindruck hinterlassen hat, zumal die beiden Vorgänger schon nicht besonders waren. Liegt aber auch daran, dass ich männlich und fast 30 Jahre alt bin.

 

Fazit: Trotz quasi nicht vorhandener Handlung sowie dem bekannten Muster im Teenie-Style bleiben zu wollen ist Teil 3 von Tessa und Hardin am Ende ein Film den man unter der Rubrik "In Ordnung" sehen kann.

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten