Filme aus dem Oktober 2021

Antlers (Horror/Thriller)

 

Er gilt als einer der wichtigsten Figuren im Horrorgenre: Guillermo del Toro

Der von Ihm produzierte "Antlers" ist seine neueste Schaffung.

 

In einer kleinen Stadt in Oregon kommt es zu einer Reihe grausamer Todesfälle, bei denen Menschen zerteilt und zerstückelt aufgefunden werden. Sheriff Paul Meadows (Jesse Plemons) tappt bei den Ermittlungen im Dunkeln. Allerdings muss seine Schwester, die junge Lehrerin Julia Meadows (Keri Russell), erkennen, dass sie den mysteriösen Vorfällen nähersteht als erwartet. Der Vater und der Bruder ihres Problemschülers Lucas (Jeremy T. Thomas) hegen ein tödliches, übernatürliches Geheimnis, das sich seinen blutigen Weg ans Tageslicht bahnt. Die grauenvollen Ereignisse reißen jedoch nicht ab, sondern nehmen weiter zu. Julia bekommt eine Vorahnung, wer oder was hinter den Taten stecken könnte: Handelt es sich bei dem Mörder um eine mysteriöse Kreatur aus den Sagen der amerikanischen Ureinwohner?

 

Quasi in jedem Kulturkreis haben die Ureinwohner/indigenen Völker diverse Mythen, Sagen oder Legenden. In Oregon/USA ist dies eine Kreatur, die einst Mensch war und aufgrund von Kannibalismus zum Wendigo wurde. Basierend auf der Kurzgeschichte "The Quiet Boy" von Nick Antosca bringen Guillermo del Toro (als Produzent) und Regisseur Scott Cooper nun pünktlich zu Halloween einen Gruselfilm in die Kinos, der nicht nur die Handschrift del Toro's trägt sondern sich in vielerlei Hinsicht von der Massenware im Horrorgenre unterscheidet. Zwar erfinden die beiden das Gerne keinesfalls neu, aber mit der Art wie "Antlers" inszeniert wird gepaart mit interessanten Figuren bekommt der Zuschauer einen Film zu sehen, der lange Zeit vieles richtig macht.

 

Schon mit der Einleitungsszene, die in einem verlassenen Stollen spielt, bekommt man erste Eindrücke von den folgenden düsteren Abläufen. Wohl nicht aus Zufall fallen die Geschehnisse in den Herbst, der die Tristesse der Kleinstadt offenbart. In den Nachrichten hört man wie die Politik versucht mit neuen Verfahren die zahlreichen alten Stollen wieder nutzbar zu machen um die Wirtschaft (die Stadt macht einen heruntergekommenen Eindruck, viele alte Maschinen stehen umher und rosten vor sich hin) anzukurbeln. Schließlich sind die Bewohner nicht nur von riesigen, wilden Wäldern und Natur umgeben, sondern auch von gewaltigen Gebirgszügen. Der nordwestliche Bundesstaat ist ja für seine atemberaubende Natur und die relativ dünne Besiedlung bekannt weshalb mit dieser Wahl des Handlungsortes allein schon einiges richtig gemacht wurde.

 

Sicherlich ist es nichts neues wenn genau dort das Böse in Form eines blutrünstigen Wesens haust, aber bei "Antlers" fühlt sich das Drehbuch mit seinem vielfach in die Tiefe gehenden doch erfrischend und anders an, trotz einiger Schwächen im letzten Filmdrittel. Vieles vom positiven Eindruck basiert auf Cooper's durchweg düster gehaltenen Inszenierung, die zweifelsohne davon zeugt das del Toro am Set eingebunden war und seine Erfahrung aus Jahrzehnten eingebracht hat. Dabei vergisst der Regisseur aber die Hintergründe des Wendigo in einer befriedigenden Weise auszuarbeiten und speist das Ganze mit wenigen Sätzen/Momenten alibimäßig ab. Nach dem Motto "habe es ja erwähnt und aufs relevanteste erklärt". Hier hätte ich mir mehr Tiefe und vorallem einen kurzen Rückblick erwartet, wie es genau dazu kam. Ein etwa 5 minütiger Einspieler wäre hierfür genau ideal gewesen und dem Zuschauer würden bedeutend weniger offene Fragen bleiben. Somit sieht man vom Mythos herzlich wenig und besagte Ureinwohner bleiben komplett außen vor.

 

Dennoch bleibt am Ende eine überraschend spannende Story, deren Werdegang für das meiste Interesse sorgt. Wie es ausgeht ist dagegen recht schnell abzusehen und Cooper arbeitet, nicht immer mit größter Kreativität, darauf hin. Dabei geht die finale Auseinandersetzung meines Erachtens in die Hose und zeugt von fehlendem Mut die Handlung weniger generisch zum Höhepunkt zu treiben. Zudem fühlen sich diese Minuten ziemlich gestellt und unglaubwürdig an, womit viel der vorherigen Intensität verloren geht. Der Wendigo ist wohl doch nicht so stark wie zuvor auf blutige Weise gezeigt und kann ohne größere Probleme getötet werden. Gewissermaßen eine Farce, wenn man die übel zugerichteten Leichen der vergangenen Stunde noch im Kopf hat.

 

Was während der knapp 100 Minuten aufgrund der dichten Atmosphäre samt genretypischen Sounddesign etwas untergeht ist die überraschend ausgeprägte dramatische Backroundstory von Julia, deren Vergangenheit alles andere als rosig war. Mit 2-3 kurzen Erinnerungseinspielern wird der Missbrauch des eigenen Vaters angeschnitten während Sie im örtlichen Laden stets überlegt harten Alkohol zu kaufen, was auf ein deutlicher Hinweis darauf ist, dass Julia damit schon öfters den Schmerz ertränkt hat. Wohl deshalb scheint sich die Lehrerin speziell zum ebenfalls missbrauchten und psychisch zerstörten Lucas hingezogen zu fühlen, entwickelt sogar so etwas wie Muttergefühle (oder einen Beschützerinstinkt). Die augenscheinlich gefestigte Beziehung zu Ihrem Bruder Paul ist in Wahrheit nur oberflächig gut, innerlich bleibt eine gewisse Distanz der beiden. Neben Alkohol spielen auch Drogen eine wichtige Rolle, weshalb viele Eltern die Kinder allein deshalb nicht zur Schule schicken damit dort niemand den Geruch bestimmter Substanzen an Ihnen ausmachen kann.

 

Schauspielerisch bieten die Dasteller solide Kunst und versuchen Ihren Figuren einen glaubwürdigen Ausdruck zu verleihen. Während man zu den Nebendarstellern (aufgrund wenig Spielzeit) nichts weiter sagen kann, fallen zum zentralen Trio doch ein paar Worte ab. Keri Russell gibt Ihrer Julia ein durchweg angespanntes Gesicht, Mut und Kampfesgeist mit auf den Weg um gleichzeitig einen verletzen Eindruck aufgrund der schlimmen Vergangenheit zu hinterlassen. Die Amerikanerin spielt dabei sicher, fokussiert und es gelingt die Sympathien der Zuschauer regelmäßig auf Julia zu ziehen.

Als der in einigen Momenten unsicher agierende Sheriff Paul liefert Jesse Plemons einen ordentlichen Job an. Er wirkt anders als seine Filmschwester nicht immer sicher und war mir zu oft zu still sowie zurückhaltend im entscheidenden Moment.

 

Eine anspruchsvolle Rolle bekleidet der Kinderdarsteller Jeremy T. Thomas als Lucas, der im Alleingang den Haushalt schmeißt und seine Familie "bekocht". Dabei ist er einerseits naiv, verletzlich und traurig aber auch selbstständig, mutig und voller Liebe gegenüber dem kranken Vater sowie seinem kleinen Bruder. Jenes kaputte Leben der Brüder ist dementsprechend verdammt herzzereissend, aufwühlend und erschütternd. Zumal solche Zustände vielerorts keine Seltenheit sind und Kinder dort mit Mangelernähung zu kämpfen haben. Hierzu zählt auch das kränkliche Aussehen sowie ein eingeschüchternder Ausdruck in den Augen.

 

Mit düsteren, dunklen und kalten Farben bestechen die Bilder vom deutschen Kameramann Florian Hoffmeister, der sein Arbeitsgerät durchweg so platziert damit man als Zuschauer genau den richtigen Blickwinkel zum Geschehen hat. Eine ruhige sowie saubere Kameraführung, welche sich nicht mal von Unebenheiten am Boden beirren lässt zeugt von der optischen Wertigkeit des Gruselfilms. Allgemein müssen die vielen kleinen technischen Details und Umsetzungen gelobt und in den Fokus gerückt werden. Hinzu kommen die hanggemachten Effekte sowie das stellenweise herausragende Make-up (Vater vor der Verwandlung) mit denen "Antlers" sein Publikum begeistern kann. Aber auch die liebevoll hergerichteten Toten bleiben hängen, zumal Hoffmeister hier in aller Seelenruhe über die Leichen hinwegfährt damit auch wirklich alle schrecklichen Details erkennbar sind. Einziger Kritikpunkt bleibt das der Kopf des Wendigo viel zu selten in voller Pracht samt Geweih zu sehen ist obwohl dieser für ziemlich heftige Goremomente sorgt.

 

 

 

 

Fazit: Das Duo Scott Cooper und Guillermo del Toro bringt mit "Antlers" einen Horrorfilm auf die Leinwand, der lange Zeit vieles richtig macht (speziell seine Dramapassagen), mit gewaltiger Atmosphäre eine beklemmende Düsternis an den Tag legt und dank seiner Schauplätze die perfekte Umgebung vorweisen kann. Aber gerade das lieblose und wenig überzeugende Finale sowie die alibimäßige Ausarbeitung des Ureinwohner-Mythos verhindern, das der Gruselschocker zur Überraschung aufsteigt.

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Im Wald (Horror/Thriller)

 

Die internationalen Hofer Filmtage sind auch immer ein Filmfestival mit interessanten Independentfilmen. Hierzu zählt auch "Im Wald" aus Deutschland

 

Als Mats (Tobias Kay) gerade mit seiner Tochter Mia (Jolie Joan) unterwegs ist, bleibt ihr Auto unerwartet mitten in einem verlassenen Wald liegen. Daraufhin kommt es zu unerklärlichen Vorkommnissen. Scheint eine alte Hexengeschichte doch wahr sein und was hat es mit dem anderen Auto auf sich, dass auf der gleichen Straße verunglückt ist...

 

 

 

 

Der deutsche Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Manuel Weiss ist wahrscheinlich nur Fans des Independent-Films ein Begriff. Ich bin seinerzeit aufgrund des Thrillers "Tag X" auf Weiss gestoßen und fand seine dort gezeigte Arbeit hinter der Kamera recht ansprechend. Mit seinem neuesten Projekt, dem Horror-Drama "Im Wald" feierte der Regisseur nun die Premiere bei den Hofer Filmtagen, die gleichzeitig online abgehalten werden.

Das Ausgangsszenario ist dabei recht simpel: Ein Vater ist mit seiner Teenager-Tochter nachts mit dem Auto unterwegs und bleiben in einem dunklen Wald aufgrund einer Panne liegen. Es kommt zu mysteriösen Vorkommnissen und die Geschichte nimmt plötzlich einen völlig neuen Lauf.

Sicherlich bedient sich Weiss hier am Standard Horrorhandbuch, was aber keineswegs immer ein Kritikpunkt erster Klasse sein muss.

 

Vielmehr bekommen die zwischenmenschlichen Konflikte von Mats und Mia damit mehr Gewicht und stehen besonders in den Anfangsminuten im Mittelpunkt. Das klassische Drama behandelt die Wut der 16-jährigen Tochter über die in Ihren Augen falsche Entscheidung von Mats seine Frau für eine andere zu verlassen. Und dennoch spührt der Zuschauer die innerliche Liebe von Mia zu Mats, die trotz aller Vorkommnisse vorhanden ist. Mit der ruhigen und nah an den Figuren gefilmten Einleitung werden die beiden Hauptdarsteller ausführlich vorgestellt und erste Charakterzüge blitzen auf. Mats, ein Kumpeltyp und liebevoller Vater steht zu seiner Entscheidung während die enttäuschte und leicht rebellische Mia noch kindliche Naivität an den Tag legt.

Passend dazu ist der Wald in Nebelschwaden gehüllt, welcher mit einigen Lichtquellen aus dem Backround einen mystischen Touch bekommt. Einfach aber effektiv würde ich mal sagen, wie so vieles bei "Im Wald".

 

So richtig Fahrt nimmt das Ganze erst auf als das Auto liegen bleibt, wobei das Zustandekommen dann doch recht gestellt wirkt: Umleitung durch den Wald, erst Mobilfunknetz dann plötzlich keines mehr, Tank und Handyakku leer, PIN vergessen und seltsame Geräusche.

Hier wäre eine etwas elegantere bzw. kreativere Herangehensweise wünschenswert gewesen, da so viele missliche Dinge auf einmal ziemlich unwahrscheinlich erscheinen.

Als weiteren Kritikpunkt fällt noch das oftmals höchst unlogische Verhalten des Vater-Tochter-Gespanns auf, die lieber durch den Wald laufen wollen anstatt der Straße zu folgen und es im weiteren Verlauf nicht für nötig halten Erste Hilfe zu leisten, als der Fremde regungslos am Auto liegt. Warum führe ich gerade den zweiten Punkt aus? Nun ja, erst die Tage durfte ich als betrieblicher Ersthelfer einen Erste-Hilfe-Kurs besuchen weshalb die Thematik noch recht frisch rumgeistert.

 

Dagegen begeistert der durchweg wertige Look, der gerade aufgrund der guten Farbsättigung bzw. des Colorgrading für viele tolle Bilder sorgt. Meistens beweist der Kameramann eine sehr ruhige Hand, ist stets nah am Geschehen und leistet sich nur vereinzelt mal einen kleineren Wackler. Mit dem dunklen und tiefen Wald als Handlungsort fallen quasi sämtliche Setbauten weg (bis auf einige Szenen am Ende im Haus) und atmosphärisch stellt sich eine gewisse Angespanntheit ein. Begleitet werden die scharfen und klaren Bilder von toll abgemischten und in der richtigen Lautstärke eingebauten Soundeffekten bzw Sounddesigns inkl. mysteriöser Geräusche. Damit stellt sich durchweg eine düstere Grundstimmung ein, die zudem etwas Grusel verbreitet. Einzig die Tatsache das die Luftaufnahmen der Drohnen nicht bei Nacht sondern während der Dämmerung entstanden sind stört ein wenig.

 

Nach einer recht ruhigen ersten dreiviertel Stunde folgt der erste nennenswerte Twist, welcher nun zwei bzw. drei neue Figuren einführt und eine kleine Vorgeschichte erzählt. Allgemein wird der Zuschauer nun Zeuge eines neuen Blickwinkels der bisherigen Geschehnisse. Sämtliche komischen Geräusche erscheinen nun plausibel und die anfänglich sehr simple Handlung erhält einen tieferen Sinn. Ein gelungener Schwenk vom angeblichen Hexenwahn zum Erklärbaren.

Gesamtbetrachtet steigert sich "Im Wald" minütlich und besitzt eine erhebliche bessere zweite Filmhälfte (Tempo. Action, etc), an deren Ende ein überraschender Twist steht, welcher nochmals für Spannung sorgt, wenngleich das allgemeine Spannungsniveau keine Mount Everest Höhen errreicht. Fürs Matterhorn reichts aber.

Technisch und inszenatorisch ist Weiss' neuer Film deutlich besser aufgestellt als im Bereich Handlung und Erzählstil. Dem Regisseur gelingt es am Ende sogar noch einen Funken Mystik aufrecht zu erhalten und überlässt nicht alles dem Irdischen.

 

Neben dem guten technischen Part sollten die mindestens gleichwertigen Schauspielleistungen nicht unerwähnt bleiben.

Gerade die beiden Hauptdarsteller Kay und Joan begeistern als sympathisches Duo mit zunehmend ängstlichem Verhalten. Der "alte Hase" Tobias Kay zeigt wie Daniela Mitterlehner als mysterische Fremde (mit dunklem Geheimnis) eine sehr routenierte Darbietung mit Charisma und Ausstrahlung. Trotzdem spührt man die Energie mit der beide Ihre Rollen interpretieren und darin aufgehen. Besonders die krasse (Doppel)Rolle von Mitterlehner verlangt authenisches Auftreten, da man Ihr bis zum entscheidenden Hinweis nicht ansieht was Wirklichkeit ist. Gerne hätte ich hier mehr gesehen, vorallem was die Vergangenheit betrifft. Dazu gehört auch der absolut abgefahrene Freak, mit Maske, der irgendwie an Michael Myers erinnert. Seine Taten, vorallem aber sein Verhalten ähneln dem des Massenmörders aus Haddonfield nur allzu sehr.

Auf der anderen Seite haben wir noch die Jungschauspielerin Jolie Joan als Mia, die mit Ihrem eher ängstlichen bzw. zurückhaltenden Auftreten keinesfalls Schwäche suggeriert, sondern einfach zeigt wie weit Sie schon im Bereich Schauspielkönnen ist. Ebenso authentisch werden die wenigen Nebenfiguren gespielt, die aber wirklich nur am Rande eine Rolle spielen.

 

Gesehen habe ich "Im Wald" im Rahmen des kostenpflichtigen Onlineprogramms der Hofer Filmtage 2021

am 28.10.2021

 

Fazit: Trotz ein paar kleinerer Schwächen im erzählerischen Bereich kann die Independent-Produktion von Manuel Weiss gerade aufgrund der tollen Inszenierung begeistern. Das simple Ausgangsszenario sollte man dabei nicht zu kritisch sehen, da dadurch besonders das Zwischenmenschliche stärker in den Fokus rückt.

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten (Indie-Horror)

Gesamt: 6,5-7 von 10 Punkten

 

 

Contra (Komödie/Drama)

 

Deutsche Sprache, schwere Sprache? Vorallem wenn es um Debatten und Rhetorik geht. Das dies auch Spaß machen kann, zeigt Sönke Wortmann.

 

In seiner Vorlesung hat Professor Richard Pohl (Christoph Maria Herbst) die Jura-Studentin Naima (Nilam Farooq) rassistisch und sexistisch diskriminiert. Es ist nicht der erste Zwischenfall dieser Art und noch dazu wurde Pohl bei seinen Entgleisungen gefilmt und das Video ins Internet gestellt. Der Druck auf die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt wächst und Pohl erhält von Universitätspräsident Alexander Lambrecht (Ernst Stötzner) eine letzte Chance: Er soll Naima bei einem wichtigen Debattierwettstreit als Mentor zur Seite stehen. So könnte der Professor seine Chancen vor dem Disziplinaraussschuss verbessern und noch einmal um seine Entlassung herum kommen. Der Dozent und die Studentin könnten unterschiedlicher nicht sein, dennoch wachsen sie zu einem starken Team zusammen...

 

Mit fast einem Jahr Verspätung läuft nun der neue Film von Sönke Wortmann in den deutschen Kinos. Sein Remake der französischen Komödie "Die brilliante Mademoiselle Neila" ist eine durchaus unterhaltsame Kombination aus Komödie, Drama und Liebesfilm. An dieser Stelle muss ich gestehen das Orginal aus dem Jahr 2018 nicht zu kennen weshalb es im weiteren Verlauf keine Vergleiche geben wird. Natürlich wird der Film demnächst nachgeholt, aber bei der aktuellen Flut an Neustarts ist es nicht immer leicht stets zu jeder Neuverfilmung vorab das Orginal zu schauen.

Wer den Trailer zu "Contra" gesehen hat kennt quasi die ersten Minuten, da diese mit wenigen Ausnahmen eins zu eins für die Vorschau verwendet werden. Schon recht früh macht Wortmann klar welchen Kurs sein Film einschlagen wird und wie geschickt er mit Sprache und Ausdrücken arbeitet.

 

Dabei kommen sowohl Elemente der Jugendsprache/Straßenausdrücke wie auch jene aus dem Bereich der gehobenen und gesitteten Wortwahl vor, welche klar innerhalb der Figurengruppen aufgeteilt verwendet wird. Während Naima und Ihre Freunde teils sehr vulgäre Dialoge führen ist Pohl stets auf korrekte und ausdrucksstarke Sprache fixiert. Dabei integriert der Regisseur mehr oder weniger offen Thematiken wie die Integrationsfähigkeit von Migranten, Vorurteile gegenüber Ausländern und vorallem Vorbehalte bezüglich Muslimen in seine Handlung. Jedoch nicht auf alberne, herablassende oder wertende Weise sondern einfach genau so, wie diese Punkte im Alltag mittlerweile gehandhabt werden; als selbstverständlich. Hinzu kommt das festgefahrene und einseitige Denken des "Alten weißen Mannes", den Christoph Maria Herbst besonders authentisch verkörpert. Desweiteren wirft Sönke Wortmann einen Blick auf den Traum vieler Migranten, die sich durch Bildung Aufstiegschancen innerhalb der Gesellschaft wünschen und von dieser oftmals allein wegen des Namens oder Religion dabei benachteiligt werden.

 

Gewissermaßen nimmt der Zuschauer den Blickwinkel von Naima ein, die den klassischen Lebenslauf einer jungen Frau mit Migrationshintergrund zu besitzen scheint: In Deutschland geboren kämpft Sie mit Ihrer Familie um ein Bleiberecht, arbeitet von früh bis spät und ist alltäglich Benachteiligungen ausgesetzt. Nicht mal eine Praktikumsstelle traut man Ihr zu und die Absagetexte haben immer den gleichen Wortlaut. Der Ausweg: Ein Debattierwettbewerb

Sicherlich nicht der Standard aber zeigt sich doch wie vielseitig Sprache sein kann und vorallem welche Wirkung bestimmte Wörter, Sätze oder eingebrachte Rhetorik doch auf andere haben können.

Die eine Wahrheit gibt es schließlich nie, da jede Seite mit konstuktiven Argumenten ihren Standpunkt vertreten kann. Hier zeigt Wortmann deutlich was uns in Deutschland immer mehr abhanden kommt: eine Debattenkultur auf Augenhöhe bei der jeder seine Argumente vortragen kann. Wer am Ende recht hat entscheiden die Zuhörer

 

Natürlich ist der Pfad schmal, lässt Wortmann doch wesentliche Gesichtspunkte außen vor. Hierzu zählen Charisma und das Verbreiten von Fake-News. Diesen wirklich wichtigen Aspekt schlichtweg zu ignorieren ist ebenso ein größerer Kritikpunkt wie die nun wirklich kitschige und übertrieben gestellt wirkende Liebesgeschichte rund um Naima. Diese hätte es nicht gebraucht, oder zuminderst in deutlich abgespeckter und vorallem ernsterer Version. Zumal die Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Humor ansonsten stimmig ist. Hier arbeitet sich Sönke Wortmann einen Tick zu sehr an altbekannten Klischees ab während er andererseits so richtig dick aufträgt mit Vorurteilen. Stichwort "Kartoffelparty"

Anders als viele, viele deutsche Komödien beweist "Contra" das man den Dramapart nicht ins unermesslich Übertriebene treiben muss um der Handlung einen neuen Anstrich zu verpassen.

 

Zumal dieser hier auch glaubwürdig und mit Feingefühl inszeniert wird um sich als Zuschauer bestens hineinfühlen zu können. Die gesamten 104 Laufminuten über überzeugt eine figurennahe Kameraführung, welche aber immer wieder aus größerer Entfernung filmt um der Szene einen komplett neuen Blickwinkel zu verpassen. Meistens bildet die Universität mit ihren Hörsälen das Szenenbild, wobei mit etwas kürzeren Sequenzen auch Naima's Wohnung, die Plattenbausiedlung oder diverse Orte innerhalb Frankfurts eine Rolle spielen. Die wechselnden Schauplätze bringen vorallem Tempo sowie neue Möglichkeiten mit sich und lassen keine Monotomie aufkommen.

Begleitet werden die Bilder von facettenreicher Musik, die allgemein recht modern gehalten ist. Erstaunlicherweise passen die teils sehr verschiedenen Titel und Melodien quasi durchweg perfekt zum Geschehen, unterstreichen bzw. fördern die Atmosphäre und besitzen eine angenehme Lautstärke sowie das optimale Sounddesign.

 

Abgesehen von den clever vernetzen Elementen was Handlung und eingebrachter Themen betrifft sind es vorallem Nilam Farooq und Christoph Maria Herbst als lange Zeit ungleiches Duo dank derer "Contra" letztendlich so stark ist. Natürlich hat Wortmann hier auch reichlich Glück für seine Figuren die passenden Darsteller gefunden zu haben, welche optisch wie auch charakterlich den Protagonisten wie ein Spiegelbild gleichen. Ist es doch häufig so, dass (ehemalige) Youtubestars keine guten Schauspieler sind, beweist Nilam Farooq eindrucksvoll das Ausnahmen die Regel bestätigen. Mit sicherer Hand und wunderbar authentischen Charisma ist Naima stets präsent und strahlt Selbstvertrauen aus. Nicht immer mit vollem Mut, aber zusehens überzeugender was Ihr Auftreten betrifft macht es als Zuschauer mächtig Spaß Ihrem Werdegang zu verfolgen. Nilam Farroq bringt zudem noch eine Note Frechheit mit, weshalb gerade die etwas persönlicheren Gespräche mit dem Professor so leicht und humorvoll wirken.

 

Zu Christoph Maria Herbst muss man mittlerweile kaum noch ein Wort verlieren, gibt es doch nun genug Filme in denen er sein Können unter Beweis stellen konnte. In "Contra" bekleidet er eine durchaus anspruchsvolle Rolle, da die Gefahr Prof. Pohl als lächerlich oder übermäßig rassistisch/sexistisch darzustellen hoch ist. Herbst findet aber mit seinem eigenen Humor, seiner Präsenz und vorallem seiner Mimik/Gestik in jeder Szene den passenden Mittelweg. Zudem beweist seine Figur die Fähigkeit der Wandlung und vorallem der einfachen Ausdrucksweise. Leider ist besonders seine Einstellung zu Beginn ein Sinnbild für viele Männer seines Alters, die ausschließlich an der Ihrer Meinung nach besserern Vergangenheit festhalten und alles Neue für Teufelszeug halten (Internet, Handys, soziale Netzwerke). Jeder der "Es ist nur eine Phase, Hase" gesehen hat wird unweigerlich Parallelen von Herbst' Figuren feststellen. Ob Zufall oder nicht, aber in beiden Filmen authentisch genug, kann man auf die Schnelle keinen anderen deutschen Darsteller nennen, der hierfür eine bessere Wahl gewesen wäre.

 

Fazit: Trotz einer recht kitschigen (und unnötigen) Lovestory gelingt Sönke Wortmann eine deutsche Komödie der besseren Art. Vorallem dank dem herausragenden Zusammenspiel seiner beiden Hauptdarsteller macht Debattenkultur und deutsche Sprache richtig Spaß. Nebenbei gelingt es noch Sozial- und Gesellschaftskritik unterzubringen, wenngleich dies etwas zu oberflächig erscheint.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Venom 2: Let There Be Carnage (Action/Fantasy)

 

Nach dem Megaerfolg von "Venom" 2018 folgt nun das nächste Actionspektakel des schwarzen Alien im Körper von Eddie.

 

Eddie Brock (Tom Hardy) lebt nun schon seit einiger Zeit mit dem außerirdischen Parasiten Venom in seinem Körper und die beiden haben sich mehr oder weniger miteinander arrangiert. Allerdings will Venom am liebsten den ganzen Tag Bösewichte verhauen und seinen gewaltigen Hunger stillen, während Eddie darum kämpft, seine Karriere als Journalist wieder in Gang zu bringen. Eine passende Gelegenheit könnte der Serienkiller Cletus Kasady (Woody Harrelson) sein, dessen Opfer immer noch nicht gefunden wurden und der nur mit Eddie über seine Taten sprechen will. Als Cletus dann hingerichtet werden soll, überlebt er, weil er sich ebenfalls mit einem Parasiten verbunden hat: Als Carnage sorgt er fortan für ein wahres Gemetzel, wobei ihm Frances Barrison alias Shriek (Naomie Harris) hilft, die über Schall-Superkräfte verfügt...

 

2018 kam mit "Venom" ein Spin-off aus der "Spider-Man" Welt in die Kinos und wurde auf Anhieb zum internationalen Kassenschlager. Satte 856 Mio Dollar spielte das Fantasy-Action-Abenteuer weltweit ein, weshalb Sony recht zügig eine Fortsetzung haben wollte. Da es wohl keine Zeit zu verlieren gab wurde sogar der Erfolgsregisseur Ruben Fleischer (der gerade mit "Zombieland 2" beschäftigt war, durch Andy Serkis (Planet der Affen) ersetzt, der bereits ausgiebig Erfahrung im Bereich visuelle Inszenierung besitzt.

Das sieht man "Venom 2" auch in jeder Szene an, weshalb man bei diesem Part den Vorgänger sogar nochmal toppen kann. Allein die stetigen Wandlungen von Eddie zu Venom machen hier einen herausragenden optischen Eindruck und beste Laune. Aber auch der rote Carnage braucht sich nicht hinter seinem "schwarzen" Aliengenossen verstecken und sieht dabei noch einen deutlichen Tick gefährlicher und blutrünstiger aus.

 

Wer nun denkt "Venom 2" setzt im puncto Gewalt und Horror noch einen drauf wird schnell enttäuscht. Wieder ist es "nur" ein FSK 12 Film, der bei allen nur annähernd blurigen Momenten sofort abbricht bzw. geschnitten ist und damit der Comicvorlage nicht gerecht wird. Zugegeben, die Marvelcomics von Venom kenne ich nicht, jedoch hat der 2018 erschienene Film so viele spannende Berührungspunkte mit einem düsteren Antiheldenfilm dank derer man sich nun den logischen nächsten Schritt NACH VORNE erhofft hat. Doch Serkis und sein Team gehen lieber rückwärts und inszenieren einen Streifen der absolut aufs Mainstreampublikum getrimmt wirkt, ohne sich mal etwas zu trauen. Allein optisch zeigt sich der augenscheinlich horrorhafte Venom als ideale Vorlage im Genre der Marvelfiguren mal einen düsteren Film auf die Beine zu stellen. Konkurrent "DC" macht das ja seit einigen Jahren vor (bestes Beispiel "Joker", oder jüngst "The Suicide Squad") wie man der rosaroten Welt brutale Abgründe verleihen kann.

 

Dieses einerseits angedeutete Böse mit gleichzeitig lockeren Humor bleiben am Ende ein maximal Häppchenweise gelungenes Gesamtkonstrukt mit zahlreichen Ungereimtheiten. Vorallem was den Bereich Storytelling und die gesamte Handlung betrifft fallen dem Zuschauer mitunter erschreckend offensichtliche Fehler auf, die wohl dem riesigen Druck von Sony geschuldet sind, baldmöglichst einen zweiten Teil in die Kinos bringen zu wollen. Es fehlt quasi gänzlich an Spannung, Ideenreichtum und Mut wodurch ich oftmals einfach nur gelangweilt da saß um dem Treiben ohne besonders große Neugier zu folgen. Die Story will den Zuschauer einfach nicht packen und wird hinter massig Action versteckt. Dabei tobt sich der Schnittmeister oft zu sehr aus und lässt die Action unsauber und wenig nachhaltig erscheinen. All die guten Ansätze von "Venom" werden nicht ernsthaft weiterverfolgt und durch einen erhöhten Anteil von Humor ersetzt.

 

Zugegeben fand ich die witzigen Dialoge von Venom und Eddie sehr unterhaltsam und stets einen Lacher wert. Sicherlich wird das vielen Fans sauer aufstoßen oder einigen wie Verdummung vorkommen, aber irgendwie lockern die ausgiebigen Gespräche (sowie die Wirkung auf Mitmenschen) die wenig durchdachte Handlung immer wieder auf.

Serkis besitzt dabei auch inszenatorisch ein feines Näschen und gibt den Gesprächen regelmäßig die gesamte Bühne.

Dabei wechselt das Szenario fast im 5 Minutentakt die Spielorte, welche auf die gesamte Stadt verteilt sind. Ist man gerade noch im Todestrakt springt das Geschehen plötzlich in Eddie's Wohnung um danach auf dem Polizeireview bei der Befragung zu landen.

Die Kamera von Robert Richardson ist durchweg auf Blockbusterkino ausgerichtet und setzt auf genretypische Einstellungen, Blickwinkel und Farbnuancen sowie Kontraste. Hier und da wären sicherlich mutigere Bilder wünschenswert gewesen, oder zuminderst bei den Actionszenen. Diese sind visuell leider nur unterer Durchschnitt und nichts besonderes.

 

Dies trifft auch auf den Soundtrack und die Kostüme zu, die allenfalls fürs Genre typische Elemente aufweisen und recht schnell vergessen werden. Das Szenenbild gaukelt mit zahlreichen düster gehaltenen (Nacht)Aufnahmen zwar vor mitunter im Horrorbereich eine Rolle zu spielen, schafft es aber nicht die entsprechende Atmosphäre aufzubauen. Irgendwie wird man während der 98 Minuten Laufzeit das Gefühl nicht los, hier einen unfertigen Film zu sehen, der sich zudem nicht wirklich entscheiden kann welche Richtung man nun einschlagen will. Dieses Rumgeier lässt gerade jene Zuschauer ermüden, die "Venom 2" vorab mit riesigen Erwartungen versehen haben und nun ernüchtert feststellen einen eher schwachen Genrevertreter auf der Leinwand zu haben.

 

Abschließend noch ein paar Sätze zum Cast, der als Gesamtes keine ausdrucksstarke Harmonie erkennen lässt. Dies liegt jedoch auch an den teils verherrenden Figuren sowie dämlichen Dialogen. Tom Hardy kann trotz einigen tiefsinnigen Ansätzen seinem Charakter dieses mal nicht den bekannten Stempel aufdrücken, spielt aber dennoch auf hohem Niveau.

Gerade wenn er mit Venom rege diskutiert entwickelt sich eine herrlich unterhaltsame Dynamik, die allgemein zu selten bis zum Ende durchgezogen wird.

Woody Harrelson darf sich als Psychopath Cletus stellenweise außerordentlich überdreht austoben, was seiner Figur leichte Joker-Tendenzen verleiht. Mit voller Kraft will er eine maximal unsympathische und verrückte Erscheinung sein, welche als Gegenpart zu Eddie das Böse darstellt.

Michelle Williams als Eddies Ex-Freundin Anne hat nur wenig Screentime, die Sie aber zu nutzen weiß um einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen. Naomie Harris alias Frances (Freundin von Cletus) spielt viel zu überdreht und wird gerade zum Ende hin immer nerviger was Ausdrucksweise und Präsenz betrifft.

 

Während des Abspanns bekommt der geduldige Zuschauer noch die marveltypische Post-Credit-Szene, welche gerade bei Marvelfans für strahlende Augen sorgen werden und eine spannende Verknüpfung mit anderen Helden in Aussicht stellt.

 

 

Fazit: Visuell sicherlich beeindruckend wenn nicht sogar über dem Vorgänger hackt es hier vorallem an der wenig spannenden und uninspirierten Handlung weshalb "Venom 2" zwar großes Blockbusterkino ist, aber den Stempel "überhastet auferlegte Fortsetzung" bekommt.

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

Halloween Kills (Horror/Slasher)

 

Michael Myers ist zurück; blutiger und brutaler mordend denn je

 

Laurie Strode (Jamie Lee Curtis), ihrer Tochter Karen (Judy Greer) und ihrer Enkeltochter Allyson (Andi Matichak) ist es scheinbar gelungen, Michael Myers (Nick Castle) zu besiegen, in dem sie ihn in einem brennenden Gebäude einsperrten. Doch so leicht ist der maskierte Killer nicht zu töten. Statt in den Flammen zu verbrennen, schafft es der stoische Mörder, sich zu befreien und kehrt nach Haddonfield zurück, um sein blutiges Handwerk zu verrichten. In der Kleinstadt gehen unterdessen die Menschen auf die Straße, weil sie empört darüber sind, dass es den Behörden nicht gelungen ist, Myers zu schnappen. Führende Stimmen der aufgebrachten Bürger werden Tommy Doyle (Anthony Michael Hall), der Michaels Amoklauf als Kind in den 70ern miterlebte – und Allyson. Der Wunsch nach Rache treibt sie beide an...

 

Er gilt als der Inbegriff des "Wahren Bösen" und mordet nun seit 1978 auf den Leinwänden der Welt: Michael Myers

Nachdem Blumhouse in Zusammenarbeit mit Universal Pictures das Horror-Franchise 2018 mit einer direkten Fortsetzung des allerersten Teils mit neuem Leben versehen haben ist der kaltblütige Mörder mit der weißen Maske wieder in aller Munde. Nun endlich lässt Regisseur David Gordon Green die Kultfigur wieder auf die Bewohner von Haddonfield los und sorgt nebenbei für den wohl blutigsten, brutalsten und härtesten Teil der Filmreihe. Gnadenloser und sadistischer mordete Myers noch nie und bietet mit "Halloween Kills" den perfekten Nachfolger der neuen Trilogie, welche mit "Halloween Ends" 2022 enden soll. Ob der Massenmörder sein Messer dann endgültig an den Nagel hängt darf in Zeiten wie der heutigen bezweifelt werden, da Hollywood Gefallen daran gefunden bereits funktionierende Sachen einfach neu aufzulegen wenn man gerade keine Idee für etwas Neues hat.

 

Allein mit seiner Einleitungssequenz, die den Zuschauer zurück ins verhängnisvolle Jahr 1978 wirft wird deutlich mit welch fantastisch hoher Bildqualität uns der neueste "Halloween"-Teil bezaubern wird. Gewissermaßen erzählt Green hier das Ende des ersten Films kompakt nach um den Bogen zum heutigen (2018) Michael Myers zu spannen. Schließlich setzt sein Horror-Slasher direkt an der Handlung von 2018 an und wir sehen Laurie, Karren und Allyson blutverschmiert und schwerverletzt im Truck sitzend gen Krankenhaus fahrend. Und danach gehts auch schon mächtig blutig los und das erste von vielen Massakern flimmert über die Leinwand. Optisch, visuell grandios gefilmt legt "Halloween Kills" die Messlatte was Härte und Intensität betrifft extrem weit oben an. Gerade jener Moment als Myers aus dem brennenden Haus heraustritt sorgt bei vielen für maximale Gänsehaut. Schnörkellos, geradlinig und hemmungslos hält Kameramann Michael Simmonds sein Arbeitsgerät auf das Geschehen weshalb die Freigabe ab 18 Jahren erst gar nicht diskutiert werden muss.

 

Wie im weiteren Verlauf auch werden Schädel zertrümmert, Menschen abgestochen und unschuldige Beteiligte auf grausamste Weise getötet womit dieser "Halloween" wohl vielen zu heftig erscheinen wird und der Kinosaal am Ende der Vorführung mehr leere Sitze aufweist als zu Beginn. Regisseur Green denkt während der 106 Minuten nicht mal ansatzweise daran sein Publikum zu schonen und verleiht dem Kultmörder wohl wie noch kein Filmemacher vor Ihm den Stempel des ultimativen Bösen das sich mit jedem weiteren Mord immer mehr von einem Menschen zu etwas nicht tötbaren Lebewesen entwickelt. Und genau das zeigt der Horrorschocker mehr als deutlich: Normale Waffen halten Michael Myers nicht auf. Düster, beklemmend und intensiv lässt sich die Atmosphäre bezeichnen mit der der Horror-Schocker immer wieder für Momente der Starre beim Publikum sorgt, und das mit einem durchweg ordentlichen Tempo. Zwar springt die Kamera regelmäßig zwischen verschiedenen Handlungsorten (die über ganz Haddenfield verteilt sind) hin und her um die im Drehbuch festgehaltene Handlung quasi zeitgleich erzählen zu können, lässt dabei aber keine Ruhephasen zu womit ein Massaker im nächsten mündet.

 

Dennoch baut Green trotz Fokussierung auf die Kernelemente noch einen besonders interessanten und scheinbar willkürlichen Part ein, der gewissermaßen die gesellschaftlichen Auswüchse von Hysterie und Angst darstellen soll. Jeder kann zum Täter bzw. Monster werden wenn man irrational denkt und handelt wodurch in der Regel unschulige zu schaden kommen. Mit diesem genialen Schachzug gelingt es dem neuen Horrorexperten die zuvor recht dämlichen Dialoge wett zu machen, bei denen mir die Bürger der Kleinstadt zu oft und mit nerviger Penetranz den Tod des Bösen in dieser Nacht propagieren. Allgemein fallen die oftmals undurchdachten und sagen wir mal ungeschickt gewählten Gespräche, Wortgefechte, Dialoge negativ auf worin neben einigen wenig glaubhaften Aktionen (bsp. Laurie kann quasi wenige Stunden nach einer Not-OP schon wieder recht schmerzfrei durchs Krankenhaus laufen) sowie der inhaltlich etwas zu dünnen Story die größten Kritikpunkte zu finden sind.

 

Slasher-typisch hingegen muss man die fast schon irrwitzigen Versuche der vielen Opfer sehen, nicht von Myers getötet zu werden. Sicherlich kann man darüber streiten ob man in einer entsprechenden Situation ähnlich bewegungslos seinem Schicksal entgegenblickt oder ob die Mehrzahl das Weite sucht, aber irgendwie gehört es bei der "Halloween"-Reihe einfach dazu. Würden wir sonst einen derat sadistischen Michael Myers erleben?

Obwohl man sich mit etwas kreativen Denken viele Teile der Handlung schon vorab zusammenreimen kann handelt es sich hierbei dennoch um einen Horrorfilm mit gehobenen Spannungsgrad und nicht vorhersehbaren Wendungen, bei denen sympathische Figuren nicht überleben werden.

Mit einem herausragend inszenierten wie auch ansprechend hergeleiteten Finale bekommt man als Zuschauer so richtig Lust auf "Halloween Ends" mit dem die aktuelle Reihe enden soll.

 

Die überwiegend sehr positiven technischen Details (Kameraarbeit, Optik, Schnitt, Szenenbild) wären ohne dem hierzu exzellent komponierten Soundtrack nur halb so effektiv wie mit der spannungsgeladenen Musik. Regelmäßig ertönt das "Halloween"-Theme in verschiedenen Versionen womit die Anspannung und das Mitfiebern stets auf Anschlag gehalten werden. Haddenfield stellt als typisch amerikanische Kleinstadt mit idyllischen Häusern den altbekannten Schauplatz des Grauens dar, der mit dem Geburtshaus von Michael Myers nun einen greifbaren Ort bekommt wo alles seinen Anfang nahm. Da dieses nun von einem Paar bewohnt wird und entsprechend neu gestaltet wurde bekommt die Beziehung von Myers zum Gebäude eine ganz neue Bedeutung wie er im Blutrausch deutlich macht. Selbstverständlich spielt sich der gesamte Film in der Halloweennacht ab weshalb es überall dunkle Ecken und düstere Winkel gibt aus denen das Böse herauskommen kann. Trotzdem gibt es keinerlei Probleme Figuren, Gegenstände oder Schatten nicht eindeutig erkennen zu können womit die Lichttechniker grandiose Arbeit leisten. Die durchweg gnadenlosen Kills besitzen keinerlei ironische Nebentöne und Michael Myers maltretiert seine Opfer selbst noch nach deren Tod auf teils sadistische Weise, was jedoch nur im unscharfen Hintergrund erkennbar bleibt.

 

Auf Seiten der Darsteller erkennt der der Zuschauer viele bekannte Gesicher und einige neue werden gleich zu Beginn eingeführt. Gerade von den relevanten Figuren bekommt man erneut eine überzeugende Performence geboten weshalb die einzelnen Zähnräder untereinander nahezu problemlos ineinander greifen. Es wäre dadurch nicht fair einzelne Charaktere bzw. Darsteller expliziert hervorzuheben. Egal ob Judy Greer, Jamie Lee Curtis (als zumeist schwer verletzte und blutende Laurie), Enkelin Andi Matichak, Will Patton oder Nick Castle (Als Massenmörder Michael Myers), alle liefern ab und lassen kleinere Defizite im Drehbuch bei der Figurenentwicklung weniger drastisch erscheinen. Da die Geschehnisse jener verhängnisvollen Nacht 1978 immer wieder thematisiert werden lassen sich die einzelnen Verbindungen der (älteren) Filmfiguren besser nachvollziehen und ergeben damit auch immer einen Sinn.

Ein Film der nach dem bereits herausragend inszenierten Vorgänger die Spannung hoch hält und gleichzeitig unfassbar große Lust auf das große Finale macht. Welche Figuren werden überleben? Wer muss wann und wie sadistisch sterben? Erfahren werden wir es im Oktober 2022 auf der großen Kinoleinwand.

 

 

Fazit: Der brutalste, blutigste und heftigste "Halloween" glänzt mit ordentlich Slasher, einer düsteren Atmosphäre und seiner Härte. Dem gegenüber steht eine nicht ganz ausgereifte Story und einige unlogische Handlungen einzelner Figuren.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkte

Gesamt: 9 von 10 Punkte

 

Supernova (Drama/Romanze)

 

Im Genrekino gibt es immer wieder besonders starke Vertreter im Bereich der Liebes-Dramen mit einer schweren Krankheit im Hintergrund. 2021 ist es wieder soweit.

 

Sam (Colin Firth) und Tusker (Stanley Tucci) kennen sich seit 20 Jahren und sind fast genau so lang schon ein Paar. Seit bei Tusker vor zwei Jahren allerdings Demenz diagnostiziert wurde, die rapide fortschreitet und immer wieder dafür sorgt, dass er nicht mal seinen geliebten Lebensgefährten erkennt, ist alles anders: Gemeinsam reisen der Konzertpianist Sam und der Schriftsteller Tusker nun in ihrem alten Wohnmobil durch England und besuchen Freunde, Familie und Orte aus ihrer Vergangenheit. Das Ziel ihrer Reise ist der Ort im Norden Englands, wo Sam aufwuchs und sich die beiden einst kennenlernten und wo nun ein großes Fest staffinden soll. Allerdings muss Sam schon bald erkennen, dass Tusker ihn nicht nur aus nostalgischen Gründen gebeten hat, die Reise anzutreten. Denn am Abend nach der Feier macht Sam eine Entdeckung im gemeinsamen Wohnwagen...

 

Filmdramen in denen schwere Krankheiten eine zentrale Rolle spielen laufen mittlerweile jährlich (teilweise mehrfach) über die weltweiten Kinoleinwände. In der Regel handelt es sich dabei um relativ große Produktionen mit entsprechend namhaften Darstellern. Regisseur und Drehbuchautor Harry Macqueen hat mit Stanley Tucci und Oscar-Gewinner Colin Firth auch zwei absolute Stars gefunden, lässt seinen Film aber im Arthauslook erstrahlen und damit nur in verhältnismäßig wenigen Kinos Ihr Können unter Beweis stellen. Und jeder der nicht die Möglichkeit hat sich "Supernova" im Kino anzusehen muss leider auf einen ganz besonderen Film verzichten, den es in dieser Form viel zu selten auf der großen Leinwand gibt.

Das Drama mit romantischer Hintergrundgeschichte begleitet die beiden Männer Sam und Tusker auf einer besonderen Reise durch England und deckt in gleichmäßig präsentierten Details die tragischen Hintergründe auf. Im gleichen Zug aber vermittelt "Supernova" ein herzerwärmendes Gefühl und zeigt mit eindringlichen Bildern wie tief und fest Liebe sein kann.

 

Alles beginnt mit einer Aufnahme des klaren Sternenhimmels und einer typischen Diskussion eines Paares nach jahrelanger Beziehung im Wohnwagen. Der Einstieg gelingt dadurch perfekt, bringt einem die Figuren recht zügig nah und gibt anhand der Inszenierung den weiteren Weg vor. Während der gesamten Laufzeit bleibt die Kamera stets ganz dicht an Sam/Tusker und stellt deren Geschichte bzw. Reise in den Mittelpunkt. Anfänglich im Stil eines Roadmovies fahren die beiden durch das "wilde" England abseits der großen Städte wodurch der Zuschauer maximal von beeindruckenden Landschaftsbildern abgelenkt werden kann. Punktuell nimmt sich Kameramann Dick Pope auch etwas Zeit die wunderschönen Gegenden mit ausführlichen Schwenks zu würdigen.

 

Gerade die schorfe Landschaft mit dem einsamen Haus im letzten Filmdrittel bietet das ideale Setting für Macqueen's emotionale Handlung. Diese lässt sich ebenfalls Zeit um alle Aspekte und Einzelheiten unter zu bringen und vorallem um die Hauptcharaktere ergründen zu können. Man mag dem Regisseur hier Langeweile und ein dünnes Drehbuch unterstellen, was jedoch meines Erachtens bedeutet, dass sich jene Zuschauer nicht zu 100% in die Story hineinfühlen können/wollen. Schließlich macht genau dieses eher gemächliche Tempo die Intensität auf emotionaler Seite aus, mit der "Supernova" ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.

 

Den allermeisten Filmen aus diesem Genre fehlt genau jene Ruhe und die nötigen kleinen Details um dem Zuschauer ein nachhaltiges Erlebnis bieten zu können. Dafür übernimmt regelmäßig die Krankheit das Ruder und es kommt stellenweise zu sehr (gewollt) emotionalen Ausbrüchen, welche aber stets mit einigen Klischees behaftet sind. Mitunter driftet das Ganze sogar ins Kitschige ab, wovon "Supernova" aber meilenweit entfernt ist. Tusker's schlimmer werdende Demenz wird zwar regelmäßig thematisiert (meistens jedoch nicht beim Namen genannt) ohne zur alles überstrahlenden Gestalt zu mutieren.

Die Kontrolle liegt jederzeit bei Sam und seinem kranken Freund, dessen Geheimniss zum großen Wendepunkt wird. Nachdem der erste Teil noch recht heiter und fröhlich gestaltet ist, wandert die Atmosphäre nun in eine traurige sowie schmerzvolle Richtung. Schnell vergessen wirkt die vorabendliche Party mit allen alten Freunden und Bekannten bei der besonders Tusker's Rede mitsamt seinen mitgeteilten Gedanken nachdenklich stimmen.

 

"Supernova" stößt allgemein das Denkorgan eines jeden Zuschauers an, will aber vorallem zeigen wie wichtig Liebe im Leben ist und was es bedeutet einen Menschen zu haben, der bereit ist jeden Weg mitzugehen, egal wie beschwerlich dieser wird.

Zudem soll man sich mit dem Thema Sterben beschäftigen, ohne das der Film aber eine Wertung abgibt ob der von Tusker gewählte Weg der Richtige sei.

Sein Wunsch für die letzte gemeinsame Reise mit Sam bekommt bei Macqueen das notwendige Standing und wird zweifelsohne beeindruckend in Szene gesetzt.

Dazu passt auch die gefühlvolle und stets begleitende Musik mit durchweg ruhigen Klängen mit denen das Szenario maximal unterstützt aber nie überdeckt wird.

 

Neben den technischen Highlights sind es vorallem die beiden gleichberechtigten Hauptdarsteller welche "Supernova" Ihren Stempel aufdrücken und den Film so sehenswert machen. Stanley Tucci als Demenzkranker Schriftsteller Tusker strahlt dabei eine ebenso herausragende Präsenz aus wie Colin Firth als Musiker Sam. Trotz 20 Jahre Liebe ist das Feuer der beiden keineswegs erloschen und man nimmt Ihnen die gezeigten Gefühle in jedem Moment zu 1000% ab. Hinzu kommen ein nahezu perfektes Mimik-Gestik-Spiel und eine unglaublich authentische Körpersprache mit denen Tucci und Firth auf jeden Fall einige Preise abräumen werden. Als Zuschauer sieht man einfach nur gerne dabei zu wie die Liebe von Sam und Tusker stärker ist als die Krankheit und es fällt keineswegs schwer glaubhaft mitfühlen zu können. Es wirkt alles echt, realistisch und ungemein gefühlvoll inszeniert. Am Ende zeigt sich eben was einen großen Darsteller auszeichnet: Egal wie groß der Film ist, die Leistung muss stimmen und der Zuschauer überzeugt davon sein.

 

 

Fazit: Ein außergewöhnlich emotionales Filmdrama mit zwei grandios aufspielenden Darstellern im Zentrum. Herzschmerz und geballte Liebe gehen wie Sam und Tusker Hand in Hand und sorgen für verdammt starke Momente in Serie.

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

The Last Duel (Historie/Drama)

 

Passen Mittelalterepos und #metoo zusammen? Diese Gegensätze vereint Ridley Scott in seinem neuen Film.

 

Frankreich im 14. Jahrhundert: Marguerite de Carrouges (Jodie Comer) beschuldigt Jacques Le Gris (Adam Driver), sie vergewaltigt zu haben. Ihr Mann, der Ritter Jean de Carrouges (Matt Damon), bringt die Klage vor seinen Fürsten Pierre d'Alençon (Ben Affleck). Der ist aber eng mit Le Gris verbandelt und will die Sache unter den Tisch kehren. Er weist den Anspruch ab, verkündet, dass Marguerite die Vergewaltigung nur geträumt habe. So sieht de Carrouges nur eine Chance und fordert vor dem jungen französischen König (Alex Lawther) ein Duell zwischen ihm und Le Gris auf Leben und Tod. Dieses soll nach alter und eigentlich schon lange nicht mehr ausgeübter Tradition über die Wahrheit entscheiden. Denn der Glaube ist, dass Gott demjenigen, der die Wahrheit spricht, zum Sieg verhelfen wird. Dabei riskiert er aber nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das seiner Frau. Wenn Jean verliert, wird sie wegen falscher Anschuldigungen auf dem Scheiterhaufen verbrannt..

 

Geht es um Filme mit historischem Setting dann fällt zweifelsohne der Name Ridley Scott. Mit "Gladiator", "Königreich der Himmel", "Robin Hood" oder "Exodus: Götter und Könige" sind nur einige Beispiele aus seiner langen Schaffenszeit und ein Beleg dafür, dass Hollywood seit Jahrzehnten auf die Expertise des britischen Regisseurs setzt wenn es um Themen aus längst vergangener Zeit geht. Nun entführt uns Scott zurück ins tiefste Mittelalter des 14. Jahrhunderts nach Frankreich, wo er eine auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte epochal auf die Kinoleinwand bringt. Genauer gesagt ist es Eric Jaegers Buch "The Last Duel: A True Story of Crime, Scandal, and Trial by Combat in Medieval France“ welches Scott als Vorlage für sein Mittelalterdrama mit starken #metoo Einschlag verwendet. Und Scott wäre nicht Scott wenn er nicht gleich noch ein Sammelsurium an Hollywoodstars versammelt, dank dem "The Last Duel" extrem stark gespielte sowie überzeugende Figuren erhält.

 

Zusammen mit detailgetreuen Setbauten, einer düsteren und sich kalt anfühlenden Optik samt entsprechend verwendeten Farben (grau, weiß, schwarz) fühlt sich der Zuschauer ab der Einführungsszene ohne Umwege in jene Zeit zurückversetzt. Diese zeigt die beiden Protagonisten beim Ritterkampf in der Arena und deutet dadurch bereits das imposante Finale an, welches nach knapp 150 Minuten den Abschluss eines der Oktober-Highlights bildet. Dienen die ersten ca. 20 Minuten dazu einen groben Überblick übers Szenario zu bekommen weshalb man sich nicht wundern sollte das die Handlung teilweise große Zeitsprünge aufweist. Somit kommen auch sämtliche Schlachten etwas zu kurz, denen vielleicht mit etwas mehr Zeit eine bildgewaltigere Präsenz gut getan hätte. An Brutalität und Grausamkeit spart Scott auf jeden Fall nicht und zeichnet definitiv ein recht aussagekräftiges und authentisches Bild dieser Kämpfe Mann-gegen-Mann mitsamt vielen Todesopfern. Als Handlungsort dient Frankreich, dass ohnehin seit Jahrhunderten ein Schauplatz von blutigen Auseinandersetzungen war. Scott bedient sich bei seinen Bildern an einem überraschend objektiven Blick und lässt das Geschehen so unbeeindruckt wie nicht wertend ablaufen womit man das Gezeigte als solches hinnehmen muss.

 

Während in einigen Szenen im Hintergrund zu sehen ist wie die weltberühmt Kirche Notre Dame in Paris gebaut wird wechselt die Kamera immer wieder die einzelnen Handlungsorte, welche überwiegend in der Normandie liegen und unter den Obrigen hin und her wandern (sei es als Mitgift für eine Ehe oder Zwangsverkauf da man die Schulden nicht zurückzahlen kann). Allgemein spielen die fiesen Machenschaften innerhalb der Herrschenden Oberschicht eine zentrale Rolle und werden ergänzt durch die riesige Macht der kath. Kirche, die immer ein Wort mitzureden hatte und alles andere als nur einen geistlichen Stellenwert besaß (so wie man es im Geschichtsunterricht auch gelernt hat). Landschaftlich überzeugt "The Last Duel" mit kargen Feldern, winterlichen Gegenden und trostlosem Look sowie einigen Burgen und einfachen Häusern. Ist der Zuschauer nun vollends im Geschehen angekommen (nach etwa 30 Minuten) beginnt die Geschichte einen scheinbar schnellen Verlauf zu nehmen und zahlreiche Szenen wirken abgeschnitten und aus dem Zusammenhang gerissen.

 

Hierbei handelt es sich aber keineswegs um grobe Schnitzer im Schnittraum sondern der Idee die Geschichte nacheinander aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen. Genauer gesagt aus Sicht von Marguerite, Jacques und Jean. Dadurch wiederholen sich viele Szenen, mit dem Unterschied das nun entweder die Kamera einen anderen Blickwinkel aufweist oder das vorherig fehlende Momente nacherzählt werden. Außerdem beleuchtet Scott nun einige sehr interessante Hintergründe wodurch sich ein zunehmend stimmiges Gesamtbild ergibt. Wie nicht anders zu erwarten deckt "The Last Duel" eine männerdominierende Zeit auf, in der Wahrheit niemals so wichtig war wie Ehre oder ein guter Ruf. Zu viel Testosteron kann kein gutes Ende nehmen und endet stets in Eitelkeit, Verrat und Tod. Allzu deutlich zeigen Scott und Dariusz Wolski den Stellenwert der Frauen, deren fehlende Rechte sowie die von allen Seiten praktizierte Unterdrückung. Wenn dann doch mal eine das Wort erhebt wird sie entweder geschlagen oder eben getötet. Faire Verhandlungen wegen Vergewaltigungen gab es nicht und endeten in der Regel mit Freispruch der Männer oder die Betroffenen nahmen Ihr Schicksal einfach an.

 

Daneben verwendet der Regisseur eine bestimmte Sprache/bestimmte Wörter innerhalb der Dialoge welche es heutzutage wohl kaum mehr gibt. Zum Bedauern zieht Scott dies nicht gnadenlos bis zum Ende durch und wechselt häufig in einen moderenen Sprachgebrauch ohne dabei auf die hohe Bedeutung von Gott zu verzichten. Sein exzellent gewählter Cast liefert dabei durch die Bank grandioses Schauspiel ab und verleiht den Figuren neben einem authentischen Auftreten auch enorme Präsenz und weitere spannende Charaktereigenschaften, welche man aus der heutigen Zeit nur zu gut kennt. Jodie Comer als weibliche Hauptfigur ist sowohl verletzlich, zärtlich und emotional als auch kämpferisch, mutig, entschlossen und strahlt ein für die damalige Zeit starkes Frauenbild aus. Pflichtbewusst nimmt Sie Ihre Rolle in der Zwangsehe an und findet einen Weg damit zu leben. Matt Damon darf sich als rebellischer und in seiner Ehre gekränkter  Landbesitzer/Ritter austoben, der klare Prinzipien verfolgt und dem damaligen Gepflogenheiten entsprechen will. Als attraktiven und charmanten Frauenhelden erleben wir Adam Driver, der seinen alten Freund dahingehend verrät als das er als Lakei des Fürsten agiert und sich dessem falschen Spiel anpasst.

 

Und hier kommt Ben Affleck ins Spiel, dessen Part als Pierre darin besteht seine Macht vollumfänglich auszunutzen. Sei es die Vergabe von Rechten oder lüsterne Vorlieben; Pierre ist das Sinnbild des verruchten Adels jener Zeit. Neben all den großartigen Schauspielleistungen kommt niemals der #metoo Gedanke zu kurz. Einzig die fehlende Solidarität innerhalb der Frauencharaktere fühlt sich komisch an, liegt aber schlichtweg daran dass man sehr gefährlich lebte wenn man als Frau für die Rechte einer anderen kämpft. Dadurch das sich Scott sehr viel Zeit für seine Handlung und den damit verbundenen Charakterzeichnungen nimmt fühlen sich sämtliche Abläufe glaubwürdig und logisch durchdacht an. Langeweile kommt zu keiner Zeit auf, selbst dann nicht wenn die Story mal eine kleine Pause macht. Hier darf sich der Zuschauer an den grandios gefilmten Bildern erfreuen, welche von einem ebenso epischen wie passenden Score begleitet werden. Dabei wären aber punktuell noch wuchtigere, schwerere oder präsentere Melodien von Vorteil gewesen wegen derer die Bilder eine noch stärkere Wirkung entfallten hätten können. Dies ist aber jammern auf hohem Niveau, ergibt sich in der Gesamtbetrachtung letztendlich ein sehr stimmiges Bild und lassen "The Last Duel" zu einem sehr sehenswerten Mittelalterepos werden, den man definitiv auf der großen Kinoleinwand erleben sollte.

 

 

Fazit: Mit seinem neuen Epos lässt Ridley Scott sein Publikum ins dunkelste Mittelalter eintauchen und verknüpft dies geschickt mit der #metoo Bewegung der Neuzeit. Ihm zur Seite stehen ein grandios agierender Cast sowie die überragende Optik mitsamt der imposanten Setbauten.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

Fly (Drama/Romanze/Tanzfilm)

 

Nach 3 "Ostwind"-Verfilmungen begibt sich Katja von Garnier ins Genre der Tanzfilme mit dramatischem Einschlag.

 

Die 20-jährige Bex (Svenja Jung) hat einen folgenschweren Unfall verursacht und sitzt deswegen im Gefängnis. Um die Insassen zu resozialisieren, bietet die Haftanstalt für sie einen Tanzkurs an, der von Ava (Jasmin Tabatabai) geleitet wird und die sogenannten „Resis“ zu einem Tanzteam zusammenschweißen soll. Bex hat zwar keine Lust, daran teilzunehmen, ihr bleibt jedoch keine andere Wahl und schon bald fühlt sie sich vor allem zu Jay (Ben Wichert) hingezogen und sie merken, dass sie weit mehr verbindet als dieser Tanzkurs. Der Zusammenhalt innerhalb der Resozialisierungsgefangenen wächst, doch als Bex' Vergangenheit sie wieder einholt, gerät alles in Gefahr...

 

2020 kam mit "Into the Beat" endlich mal wieder ein Tanzfilm aus deutscher Produktion in die Kinos und konnte zuminderst bei mir einen ordentlichen Eindruck hinterlassen, wenngleich die Schwächen seinerzeit nicht wegzureden waren. Nun schickt "Ostwind"-Regisseurin Katja von Garnier Ihren Genrevertreter ins Rennen, der ebenfalls nicht frei von Fehlern ist, aber am Ende dann doch eher einen positiven Eindruck hinterlässt. Viele Ansätze in puncto Drehbuch, Setting und Figuren bestechen durch zeitgemäße Gedanken, werden aber mit reichlich Klischees und einem sehr vorhersehbaren Plot viel zu oft in den Schatten gestellt.

Da wäre zum Beispiel die Andeutung dass ausschließlich ausländische Jugendliche im Knast sitzen, vorallem wegen allzu bekannter Straftaten. Diese reichen von Drogenhandel über Körperverletzung bishin zu Finanzbetrug und müssen als Standard hingenommen werden.

 

Entsprechend stehen damit auch größtenteils Figuren im Mittelpunkt, die aus den verschiedensten Kulturkreisen stammen und entsprechend charakterisiert werden. Dies ist vorallem deshalb ziemlich ernüchternd, da die Idee mit jugendlichen Straftätern aus Einwandererfamilien zweifelsohne Spannung verspricht und eben nicht der klassischen Rollenbesetzung entspricht. Katja von Garnier macht daraus viel zu wenig weshalb der Effekt recht schnell verpufft und mit zunehmender Dauer auch ein rein deutscher Cast nicht viel anders gewirkt hätte. Zwar baut die Regisseurin immer wieder kleine Nebenstränge ein, welche mit der Herkunft einzelner Figuren zu tun haben, lässt jene aber fast schon pseudomäßig ablaufen.

Der hier fehlende Mut wird noch häufiger zu Tage treten und als einer der großen Kritikpunkte stehen bleiben.

Denn auch was die Gestaltung der JVA betrifft bekommt man nichts außergewöhnliches geboten, nein es wird sogar ein völlig falsches Bild der Strafanstalt vermittelt. Sowohl Zellen wie auch Gemeinschaftsräume wirken kühl, kalt und unfassbar dunkel sowie wie aus einer anderen Zeit. So sieht in Deutschland des Jahres 2021 definitiv kein Jugendknast von Innen aus.

 

Mit dem Willen das als überspitzt trostlose Umgebung darzustellen hat damit nichts zu tun und entbehrt jeglicher Glaubwürdigkeit. Hinzu kommen extrem lasche Abläufe des Wachpersonals, dank derer die Jugendlichen faktisch machen können was Sie wollen ohne mit Konsequenzen zu rechnen. Es mag zwar sein das diese Punkte nur Gemecker sind und für die Handlung keine relevante Rolle spielen, aber in meinen Augen sollten reale Handlungsorte entsprechend dargestellt werden. Wenn die Tanzgruppe in Berlin unterwegs ist verändert man ja auch nichts.

Kommen wir wieder zurück zur Handlung und dem Punkt der fehlerhaften Struktur im Aufbau. Stellenweise kommen einem die eingeworfenen Rückblenden wahllos vor und unterbrechen Momente in einem Augenblick der Emotionen/Intensität. Im Allgemeinen bin ich stets ein Freund von aufklärenden und charakterbildenden Abschnitten aus dem Leben einer Figur, da man hier vieles besser verstehen oder aus einem anderen Blickwinkel sehen kann, doch dann sollte dies nach einem klaren Prinzip folgen.

 

"Fly" könnte seine im Kern dramatische Liebesgeschichte sowie die Veränderungen aller Figuren so schön aufzeigen wenn von Garnier Ordnung in die vorhandenen Puzzleteile gebracht hätte. Auch habe ich es vermisst das das "Auf und Ab" im Handlungslauf in einem gleichmäßigen Wellenmuster inszeniert wird und nicht geprägt ist von radikalen Ausschlägen in beide Richtungen. Entweder kommt das Geschehen sehr lustig oder sehr emotional-berührend daher und lässt dem Zuschauer keine Möglichkeit der "Entspannung" zumal der Abfall nach einer steilen Kurve entsprechend stark ausfällt.

Mit seiner fast 2-stündigen Laufzeit ist das Drama einen Tick zu lange geraten und besitzt einige Momente mit übermässig öden Dialogen oder langweiligen Nebensächlichkeiten. Diese vergeudete Zeit hätte Katja von Garnier lieber in Figurentiefe investieren sollen um die nur angedeuteten familiären bzw. privaten Probleme der einzelnen Jugendlichen besser auszuarbeiten. Einzelne und oftmals auch aufs Oberflächige beschränkte Brocken helfen dem Zuschauer wenig um alle Hintergründe zu verstehen.

 

Nach einigen negativen Aspekten sollen die positiven nicht zu kurz kommen. Neben den bereits erwähnten Punkten sind es allen voran die unzähligen Tanzchoreografin mit denen "Fly" punkten kann. Bestehend aus einer breiten Bande von Streetdancearten bestechen die Moves durch Eleganz, Körperbeherrschung, Kreativität, Ausdauer und Hingabe. Das vermittelte Bild mit Tanzen kann man fast alle Probleme lösen gehört zwar ebenfalls in eine Schublade mit Aufschrit "Klischees", hilft aber auch aufzuzeigen das jeder der einen Fehler begangen hat eine neue Chance bekommen kann. Zudem sind teambildende Aktivitäten wie eben der Streetdance eine wunderbare Möglichkeit straffälligen Jugendlichen neue Perspektiven aufzuzeigen. Vielleicht wäre "Fly" mit etwas weniger Tanz soagr besser gefahren, da dadurch ja wiederum Zeit fehlt um auf die Charaktere einzugehen. Am Ende muss jeder Zuschauer selbst entscheiden ob Ihm das reichlich dargebotene Getanze gefällt oder eben nicht.

 

Die Kultur dahinter wird jedoch in den Mittelpunkt gerückt und dank des engagierten Casts auch mit Leben erfüllt. Alle Darsteller versuchen das Beste aus dem Vorhandenen rauszuholen und verdienen allerhöchsten Respekt für die gezeigten Tanzeinlagen. Abstimmungsprobleme sucht man ebenso vergebens wie Fehler in der Ausführung. Gelenkig, beweglich und agil performen die Figuren rund um Bex wodurch der ein oder andere sicherlich etwas neidisch werden kann. Warum eine Katja Riemann hier in einer sehr kleinen Nebenrolle unbedingt mitspielen musste lasse ich mal unkommentiert, da man für diesen Part ohne Zweifel eine vergleichbare Schauspielerin ohne großen Namen hätte nehmen können. Besonders herausstellen möchte ich aber keine(n) Darsteller(in), da mir quasi alle Darbietungen gleichwertig zugesagt haben und die negativen Punkte ohnehin am Drehbuch festzumachen sind. Musiktechnisch besticht der Soundtrack mit sehr modernen Tracks/Melodien welche genretechnisch eher im Bereich mit elektronischer Musik unterlegter Hip Hop anzusiedeln sind. Die allesamt tanzbaren Beats zeichnen sich durch ein angenehmes Sounddesign und optimale Lautstärke  aus und besitzen zudem die nötige Abwechslung was Klang und Stimmung betrifft.

 

Fazit: Während die zahlreichen und ausgiebigen Tanzeinlagen zu den Highlights zählen fehlt es dem Skript an Tiefe sowie einem roten Faden. Katja von Garnier's Drama ist solides Genrekino mit ansprechender Idee, nutzt aber nur stellenweise sein Potential aus.

 

Bewertung:

Genre: 6 von 10 Punkten

Gesamt: 6 von 10 Punkten

 

Online für Anfänger (Komödie)

 

Einfacher Bürger vs. Internetgiganten lautet das Motto dieser französischen Komödie, die leider alles andere als witzig ist.

 

Marie (Blanche Gardin) steckt gerade mitten in der Trennung von ihrem Mann und verscherbelt deswegen ein Möbelstück nach dem anderen im Internet, um halbwegs über die Runden zu kommen. Außerdem gibt es da immer noch ein peinliches Sextape, das wie ein Damoklesschwert über ihr schwebt. Geht das online, ist der Ruf ihres Sohnes an seiner Schule ruiniert. Bertrand (Denis Podalydès) kämpft an einer anderen Front gegen das Web 2.0: Seine Tochter sieht sich akutem Cyber-Mobbing ausgesetzt. Aber das Internet hat auch schöne Seiten, denn er hat sich in die Stimme einer Callcenter-Agentin verliebt und kann ihr kein Angebot ausschlagen, sei es auch noch so verrückt. Christine (Corinne Masiero) hingegen versucht, sich als Uber-Fahrerin über Wasser zu halten, und wundert sich über die anhaltenden schlechten Bewertungen. Wenn es weiter so geht, droht sie wieder in die Arbeitslosigkeit abzurutschen. Die drei Nachbarn wollen sich nicht länger von den sozialen Medien abhängig machen und verbünden sich, um gegen die Giganten des Internets anzukämpfen...

 

Zum Zeitpunkt als diese Review entsteht habe ich ungelogen 4 französische Filme in Folge während einer Sneak Preview gesehen und habe jetzt erstmal genug davon, auch wenn ich den französischen Film sehr schätze. Allgemein ist seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs deutscher Kinos der Anteil von Produktionen aus unserem Nachbarnland recht hoch.

Wahrscheinlich folgt nun eine der kürzesten Filmkritiken auf dieser Seite, da "Online für Anfänger" von Vorne bis Hinten katastrophal, enttäuschend und leider auch nicht empfehlenswert geworden ist.

So verwundert es wohl kaum, dass der Kinosaal sich nach etwa 15 Minuten begonnen hat zu leeren und am Ende nur noch ein Bruchteil der Besucher auf Ihren Platz saßen.

 

Die Handlung, sofern man diese irgendwann mal deuten kann, zieht sich wie ein extralanger Kaugummi, ist lieblos inszeniert und ergibt auch einen richtigen Sinn. Zwar erkennt der Zuschauer nach einer gefühlten Ewigkeit das es um drei Normalbürger geht die gegen die großen Tech-Giganten vorgehen wollen um Ihre dort gespeicherten Daten zurückzugewinnen, aber so lange muss man leider erst mal durchhalten. Es kommt einer Qual gleich mit der die beiden Regisseure uns Kinobesucher innerhalb der ersten 30 Minuten maltretieren, da quasi nichts passiert, die Figuren jeden Satz gefühlt 100x wiederholen und der Humor in keinem Moment zündet.

Die fehlende Leichtigkeit sowie der Drang zum Lachen zieht sich wie ein roter Faden durch die viel zu langen 105 Minuten wodurch die eigentlich angestrebte Situationskomik nie wirklich zum Tragen kommt.

Die Sextape-Story ist einem irgendwann ebenso egal wie jene zum Cybermobbing oder den 1-Sterne-Bewertungen, da alle 3 Ausgangsszenarien auch gar nicht intensiv ausgearbeitet oder vertieft werden. Jede einzelne verläuft sich zusehens im Sand und bieten keinerlei Szenen, welche zum Lachen animieren.

 

Lediglich bei einer handvoll Szenen kann man ausgiebig lachen, was aber für ein Film aus dem Komödien-Genre definitiv zu wenig ist, zumal der gezeigte Humor so gar nicht lustig daher kommt. Entweder man muss wie Marie betrunken oder mit Drogen zugedröhnt sein um diesen Film durchweg unterhaltsam zu finden. Zudem arbeiten sich die Macher an einigen Klischees ab ohne hier nur einen kleinen Funken bitterböse zu wirken oder zuminderst ein Augenzwinkern erzeugen zu wollen. Neben der megalangweiligen Handlung sind es vorallem auch die durchweg uninteressanten Figuren weshalb der Zuschauer keinen Zugang zum Geschehen findet. Diese sind nämlich weder besonders spannend, tiefsinnig oder sympathisch geschrieben und wirken seltsam empathielos sowie lustlos und einschläfernd. Wo bleibt der typisch französische Charme? Wo die bekannte Leichtigkeit? Davon ist wirklich nichts zu sehen, egal wie lange man auch darauf wartet.

 

So bleiben am Ende nur solche Momente im Kopf, die dann auch weder besonders kreativ noch erwachsen wirken. Ehrlich gesagt kam in mir regelmäßig die Frage aus was das alles hier eigentlich soll und wo nun der Sinn dahinter liegt. Ich habe es nicht verstanden und mich mit zunehmender Laufzeit auch maßlos geärgert über diesen Schund. Mir erschließt sich der Gedanke mit der Rückgewinnung von privaten Daten von Konzernen wie Google und Facebook, aber dann muss man "Online für Anfänger" deutlich anders in Angriff nehmen um das aussichtslose Unterfangen unterhaltsamer auf die Leinwand bringen.

Da alle Figuren völlig irrelevant und oberflächig daher kommen bleibt die Hoffnung darauf, dass wenigstens die Darsteller alles daran setzen dem entgegen zu wirken. Doch diese Illusion platzt bereits nach nicht einmal 10 Minuten und man sieht dem Cast dabei zu wie dieser völlig lustlos, dumm und uninspiriert agiert wodruch dem Zuschauer vollends egal ist wie das Ganze nun ausgeht.

 

Aber auch technisch macht "Online für Anfänger" vieles falsch. Los gehts mit seltsam unscharfen Bildern, die man im Jahr 2021 nicht mal von Independentfilmen mehr kennt. Dazu gesellt sich eine unsaubere Kameraarbeit, die entweder starr auf das Geschehen blickt oder ungeheuer wackelig bzw unruhig an den Figuren klebt. Man würde es verstehen wenn es sich um Aufnahmen einer Handykamera handelt mit der sich bsp Marie dabei filmt wie Sie im Flugzeug Joghurt bestellt, aber nicht in so vielen anderen Momenten. Hinzu kommen unlogische und aus dem Zusammenhang reißende Schnitte sowie ein durchweg langweiliger Soundtrack, der kaum Highlights setzen kann.

Ob es an der Leinwand lag oder nicht, aber die Untertitel zu den auf deutsch übersetzten Gespräche waren zur Hälfte abgeschnitten was aber aufgrund der ohnehin öden Story das kleinere Übel darstellt.

 

Habe jetzt doch etwas mehr geschrieben als gedacht und möchte abschließend noch erwähnen das dieser Film aufgrund seiner unübersehbaren Schwächen in Verbindung mit einer erschreckend schwachen Inszenierung im Topf der 10 größten Enttäuschungen 2021 landen wird, zuminderst in meiner Liste.

Der Film läuft ab dem 28.10.2021 in den deutschen Kinos.

 

Fazit: Langweilig, unlogisch, nicht witzig und verdammt zäh sowie zum Kopfschütteln; diese "Komödie" ist eine einzige Katastrophe und leider auch eine Zumutung ans Publikum.

 

Bewertung:

Genre: 3 von 10 Punkten

Gesamt: 1 von 10 Punkten

 

Resistance - Widerstand (Drama/Biopic/Historie)

 

Mit einem Jahr Verspätung darf Jesse Eisenberg endlich als Marcel Marceau auf der Kinoleinwand glänzen.

 

Während des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung Frankreichs durch das Deutsche Reich engagiert sich der orthodoxe Jude Marcel Marceau (Jesse Eisenberg), der eigentlich Marcel Mangel heißt und später als Pantomime weltbekannt werden soll, unter dem Einfluss seines Cousins Georges Loinger (Géza Röhring) und seines Bruders Simon (Félix Moati) im Widerstand Frankreichs. Marceau nutzt dabei seine Pantomimen-Ausbildung, um Waisenkindern, deren Eltern dem Holocaust zum Opfer fielen, bei der Flucht zu helfen und sie so vor den Rassegesetzen und den Konzentrationslagern der Nazis zu bewahren. Doch dafür muss er gemeinsam mit der Aktivistin Emma (Clémence Poésy) in den Untergrund gehen und in höchster Gefahr leben. Denn der lokale Gestapo-Chef Klaus Barbie (Matthias Schweighöfer) setzt alles daran, die Gruppe zu zerschlagen…

 

Kriegsdramen mit historischem Hintergrund sind ja nicht gerade selten. Schließlich lassen sich mit diesem Genre immer noch gute Geschäfte machen, auch deshalb weil Kriege stets Ihre Helden hervorbringen. Gerade der 2te Weltkrieg hatte viele Gesichter dank derer wir heute noch Vorbilder für Menschlichkeit haben. Einer davon war Marcel Marceau, der eigentlich Marcel Mangel hieß, ein Metzgersohn und begnadeter Pantomime. Während der Herrschaft der Nazis in Frankreich half er unter der ständigen Gefahr erwischt zu werden jüdischen Kindern bei deren Flucht ins sichere Ausland. Dieser Geschichte nimmt sich Regisseur und Drehbuchautor Jonathan Jakubowicz an und bringt ein leider nicht immer fokussiertes Kriegsdrama mit biografischen Einflüssen auf die Kinoleinwand. Seine zentrale Botschaft verwässert "Resistance" mit zu vielen Nebenschauplätzen, die zwar ganz nett inszeniert sind und als charakterbeschreibende Ergänzungen zu sehen sind, wegen derer der Handlungsfluss leidet. Die von Anfang an klar erkennbare Liebesgeschichte mit Emma wirkt dabei ebenso kitschig wie ein Gespräch der jungen Frau mit Ihrer Schwester, nachdem diese mit Ihrem Freund geschlafen haben. Beide Damen verhalten sich dabei wie junge Teenagerinnen was nach einer Minute nicht mehr witzig erscheint.

 

Daneben fühlt sich das Drama auch zu vollgepackt mit einzelnen Handlungselementen, von denen jeder einzelne genug Stoff für einen eigenen Film bieten würden. Mit 2 Stunden Laufzeit lassen sich so viele einzelne Themenpunkte niemals befriedigend ausarbeiten und können nur Bruchstückhaft angerissen werden. Dennoch muss man Jakubowicz für seinen Mut dankbar sein einen Film mit dieser Herangehensweise auf die Beine zu stellen. Natürlich setzt der Filmemacher auch auf bekannte Klischees und Stilmittel um der Story an entscheidenden Stellen den maximalen Effekt an Emotionen aufzudrücken. Man kann dies als bewusste Beeinflussung des Publikums sehen, dass ja vom gezeigten Leid nur berührt sein kann. An dieser Stelle möchte ich keinesfalls kleinreden wie schlimm die Naziherrschaft für Juden und Co. war, da sich niemand heutzutage die Qualen auch nur ansatzweise vorstellen kann. Es geht eben rein um die Wirkung der Bilder bzw. mit welch simplen Tricks man diese beim Zuschauer erreichen kann.

 

Für ein Kriegsdrama wirken die Aufnahmen jedoch meistens zu wertig und auf Hochglanz poliert, weshalb nicht jeder Moment vollends authentisch rüber kommt. Richtige Highlights sind die Pantomime-Auftritte von Jesse Eisenberg, die eine zentrale Rolle einnehmen und verhältnismäßig viel Screentime bekommen. Somit würdigt man nicht nur den herausragenden sowie unbezahlbaren Einsatz von Marceau, sondern setzt auch seiner Fähigkeit als Künstler ein Denkmal. Und Eisenberg verkörpert den Retter und Widerstandskämpfer mit voller Hingabe, Witz, Ernsthaftigkeit und Ausstrahlungskraft wie man es sehr selten beim Amerikaner gesehen hat. Der Zuschauer spührt aufgrund von Eisenberg's Körpersprache in jedem Moment wie sehr er mit seiner Rolle verschmolzen ist und alles herausholen will. Das dies nicht perfekt gelingt liegt vorallem am unsauber geschriebenen Skript und seinen merkwürdigen Auswüchsen ins Reich der unnötigen Ausführungen. "Lasst Eisenberg einfach machen und schreibt Ihm nicht vor wie er auf Umwegen seine Meinung kundtun kann" will man der Leinwand zurufen während er um den heißen Brei herumredet.

Etwas unter geht dadurch Emma, gespielt von Clémence Poésy, die wohl den schlimmsten Moment der Handlung erfährt.

 

Die Schauspielerin ist wie Eisenberg voll in Ihrem Element und holt aus der Figur sogar das Maximum heraus, trotz kindischem Moment. Etwas mehr Screnntime hätten Emma auf jeden Fall gut getan um als Marcel's Ankerpunkt besser funktionieren zu können. Schließlich nimmt er die Risiken auch für Sie auf sich.

Den wohl interessantesten (und von meiner Seite auch mit Spannung erwartet) Job hat aber Matthias Schweighöfer als Klaus Barbie, einem der schlimmsten Naziverbrecher. Und was soll man groß sagen: Schweighöfer spielt seinen Part erschreckend real und kann optisch wie auch vom Wesen her perfekt in die Schublade des unscheinbaren Massenmörders, der zwei gegensätzliche Charakter besitzt, eingeordnet werden. Auf der einen Seite ein kaltblütiger und frenetischer Nazi, auf der anderern Seite der liebende und umsorgte Vater/Ehemann dem jeder aufgrund seines freundlichen Gesichts niemals die an den Tag gelegte Kälte zutrauen würde. Nebenbei bemerkt ist dies wohl der allerletzte Beweis für Schweighöfers Wandlungsfähigkeit und der damit verbundenen Klasse, mit der der Deutsche in durchaus schwierigen Rollen abseits seiner dämlichen Blödelkomödien beweisen kann welch feines Gespür er bei ernsten Figuren hat.

 

Neben dem optisch zu aufpolierten Look gibt es auch Seiten der reinen Technik wenig auszusetzen, das sowohl die Bildeinstellungen wie auch die Kamerafahrten soweit in Ordnung sind und alle aus einem ansprechenden Blickwinkel aufnehmen. Kurzzeitig blendet man die berühmte Hitlerrede ein, wo er den Juden mit Vernichtung droht ohne dabei jenen geschichtsträchtigen Vorgang mit irgendeiner Bewertung zu be-/entlasten. Tag wie Nacht ist die Szenerie soweit ausgeleuchtet dass alles problemlos erkennbar ist/bleibt, nichts blendet oder unnötige Schatten geworfen werden. Aufgrund der Altersfreigabe fehlen brutale Szenen gänzlich, was natürlich dazu dient ein relativ breites Publikum anzusprechen und evtl. auch Schulkinder im entsprechenden Alter. Andererseits hätte eine Freigabe ab 16 Jahren die Möglichkeit eröffnet mit härteren Momenten dem Zuschauer glaubhaft die Brutalität des Regimes vor Augen zu führen. Hierbei handelt es sich aber um Geschmackssache und einem Fakt den jeder wohl mit anderen Augen sehen wird.

Abschließend sei noch die punktuell zu übereifrige Musik zu erwähnen, die in abgespeckter Form deutlich mehr zum Sehvergnügen beigetragen hätte als mit zu wuchtigen Spitzen was die Lautstärke betrifft.

Bleib noch zu klären wer hier richtig glüclich wird; definitiv Fans von Eisenberg, Biopicinteressierte und Fans von Kriegsdramen der etwas anderen Art.

 

 

Fazit: Aufgrund der vielen Nebenschauplätzen kann das historische Kriegsdrama/Biopic seine zentrale Botschaft nicht immer vollständig auf die Leinwand bringen. Da hilft es auch wenig, dass Jesse Eisenberg eine seiner besten Leistungen abrufen kann.

 

Bewertung:

Genre: 6.5 von 10 Punkten

Gesamt: 6 von 10 Punkten

 

The Ice Road (Action/Thriller)

 

Action-Star Liam Neeson kehrt im Oktober 2021 zurück auf die Leinwand, nachdem sein letzter Film ein Opfer der Pandemie wurde.

 

Nachdem eine abgelegene, kanadische Diamantenmine im äußersten Norden des Landes unerwartet in sich zusammenbricht, muss sich der Ice Driver Mike (Liam Neeson) auf eine ganz und gar unmögliche Rettungsmission begeben. Um das Leben der eingeschlossenen Bergleute zu retten, bleibt ihm nur eine Möglichkeit: Er muss einen gefrorenen Ozean überqueren. Dabei kann er zwar genau das zeigen, worauf er spezialisiert ist, nur bekommt er es hier nicht mit einer „normalen“ Eisstraße zu tun. Das ganze Unterfangen gestaltet sich darüber hinaus noch deutlich kritischer, als es auf den ersten Blick ohnehin schon erscheint: Das einsetzende Tauwetter und eine Bedrohung, mit der niemand rechnen konnte, erklären das Vorhaben von vornherein zu einem regelrechten Himmelfahrtskommando...

 

Wurden seine letzten beide Filme ("The Marksman" und "Honest Thief") noch Opfer der Pandemie und konnten somit nur in einigen wenigen Ländern in den Kinos laufen (In Deutschland keine Kinoauswertung) darf Actionstar Liam Neeson ab Oktober wieder die große Kinoleinwand entern und um sich schießen. Nein halt, das war mal. Jetzt sieht man den Iren nur noch rumprügeln und wenn überhaupt feuert er nur noch in wenigen Momenten Kugeln ab. Erfindet sich hier ein altgedienter Darsteller etwa neu? Durchaus möglich das Neeson zukünftig eher durch seine physische Ausdauer und handgemachte Actionszenen glänzen will anstatt als jemand der gerne und häufig auf seine Gegner schießt. Zugegeben, der Plot von "The Ice Road" klingt jetzt nicht zwangsläufig wie ein Film in dessen Zentrum Schusswaffen stehen, spielt er hier doch einen Ice Road Trucker im Norden Amerikas. Okay, das dachte man bei "Hard Powder" auch (das Ergebnis kennt man ja) aber jetzt scheint der 69-jährige wirklich die Waffe an den Nagel gehängt zu haben.

 

Was darf man also in "The Ice Road" von Neeson erwarten? Auf jeden Fall einen soliden Action-Thriller der nach erstaunlich starken Beginn zum Finale hin deutlich nachlässt. Je weiter die Geschichte voranschreitet desto mehr verabschiedet sich das Drehbuch von der Realität und die Handlung wirkt zusehens konstruiert womit die Glaubwürdigkeit in den Keller geschickt wird. Zum einen will der, zugegeben recht uncharismatische und austauschbare, Bösewicht einfach nicht sterben obwohl er erst mit seinem Auto einen steilen Berghang hinuterpurzelt um danach einer von Ihm selbst ausgelösten Megalawine problemlos auszuweichen. Genau mit solchen komplett unlogischen Aktionen wird versucht der Story zusätzlich Dramatik und Gefahren aufzubürden, da die Figuren eh schon in Zeitnot sind um am Ende trotz aller Widrigkeiten noch rechtzeitig die gefeierten Retter werden. Lieber baut man also sowas ein anstatt den Fokus auf die natürlichen Gefahren zu legen. Groß wird zu Beginn die Tatsache geschildert das es ja bereits April sei und das Eis die schweren Trucks nicht mehr tragen kann.

 

Zwar fällt das erste Opfer dem dünnen Eis zum Opfer und später spielt dieses ebenfalls eine Rolle aber insgesamt ist das zu wenig und spiegelt nicht ansatzweise wieder auf welch heikle Mission sich die Fahrer begeben haben. Ein weiteres extremes Beispiel für fehlende Logik ist das Verhalten der verschütteten Kumpel/Bergleute, deren Berufsstand eigentlich für absolute Kameradschaft steht (mehr verrate ich hier nicht) und nicht für das, was uns Regisseur und Autor Jonathan Hensleigh hier auftischen möchte. So bleibt am Ende das skrupellose Verhalten der Bergbaufirma als das einzig realistische Szenario übrig, da man immer wieder von Großkonzernen hört, denen das Leben Ihrer Mitarbeiter faktisch nichts wert ist da der Profit das höchste Gut des wirtschaftlichen Handelns darstellt.

"The Ice Road" ist definitiv ein rasanter und actionreicher Thriler, der sich wenige dafür aber gute Auszeiten nimmt, die besonders dann überzeugen wenn es um Mike und seinen behinderten Bruder geht, die ein spezielles Vertrauensverhältnis besitzen und seit Jahren unzertrennlich von Firma zu Firma wandern.

 

Auch hier hätte man diesen Part noch besser ausarbeiten können, wie auch die Backroundgeschichte zu Tantoo, die quasi reingeworfen wird und als einzigen Bezugspunkt zur Mission den möglichen Verlust des Bruders bekommt.

Liam Neeson als Mike spielt genau das was man von Ihm kennt und auch erwarten kann ohne besonders aufzufallen. Mit fast 70 kann er physisch noch immer recht gut mithalten und benutzt wie bereits erwähnt nun lieber seine Fäuste/Beine anstatt der deutlich handlicheren Feuerwaffen. Während er also eine auf sein Können zugeschnittene Rolle spielt wirken die emotionalen Momente dann doch etwas zu übertrieben und nicht wirklich überzeugend. Dies fällt aber in jedem seiner Filme auf, da Neeson den Spagat zwischen knallhartem Typen und weinenden Softie einfach nicht hinbekommt, Dennoch darf man Ihm sein Bemühen nicht absprechen, wodurch die entsprechenden Szenen dann doch eine gewisse gefühlvolle Wirkung auf den Zuschauer haben.

 

Ihm zur Seite steht sein Film-Bruder Marcus Thomas als Gurty, der seine Rolle als geistig behinderter Mechaniker exzellent verkörpert. Als ehemaliger Soldat, der aufgrund einer Verletzung und den damit einhergehenden Spätfolgen eines Kriegseinsatzes leben muss, macht er zwar geistig einen verwirrten Eindruck ist aber körperlich total fit sowie extrem flink und geschickt. Stets besteht er darauf alles nach Vorschrift und vorallem korrekt zu machen, was immer wieder für Ärger sorgt.

Als rebellische Truckerin bringt Amber Midthunder frischen Wind in die Männerrunde und zeigt das Frauen Ihren männlichen Kollegen in nichts nachstehen und ebenso austeilen können. Privat findet man die junge Frau auf entsprechenden Demos für Gleichberechtigung und solchen die gegen das Verhalten der "Weißen" gegen die Ureinwohner einstehen (Thema Rassismus). Als Ergänzung zu Mike funktioniert Tantoo damit richtig gut und es macht Spaß der Figur zuzusehen, die zudem eine Sympathieträgerin ist.

 

Mit Benjamin Walker alias Varnay erleben wir einen wenig charismatischen und charakterlich komplett oberflächigen Bösewicht, der nur deshalb so skurrpellos agiert weil sein Chef es will. Hat er wirklich kein Gewissen? Kann man sich anhand dem gezeigten nicht vorstellen. Insgesamt spielt Walker die Rolle zwar solide kann sich aber nicht soweit als der große Gegenspieler einbringen als das es authentisch wirkt. Das Drehbuch greift Varney immer wieder unter die Arme und lässt den jungen Mann alles überleben, und dass ohne große Kratzer oder Knochenbrüche.

In einer kleinen Nebenrolle sehen wir Laurence Fishburne, der wie Neeson seinen Stiefel runterspielt und recht schnell seinen Teil erledigt hat. Allerdings hätte man seine Figur sicherlich auch mit einem anderen Darsteller besetzen können, da diese Rolle praktisch keine besondere Relevanz besitzt.

 

Rein technisch und optisch sehen wir mit "The Ice Road" einen durchweg soliden Streifen, der ja nur im verschneiten Nordamerika spielt und daher mit dem entsprechenden Farbspektrum arbeitet. Viel Weiß wechselt sich mit Grautönen und er schmutzigen Mine ab, die zudem in dunkles Licht getaucht ist während die Ice-Road dank Sonnenschein erstrahlen kann (außer es fegt gerade ein Schneesturm über die Trucks hinweg). Die ansonsten guten Naturbilder vermitteln auf jeden Fall den Eindruck das man sich auf tiefverschneiten Straßen im hohen Norden befindert, der abgeschnitten von der Zivilisation für endlose Wildnis steht in der die Natur das Sagen hat. Dagegen finde ich etliche Actionszenen als zu unruhig gefilmt, was sich an der teils sehr wackeligen Kamera zeigt, welche das Szenario somit nicht ansprechend zeigen kann. Auch beim Schnitt fallen einige unsaubere Cuts auf, wodurch die optische Qualität leidet. Kostüme und Make-up sind durchweg dezent und vorallem praktisch gehalten, was diese damit auch unauffällig erscheinen lässt. Als etwas zu dominant empfand ich die Filmmusik, die oftmals zu präsent das Geschehen begleitet und zusätzlich Unruhe bringt.

 

 

Fazit: Aus "Liam Neeson schießt..." wird nun "Liam Neeson schlägt..." währendessen sein neuester Action-Thriller nach starkem Beginn zum Ende hin deutlich nachlässt und mit massiv übertriebener Action und Logikfehlern um sich wirft.

 

Bewertung:

Genre: 5.5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

Es ist nur eine Phase, Hase (Komödie/Romanze)

 

Es ist den aktuellen Umständen geschuldet das Christoph Maria Herbst 2021 gleich 2x auf der Kinoleinwand zu sehen sein wird.

 

In der Ehe von Paul (Christoph Maria Herbst) und Emilia (Christiane Paul) kriselt es, und nachdem sie einen One-Night-Stand mit dem jüngeren Ruben (Nicola Perot) hatte, beschließt sie, dass sie eine Beziehungspause möchte, und stürzt sich ins Leben, während Paul endgültig in die Krise gerät. Auch die Ratschläge seiner Freunde Theo (Jürgen Vogel) und Jonathan (Peter Jordan) helfen nicht weiter genauso wenig wie Antidepressiva und Testosterontabletten oder die Affäre mit der jungen Lehrerin seiner Tochter. Schließlich treffen sich Paul und Emilia auf dem Geburtstag einer gemeinsamen Freundin wieder, doch dort eskaliert die Situation nur weiter...

 

Mit Buchverfilmungen ist es ja immer so eine Sache: Mal interpretiert der Regisseur die Story viel zu frei bzw. hält sich nicht daran, ein anderes mal entsprechen die Darsteller nicht den beschriebenen Figuren oder das Drehbuch klebt wie Kaugummi am Orginalstoff. Leseratten finden eigentlich immer etwas zum kritisieren und nicht selten sind Sie es die am lautesten aufbegehren nach dem Kinobesuch. Man darf also gespannt sein wie laut das Echo bei "Es ist nur eine Phase, Hase" sein wird, der am 14. Oktober in den deutschen Kinos Premiere feiert.

Kontroverse Diskussionen sollte es aufgrund der Inszenierung auf jeden Fall geben, beweist die Liebes-Komödie doch gerade in der ersten Filmhälfte eindrucksvoll warum der deutsche Mainstreamfilm keinen guten Ruf genießt.

 

Kitsch, Klischees und Peinlichkeiten sind genauso an der Tagesordnung wie die typische deutsche Steifheit in Kombination mit einer oberflächigen sowie vorhersehbaren Story. Als Filmliebhaber, der weiß wie stark deutsche Filme sein können, fühlt man sich vom Gezeigten gefoltert und es fällt phasenweise schwer die Konzentration aufrecht zu halten. Warum das mittlerweile eingebürgerte Korsett und die Art der Inszenierung nicht abgelegt werden kann bleibt wohl auf ewig ein Rätsel. Gerade der französische Film schafft es regelmäßig eine herrlich leichte Art zu vermitteln mit der man als Zuschauer auch einen deutlich besseren Zugang zur Handlung bekommt.

Negativer Höhepunkt ist Paul's Prostata-Untersuchung mitsamt Formel 1-Vergleich. Selten habe ich mich im Kino so sehr geschämt wie hier.

Keiner Wunder das während den ersten 30 Minuten einige Besucher der Sneak Preview den Saal verlassen haben.

Diese haben jedoch eine Wandlung verpasst, die wohl niemand dem Werk von Florian Gallenberger nach diesem Beginn zugetraut hätte. Der Knoten platzt mit jenem Moment als Paul auf Heike's Geburtstagsfeier (die maßlos übertrieben ist) der Kragen platzt un er allen die Meinung geigt.

 

Jeder schläfrige Zuschauer wird schlagartig aus seinen Träumen gerissen um nun endlich einen Film sehen zu können, der endlich in die Tiefe geht, poetische Züge aufweist oder zum nachdenken bezüglich des Altwerdens anregt. Zwar dürfen Christoph Maria Herbst und Co. weiterhin sehr platte Witze reißen, aber allgemein ist der Ton ein anderer. Nicht nur die Kamera sondern auch erzählerisch ist man nah an den Figuren während vieles emotional berührend inszeniert wird.

Auf Seiten des Humors bietet "Es ist nur eine Phase, Hase" neben klassischen Männergesprächen (mit Bier und Schnaps) auch einige Slapstick-Einlagen sowie ausufernde Alkohol-, Drogen- und Tablettenexzesse, die zwar witzig aussehen aber reele Gefahren verharmlosen. Gegen auflockernde Lacher ist ja prinzipiell nichts einzuwenden, aber so wie Paul Antidepressiva zusammen mit Alkohol einwirft (nämlich wie TicTac's und Wasser) sollte das auf jeden Fall zu denken geben, auch deshalb weil der Film ein FSK 12 besitzt. Zudem gelingen die Übergänge von Klamauk zu Ernsthaftigkeit nicht immer perfekt.

 

Trotz all dieser negativen Aspekte kann Gallenberger's Film mit einigen tollen Ideen/Momenten begeistern und verliert trotz Nebenstränge nie sein Ziel aus den Augen und schafft es den Fokus auf der eigentlichen Handlung (Midlife-Crises, Pubertätsgefühle im Alter) zu behalten.

Aufgrund der interessanten Zusammenstellung des Casts darf man sich auf bekannte Abläufe und Figureninterpretationen freuen.

Jürgen Vogel als Theo zeigt warum er oft für Rollen gecastet wird in denen es um Machos, Lebemänner, Feierbieste geht welche zudem coole Sprüche auf Lager haben und als Kumpeltyp gelten. Denn genau das trifft auf seine Figur zu.

In der Hauptrolle als Paul (der anfangs planlos, teilnahmslos, hilflos, stümperhaft wirkt und in Selbstmitleid ertrinkt während er später zu einem energischen, wütenden, mutigen und forschen Mann mutiert) liefert Christoph Maria Herbst nicht nur facettenreiches Schauspiel ab, sondern verpasst seinem Charakter noch leicht ironische und witzige Untertöne weshalb man stets die Frage im Kopf hat ob er sich selbst jetzt ernst nimmt oder nicht. Als emotional und körperlich festgefahrener Autor fällt es Ihm lange schwer seine Komfortzone zu verlassen.

 

Mit fast teenagerlichen Pubertätsfantasien kämpft die sensible Mutter und Ehefrau Emilia, die sich nach 20 Jahren Ehe von Paul erdrückt und gleichzeitig leer fühlt. Ihr neues Leben als Single mit einer Affäre wird aber schnell langweilig und Ihr fehlt die Konstanz einer festen Beziehung. Christiane Paul verkörpert diesen Charakter mit viel Gefühl für die Nuancen und einer angenehmen Präsenz auf der Leinwand. Zusammen mit Paul bildet Emilia ein Paar, wie es sie wohl millionenfach gibt.

Auf Seiten der Nebenfiguren fallen besonders die oberflächigen, klischeehaften sowie stereotypen Charaktere auf, allesamt solide und im Rahmen der Figurenzeichnung gespielt. Jytte-Merle Böhrnsen verkörpert u.a die junge und attraktive Lehrerin von Marie, die Paul vergöttert und Ihn wie ein Groupie hinterher rennt und entsprechend ein kindisches Verhalten an den Tag legt.

Richtig Spaß bereiten die Kinderdarsteller, wobei deren Rollen leider auch nicht besonders kreativ und tiefgründig gehalten sind. Wir haben eine sehr schlaue Tochter, den jungen und immer nachfragenden Jungen sowie eine rebellische und streitsüchtige Teenagerin.

 

Warum Gallenberger noch Gastauftritte von H.P. Baxxter und Sandra Maischberger einbauen musste braucht man nicht zu verstehen, machen die den Film keinen Deut besser.

Dies gelingt schon eher einigen tollen Retrobildern/Aufnahmen aus den 80er bzw. 90er Jahren mit geschichtsträchtigen Ereignissen, damaliger Mode, bekannten Persönlichkeiten oder Trends der Zeit. Ziemlich genretypisch kommt die solide Kameraarbeit daher, die mit einigen wenigen Effekten im Zusammenhang mit wechselnden Schauplätzen dem Zuschauer zeigt, dass man in Köln zu Gast ist. Kontraste finden sich ausschließlich im Zusammenhang der beiden Wohnungen. Während Emilia alles farbenfroh, bunt und warm gestaltet ist es bei Paul düster, traurig und leblos. Man bildet quasi die vorherrschenden Stimmungen ab, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Hier und da schneidet die Kamera aber Teile der Figuren ab, was auf eine nicht immer korrekte Haltung bzw. falsche Distanzen schließen lässt.

Zum Abschluss gibts noch was positives zu erwähnen, und zwar der Soundtrack. Dieser bietet neben Technobeats auch Rocksongs (Achtung: Headbanging), Popmusik und Lovesongs. Hier bleibt vorallem "Wonderful Life" von Black hängen, das Paul in Erinnerungen schwelgend mit einem alten Walkman hört und mitsingt.

 

 

Fazit: Anfangs dem klassischen Klischee über deutsche Filme entsprechend wandelt sich "Es ist nur eine Phase, Hase" in der zweiten Filmhälfte in ein phasenweise nachdenkliches Werk übers alt werden und die damit verbundenen emotionalen Hürden

 

Bewertung:

Genre: 6 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

Titane (Horror/Thriller)

 

5 Jahre nach Ihrem radikalen Horrorstreifen "Raw" kehrt Julia Ducournau mit einem neuen und ebenfalls sehr gewöhnungsbedürftigen Film zurück.

 

Alexia (Agathe Rousselle) trägt seit einem Autounfall in ihrer Kindheit eine Titanplatte im Kopf und hat auch ansonsten ein enges Verhältnis zu nicht-organischen Dingen: Sie ist eine erotische Tänzerin, die bei Autoshows auftritt und irgendwann sogar Sex nicht nur in, sondern mit einem der Vehikel hat. Männer aber leben in ihrer Nähe gefährlich – und nach mehreren männlichen Opfern, die auf Alexias Kappe gehen, muss sie untertauchen. Alexia gibt sich fortan als Mann aus und nimmt die Identität des als Kind verschwundenen Adrien an. Adriens Vater Vincent (Vincent Lindon), der lange nach seinem Sohn gesucht hat, nimmt die verkleidete Alexia also bei sich auf. Doch er wird schnell zu aufdringlich und außerdem kann Alexia bald kaum noch die sichtbaren Zeichen einer Schwangerschaft verbergen...

 

Diejenigen unter euch, die mich schon länger kennen wissen bereits, dass ich eine Vorliebe für Filme aus dem Bereich "extrem" habe. Nicht umsonst waren extreme Filme eines der ersten Themen meines Podcasts und das "Hardline Filmfest" war meine erste Berührung mit Filmfestivals. Da klingt es schon fast unglaublich wenn folgende Aussage von mir kommt: "Raw" habe ich bisher nicht gesehen. Nun läuft ab 07.10 mit "Titane" ein Film an, der definitiv nichts für schwache Nerven ist und wohl nur einem speziellen Publikum gefallen wird. Die französische Regisseurin Julia Ducournau legt damit erneut Zeugnis Ihres sagen wir mal brillianten Verstandes ab, wobei man den Film so gar nicht in ein spezielles Genre einordnen kann. Die Schnittstellen zwischen Horror, Thriller, Drama, Fantasy und Komödie sind fließend womit wir hier gleichzeitig auch die größte Schwäche von "Titane" sehen: seine Unentschlossenheit was er schlussendlich sein will.

 

Betrachtet man die ersten 25 Minuten dürfte wohl jeder Zuschauer sagen in einem brutalen Horrorstreifen zu sitzen, bekommt man doch knallharte sowie extreme Gewaltausbrüche geboten weshalb zartbeseitete den Kinosaal verlassen werden. So geschehen bei der Sneak Preview wo ich diesen skurrilen Film gesehen habe. Etwa zur Filmmitte waren knapp 50% der ursprünglichen Plätze leer. Man kann zwar nachvollziehen wenn jemanden exzessive Gewalt abturned, aber andere Gründe lasse ich nicht gelten und finde es den Machern gegenüber unfair eine Filmvorstellung vorzeitig zu verlassen. Das musste jetzt mal so klar und eindeutig raus.

Nach seinem horrorhaften Einstieg wechselt "Titane" ins Thriller-Genre um dann in der zweiten Filmhälfte zu einem abgefahrenen Drama zu werden, welches den Zuschauer mit dem wohl verrücktesten Finale des Jahres in die Nacht schickt.

 

Aufgrund seinen brutalen Szenen und viel nackter Haut (Lange nicht mehr so viele Busen in einem Nicht-Porno) dürfte es hier wohl ausschließlich Abend- bzw. Nachtvorstellungen geben. Streiten lässt sich aber über die Altersfreigabe, die bei 16 Jahren liegt wobei eine Zulassung ab 18 Jahren ebenfalls in Ordnung gewesen wäre.

Um dem Ganzen schlussendlich das Prädikat "Abgefahren" zu verleihen, baut die französische Autorin und Filmemacherin regelmäßig befreiende Lacher in Ihre Handlungsebene ein. Das lockert ungemein auf und lässt ganz nebenbei neue Interpretationsmöglichkeiten zu. Davon hat "Titane" nämlich reichlich zu bieten, weshalb anschließende Diskussionen zwangsläufig kommen werden. Diese werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch um die dargestellte Erotik und Nacktheit drehen, deren absoluter "Höhepunkt" der abgefuckte Sex von Alexia mit einem PS-starken Auto ist, von dem die junge Frau mit Titanplatte im Kopf auch noch schwanger wird.

 

Wie es sich gehört ersetzt die Regisseurin die weiblichen Blutungen mitsamt der Muttermilch durch pechschwarzes Öl während das Baby am Ende eine Wirbelsäule aus Metall besitzt. Trotz seiner skurillen und irgendwie auch wenig plausiblen Handlung kann man "Titane" definitiv als ein spannendes Werk betiteln, das seinen Wahnsinn auch daraus zieht, dass der Zuschauer eben nicht weiß mit welcher verrückten Idee Ducournau als nächstes um die Ecke kommt.

Dazu zählt auch die erstaunlich schnell ablaufende Schwangerschaft von Alexia, die allgemein eine extreme Verwandlung durchläuft. Von der Serienkillerin zum Feuerwehrmann und angeblichen Sohn des Kommandeurs.

Allein wie Hauptdarstellerin Agathe Rousselle diese Rolle mit facettenreichem Schauspiel verkörpert gilt als eines der großen Stärken der dann doch sehenswerten Genremischung. Auch was Sie körperlich und optisch über sich ergehen lassen muss sollte jedem Zuschauer bewusst werden wenn er bereit ist sich auf das Spektakel einzulassen.

 

Handwerklich liefert die Regisseurin einen verdammt starken Film ab, dessen Farben, Töne und Bilder vorallem für Orginalität stehen, wenngleich der Film besonders im Horrorpart nichts außergwöhnliches liefern kann. Zudem spielt Julia Ducournau mit zahlreichen Klischees im Bereich Auto/Erotik und führt diese gerne ad absurdum. Schließlich braucht Alexia keinen echten Mann um Spaß zu haben wenn es doch ein geturntes Auto mindestens genauso gut tut.

Es sind jedoch viel zu viele Punkte mit denen man aufzeigen kann mit welch grandioser Raffinesse hier ans Werk gegangen worden ist.

Vielmehr sollten noch ein paar technische Aspekte eine Rolle spielen. Die starke Kamera ist immer nah am Geschehen oder den Figuren, zeigt die ein oder andere Horrorszene im subtilen Kontext und begeistert mit tollen Übergängen.

Dennoch fällt es lange schwer alles in einen Kontext zu bringen, weshalb sich die einzelnen Puzzleteile nicht zu einem gelungenen Ganzen zusammen fügen lassen.

 

Beim Farbspektrum lassen sich die ausgefallenen Ideen ebenso feststellen wie auch bei der Wahl der Kulissen. "Titane" ist zu keinem Zeitpunkt ein Film der sich an gängige Geflogenheiten hält, aber optisch einen exzellenten Eindruck hinterlässt. Hierzu gehört auch eine angemessene und fein abgestimmte Filmmusik, mit der quasi jeder Moment seine verdiente Begleitung bekommt. Dabei wechseln sich Chorgesänge, Rock und Technobeats ab womit ein weiteres Highlight hervorzuheben ist. Sicherlich werden viele Menschen mit dieser Art Film nichts anfangen können, weshalb selbst so einfache Sachen wie die musikalische Begleitung unter gehen, aber die Welt abseits des Mainstreams ist bunt, absurd, kreativ und voll mit Produktionen wie "Titane", mit denen man ein besonderes Publikum glücklich machen wird.

 

Fazit: Der Genremix gelingt Julia Ducournau leider nicht, aber dennoch ist "Titane" ein besonderes Werk abseits der bekannten Pfade und wird all diejenigen glücklich machen die sich zurücklehnen, Ihr Hirn ausschalten und sich auf die abgefahrene Handlung einlassen. Alle anderen sollten diesen Film jedoch weitläufig meiden.

 

 

Bewertung:

Genre: 7 von 10 Punkten

Gesam: 7 von 10 Punkten

 

Hinterland (Thriller/Krimi/Drama)

 

Das Leben nach dem erstem Weltkrieg bedeutet auch eine neue Zeitrechnung und war für viele Rückkehrer nicht einfach, wie dieser Antikriegsfilm aus Österreich zeigt.

 

Anfang der 1920er-Jahre in Wien: Der ehemalige Kriminalbeamte Peter Perg (Murathan Muslu) kehrt nach sieben Jahren in russischer Kriegsgefangenschaft zurück. Den Kaiser, für den er einst kämpfte und dann ins Gefängnis ging, gibt es schon längst nicht mehr. Nun, wieder zuhause, kommt er sich vor wie ein Fremdkörper in seiner eigenen Welt. Als eine schrecklicher Mordreihe beginnt, holt Peters Vergangenheit ihn ein. Peter erkennt, dass er zu allen Opfern eine persönliche Verbindung hatte und dass nur er den Täter schnappen kann. Gemeinsam mit der Gerichtsmedizinerin Dr. Theresa Körner (Liv Lisa Fries) nimmt er die Ermittlungen auf...

 

In der Filmgeschichte spielen die Zeit nach dem ersten Weltkrieg, bzw. die frühen 1920er Jahre zumeist keine große Rolle obwohl es damals vielerorts zu einer Zäsur im Leben der Menschen gekommen ist. Aber mit dem Elend der Nachkriegsjahre ab 1945 oder des Vietmankrieges lassen sich wohl bessere Geschäfte machen, obwohl das Leid 1918 nicht unbedingt massiv geringer gewesen wäre. Der 2008 mit einem Oscar ausgezeichnete österreichische Regisseur und Drehbuchautor Stefan Ruzowitzky nimmt sich nun dieser Thematik an und inszeniert einen atmosphärisch sehr düsteren Thriller der im mit Kriegsrückkehren überfluteten Wien der frühen 20er Jahre spielt und ein faszinierendes aber vorallem schockierendes Bild der Zeit zeigt. Einst als Soldaten des Kaisers ausgezogen werden die wenigen Überlebenden mit Verachtung, Beschimpfungen und mittellos von einer Bevölkerung empfangen, die sich selbst noch nicht als Republik gefunden hat und mit den Spuren der Monarchie leben muss.

 

Schon mit der Eröffnungsszene, bei der ein elendig gestorbener Soldat einfach über Bord in die Donau geworfen wird anstatt Ihm ein würdevolles Begräbnis zu gestatten zeigt wie trostlos, brutal und kalt "Hinterland" werden wird. Dieses düstere und lebensfeindliche Setting samt Atmosphäre behält der Thriller über die gesammten 99 Minuten konsequent aufrecht und vermittelt einen unfassbar emotional aufwühlenden Eindruck darüber, wie schrecklich die Zustände seinerzeit wirklich waren.

 

Als aus russischer Gefangenschaft zurückkehrender Soldat ist man also am untersten Ende der Gesellschaft und wird von den verbliebenen Militärs ins Obdachenlosenheim geschickt ohne Hoffnung auf ein besseres Leben. Für Peter und seine Kameraden kaum eine Verbesserung, zumal viele mit psychischen Schäden oder fehlenden Gliedmaßen in die Heimat zurückgekommen sind und vom ehemaligen Adel als Kommunisten betitelt werden. Der Schwarzmarkt blüht, viele müssen betteln und Wien ist leblose und kalte Farben aus Schwarz, Grau und Braun gehüllt. Allein mit solch einprägsamen Bildern schafft es Ruzowitzky dem Zuschauer ein beklemmendes und beängstigendes Gefühl einzutrichtern, welches er mit brutalen und abartigen Morden bis zum Anschlag nach oben treibt. Bevor der wohl kranke Täter zuschlägt nimmt sich der Regisseur aber viel Zeit die aktuellen Zustände in der neu gegründeten Republik so genau wie möglich darzustellen, inkl. aller politischen und technischen Standards sowie Vorurteilen.

 

Zwar geschieht der erste Mord laufzeittechnisch recht früh, aber als Zuschauer ist man da bereits gefesselt vom schrecklichen Leben der Menschen. Anders als bei TV-Krimis zeigt die Kamera die Toten sehr genau und hat auch keinerlei Probleme eine Hand ohne Finger oder einen mit Holzpfählen aufgespießten Körper zu zeigen, wobei hier aber die ganz großen Blutlachen weggelassen wurden. Somit bewegt sich das Ganze relativ sicher im FSK 16 Bereich, was aber für zartere Seelen schon zu viel sein könnte. Zu krasse Schnitte hätten andererseits der düsteren Atmosphäre geschadet und dem Gesamtbild eine Delle verpasst. Relativ lange bleibt der Mörder unerkannt während sich die einzelnen Puzzlestücke immer mehr zu einem blutigen Rachefeldzug zusammensetzen womit der Spannungsbogen eine ordentliche Spannung aufweist. Immer wieder spielt der vorangegangene Krieg eine zentrale Rolle und rückt zusehens in den Fokus der Ermittler womit "Hinterland" auch ein Kriegsdrama bzw. Antikriegsfilm ist, und damit eine tiefere Bedeutung bekommt.

 

Zwar steht im Zentrum die genannte Mordserie, aber diese dient lediglich als erschreckender Höhepunkt sowie Sinnbild aus einer Zeit wo Verbrechen an der Tagesordnung standen und viele nicht wussten wohin mit dem aufgestauten Frust, der Enttäuschung, der Wut oder auch der Rache. Das Vertrauen in die Politik lag am Boden und diente als Nährboden für den Aufstieg der Nazis, wie der Film in einer sehr kurzen aber prägenden Szene beleuchtet.

Dank kleiner und unerwarteter Wendungen bleibt "Hinterland" lange Zeit ein packender Genrefilm, der erst zum Finale hin leider massiv abbaut und einen generischen Verlauf nimmt. Ruzowitzky hat den perfekten Moment für den Handlungsabschluss verpasst und will meines Erachtens am Ende einfach zu viel aus der Story herausholen.

 

Ab diesem Zeitpunkt, hier wird auch die Identität des Mörders offenbart, wirkt der Film offensichtlich ideenlos, hektisch zusammengeschustert und muss diesen letzten Twist noch unbedingt untergebracht haben.

Was schon vorher unangenehm auffällt ist der teilweise massiv zu laute Einsatz der melodientechnisch starken Filmmusik, welche die Bilder überlagert und damit vom Wesentlichen ablenkt. Dies passiert zwar nur an wenigen Stellen, ist aber relativ schnell vorherzusehen. Etwas mehr Feingefühl und die wunderbar komponierten Stücke hätten die perfekte Untermalung geboten.

 

Bildtechnisch muss sich der Zuschauer auf schiefe Kameraeinstellungen (es schein als wäre die Kamera um etwa 45 Grad geneigt worden) sowie völlig ungerade wirkende Gebäude, Straßen und Hintergründe einstellen. Als ob alles durch eine Linse oder Lupe gefilmt wurde erwecken die seltsam anmutenden Bilder ein besonderes Gefühl von neuer Zeitrechnung und erwecken den Eindruck dass alles anders wahrgenommen werden sollte. Eben eine neue Zeitrechnung, bei der alles verschwimmt und verzehrt wird ohne das es die Figuren betrifft. Diese sind trotz aller Ecken und Kanten/Bögen klar im Erscheinungsbild und Aussehen. Eine skurrile aber interessante Herangehensweise, die in meinen Augen genau den richtigen Hintergrund bilden und teilweise einer Fotowand ähneln. Vielfach erinnert die Optik an die "Sin City" Filme, welche ebenfalls durchweg düster und dunkel gehalten sind und vergleichbare Verzehrungen der Gebäudeprofile aufweisen. Sicherlich werden einige mit diesem Stilmittel wenig anfangen können und klare sowie eindeutig erkennbare Gebäude bevorzugen, aber das ist eben Geschmackssache eines jeden einzelnen.

 

Abschließend noch ein paar Worte zu den Figuren, dem ausgewogenen Cast und den Kostümen. Das Skript spendiert seinen Protagonisten je nach deren Rolle in der Handlung die nötigsten Eigenschaften und Charakterzeichung, wenngleich es noch etwas mehr Tiefe einzelner Figuren wünschenswert gewesen wäre. Dennoch liefern die Darsteller recht ansprechende Leistungen und lassen die verkörperten Figuren authentisch wirken. Murathan Muslu alias Peter spielt dabei den eher wortkargen, böse dreinschauenden und innerlich vom Krieg gezeichneten Soldaten und ehemaligen Ermittler, der einige Dinge mit sich rumschleppt und Angst vor dem nun neuen Leben hat. Mit seiner Art eckt er regelmäßig an und das Ihm gegenüber vorgebrachte Misstrauen anderer nagt an seinen Nerven. Trotz Krieg und Millionen Toter besitzt er noch seinen Ermittlerinstinkt, was der Aufklärung sehr dienlich ist.

 

Als attraktive und gebildete Rechtsmedizinerin Theresa darf Liv Lisa Fries den ruhigen und vernünftigen Gegenpol zu Peter spielen, die für damalige Verhältnisse extrem selbstbewusst und taff rüber kommt.

Max von der Groeben verkörpert die Rolle von Paul Severin, einem noch jungen Mordermittler, der in einigen Zügen an "Danger" aus "Fack ju Göthe" erinnert, vorallem in Momenten wo er aufbrausend und übereifrig agiert. Anfangs noch mit Vorbehalten gegenüber Peter auffallend, ändert e seine Einstellung mit zunehmender Anzahl an Morden.

Matthias Schweighöfer tritt wie schon bei "Army of the Dead" in einer sehr skurrilen und verrückten Gastrolle auf, ohne das ich aus Spoilergründen genauere Details verraten werde. Nur soviel sei gesagt: Der von Ihm gespielte Josef ist eine Schlüsselfigur der Handlung.

So trist- und leblos sowie vorallem schlicht wie Wien sind auch die Kostüme größtenteils gehalten und passen damit perfekt zum Nachkriegszustand der Stadt und deren Bewohner. Nur selten ist mal ein etwas edleres Kleid oder Anzug zu sehen, während Schmutz, Dreck und ein kaltes Aussehen das Geschehen dominieren.

 

 

Fazit: Österreichisches Genrekino mit durchweg düsterem Setting, beklemmender Atmosphäre und einem extrem authentischen Bild der Nachkriegszeit. Leider verrennt sich Regisseur Stefan Ruzowitzky zum Ende etwas in seinem generischen Finale.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Der Wilde Wald - Natur Natur sein lassen (Doku)

 

Seit nun über 50 Jahren ist der Naturpark Bayerischer Wald der größte zusammenhängende Wald in Mitteleuropa und ist stets für neue Erkenntnisse gut

 

Der Nationalpark Bayerischer Wald hat sich eine ganz besondere Philosophie auf die Fahne geschrieben: Sie lassen die Natur einfach Natur sein. Was einst nur eine Vision war, wurde im Laufe der Zeit trotz heftigen Widerstandes zu einem Vorzeigeprojekt. Der Mensch greift in diesem Naturschutzgebiet nicht mehr ein, sodass aus den ehemaligen Wirtschaftswäldern ein richtiger Urwald geworden ist. Mittlerweile beherbergt der Wald ein einzigartiges Ökosystem und wurde für viele Arten zu einem einzigartigen Rückzugsort. Die Filmemacherin Lisa Eder begleitet die vielen Menschen, die Jahr für Jahr den Wald besuchen und ergründen wollen, warum wir mehr wilde Natur brauchen und was wir von ihr lernen können.

 

Was bedeutet Wildnis erleben? Einfach in irgendeinen Wald zu gehen oder einen Berggipfel besteigen? Zuminderst letzteres kommt dem Begriff einer wilden Natur am nächsten, da praktisch alle Wälder im Grunde nur Plantagen voller Bäume sind, die wie ein Acker bewirtschaftet werden. Genau, dass was wir als "Wald" betiteln hat mit seinem Ursprung eigentlich nichts mehr gemein, außer das Bäume, Sträucher und andere Pflanzen- sowie Tierarten ein abgegrenztes Gebiet bevölkern. Doch es gibt noch Ausnahmen, Regionen in denen sich die Natur noch so entwickeln kann wie Sie möchte. Im Vergleich zu bebauten Gebieten zwar nur sehr klein, sind diese geschützen Gebiete Oasen des Lebens und für eine Vielzahl an Lebewesen deren Lebensraum. Eines dieser Ökosysteme findet sich nur unweit meiner Heimatstadt und ist nebenbei die größte zusammenhängende Waldfläche in Europa; Der Nationalpark Bayerischer Wald mitsamt seinen Ausläufern bzw. angrenzenden Wäldern in Tschechien.

 

Gegründet 1967 mit dem Ziel einen natürlichen Urwald durch das Aufgeben menschlichen Eingreifens zu erzeugen lassen sich heute wertvolle Zusammenhänge und Lehren daraus ziehen wie sich die Natur und der Wald entwickelt, wenn man diese sich selber überlässt. Lisa Eder sorgt mit Ihrer sehr sehenswerten Doku und wunderbaren Bildern dafür, dass der Zuschauer wieder Lust auf Wildnis bekommt. Nebenbei vermittelt "Der Wilde Wald" noch alle relevanten (Zahlen)Infos, ohne dabei das Publikum zu überfordern. Schließlich dienen solche als Texteinblendungen vorgetragenen Fakten lediglich als Grundgerüst bzw sollen die Wichtigkeit solcher Nationalparks verdeutlichen. Sicherlich sollen einige Zahlen als emotionale Gewissensansprache dienen, sind aber niemals populistisch gehalten oder dienen zur Propaganda. Vielmehr will Lisa Eder Ihr Publikum zum Nachdenken und Träumen anregen damit jeder ein wenig schlauer den Weg nach Hause antreten kann.

 

Da es bei Thema "Wildnis und Urwald" definitiv auch zu Konflikten kommen kann, zeigen die zahlreichen Diskussionen, Demos und wilden Wortgefechte welche in den 80er/90er Jahren aufkammen als Stürme den Nationalpark kahlgefegt hatten. Mit aussagekräftigen Archivaufnahmen bekommt der heutige Zuschauer einen intensiven Einblick in die Gedankenwelt jener Bewohner, denen das baumlose Wald ein Dorn im Auge war. Schließlich sieht doch so kein sattgrünes Idyll aus. Dass dabei vorallem die menschliche Psychologie eine entscheidende Rolle spielt wird von einer Expertin zweifelsfrei erklärt und ist noch heute in den Köpfen der Leute tief verankert. Wir müssen eben lernen das Wildnis und Natur nicht nur nach unseren Idealen funktionieren und schon gar nicht auf Befehl. Hinzu kommt der Faktor Zeit, der es vielen nicht leicht macht zu akzeptieren das es in der Natur andere Zeitachsen gibt als im schnelllebigen Dasein der Menschheit. Zudem stellt Eder mit Ihrer Doku die Tatsache heraus, dass es uns nicht braucht um eine funktionierende Umwelt zu haben.

 

Daneben finden auch aktuelle Diskussionen ihren Weg in "Der Wilde Wild". Allen voran spielt der wieder eingewanderte Wolf eine wichtige Rolle, da er von einigen immer noch als das böse Raubtier gesehen wird und nicht umsonst vor 150 Jahren ausgerottet wurde. Achtung meine Meinung! Solche Aussagen zeigen mir stets aufs Neue wie arrogant und dumm wir Menschen doch sind, da alles nach UNSEREN Vorstellungen laufen soll und nur wir die Macht haben sollten die Geschicke der Natur zu lenken. Persönlich sehe ich übrigens die Menschheit nicht als Krone der Schöpfung sondern eher als ein aus den Fugen geratenes Experiment der Evolution, die sich irgendwann für unser rücksichtsloses Verhalten rächen wird. Schon jetzt sehen wir täglich die Ausläufer des von uns gemachten Klimawandels, den wir sogar noch mit absoluter Überheblichkeit befeuern statt konsequent alles daran zu setzen die Kehrtwende einzuleiten.

 

Darunter leiden auch weltweit alle Wälder, die aufgrund von Trockenheit, Schädlingen und Stürmen immer mehr zu kämpfen haben. Hier zeigt "Der Wilde Wald" aber auch wie sich die Natur anpassen kann, sofern man Ihr Zeit und Raum gibt. Natürlich schmerzt es mich als Waldliebhaber und Waldbesitzer wenn reihenweise Bäume absterben oder durch Windwurf Löcher in die Kronendecke reißen. Aber wenn ich eines gelernt habe in dieser Doku, dann das man auch mal Totholz liegen lassen sollte, dient es doch als Lebensraum für Pilze, Käfer und letztendlich auch als Wasserspeicher.

Besonders ansprechend an Eder's Doku ist die Tatsache, dass viele verschiedene Personen, Verantwortliche und Forscher zu Wort kommen um zu informieren und eigene Erfahrungen mitzuteilen. Es kommen praktisch alle Seiten zu Wort und jeder darf ungeschnitten seine Meinung kund tun. Das es am Ende dennoch darauf hinausläuft mehr Naturschutz in Angriff zu nehmen und den extrem hohen Stellenwert des Naturparks hervorzuheben ist wohl selbsterklärend.

 

Neben zahlreichen Drohnenaufnahmen von verschiedenen Teilen des Gebiets sind es vorallem die unzähligen Nahaufnahmen der vielen Wildtiere wie Käfer, Vögel, Luchs oder Wolf mit denen "Der Wilde Wald" überzeugen kann. Dabei kommt der Wald und dessen Bäume nicht zu kurz, das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten wird anschaulich erklärt und die Verjüngung einzelner Arten herausgestellt. Gewissermaßen magisch erscheinen sämtliche Naturaufnahmen und lassen das Herz höher schlagen, sofern man sich allgemein für das Thema begeistern kann. Hinzu kommen sehr ruhige und stellenweise meditative Klänge, dank derer sich der Zuschauer auch mal für ein paar Momente wegbeamen kann. Eine farblich kräftige Bildsprache im Zusammenhang mit ruhiger Kameraarbeit und reibungslosen Übergängen lassen diese Doku zu einem besonderen Kinoerlebnis werden. Der ein oder andere hat sicherlich danach Lust die wilden Wälder des bayerischen Naturparks persönlich zu erkunden um das zu fühlen was Wildnis und Wald auszeichnen. Und zu entdecken gibt es schließlich genug, wenn man mit offenen Augen durch das Gebiet wandert.

 

 

Fazit: Lisa Eder entfacht mit Ihrer bezaubernd schön gefilmten Doku die uns ureigene Magie zur Wildnis und zeigt wie wenig die Menschen doch über Wälder mit deren Ökosystemen wissen. Die Natur ist voller Wunder, selbst wenn sie in unseren Augen tot erscheint.

 

Bewertung:

Dokuwertung: 10 von 10 Punkten

 

Tagebuch einer Biene (Doku)

 

Sie sind die wichtigsten Insekten der Welt und werden von vielen kaum wahrgenommen: Die Bienen.

 

Das Leben eines Insekts ist in den Augen vieler Menschen nicht viel Wert. Was kann an einer Lebenszeit von knapp sechs Wochen schon so besonders sein? In seinem Dokumentarfilm zeigt der Regisseur Dennis Wells, dass das Leben einer Biene viel komplexer ist, als wir es uns vorstellen können: Wie auch bei den Menschen gibt es unter den Insekten besonders mutige, feige, fleißige, aber auch faule Exemplare. Alle Tiere eint die Tatsache, dass sie sich stets den gleichen Herausforderungen ihres Lebens stellen: Blumen finden, Hornissen bekämpfen und einen geeigneten Platz für den Nestbau finden. Ganz nebenbei sind sie auch ziemlich sozial und unterstützen sich bei Gefahren und fliegen am liebsten in denselben Teams aus.

 

Hättet Ihr gewusst das es Winter- und Sommerbienen gibt? Oder das eine einzelne Biene über Ihre recht kurze Lebenszeit etwa einen Teelöffel Honig sammelt? Dies sind nur einige spannende Infos mit denen "Tagebuch einer Biene" sein Publikum in die Welt der kleinen fliegenden Insekten eintauchen lässt. Wohl jeder kennt "Biene Maja" aus der gleichnamigen Zeichentrickserie, dank derer viele Millionen Kinder seit Jahrzehnten aufwachsen und das für uns alle so wichtige Tier jedem bekannt gemacht hat. Ja, ohne Bienen gäbe es das Leben wir wir es kennen nämlich nicht, da es sonst kaum Insekten gibt die derat fleißig Blüten bestäuben und somit für reiche Ernten sorgen. Auch wäre die Evolution auf unserer Erde wohl ganz anders verlaufen ohne Bienen und deren Vorfahren.

 

Immerhin verstehen immer mehr Menschen hierzulande wie wichtig es ist diese kleinen Tierchen zu schützen und beginnen bsp. mit dem Anlegen von Wildblumenwiesen einen wertvollen Beitrag zu leisten. Natürlich sind einige Firmen schnell auf den Zug aufgesprungen und bieten ein entsprechendes Sortiment an Saatmischungen an, das mit jedem Jahr umfangreicher wird. Mittlerweile gibt es selbst in den Pflanzenabteilungen der Gärtnereien/Gartencenter eigene Sortimente mit besonders bienenfreundlichen Blumen. Und politisch war vor einiger Zeit ein Volksbegehren (Rettet die Bienen) in Bayern deshalb erfolgreich, weil eine Mehrheit der Bürger dafür gestimmt haben.

Also höchste Zeit mit einer Doku das Leben der Bienen auf die Leinwand zu bringen, damit neben all den wissenschaftlichen Details die sozialen Strukturen innerhalb eines Bienenstocks zur Geltung kommen.

 

Beginnend mit einer verschneiten Berglandschaft, wahrscheinlich die Alpen, beginnt die sehr sehenswerte Doku von Dennis Wells, mit der er symbolhaft 2 Bienen während ihrer Lebenszeit begleitet. Dafür nutzt er das Stilmittel der Sprechrollen, welche von Anna und Nellie Thalbach übernommen werden. Die "ältere" Winterbiene wird dabei von der bekannten Schauspielerin übernommen, während Ihre Tochter die "jüngere" Sommerbiene, genannt "Bee", spricht. Damit werden aus für uns seelenlosen Tieren welche mit Gedanken, Gefühlen und Bedürfnissen. Eine "vermenschlichte" Biene quasi, dank derer aber die Thematik viel zugänglicher und emotional geladener wird, was ich persönlich sehr gelungen finde, aber einige auch stören wird. Autor Peter Wohlleben hat diese Art der emotionalen Bindung auf Bäume übertragen und wird vorallem von altmodisch denkenden Förstern bzw. Forstwirten angegriffen. Aber warum ist es manchen ein Dorn im Auge wenn wir Dingen/Pflanzen/Tieren menschenähnliche Fähigkeiten zusprechen? Wenn es um unsere Haustiere geht machen wir das doch auch, nicht wahr?

 

Als menschliche Spezies tun wir uns eben leichter damit Dinge aufzufassen wenn diese uns vertraut vorkommen. Daher ist "Tagebuch einer Biene" auch der ideale Film für Schulklassen um Kindern schon zeitnah ein Bild von Bienen zu vermitteln mit dem die nicht wegdiskutierbaren Fakten der Wichtigkeit der Bestäuber jedem zugänglich gemacht werden können. Viele Dokus werfen gerne mit Fachbegriffen, Grafiken und Zahlentabellen um sich, was ja prinzipiell nicht verkehrt ist, und haben damit einen besonders informellen Wert für den Zuschauer, sofern dieser ein gewisses Alter hat und mitunter intellektuell gebildet ist. Daneben muss es aber auch solche Filme geben, mit denen das jüngere Publikum auf fast spielerische Weise ein Wissen erlangt, mit dem man dauerhaft etwas anfangen kann.

Man bekommt bei Wells' Doku wegen der wunderbar gesprochenen Rollen einen sehr persönlichen Bezug zu den Bienen und versteht deren Lebensweise dadurch um ein vielfaches besser. Außerdem kann die Menschheit von Ihnen so einiges lernen im Bezug auf Themen wie soziales Zusammenleben, Gemeinschaftsgefühl oder Zusammenhalt.

 

Meistens setzt der Regisseur auf Nahaufnahmen, mit deren Hilfe unfassbar viele Details sichtbar werden die man mit bloßem Auge nie erkennen würde. Egal ob im innersten des Bienenstocks, beim Schlüpfen oder während des Fluges, der Zuschauer ist stets ganz nah dran an "Bee" und deren Schwestern. Regelmäßig sorgen Slowmotion-Aufnahmen dafür Bewegungsabläufe genauestens erkennen und als Folge daraus verstehen zu können. Auch wenn für viele von uns eine Biene nur Pollen und Nektar sammelt, ist deren Leben umso vieles vielschichtiger. Denn während wir Menschen uns auf gewisse Aufgaben spezialisieren, machen die Arbeiterbienen alles, was anfällt. Und das ohne Murren oder nachlassender Hingabe. Schließlich macht der Film eines ganz deutlich: Eine einzelne Biene ist nichts, ein ganzes Volk ist alles. Gemeinschaft wird groß geschrieben und jede trägt Ihren Teil dazu bei, und wenn es nur das Auffinden einer verlassenen Baumhöhle als neue Heimat ist. Farbenprächtige Bilder, eine tolle Schärfe und weiche Übergänge lassen die knapp 90 Minuten angenehm ausfüllend wirken. Begleitet von tollen Musikstücken fühlt man sich dem kleinen unscheinbaren Insekt so nah wie nie zuvor und sieht deren Arbeit mit neuen Augen.

 

Fazit: Regisseur Dennis Wells zeigt mit seinem sehr kinderfreundlichen und schön ausgeschmückten Film das Leben einer Sommerbiene ohne dabei zu sehr auf wissenschaftliche Fakten zu setzen, womit die Doku für alle Altersklassen geeignet ist.

 

Bewertung:

Dokuwertung: 8 von 10 Punkten

 

Welcome To The Blumhouse 2021

Bingo Hell (Horror/Drama)

Kurzinhalt:

Das Viertel Oak Springs ist gleichermaßen gezeichnet von Lebenskünstlern und Kriminalität. Hier verdienen sich durchtriebene Geschäftsleute mit einem sehr lukrativen Bingospiel eine goldene Nase. Die Rentnerin Lupita (Adriana Barraza) ist in der Gegend dafür verantwortlich, die Nachbarschaft zusammenzuhalten und wehrt sich gegen die immer stärker aufkommende Gentrifizierung. Sie fühlt sich für ihre Altersgenossen verantwortlich und bemerkt deren Verschwinden nach und nach, als sie in deren Häuser geht und nichts als einen Stapel Bargeld entdeckt. Dieser ist natürlich verbunden mit schmutzigen Machenschaften, die jeden in einen Abgrund ziehen, der damit in Berührung kommt....

 

Mit der Gentrifizierung beschäftigt sich die Filmbranche noch eher selten. Erst im August lief mit der bayerischen Komödie "Kaiserschmarrndrama" der neue Eberhofer in den Kinos, der zuminderst zaghaft versucht mal darauf aufmerksam zu machen. Nun versucht sich die Kurzfilm-Regisseurin Gigi Saul Guerrero mit Ihrem Langfilmdebüt daran, auf die von vielen kritisch gesehene Gentrifizierung aufmerksam zu machen.

 

Dabei verzichtet der aus der aktuellen "Welcome to the Blumhouse" stammende Streifen fast völlig auf einen komödiantischen Ansatz und ist eher im Horrorgenre anzusiedeln, wobei Guerrero meines Erachtens aber zu wenig auf Grusel setzt und der Film dadurch für viele wohl eine langweilige Erfahrung werden könnte. Somit fällt "Bingo Hell" auch unter die Bezeichnung Drama und möchte zum Nachdenken anregen sowie auf soziale Folgen hinweisen, die aufgrund der gewollten Aufwertung eines Stadtviertels einhergehen.

 

Und so begleitet der Zuschauer eine Gruppe von Senioren dabei, wie deren Viertel durch neue Trends und vorallem durch neu hinzukommende (vorallem) junge Menschen zu einem Ort wird, welcher mit der bekannten Gemütlichkeit nur noch wenig zu tun hat. Jahrelange Traditionen wie das regelmäßige Bingo spielen um so einfache Preise wie einen Haarschnitt werden an den Rand gedrängt und durch andere ersetzt, bei denen viel Geld im Spiel ist.

 

Und Geld verdirbt bekanntlich den Charakter und ist Gift für Gemeinschaften in sozial eher schwachen Millieu. Somit stellt "Mr. Big" mit seiner Protzkarre den bösen Kapitalismus dar, dem es nur um Geld, Macht und Gier geht. Richard Brake verkörpert dies mit einer besonderen Note Boshaftigkeit und dient dadurch als das Horrorelement welches "Bingo Hell" letztendlich benötigt. Leider gibt Ihm die Regisseurin zu wenig Zeit die Figur noch präsenter und tiefgreifender in Szene zu setzen damit sich der Zuschauer auch mal richtig fürchten kann.

 

Stattdessen liegt der Fokus auch den resoluten Senioren um "Anführerin" Lupita, die zweifelsohne die Gruppe zusammenhält und für ein Oak Springs sorgen will, wie man es bisher kannte. Daneben baut Guerrero noch Nebenstränge zu den weiteren Figuren ein, die allesamt einen sozialkritischen Einschlag besitzen und im weitesten Sinne miteinander verbunden sind. Der fiktive Ort, in dem "Bingo Hell" spielt könnte durchaus ein Vorortviertel jeder größeren Stadt in den USA sein und ist gespickt mit vielen kleinen aber aussagekräftigen Details. So sind die Häuser vom Grundaufbau identisch und strahlen keinen besonderen Glanz aus.

 

Ganz anders, und deutlich moderner gestaltet sind dagegen die neuen Läden welche besonders junge Leute (Hippster) anziehen. Diese erkennt man zudem an Ihrem modischen Outfit während die alten Einwohner des Viertels eher ländlich und bieder gekleidet sind. Aber auch was die Wahl der Farben und Beleuchtung betrifft möchte der Horrorfilm klare Kontraste aufzeigen und den Wandel eines verschlafenen Stadtteils zu einem moderen kritisch betrachten. Natürlich alles in einem moderaten Rahmen und ohne die ganz großen Aufreger oder klaren Bekenntnissen.

 

Darstellertechnisch bekommt der Zuschauer neben den bereits erwähnten Aspekten durchaus solide Leistungen zu sehen bei denen die gut geschriebenen Figuren authentisch rüber gebracht werden. Technisch gesehen ein ordentlicher Film fehlt wie bereits bei "Black as Night" ein klarer Bezug zu Blumhouse und deren einschlägig bekannten Stilmitteln. Schnitte, Kameraarbeit und Lichttechnik zeugen von einem Film aus dem Bereich Streamingplattformen und dadurch den Stempel einer Massenproduktion. Abschließend lässt sich sagen, dass die neue Kollektion "Welcome to the Blumhouse" bisher deutlich hinter den 2020 erschienen Filmen liegt

 

 

Fazit: Ein etwas anderer Horrofilm, der eher sozialkritisch angehaucht ist und zum Nachdenken anregen will. Dabei setzt man aber zu wenig auf den Horroreffekt und inszeniert das Böse nur bruchstückhaft.

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

The Manor (Horror)

Kurzinhalt:Nach einem schweren Schlagfall zieht Judith Albright (Barbara Hershey) in ein Pflegeheim. Nach und nach beginnt die Frau den Verdacht zu hegen, dass eine übernatürliche Macht Jagd auf die Bewohner der Pflegeeinrichtung macht. Judith will der Bedrohung entkommen, doch dafür muss sie es erst einmal schaffen, die Menschen um sie herum davon zu überzeugen, dass sie imstande ist, allein zu leben und das betreute Wohnen nicht benötigt…

 

Weiter gehts mit der "Welcome to the Blumhouse" Reihe auf Amazon Prime Video und das Niveau bleibt flach, wobei "The Manor" zuminderst ein bisschen besser ausfällt als die beiden ersten Vertreter. Und endlich kommt, wenn auch nur punktuell, der Blumhouse-Stil durch was sich neben den ordentlichen Effekten vorallem an der klassichen Optik ablesen bzw. absehen lässt. Das Gesamtniveau bleibt aber leider weiterhin auf Tauchstation und mein anfänglicher Eindruck, dass Amazon intern wohl einige Vorgaben gemacht haben könnte, scheint immer mehr Realität zu werden.

 

Es werden laut Quellenangaben ausschließlich junge und unerfahrene Regisseure sowie Drehbuchautoren eingesetzt, aber das rechtfertigt nur zu einem Teil die mehr als maue Qualität der Filme, denen eine Kinoauswertung zweifelsohne nicht gut getan hätte. Bei "The Manor" geht es mal wieder um etwas übernatürliches, das wie man am Ende erfährt einem alten Kult angehören könnte. Doch diese irgendwie dann doch interessante Grundidee setzt die belgische Regisseurin und Drehbuchautorin Axelle Carolyn nur halbherzig in die Tat um, weshalb am Ende nichts besonders ausgefallenes übrig bleibt dafür aber ein enttäuschendes Finale.

 

Allein das sich die Handlung, mit 81 Minuten ziemlich kurz, lange damit Zeit lässt um eine auf der Hand liegende Tatsache x-mal zu umschiffen während man für die letzten 10 Minuten auf Mopsgeschwindigkeit hochschaltet zeigt woran es hier massiv hackt: Einem durchdachten Drehbuch mit Zug und Kreativität. Dies möchte die Regisseurin dann mit handwerklich gut gemachten aber mega leicht zu erahnenden Jumpscares verdecken, womit Sie sicherlich den sporadischen Horrorgucker kriegen kann aber eingefleischten Fans maximal ein Kopfschütteln herauslocken kann.

 

Ehrlich gesagt habe ich mich nach dem Film gefragt was nun genau das Böse war und mit welchen Hintergrund. Hierauf bekommt der Zuschauer nämlich keine befriedigende Antwort und muss mit lieblos in den Ring geworfenen Bruchstücken/Häppchen leben, mit denen er sich bestenfalls eine eigene Geschichte zusammmenreimen kann oder muss, sofern er daran noch interessiert ist.

Filme solcher oberflächiger Art sind mehr als genug auf dem Markt, weshalb man sich schon fragen kann warum man sich nun "The Manor" angucken sollte. Des Drehbuchs wegen definitiv nicht.

 

Immerhin findet man in der handwerklichen Umsetzung einige positive und annehmbare Aspekte, dank derer der man als Betrachter zuminderst wegkommt vom Gedanken an einen Low-Budget Trashfilm ohne auch nur dem Hauch an einen Qualitätsanspruch. Auch was das Setting bzw. Szenenbild betrifft lassen sich Punkte finden mit denen "The Manor" eine gute Figur machen kann. Das abgelegene fast schlossartige Anwesen in Form einer Pflegeeinrichtung macht definitiv etwas her und vermitteln nachts eine gruselige Atmosphäre.

 

Mit etwas mehr Ideenreichtum und Mut bei der Inszenierung hätte Carolyn hier noch mehr rausholen können, vorallem mit dem Hintergrund das sich 90% der Handlung dort abspielen. Zumeist in Dämmerlicht oder Dunkelheit getaucht liegt der Fokus nur auf den expliziet angedeuteten Details bzw. Hinweisen während der Rest des Gemäuers faktisch keine Rolle spielt. wer hier gesondert schaut verpasst nichts außergewöhnliches der Handlung, wird sich aber darüber ärgern, dass die Kamera oft zu hastig den Schauplatz wechselt.

Maximal unbedeutend erscheinen sämtliche Kostüme sowie das durchschnittliche Make-up.

 

Figurentechnisch konzentriert sich "The Manor" größtenteils auf Judith, die als einzige zuminderst einen ordentlichen Sack Charaktertiefe mitbekommen hat, während alle anderen Protagonisten ziemlich oberflächig und generisch geschrieben sind. Darstellerisch bekommt man jedoch ansprechende Leistungen zu sehen, mit deren Hilfe einzelne Defizite in der Figurenbeschreibung ausgeglichen werden können. Ansonsten bleibt wenig nachhaltig im Kopf und die Frage warum man hier einen so generisch-langweiligen Film gesehen hat.

 

Fazit: Generischer, vorhersehbarer Horrorfilm mit mythischem Grundgedanken, der sich lange Zeit nicht um Tempo bemühr um in der Schlussviertelstunde den Doppel-Turbo zu zünden.

 

Bewertung:

Genre: 5.5 von 10 Punkten

Gesamt: 5 von 10 Punkten

 

 

Black As Night (Horror)

Kurzinhalt:

Ein junges Mädchen hat Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl und findet auf höchst seltsame Weise Hilfe: Sie verbringt ihren Sommer damit, gegen Vampire zu kämpfen. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin, dem Jungen, für den sie schon immer geschwärmt hat und einem seltsamen reichen Mädchen, nimmt sie den Kampf gegen das Böse in New Orleans auf...

 

Auch dieses Jahr beglückt uns Amazon Prime Video zusammen mit Blumhouse Pictures pünktlich zum Start in den Oktober mit 4 neuen Horrorfilmen, die es exklusiv nur auf dem Streamingdienst des amerikanischen Versandriesen zu sehen gibt. Gleich zu Beginn tischen uns Produzent Jason Blum und Regisseurin Maritte Lee Go einen Vampirhorror auf, der vollends auf die allzu bekannten Methoden setzt, mit denen man die Blutsauger effektiv ausschalten kann.

 

Egal ob mit Silber, Knoblauch oder einem Holzpfahl den man ins Herz rammen muss, "Black As Night" bietet Anhängern der jahrhunderte alten Methoden genau den Stoff, um diese Gruppe glücklich zu machen. Und wenn all diese Utensilien ausnahmsweise aufgrund äußerer Umstände nicht zur Verfügung stehen dann greift Hauptfigur Shwana eben zum letzten Strohhalm: Sonnenlicht

Damit killt man wirklich jeden Vampir, oder? Eben nicht, da der Teenie-Horror hier unterscheidet zwischen "alten" und "neuen" Vampiren.

 

Ganz genau, dass hört sich doch recht unlogisch an und hat den Anschein als hätte der Drehbuchautor verzweifelt nach einem Weg gesucht die mit nicht mal 90 Minuten ohnehin knackige Handlung noch etwas in die Länge zu ziehen um den Figuren einen weiteren (und finalen) Kampf in Aussicht zu stellen. Allein an dieser Tatsache lässt sich ablesen mit wie wenig Kreativität dieser Film leben muss, den man recht schnell in die Schublade "typische Streamingmassenware" stecken wird. Von Blumhouse war und ist der Horrorliebhaber definitiv Besseres gewohnt und im Vergleich zum soliden Auftakt 2020 muss man 2021 deutliche Abstriche in puntco Qualität machen.

 

Neben dem bereits erwähnten schwachen Drehbuch, das zudem einen sehr generischen und äußerst spannungsarmen Film als Grundlage dient, sind es vorallem die von Charaktertiefe befreiten Figuren weshalb "Black As Night" ausschließlich für Zuschauer geeignet ist die selten bis keinen Horror schauen. Jeder Genrefanatiker wird maßlos enttäuscht und darf sich zu Recht fragen ob Amazon hier in die Produktion eingegriffen hat und das kreative Ausleben des Filmteams (was bei Blumhouse Filmen ja stets gegeben ist) beeinflusst haben könnte.

 

Außer bei den Credits erschließt sich nämlich nirgends das es sich bei diesem Horrorfilm um ein Projekt von Jason Blum handelt. Dabei gelingt es dem Film zuminderst mit seinem Setting rund um die Randbezirke von New Orleans ansprechende Handlungsorte aufzuzeigen, die zudem mit der tragischen Backroundgeschichte über den vernichtenden Hurrikan "Katrina" einen spannenden Aspekt erhalten. Dieser wird aber genauso schlampig und stiefmütterlich eingebunden wie jener über die Skalverei zur Gründerzeit der USA.

 

Zwar gibt es darüber ja bereits unzählige Filme (auch im Horrorgenre, bsp. "Antebellum"), aber mit ein wenig mehr Ideenreichtum und vielleicht 15 Minuten mehr Spielzeit hätte Lee Go sicherlich einen inhaltlich stärkeren Film abliefern können.

Dazu sollte aber nicht unerwähnt bleiben dass niemand der beteiligten Darsteller einen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte und quasi alle recht blass wirken und kaum Charisma ausstrahlen. Des weiteren setzen Drehbuch und Regie auf einen harmlosen und wenig ausdrucksstarken sowie präsenten Bösewicht/Anführer, weshalb das große Finale in den Geheimgängern unter der Stadt recht öde und einfach mal schnell hingeklatscht rüber kommt.

 

Ansonsten bleibt aut technischer Seite festzuhalten, das sowohl die Effekte wie auch das Szenenbild, die Belichtung, alle Kostüme und das Make-up durchschnittlich bis solide ausfallen und "Black As Night" allein aufs Optische beschränkt ein schaubarer Film ohne besondere Highlights ist, den man dann doch im Hause Blumhouse Pictures ansiedeln würde.

Insgesamt aber eher eine Enttäuschung ohne Ansage, außer man kann mit Blumhouse Produktionen ohnehin nichts anfangen.

 

 

Fazit: Ein Teenie-Vampirhorror der mit allen Klischees zur Tötung der Blutsauger auftrumpfen will und dabei vergisst eine spannende Story zu erzählen. Leider typische Streamingdienst-Massenware welche lieblos von der Stange produziert wird.

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkten

Gesamt: 4 von 10 Punkten

 

Madres (Horror)

Kurzinhalt:

Das junge mexikanisch-amerikanische Paar Beto (Tenoch Huerta) und Diana (Ariana Guerra) erwarten ihr erstes Kind. Sie ziehen in eine kleine Stadt in Kalifornien, wo Beto sogar eine Stelle als Farmmanager angeboten wird. Die Dinge laufen allerdings nicht so reibungslos, wie es sich die Beiden erhofft haben. Nach und nach weist Diana merkwürdige Symptome auf, während sie von schrecklichen Visionen heimgesucht wird. Die junge Frau stellt fest, dass sie Opfer von einem legendären Fluch wurde....

 

Das war sie also, die diesjährige 4-Filme-Runde von Blumhouse bei Amazon Prime Video. Und der beste Streifen kam tatsächlich am Ende und kann mit einigen guten Ansätzen, einem sozialkritischen Hintergrund und seiner packenden Atmosphäre punkten, ohne dabei aber das ganz große Gruseln zu verbreiten. Dazu fehlt es dem Werk von Ryan Zaragoza an einer inhaltlich ausgefreiften Storx sowie der nötigen klaren Linie im Bereich der Inszenierung. Desweiteren fühlen sich besonders die ersten 30 Minuten extrem langweilig an und haben für das Voranschreiten der Handlung keinen großen Anteil.

 

Punktuell arbeitet der Regisseur mit bekannten Stilmitteln aus dem Horrorgenre, die immerhin handwerklich solide gestaltet und umgesetzt werden. Auch wird hier und da ein böser Fluch angedeutet ohne dies weiter zu vertiefen. Das ist deshalb ziemlich enttäuschend, da Flüche quasi in 50% der Horrorfilmen das Hauptthema sind und dort recht früh zuminderst soweit aufgearbeitet werden damit der Zuschauer eine grobe Ahnung bekommt was Ihn erwartet.

Mit gesteigertem Spannungsbogen hat dies wenig zu tun, da die erste Filmhälfte gar nicht spannend inszeniert wirkt und dem gängigen Horrorfan Gähnanfälle garantiert.

 

Erst als man kurz vorm Einschlafen ist nimmt "Madres" Fahrt auf, installiert sowas wie knisternde Atmosphäre und erhöht das Handlungstempo, sodass sich endlich mal was bewegt. Das Puzzle aus einzelnen Bruchstücken setzt sich zusehens zu einem Gesamtbild zusammen und erlaubt dem Zuschauer sogar mitzuraten. Mit den abschließenden 15 Minuten erhält der Gruselfilm dann ein würdiges Finale mit einem wahren Hintergrund bzw. kritischer Aufarbeitung. Wobei dieser Fakt bedeutend mehr Tiefe hätte bekommen müssen und letztendlich eher noch als Mittel zum Zweck dient.

Wie bereits bei seinen 3 Genrekollegen lässt sich die knapp bemessene Laufzeit als einer der Hauptgründe für fehlende Ausarbeitung feststellen, die in Kombi mit den jeweils schwerfälligen Anfängen zu einem tödlichen Cocktail werden. Erneut bleibt der Film seine Zugehörigkeit zum Blumhouse Pictures Universum schuldig, hat aber deutlich besser angelegte Grundvoraussetzungen, die aber auch genutzt werden sollten.

 

Optisch, ausstattungstechnisch und von der gesamten Grundstruktur her ist "Madres" derjenige, dessen Einordnung als Horrorfilm am ehesten zutrifft und entsprechend auch umgesetzt wird. Das Szenario spielt sich im ländlichen Raum der USA ab, wo der konservative Anteil innerhalb der Bevölkerung recht hoch ist. Umgangsprachlich könnte man das dünnbesiedelte Gebiet in Kalifornien auch als Trump-Land betiteln, das Mexikaner hier unerwünscht sind und rechtes Gedankengut weit verbreitet scheint, selbst in Bereichen wo es um staatliche Einrichtungen geht.

 

Insgesamt bleiben alle Figuren recht flach und leiden unter Ihrer generischen sowie oberflächigen Ausarbeitung, dem der solide Cast keinen Stempel aufdrücken kann. Zwar ist jeder Darsteller bemüht seinem Charakter Leben einzuhauchen, was aber nur selten wirklich überzeugend gelingt. Vieles kennt man bereits aus zahlreichen Horrorfilmen, egal von welcher Produktionsfirma und dem zur Verfügung stehenden Budget. Klammert man aber die ersten 70% aus, gibt es dann doch einige starke Momente mitsamt gelungener Inszenierung. Dies auf die gesamten 84 Minuten übertragen und "Madres" wäre im guten Mittelfeld gelandet.

 

Wie bereits erwähnt gibt es handwerklich wenig auszusetzen, sofern man mit der Gewissheit herangeht, einen klassischen Streamingfilm zu sehen. Die ganz großen technischen Sprünge sollte niemand erwarten weshalb das solide Umsetzen der Story am Ende auch in Ordnung geht. Zur Filmmusik gibt es wenig auffallendes mitzuteilen, da diese durchweg genretypisch daher kommt und keinerlei Highlights hervorbringt.

Abschließend bleibt noch das Gesamturteil über die 2021er Ausgabe der "Welcome to the Blumhouse" Reihe:

Inhaltlich und qualitativ ein recht großer Absturz im Vergleich zu 2020, dem wenige Lichtblicke gegenüber stehen.

 

Fazit: Nach anfänglicher Langeweile dreht der Horrorfilm ab etwa der Hälfte in die richtige Richtung ohne dabei ein Gruselfeuerwerk abzubrennen. Die Atmosphäre stimmt während der sozialkritische Hintergrund viel zu kurz kommt.

 

Bewertung:

Genre: 6 von 10 Punkten

Gesamt: 5.5 von 10 Punkten