Filme November und Dezember 2022

Christmas, Bloody Christmas (Horror)

 

Es ist Heiligabend. Plattenladenbesitzerin Tori Tooms (Riley Dandy) will die Feiertage eigentlich damit verbringen, sich mit ein paar heißen Typen zu treffen, die sie über eine Online-Dating-App kennengelernt hat. Stattdessen überredet ihr Mitarbeiter Robbie Reynolds (Sam Delich) sie aber, ihm beim Trinken, Musikhören und Quatschen über seiner Meinung nach unterbewertete Horrorfilme Gesellschaft zu leisten. In einem nicht weit entfernten Spielzeugladen hat derweil ein zur Dekoration gedachter, menschengroßer Weihnachtsmann-Roboter (Abraham Benrubi) einen Kurzschluss. Das RoboSanta+ genannte, ursprünglich vom Militär als mechanischer Soldat entwickelte Ungetüm erwacht zum Leben und beginnt einen blutigen Amoklauf. Bald macht es auf alle Jagd, die ihm in die Quere kommen…

 

Santa Claus bzw der Weihnachtsmann bringt nicht nur Geschenke sondern dient seit neuestem immer wieder als Vorlage für teils abgedrehte Horrorfilme. Darunter waren zuletzt etwa "Fatman" oder ganz frisch "Violent Night" nachdem vor einigen Jahren bereits "Krampus" ordentlich für Gruselmomente gesorgt hat. Der sehr splatterhafte "Christmas, Bloody Christmas" versucht die Thematik mit einer anfänglich interessanten Interpretation anzugehen, muss sich jedoch den Vorwurf gefallen lassen allzu sehr bei "Terminator" bedient zu haben. Das ist aber keineswegs durchweg schlecht, gibt es dem gewaltbereiten Santa eine ausschließlich technische Note ohne Gefahr zu laufen aufgrund menschlicher Befindlichkeiten Logikfehler zu produzieren.

 

Wegen des massiven Einsatz von rotem Licht in Kombination zu blinkender Weihnachtsbeleuchtung während es schneit bleibt der Umstand hier ein Werk im Stil des 80er Jahre Genrekinos zu sehen nicht sonderlich lange unentdeckt. Dazu grüne Laseraugen und ordentlich Blut ergeben eine durchaus abgefahrene aber stets geradlinige Handlung, welche anfangs etwas zu lange braucht um in Fahrt zu kommen dabei jedoch im weiteren Verlauf keinerlei Nebenplots bedient, welche unter Umständen Langeweile zur Folge gehabt hätten.

 

Schließlich soll Robo-Santa ja auch all die hilflosen Menschen mit seiner Rettungsaxt abschlachten oder Köpfe spalten. Manchen mag dieser simple Ablauf als zu einfach erscheinen, im Splatter-Genre ist dies aber perfekt um den Unterhaltungswert anzuheben. Und sind wir mal ehrlich, Tiefgang wäre sogar kontraproduktiv gewesen, wobei sicherlich ein Fünkchen Kritik an der Roboterisierung der Welt sowie Ideen solche Maschinen fürs Militär zu entwickeln zweifelsfrei niemanden gestört hätte. Im Finale wollte Regisseur und Autor Joe Begos anscheinend nochmals alle Register ziehen weshalb dieses kurz davor steht als Dauerschleife unendlich weiter zu laufen. Oder galt es den Beweis anzutreten das sein wild gewordener Roboter widerstandsfähiger sei als der von Arnold Schwarzenegger gespielte Terminator.

 

Schauspielerisch darf das geübte Zuschauerauge natürlich keine oscarreifen Darbietungen erwarten, zumal die Charaktere auch relativ simpel gestrickt sind. Wobei, Tori und Robbie bekommen aufgrund ihrer langen Einleitungsphase (als sie etwa in der Bar sitzen oder später ausgiebig über Horrorfilme sprechen) zuminderst ein grobes Gerüst an Charakterzügen und sollen als tragende Figuren aufgebaut werden. Das dabei nicht jeder Dialog unbedingt den Literaturnobelpreis gewinnen ist muss wohl nicht weiter vertieft werden.

 

Mal aus der Sicht des Robo-Santa gefilmt, ansonsten in genretypischer Manier gefällt die durchweg gute Kameraarbeit mit dem Zeigen von Gewalt, wobei etwa das Level von "Terrifier" in keinster Weise erreicht wird (was bestimmt auch nicht die Intention der Macher war). Mit dem nostalgischen 80er Jahre Look, den fast durchweg in rotes Backroundlicht getauchten Bildern sowie einem extrem Hard Rock lastigem Sound als Begeleitung werden vorallem ältere Zuschauer wohlwollende Erinnerungen an vergangene Tage bekommen.

 

Fazit: Terminator trifft auf Santa Claus in diesem blutigen aber stets unterhaltsamen Splatterwerk von Joe Begos. Dazu ein wunderschöner 80er Jahre Look und harte Musik werden wohl jedem Weihnachtsmuffel aus den Löchern locken.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

Terrifier 2 (Horror/Slasher)

 

Nachdem Art the Clown (David Howard Thornton) nach seinem Massaker in der letztjährigen Halloween-Nacht am Ende selbst im Leichenschauhaus landete, ist er pünktlich zum Reformationstag wieder zurück! Diesmal hat er es auf die junge Sienna (Lauren LaVera) und ihren kleinen Bruder Jonathan (Elliott Fullam) abgesehen. Siennas selbstgebasteltes Halloween-Kostüm und ihre tragische Familiengeschichte stehen in einem mysteriösen Verhältnis zu den Morden, die der albtraumhafte Mann im Clown-Kostüm auch in dieser Nacht wieder begehen wird.

 

 

 

 

 

Was waren das für teils erschütternde Berichte aus Amerika: Besucher mussten Saal verlassen; ohnmächtige Zuschauer oder Anfälle einzelner Gäste: Der Horrorfilm "Terrifier 2" liefert reihenweise Schlagzeilen wodurch der 250 T Dollar billige Splattermovie zu einem wahren Box Office Wunder wurde. Wohl als Joke ist dann auch der Warnhinweis gleich zu Beginn gedacht, der sensible Zuschauer auffordet zeitig den Saal zu verlassen da es ohnehin nicht harmloser wird. Man kann darüber schmunzeln, dies aber auch als unnötig dämliche Aktion werten. Teilweise werden in den Kinos sogar Kotztütten verteilt falls jemand das Bedürfniss hat sich zu erleichtern.

 

Mit über 2 Stunden Laufzeit ist die Uncut-Version gute 60 Minuten länger als Teil 1, was letztendlich den größten Kritikpunkt darstellt. Zwangsläufig hat der ultrabrutale Film seine Längen, welche sich in schier endlosen, nichtssagenden Dialogen oder unnötig ausführlichen Szenen (etwa auf der Party) ergeben. Dazwischen herrscht rohe Gewalt mit einem durchaus hohen Ekelniveau (Körper werden zerteilt, Gehirne zermatscht oder Organe verspeist) wobei das alles derat absurd inszeniert wird sodass es irgendwie wieder lustig erscheint. Dazu das einerseits extrem fiese aber auch urkomische Lachen samt kindlicher Bewegungen des stets stummen Killerclowns hat schon fast eine ironische Note.

 

Mit Kunstblut geizt Damien Leone überhaupt nicht wobei die ausufernden Mordexzesse von Art teils 15 bis 20 Minuten auseinander liegen obwohl das Intro derat reinballert wie selten zuvor. Auch die Post-Credit Szene gefällt, obwohl die Handlung zuvor dann doch arg ins völlig absurde abdriftet und den Killerclown sowie Sienna (die im Wonder Woman Gedächtniskostüm verdammt heiß aussieht) mit mysteriösen Unterwelten in Verbindung bringt. Was nun genau das Geheimnis um den verstorbenen Vaters war und wie genau der immer wieder expliziet ins Bild geholte Dolch mit der Geschichte um Art zusammenhängen lässt "Terrifier 2" leider ziemlich unbeantwortet, was dahingehend enttäuschend wirkt da der Horrorfilm immer wieder darauf anspielt sowie Andeutungen streut.

 

Auch verkommt die zugegeben wenig spannende und teils einfach nur nervige "Hauptstory" um Sienna und Ihrer Familie zu öden Längen zwischen den handwerklich erstaunlich stark inszenierten Overkills des im markanten Kostüms rumlaufenden Clowns. Allein bei den Dialogen wären mindestens 25 Minuten zum cutten gewesen, was zum Beispiel in Teil 1 bedeutend besser funktioniert hat. Nicht nur verschleppen solche Szenen das Tempo ungemein, es nimmt auch die Lust auf die nächste Gewaltorgie zu warten. Als Slasher mit fucking viel Gore und Splatter ist "Terrifier 2" zweifelsfrei der blutigste und brutalste Film des Jahres, schöpft sein Potential jedoch nicht gänzlich aus.

 

Wie zu erwarten war darf man aufseiten der Charaktere keine besonders tiefgründigen oder gar interessanten Figuren erwarten. Das diese, mit Ausnahme von Sienna, aber derat eindimensional und oberflächig ausfallen war in dieser Form nicht absehbar und bleibt als weiterer Negativpunkt hängen. Passend dazu gibt es auch beim Cast große Unterschiede darin wie welche Rolle gespielt wird. Während etwa Lauren LaVera oder David Howard Thornton wirklich starke Auftritte hinlegen kann der Rest der Darstellercrew keineswegs überzeugen, oder zeigt nicht das volle Können. Natürlich ist es in einem Horror-Slasher schwer oscarreife Darbietungen abzurufen, aber aufgrund des Hypes darf man sowohl bei den Figuren als auch beim Cast insgesamt mehr erwarten.

 

Das es wohl mit der Reihe weitergeht dürfte die Abspannszene deutlich ansprechen, wobei ich es persönlich nicht gut finde wenn Art der Clown zu einem dämonischen Wesen verkommt, was im Schlussdrittel ja immer deutlicher herausgearbeitet wird. Dazu zählt auch die an sich schöne und interessante Idee mit dem kleinen Mädchen, welches optisch starke Ähnlichkeiten mit dem Killer hat und als eine Art Tochter fungiert (mal die Post Credit Szene aus Spoilergründen außen vorgelassen).

 

Optisch gefällt der dreckige und oldschoolmäßige Look mit facettenreichen, leicht 80er Jahre angehauchtem Soundtrack. Gerade das Fehlen von Hochglanzbildern, tiefauflösender Schärfe und nicht immer perfekter Ausleuchtung sorgen für einen eigenen Charme weshalb "Terrifier 2" wie schon sein Vorgänger auf Ihre Art ungemein toll aussehen.

 

Fazit: Ja, "Terrifier 2" ist der blutigste und wohl brutalste Film des Jahres, aber so ganz kann man den Hype nicht unterschreiben da der Slasher dann doch viel zu lang gerraten ist.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Violent Night (Action/Horror/Komödie)

 

Heiligabend ist eine Zeit, in der man mit der Familie zusammenkommt, den Abend gemeinsam verbringt und die Festtage genießt. Eine idyllische „Stille Nacht“ ist der wohlhabenden Familie Lightstone dieses Jahr nicht vergönnt. Stattdessen bricht die Hölle über sie herein, als eine Truppe von Söldnern ihr trautes Heim stürmt und sie als Geiseln nimmt, um so an die Millionen in ihrem Tresor zu kommen. Was die skrupellosen Eindringlinge jedoch nicht bedenken: Sie stehen (natürlich) auf der Ungezogenen-Liste des Weihnachtsmannes (David Harbour) – weswegen genau der sich ihnen nun mit aller Kraft entgegenstellt. Sein diesjähriges Geschenk besteht darin, die Familie zu retten. Der Weihnachtsmann wird beweisen, dass er nicht nur ein freundlicher alter Mann ist, sondern auch ein Geheimnis in sich trägt: Santa hat so einige Tricks auf Lager…

 

Na wart Ihr auch alle schön brav dieses Jahr? Man kann seine Art Filme zu machen lieben oder nicht aber Tommy Wirkola hat ein Händchen dafür aus bekannten Märchengestalten verdammt geile Horrorversionen zu kreieren. Nach "Hänsel und Gretel" (vor fast 10 Jahren, 2013 erschienen und eine der bisher besten Verfilmungen des Märchens) nimmt sich der Norweger nun die Sage des Santa Claus vor um daraus eine abgefuckte, splatterhafte und voller Anspielungen behaftete Brutalo-Interpretation auf die Leinwand zu zaubern. Sein "Violent Night" ist nicht nur extrem blutig sondern auch verdammt witzig sowie voll mit schwarzem Humor und Fäkalsprache.

 

Anscheinend scheinen Wirkola und die Drehbuchautoren große "Kevin - Allein zu Hause", "Thor" und Wikinger Fans zu sein, bietet der massiv unterhaltsame und actionreiche Film reichlich Eastereggs wie etwa die angesägte Treppe, Kleber auf dem Boden oder ein XXXL Hammer mit bestialischem Namen. Zudem bekommt das Publikum noch die Vorgeschichte zum Mann gezeigt, der seit über 1000 Jahren als Santa unterwegs ist. Nur soviel sei erwähnt, es wird sehr nordisch und haarig. Aber genau mit solchen kleinen Nebenplots verkommt "Violent Night" eben nicht zu einem reinen Splatterfeuerwerk ohne Sinn und Verstand sondern lässt das menschliche mitsamt des Bösen durchschimmern, welches der alte Mann mit Bart und Bommelmütze ja abstraft.

 

 

Sicher fallen die allermeisten Figuren ungemein klischeehaft, eindimensional, oberflächig und massig überdreht aus, aber irgendwie macht das dennoch Spaß und sorgt für so viele beiläufig lustige wie auch bitterböse Szenen. Somit darf man die stinkreiche und durchweg arrogante Familie der Lightstone's als überspitzt dargestellte Gesellschaft sehen, die nicht nur alles mit Geld erkaufen oder bestechen will sondern für den moralischen Verfall steht. Hinzu kommen eingestreute Momente in denen etwa Kritik daran geübt wird das sich die Jugend heutzutage entweder nur Geld, Videogames oder Bluray's zu Weihnachten wünschen wofür dann gerne Amazon mit der Lieferung beauftragt wird (bei einer Familie liegen etwa 10 Pakete von Amazon unterm Baum)

 

Doch damit gibt sich Wirkola noch nicht zufrieden, da auch sein Santa keineswegs frei von moralischen Verfehlungen ist. Er ist ziemlich trinkfest (liebt harte Sachen und alte Weine), kann die Kekse mit der Milch langsam nicht mehr sehen, kotzt betrunken aus seinem fiegenden Schlitten oder pisst sogar auf die Welt herab. Natürlich ist dieses Bad-Boy Verhalten in Verbindung mit Harbour's Charisma absolut zum totlachen, zeigt aber auch wie wichtig es Wirkola ist seiner Santa-Figur unartige Charakterzüge anzuheften womit der alte Mann keineswegs abgehoben wirkt.

 

Absolutes Highlight ist aber David Harbour als trinkender Mad Santa, dem diese Rolle wie auf den Leib geschneidert scheint und sichtlich Spaß bereitet. Stets mit der nötigen Ausstrahlung agierend gelingt es Harbour spielerisch seiner Figur Charisma sowie Präsenz zu verleihen, wodurch kein Weg mehr n Ihm vorbeiführt. Man muss es Wirkola zugute halten das er während der knapp 2 Stunden nicht nur auf die Kacke haut sondern seinem Werk auch Verschnaufpausen gönnt um, wenn auch nicht immer glaubhaft, der Rahmenhandlung etwas Tiefe und den Charakteren einen Hauch Dynamik zu verleihen. Mal verspielt kitschig, mal weihnachtlich angehaucht, mal spannungsgeladen sorgt der sorgfälltig zusammengestellte Soundtrack für ordentlich Stimmung.

 

Fazit:So Bad-Ass war Santa trotzdem noch nie und man will einfach mehr aus diesem Universum und vorallem von David Harbour als Santa sehen.

 

Bewertung.

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

Shattered (Thriller)

 

Der steinreiche, aber furchtbar einsame Chris (Cameron Monaghan) lernt eines Abends die charmante, witzige und dazu noch höchst attraktive Sky (Lilly Krug) in einer Bar kennen. Sofort beginnt es zwischen ihnen zu knistern. Als die zwei den Laden verlassen, werden sie jedoch überfallen und Chris verletzt. Daraufhin nimmt Sky ihn mit zu sich nach Hause, um ihn dort gesundzupflegen. Zunächst ist noch alles wunderbar. Doch schon bald beginnt die junge Frau sich immer seltsamer zu verhalten. Zudem macht ihr Nachbar Ronald (John Malkovich) verdächtige Andeutungen. Und wer ist eigentlich dieser Kerl (Frank Grillo), der regelmäßig um das Anwesen herumschleicht? Als dann auch noch Skys Mitbewohnerin unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden wird, kommen Chris endgültig Zweifel an ihren Motiven. Nicht zu Unrecht, wie sich bald auf blutige und für ihn äußerst schmerzhafte Weise herausstellen soll …

 

Meine Güte was soll das bitte sein? Ein Home-Invasion-Thriller mit absolut dämlicher Handlung, Logiklöchern so groß wie die Milchstraße und unfassbar dummen Dialogen. Mittendrin ein John Malkovich als Spanner im lila-grünen Trainingsanzug (was ein erschreckendes Bild abgibt) und ein Spannungsniveau bei dem selbst die Niederlande höher liegen als das was uns Luis Prieto hier bietet. Der Plot ist so ausgelutscht wie klischeehaft und nach wenigen Momenten ist wirklich jedem Zuschauer klar wohin die Reise gehen wird.

 

Es wird sich noch nicht mal die Mühe gemacht irgendwas kreatives einzubauen, die Lustlosigkeit spührt das Publikum in jedem Moment und die Pseudo-Sozialkritik am Lebensstil von Chris ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Fehlender Mut ist wohl aktuell in Hollywood angesagt wie nie, scheint es doch so als meinen die Studiobosse wohl man könne dem Publikum jeden Dreck vorsetzen da keiner mehr intellektuelle bzw. logische (oder zuminderst logisch durchdachte) Filme sehen will. Auch wenn die Härte ab etwa der Filmhälfte zunimmt und ein ordentliches Level erreicht (alles andere wäre wirklich das Ende des Genres gewesen) und es hier und da nette Witzchen gibt ist der Humor meistens dumm, dümmer, am dümmsten und somit unzumutbar

 

Dies liegt vorallem am derat auffällig-überdrehten Spiel von Lilly Krug, die eine höchst attraktive junge Frau mit maximal durchsichtigen Charakter verkörpert. Ihre Figur Sky ist zudem durchweg klischeehaft, billig und absolut oberflächig gehalten wodurch diese auch kein Problem damit hat schnell die Hüllen fallen zu lassen während der Zustand mit Bekleidung auch nicht recht viel anständiger ist. Ständig sieht man die Brüste irgendwo herausblitzen, die Kleider sind sehr kurz und auch so wirkt Sky optisch wie eine Dame aus dem Modelmillieu.Auf der anderen Seite beweist die folgende Handlung wie sehr Drehbuchautor David Loughery auf einen schwanzgesteuerten Hauptdarsteller setzt, der die eindeutigen Zeichen selbst nach Tagen nicht erkennen will oder kann.

 

Als Zuschauer will man Chris mehrfach laut zurufen er solle doch endlich mal sein Gehirn benutzen, welches er ja aufgrund seiner Arbeit als App-Entwickler (sein Werk der WatchDog ist ja ziemlich ausgereift und benutzerfreundlich, selbst mit einer daumenlosen Hand bedienbar) zweifelsfrei haben muss. Alter für wie blöd hält der Film uns Männer eigentlich? Am schlimmsten ist jedoch John Malkovich als notgeiler Spanner und ekliger Vermieter, der aus Geldgier zu Chris Anwesen fährt anstatt die Polizei zu rufen, da er Sky ja beobachtet hat als diese den Hausherren foltert. Von Malkovich ist man so viel Besseres gewohnt als solch eine dumme, oberflächige Rolle.

 

Man will nur noch die Hände vors Gesicht schlagen aufgrund solch einem Mist von Film, der immerhin ein paar gnadenlose Kills (gerade die finale Szene ist durchaus gut) sowie ne handvoll Witze zu bieten hat. Dennoch macht der übertriebene Einsatz von spannungsgeladener Musik vieles kaputt, weil zu laut oder unplatziert. Dadurch wird auch eine punktuell aufblitzende Atmosphäre im Keim erstickt, während die Kameraarbeit durchaus solide Bilder mit wenig Fehlern liefert. Klassische Kulissen, nur allzu bekannte Ausstattungsinhalte und der generische Handlungslauf hat man nun wirklich zu genüge im Kino ertragen müssen.

 

Fazit: Ach du Scheisse will man bei "Shattered" nur brüllen, ist der Home-Invasion-Thriller von Luis Prieto doch ein Werk voller Logikfehler, dummer Dialoge und dämlichen Figuren.

 

Bewertung:

Genre: 3 von 10 Punkten

Gesamt: 1.5 von 10 Punkten

 

Call Jane (Drama)

 

Joy ist eine traditionelle amerikanische Hausfrau in den 1960er-Jahren, die sich danach sehnt, zum zweiten Mal schwanger zu werden. Als sie die Nachricht erhält, dass sie ihr Ziel erreicht hat, teilt ihr der Arzt jedoch auch mit, dass diese neue Schwangerschaft eine ernsthafte Bedrohung für ihr eigenes Leben darstellt. In einer Zeit, in der Abtreibung illegal war und als unmoralisch angesehen wurde, scheint es für Joy keinen anderen Ausweg zu geben, bis sie auf das Jane Collective trifft, eine Gruppe von Frauen im Untergrund, die sich unter der Leitung von Virginia (Sigourney Weaver) zusammengeschlossen haben und alles riskieren, um Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation wie Joy befinden, Alternativen anzubieten. Joy wird ihre wahre Bestimmung finden: Sie wird der Organisation beitreten und anderen Frauen helfen, ihr Schicksal in die Hand zu nehmen.

 

Der 2020 erschienene "Niemals Selten Manchmal Immer" zeigte die verzweifelte Geschichte eines jungen Mädchens welche im moderen Amerika eine ungewollte Schwangerschaft beenden will und deshald durch etliche Staaten reißt um dies legal durchführen zu lassen. Mit "Call Jane" haben wir erneut ein Werk zum sensiblen Thema Abtreibung, das nun in Teilen eine ähnliche dann jedoch die andere Seite präsentiert, mit dem Unterschied das der Plot Ende der 1960er Jahre spielt. Teils sehr intim, verletzlich und doch mit viel Liebe und positiven Emotionen bestückt ist "Call Jane" ein Film über das Recht der Frauen selbst darüber entscheiden zu dürfen ob sie ein Kind wollen oder nicht. Anders als Eliza Hittmann ist Phyllis Nagy nicht neutral in Ihrer Sichtweise sondern klare Befürworterin weshalb Ihr Film entsprechende Wege beschreitet.

 

Etwas mehr Neutralität wäre dennoch wünschenswert gewesen, zumal die Regisseurin in einer heiklen Szene, als die Aktivistinnen streiten welche Frau nun die kostenlose Abtreibung bekommt, besonders dramatische Beispiele (Vergewaltigungsopfer, Minderjährige) wählt um dem Publikum keine andere Wahl zu lassen als die klare Haltung von Nagy zu beführworten. Keine Frage, diese Fallbeispiele sind tragisch und vollkommen verständnisvoll aber man hätte dies aus subtiler lösen können ohne dem Zuschauer das Dilemma vorenthalten zu müssen. Auf der anderen Seite nimmt sie die Regisseurin viel Zeit dem Betrachter durch emotionale, intime sowie gesellschaftliche Stimmungslagen Einblicke in eine vorallem für Männer völlig unbekannte Thematik zu gewähren, vor denen selbst viele Frauen lieber den Mantel des Schweigens ausbreiten.

 

Als geniale wie absolut passende Idee lässt man die Hauptfigur Joy (fantastisch gespielt von Elizabeth Banks) erst abtreiben und dann als tatkräftige Helferin beide Seiten erfahren womit der Charakter schlichtweg authentisch und charismatisch rüber kommt.  Im Fall der typischen Amerikanerin mit strenger Frisur ist deren Schwangerschaft zwar gewollt aufgrund einer Herzerkrankung höchst gefährlich. Wie gnadenlos die Gesellschaft seinerzeit war zeigt die rasche und emotional kalte Entscheidung des Krankenhausaufsichtsrates, die lieber eine Mutter sterben lassen und ein gesundes Kind feiern. Heutzutage mag das markaber klingen, aber so war eben das Gedankengut Ende der 60er Jahre.

 

Die faszinierende Entwicklung von Joy die aus einer durchaus biederen Amerikanerin eine tollkühne Aktivistin wird gelingt ausschließlich aufgrund dem Feingefühl von Elizabeth Banks, derer es spielend leicht gelingt alle nötigen Facetten immer zum idealen Zeitpunkt abzurufen. Erst hilflos und verzweifelt danach mutig sowie aufopferungsvoll macht es ungemein viel Freude Banks als Joy durch die vielleicht etwas zu lange Handlung zu begleiten. Neben Ihr avanciert Sigourney Weaver zum zweiten großen Leuchtturm aufseiten des durchweg stark spielenden Casts, zumal Ihre Rolle als Anführerin Virginia genau die richtige Dosis an Screentime bekommt um im Zusammenspiel der beiden Frauen zu funktionieren. Eine ziemlich funny Rolle bekleidet Cory Michael Smith als Pseudearzt Dean mit Hang zu älteren Frauen und einer speziellen Art von Humor.

 

Gespickt mit Songs der 60er Jahre und einem rauchigen Look kommt sofort das passende Feeling auf welches durch reichlich aber dosiert eingesetztem Humor die eigentlich tragische Handlung filigran zum Feel-Good-Movie macht. Hinzu kommen schöngestaltete Kulissen (die "Zentrale" von Jane gleicht einer klassischen Kommune seinerzeit), authentische Ausstattungsgegenstände sowie überaus geschickt gewählte Kostüme und Frisuren.

 

Fazit: Ein Filmdrama als Triumph der Stärke von  Frauen im Kampf um Ihren Körper und das Recht auf legale Weise ungewollte Schwangerschaften beenden zu dürfen.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Fragil (Komödie/Romanze)

 

Az (Yasin Houicha) arbeitet bei einem Austernzüchter in Sète. Er kennt die Austern in- und auswendig und öffnet sie zu Hunderten. In einer von ihnen versteckt Az einen Ring, um seiner Freundin Jess (Tiphaine Daviot) einen Heiratsantrag zu machen. Sie sagt nicht ja. Zum Glück ist seine Freundesclique zu allem bereit, um ihm zu helfen, den Kopf aus dem Sand zu ziehen. Und da ist ja noch seine beste Freundin Lila (Oulaya Amamra) mit der Az augenscheinlich viel mehr verbindet als beide meinen..

 

 

 

 

 

 

 

Sommer, Sonne, Meer und Austern bilden den Rahmen dieser seichten aber herzlichen Liebeskomödie aus Frankreich. Mit seinem "Dirty Dancing" Feeling ist "Fragil" von Emma Benestan der ideale Film für die kalte Winter- bzw. Adventszeit. Zwar ist die Story nicht neu, aber die Regisseurin wirft hier einen femministischen Blick auf das Thema Liebeskummer und dekoriert Ihre RomCom mit einer angenehmen Prise algerischer Kultur, Benestan hat eben jene Wurzeln, wodurch "Fragil" eine ungemein leichte Art bekommt. Besonders die erste Stunde ist extrem unterhaltsam, humorvoll sowie angereichert mit einer Fülle von versteckten Emotionen und Verliebtsein.

 

Im sonnendurchfluteten Küstenstädchen begleitet das Publikum den jungen Az dabei wie er für sich die richtige Frau fürs Leben findet und dabei ungewöhnlich (aber so schön) seinen Gefühlen freien Lauf lässt anstatt wie üblich den starken Macho zu spielen. Es wurde einfach mal Zeit das eine Liebes-Komödie mit anderen Blickwinkeln arbeitet ohne dabei völlig neue Wege beschreiten zu müssen. In erster Linie steht der Unterhaltungsfaktor, den die junge Regisseurin auch vollends erfüllen kann. Dennoch lässt "Fragil" auch eine breite Tür für Selbstreflektion beim Zuschauer offen, der sich schon während des Films fragen kann ob fragil sein denn immer eine Schwäche sein muss.

 

Besonders unter diesem Aspekt erfüllt der Film auch einen gesellschaftlich relevanten Part, da wir uns in Beziehungen (oder auf der Suche danach) gerne kleiner oder schlechter reden als wir tatsächlich sind. Und hier grätscht Lila mit einem wunderbar passenden Satz hinein als Sie zu Az sagt das Reiche bzw. Stars keinesfalls bessere Menschen sind als sie, sondern schlichtweg nur mehr Geld haben. Allein wegen dieser Message ist "Fragil" schon um Welten tiefsinniger als ein Großteil seiner Genrevertreter, welche alle nur zu gern 0815-Floskeln predigen was einem im Leben nie wirklich weiter bringt. Dennoch ist die RomCom ein witziges, humorvolles Werk um ein Feel-Good-Feeling zu verbreiten.

 

Zu Beginn des Schlussdrittels wechselt das Ganze in einen eher dramatisch-traurigen Part wodurch die Regisseurin leider etwas zu sehr in bekannte Muster verfällt und Ihr Film an Frische verliert. Dafür entschädigen das Finale sowie die vielen wunderbaren Tanzeinlagen mit entsprechend zeitgemäßer Musik. Ganz klar auch ans junge Publikum gerichtet gelingt es Emma Benestan mit Ihrem durchaus multikulturellen Cast alte Genre-Schranken einzureißen, und beweist wie zeitgemäße Männlichkeit auszusehen hat. Emotionale Unsicherheit, weinen oder Unentschlossenheit sind eben keine reinen Frauenprobleme in einer Beziehung sondern betreffen auch Männer.

 

Gerade die beiden jungen Hauptdarsteller können in Ihren Rollen überzeugen und wissen genau wie man jede Situation künstlerisch lösen muss. Während Az zwar ein leidenschaftlicher Koch und Austernfan ist wirkt er immer wieder etwas unbeholfen, tollpatschig und punktuell sogar auch mal bockisch und stur aber stets sympathisch mit dem Prädikat des "lieben Kerls". Diesen Facettenreichtum kann Yasin Houicha regelmäßig punktgenau auf die Leinwand bringen wodurch Az trotz seiner Maken männlich und charismatisch rüber kommt. Oulaya Amamra als Lila ist charakterlich etwas anders angelegt und darf eine durchaus starke Frau spielen, die jedoch trotzdem eine verletzliche Seite (aufgrund Ihrer Vergangenheit in Paris) haben darf. Als "Kumpeltyp" ist Sie bereit Az zu helfen seine Ex wieder zu bekommen wodurch erst die Gefühle auf- oder hochkommen. Richtig stark gelungen sind die gemeinsamen Tanzszenen, denen viel Zeit gegeben wird womit die herausragende Harmonie der beiden Figuren besonders eindrucksvoll zur Geltung kommen darf.

 

Wer bei den vielen farbenfrohen (und farbintensiven) Kameraaufnahmen von Aurelien Marra nicht sofort das Bedürfnis verspührt an die Mittelmeerküste von Frankreich zu reisen um dort ein paar sonnendurchflutete, kulinarische und entspannte Tage zu verbringen hat wohl die 100 Filmminuten verschlafen oder war unaufmerksam. Gerade mit welcher Detailverliebtheit man das Meer, die Klippen oder die verspielten/verwinkelten Gassen des kleinen Dorfes zeigt ist mehr wert als jeder gedruckte Reiseführer. Zudem bleibt Marra immer ganz nah an den Charakteren, erschafft damit eine intime Bindung zum Publikum und lässt dieses authentisch beim Liebeskummer mitfühlen.

 

Fazit: Für ein Langfilmdebüt überaus gelungen ist "Fragil" ein Film genau zur richtigen Zeit und wird sicherlich ausschließlich freudige Erinnerungen beim Publikum hinterlassen.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Crimes of the Future (Sci-Fi/Horror)

 

In einer nahen Zukunft: Nur noch wenige Menschen sind in der Lage, echte Schmerzen zu entwickeln. Einige von sind zudem in der Verfassung, mehr und mehr Organe mit unbekannten Fähigkeiten in ihren Körpern zu produzieren. Saul Tenser (Viggo Mortensen) und seine Assistentin Caprice (Léa Seydoux) haben mittels neuester Technologie einen Weg gefunden, aus den Mutationen Kunst zu machen: Saul lässt sich seine neuen Organe im Zuge einer Performanceshow vor Live-Publikum entfernen. Seine spektakulären Darbietungen sind den staatlichen Organ-Registrierungsbehörden jedoch zusehends ein Dorn im Auge. Hinzu kommt eine mysteriöse Untergrundorganisation, die jeden Schritt von Saul verfolgt und sein düsteres Treiben genauestens beobachtet. Für Saul ist klar, dass er die schockierendste Performance aller Zeiten in Angriff nehmen muss...

 

David Cronenberg gilt ja als Meister des Body-Horrors und seine Werke sind mitunter maximal skurril sowie verstörend. Sein 27 Mio Dollar teurer Sci-Horror "Crimes of the Future" bildet da keine Ausnahme und wird das allgemeine Publikum auf jeden Fall spalten. In einer nahen Zukunft spielend bei der viele Menschen keine körperlichen Schmerzen mehr fühlen und seltsame Maschinen in Skelettoptik eine morbide Faszination ausüben bringt Cronenberg genau diesen Body-Horror für den Ihn seine Fans lieben. Körper werden aufgeschnitten, ausgeweidet und zur Schau gestellt wie man es nur von Cronenberg kennt.

 

Alles unter dem Deckmantel der inneren Kunst, was an sich schon ziemlich makaber erscheint. Dazu zählen aber auch so Momente wo wir einen Mann mit zugenähten Augen und Mund aber dafür 1000 angenähten Ohren sehen, frei nach dem Motto man solle doch nur noch auf sein Gehör vertrauen. Cronenberg ist sich dessen bewusst was solche Augenblicke beim Publikum bewirken, wie sich solche zutiefst verstörenden Bilder ins Gedächtnis brennen. Wie so oft sollen die Zuschauer sein Werk als abstrakte Kunst in Zeiten von generischen und auf Hochglanz polierten Superheldenfilme sehen, zu denen jeder auch mitdenken muss.

 

Deshalb lässt der Autor seine Figuren gegen Ende auch auf eine kleine Schnitzeljagd gehen um die zuvor gesehenen Plotlinien in einen viel größeren Zusammenhang zusammen zu führen. Und dennoch besitzt "Crimes of the Future" auch eine verdammt sinnliche Erotik in seinen Bildern, die sich neben nackten Frauenkörpern auch in einer Szene entlädt als Lea Seydoux Viggo Mortensen an einem in dessen Bauch eingearbeiteten Reißverschluss liebevoll küsst. Ein gewisser Ekel muss Cronenberg-Typisch vorhanden sein wenngleich der Regisseur auch einen Hauch Humor einzubauen weiß sowie mal mehr mal weniger subtile Gesellschaftskritik.

 

Intelligent geschriebene und ungemein charismatisch gespielte Figuren, von denen einige sogar ziemlich undurchsichtliche Motive haben, runden das durchweg verrückte Filmerlebnis zweifelsfrei zufriedenstellend ab. Dazu die postapokalyptischen Kulissen im Dämmerlicht (erinnern an Mad Fury) sowie das teils abgefuckte wie dreckige Setting verleihen dem Sci-Fi Horror einen extrem passenden Look. Idealerweise funktioniert der eher auf Spannung und Geheimnisvoll getrimmte Soundtrack in "Crimes of the Future" überraschend gut und taucht den Film in eine abstrakte aber dicht gepackte Atmosphäre.

 

Fazit: David Cronenberg ist und bleibt ein Visionär im Kino dessen Filme wie absurde Kunstwerke wirken und dadurch ein spezielles Publikum bedienen. "Crimes of thr Future" ist da keine Ausnahme, aber ein verdammt gut inszenierter und verstörender Sci-Fi Horror mit einigen ziemlich ekligen Bildern.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

The Menu (Thriller/Horror/Komödie)

 

Das junge Paar Margot (Anya Taylor-Joy) und Tyler (Nicholas Hoult) bereist und erkundet Orte, von denen nur wenige Menschen wissen oder Zugang dazu haben, um so in den Genuss der besten kulinatischen Angebote zu kommen. Ihre Abenteuer sind bei Freunden, Verwandten und Bekannten bekannt, und das Paar gilt inzwischen als Experten auf diesem Gebiet. Dank einer Entdeckung in den sozialen Medien hören sie von einem exklusiven, exzentrischen Restaurant, das alle Voraussetzungen für einen nächsten Besuch mitbringt, und reisen zu dessen Standort auf einer abgelegenen Insel, um das großartige und einzigartige Menü des Küchenchefs Slowik (Ralph Fiennes) zu probieren. Doch schon bald stellt das Paar fest, dass die Speisekarte einige Überraschungen enthält, mit denen sie nicht gerechnet haben..

 

Wie serviert man Gesellschaftskritik, Horror, Thriller, Beziehungsdrama und Komödie am Besten? Als bissige, zynische und bitter-böse Satire mit einem dunkelschwarzen Humor der farblich den Tiefen des Alls gleicht. Auf den Festivals gefeiert ist "The Menu" dank seiner herausragend ausgewählten Figuren eine schmerzliche wie amüsante und unterhaltsame Abrechnung mit Teilen der Oberschicht, die entweder alles mit Geld lösen wollen oder derat vor Arroganz strotzen sodass deren Ego mächtiger errscheint als der Hulk.

 

So wird einer bekannten Restaurantkritikerin immer wieder eine zerfallene Soße (in stets größerer Schüssel serviert) nachdem diese bei einem Gang die Konsestenz abfällig kommentiert hat. Zu den Gästen gehören zudem ein überheblicher Schauspieler, drei Jungunternehmer mit kriminellen Machenschaften oder etwa ein Stammgast der sich die jeweiligen Menüs nicht merkt und zudem seine Frau regelmäßig betrügt. Lange ein größeres Rätsel gibt Tyler auf, was jedoch im zweiten Filmabschnitt gelüftet wird während dieser von Slowik gnadenlos vorgeführt wird.

 

Es sind die vielen kleinen Details, eine clevere Handlungsführung sowie teils absolut intelligente Ideen mit denen der Genremix schockiert und gleichzeitig zum Lachen animiert. Ungemein viele Plottwists und kleinere Wendungen versprechen eine durchweg spannende Erzählung mit ungewissem Ausgang. Einzig kurz vorm Ende verliert die ansonsten konsequent geradlinige Inszenierung kurz mal den Faden und wirkt ein paar Minuten wie Stückwerk. Bestes Beispiel für diese wunderbare Wendungsflut ist jener Moment wo alle Männer fliehen sollen um danach doch nicht getötet zu werden. Der letzte Flüchtige bekommt dann sogar als Belohnung ein besonderes Häppchen. Apropos Essen, "The Menu" zelebriert seine einzelnen Gänge wie eine Kochshow (mit Einblendung des servierten Essens, am Ende auch mit schwarzhumorigen Beigeschmack) mit jeweils kleiner Geschichte des Chefs dazu.

 

Als perfekte Lösung im Bezug auf den Handlungsort entpuppt sich die abgelegene Insel mit dem absolut auf High-Tech getrimmten Restaurant. Karge Strände mit toten Mangrovenbäumen bzw. Totholz sowie Nadelwälder im Inselinneren bilden eine seltsam faszinierende Symbiose trotz offensichtlicher Gegensätze. Zwar spielen diese kaum eine Rolle, aber aufgrund der ebenfalls gegensätzlichen Gebäudetypen kann der Genremix sein Potential voll ausschöpfen. Farblich eher strengent und eher dunkel gehalten funktioniert der Horroraspekt in diesem fiesen Spielchen mit der menschlichen Psyche trotz des satirischen Backrounds unfassbar gut.

 

Besonders Ralph Fiennes beherrscht diese Psychospielchen aus Hochglanz-Dinner und bitter-böser Abrechnung mit der Gesellschaft perfekt und ist auf Seiten der Darsteller das absolute Aushängeschild. Sein fast schon schizophrenes und durchweg böses Lachen, die bestimmte sowie druckvolle Ausdrucksweise und seine gesamte Körpersprache zeugen von ganz großer Schauspielkunst. Daneben geht Anya Taylor-Joy fast etwas unter obwohl die Jungschauspielerin hier ebenfalls stark performt. Passenderweise besitzt "The Menu" noch die ideale Atmosphäre, welche man kaum in Worte fassen kann, da man schlichtweg in die Kulissen des modernen Restaurants hineingezogen wird.

 

Fazit: Dieses Menü vergisst man so schnell nicht mehr, ist "The Menu" doch eine bitter-böse, schwarzhumorige und gnadenlos effektive Abrechnung mit der Gesellschaft der Reichen.

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

Zeiten des Umbruchs (Drama)

 

Mitte der 1980er-Jahre lebt der kleine Paul (Banks Repeta) als Mitglied einer wohlhabenden jüdischen Familie in New York. Seine Mutter Esther (Anne Hathaway) hat immer viel zu tun und sein Vater Irving (Jeremy Strong) bemüht sich zwar, ein guter Vater zu sein, ist dabei aber oft sehr streng. Zu streng für den sensiblen Jungen, der sich in seiner Familie neben seinem frechen Bruder Ted (Ryan Sell) oft alleingelassen fühlt. Sein Großvater Aaron (Anthony Hopkins) scheint den Jungen als einziger zu verstehen und ist ihm eine große Stütze. Als das neue Schuljahr beginnt, lernt Paul den Schwarzen Jonathan (Jaylin Webb) kennen. Er ist etwas älter, weil er sitzengeblieben ist und lebt bei seiner kranken Großmutter unter ärmlichen Verhältnissen. Paul freundet sich mit ihm an und stellt fest, dass es sein neuer Freund schafft, trotz seiner schwierigen Lebensverhältnisse an Werte wie Ehrlichkeit und Loyalität festzuhalten. Im Laufe ihrer Freunde stellt Paul jedoch fest, dass nicht jeder im Leben die gleichen Chancen bekommt ...

 

Selten treffen kindliche Träume, Tragik, jugendliche Unbeschwertheit, Humor und offenkundiger Rassismus derat wuchtig aufeinander wie in diesem feinfühlig inszeniertem Coming-of-Age Movie mit einem Anthony Hopkins in absoluter Bestform als resoluter aber todkranker Großvater. Im Amerika der 80er Jahre spielend (Fred Trump ist gerade auf dem Höhepunkt seines Immobilienimperiums) hat "Zeiten des Umbruchs" einen ungemein ruhigen Flow und bildet eine Gesellschaft ab, in der Rassismus gegenüber Schwarzen schon im Kindesalter beginnt während dieser in allen Schichten wie ein böses Geschwür fest verankert ist.

 

Aus den Augen von Paul erzählt, dessen nach Außen absolut typische Familie dieses Jahrzehnts innerlich bedeutend brüchiger ist, handelt das Drama zum teil biografische Gesschehnisse aus der Jugend von Regisseur James Gray ab, was seinem Werk außerordentlich gut tut. Sowohl der Vater wie auch die Mutter sind bis zum Ende schwer einschätzbar, reichen deren Verhaltensweisen von brutalen Schlägen (einer der heftigsten Momente des Films) bishin zu liebevollen Umarmungen. Diese Ambivalenz ist sowohl absolut tragisch aber eben auch sinnbildlich für die Erziehungsmethoden der 80er Jahre. Zudem spiegeln sich hier Verzweiflung, Wunschdenken und Hoffnung wieder, mit denen Irving und Esther versuchen das Bestmögliche für Ihre Kinder zu erreichen.

 

Nebenbei erfährt man noch etwas zur jüdischen Herkunft, welche immer wieder genutzt wird (vorallem vom Opa) um den jungen Paul zu offenbaren wie schrecklich Rassismus innerhalb einer Gesellschaft ist. Geflohen aus der Ukraine während des zweiten Weltkriegs zeigen die eingeschlagenen Wege wie Einwanderer in die USA aus Nichts ein anständiges Leben erreichen konnten, schließlich galt und gilt Amerika ja als Land der Träume. Und genau mit diesen spielt "Zeiten des Umbruchs" sehr sehr feinfühlig. Paul will unbedingt Künstler werden (das Talent hat er), Jonathan träumt davon als NASA-Astronaut den Mars zu betreten während die Eltern eine akademische Laufbahn für die Nachkömlinge anstreben.

 

Dazu passen dann auch die zwei Schulen welche der rebellische aber zurückhaltende Paul besuchen muss. Erst auf einer öffentlichen, mit überfüllten Klassen, überforderten (und keineswegs sympathischen) Lehrern sowie der Tatsache das hier alle ethnischen Gruppen unterrichtet werden offenbart Gray den verherrenden Zustand des Bildungssystems der USA, während er nämlich die krassen Gegensätze zur Privatschule offenbart. Hier sind die Klassen kleiner, der Unterricht individueller und Schwarze haben keinen Zutritt, was schonungslos einen tief verbreiteten Rassismus offen anspricht. Maximal schockierend ist schlussendlich das selbst Kinder offen rassistische Gedanken haben.

 

Als dann noch Fred Trump (Vater von Donald Trump) seinen Auftritt hat erkennt wohl der Letzte den gesellschaftskritischen Aspekt von James Gray's Film. Dieser lebt neben seinem herausragenden Drehbuchs vorallem davon, dass hier ein Cast am Werk ist der nicht nur seine Arbeit versteht sondern obendrein unfassbar authentische Figuren abgibt. Anne Hathaway und Jeremy Strong als strenge, aber auch liebevolle Eltern harmonieren nicht nur perfekt miteinander sondern bringen diese Gegensätze auch noch mehr als glaubhaft rüber. Zu Anthony Hopkins muss man eigentlich nichts mehr sagen, aber wie er hier den Großvater spielt, der diese Familie mit seiner Güte, Präsenz und seinem Charisma zusammenhält, ist schon verdammt großes Kino. Sein Filmtod ist absolut tragisch und rührt zu Tränen. Die Kinderdarsteller besitzen genau jene Eigenschaften welche es braucht die vielen Charakterzüge sowie die Wünsche und deren tragische Lebensgeschichten mit Feingefühl auf die Leinwand zu bringen. Ein Rad greift ins andere wodurch eine Verkettung von ausschließlich positiver Aspekte zu beobachten ist.

 

Als letztes relevantes Bindeglied fungiert das Thema "Freundschaft", was Gray durchweg prägnant in den Fokus rückt. Paul und Jonathan gehen durch Dick und Dünn trotz Außenseiterrollen und jeweils präkeren Familienverhältnissen. Lediglich die viel zu geringe Präsenz von Hopkins kann als Kritikpunkt angeführt werden. Begleitet von einem vielschichtigen Soundtrach, der zwischen klassischem 80er Jahre-Sound, Opernmelodien und emotionalen Stücken wechselt besitzt das Drama zu jedem Zeitpunkt eine aussagekräftige, ans Herz gehende Atmosphäre während die Kamera schon fast schüchtern aber stets mit einer gewissen Intimität agiert.

 

Fazit: Großes Schauspielkino in einer ungemein wunderschönen Coming-of-Age Geschichte mit gesellschaftlicher Kritik am System der 80er Jahre. Der Lichtblick fürs Kino im dunklen November.

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

Bones and All (Romanze/Horror)

 

Maren Yearly (Taylor Russell) ist besonders. Sie gehört zu den so genannten Eatern – Menschen, die andere Menschen essen. Mit dieser Eigenart durchs Leben zu gehen, ist alles andere als einfach. Als sie 18 Jahre alt ist, wird sie von ihrem Vater verlassen, weil er das Leben mit der außergewöhnlichen Tochter, die bereits mehrfach Menschenfleisch gegessen hat, nicht mehr aushält. So macht sich Maren auf die Suche nach ihrer Mutter und reist dafür durch die ganze USA. Dabei trifft sie auf einige Gleichgesinnte und vor allem auf Lee (Timothée Chalamet), den sie schnell ins Herz schließt. Lee ist ebenfalls ein Eater und will Maren bei der Suche nach ihrer Mutter helfen. Zusammen reisen sie in einem alten Truck durch das riesige Land und versuchen, trotz ihrem Hunger auf Menschenfleisch, von Zeit zu Zeit wie ein ganz normales Paar zu leben. Was sie nicht ahnen: Sie werden die ganze Zeit verfolgt…

 

Selten haben Horror und Liebesfilm eine derat sehenswerte Symbiose mit viel Leidenschaft für beide Richtungen ergeben wie bei "Bones and All". Und das wars noch nicht mal, schließlich beinhaltet das Werk von Luca Guadagnino ebenfalls einen gehörigen Part Coming-of-Age gepaart mit einem klassischen Road-Trip-Drama. Durchweg ungemein ruhig inszeniert entwickelt "Bones and All" eine eigene unbeschwingte Dynamik voller Emotionen. Weder zu hektisch noch zu langsam cruisen die Charaktere wie auch das Publikum einmal quer durch die USA der 80er Jahre, stets auf der Suche nach Antworten, Liebe und Menschenfleisch. Inwiefern sich diese Verfilmung getreu an die Romanvorlage hält kann ich leider nicht beurteilen, finde aber das Werk zweifelsfrei sehr gelungen.

 

Zwischendurch schlägt der Filmemacher erstaunlich authentische wie faszinierend harte Horrortöne an, schließlich sind die beiden Hauptfiguren sogenannte "Eater" welche regelmäßig Menschenfleisch verspeisen müssen. Diese offensichtlichen Kannibalen- bzw. Vampirthematiken sind zwar ein zentraler Aspekt einer auf seine Charakter fokussierten Handlung, werd en aber keinesfalls mit Klischees oder romantischen Kitsch ala Twilight überhäuft.

Die Darstellung Menschen mit solchen Neigungen (oder wie hier quasi als angeborene Eigenschaft) besticht in diesem Genremix durch ihre subtile Art, bei der man sowohl Ekel als auch Faszination empfinden kann/darf.

 

Wenn man dem Film etwas vorwerfen kann dann jenes, dass dieser den perfekten Abschluss verpasst um dem Plot nochmals eine gesteigerte Dramatik zu verleihen wobei leider ein unnötig generischer Weg eingeschlagen wird. Somit verliert sich die über weite Strecken absolut detailverliebte, einfühlsame und inhaltlich sehr ausgewogene Story in einem zugegeben vorhersehbaren Finale, obwohl die Qualität der Inszenierung (Kamera, Musik, Darsteller, Kulissen) keineswegs nachlässt. Thema Musik; neben "Lick it Up" von Kiss besticht der Soundtrack mit seinen langsamen und emotionalen Gitarrensounds, welche man so nur aus Liebesfilmen kennt.

 

Es klingt skurril, aber genau mit diesem augenscheinlich absurden Sounddesign gelingt es "Bones an All" das Publikum atmosphärisch etwas zu bieten, was vielen Filmen nicht gelingt. Und allein die Tatsache Horror mit Romanze unter einen Hut zu bringen ist schon ein unkalkulierbares Unterfangen. Eine fokussierte Kamera fängt neben seinen Charakteren zahlreiche Details wie etwa Poster von Kiss oder Iron Maiden ein, filmt relativ triste und farbliche im beige-sand Tönen gehaltene Kulissen und entführt den Zuschauer zu einem absolut beschwingten Roadtrip.

 

Dabei geben sowohl Taylor Russell wie auch Timothée Chalamet Ihr Bestes und liefern jeweils ein unfassbar dezentes aber intensives Schauspiel ab, weshalb man beiden die Rollen zu 100% abnimmt. Zugute kommt hierbei natürlich auch, dass das Drehbuch seinen Figuren reichlich Tiefe und mehrdimensionale Charaktereigenschaften zukommen lässt, von denen neben den beiden Hauptdarstellern auch sämtliche Nebenfiguren profitieren.

 

Fazit: Cineastisch ein Film wie es ihn in dieser Kombi (Horror/Romanze) und vorallem entsprechender Qualität noch nie gegeben hat, profitiert "Bones and All" vorallem von seinen beiden Hauptdarstellern sowie der feinfühligen, kitschfreien Inszenierung.

 

Bewertung:

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

Dem Leben auf der Spur (Drama)

 

Nach dem Tod seiner Frau macht sich Frank Fogle (John Hawkes) auf, ihr den letzten Wunsch zu erfüllen: Ihre Asche soll in einem abgelegenen See in ihrer Heimat Irland verstreut werden. Darüber hinaus soll ihn sein entfremdeter Sohn Sean (Logan Lerman) dabei begleiten. Als Sean aus dem Gefängnis kommt, ist das Letzte, was ihm in den Sinn kommt, eine Auslandsreise mit seinem Vater. Was er braucht, ist ein Neuanfang in Kalifornien. Doch als seine Pläne zusammenbrechen, akzeptiert er widerwillig den Vorschlag seines Vaters – aber nur weil er von Frank ein Ticket für die Westküste bekommt und das Versprechen, dass die beiden sich danach nie wieder sehen müssen. Zwischen einer beunruhigenden irischen Totenwache, dem Auftauchen einer alten Flamme, der Mitnahme einer hübschen Anhalterin und vielen ungelösten Problemen wird diese Reise ein wenig mehr, als Vater und Sohn sich ausgemalt haben...

 

Roadmovies mit tragischen Hintergrundgeschichten welche ein emotionales aber herzlich-gutes Ende finden sind immer dann am Besten wenn man diese völlig überraschend zu sehen bekommt. Praktischerweise in der Sneak Preview gezeigt ist "Dem Leben auf der Spur" trotz dessen sicherlich simplen Grundidee zum Schluss wirklich sehenswert geraten.

 

Das liegt vorallem an einer absolut ruhigen, oft tempoarmen sowie auf die Figuren fokussierten Inszenierung dank der es Regisseur Elfar Adalsteinsson gelingt sein Publikum vollends an den Gefühlen von Frank, Sean und Jewel teilhaben zu lassen. Auf der anderen Seite begeistern die fast durchweg authentischen Charakterentwicklungen der Figuren, wobei diese anfangs leider etwas zu eindimensional und leicht durchschaubar eingeführt werden. Hier der nicht durchsetzungsfähige Vater, dort sein rebellischer und wütender Sohn sowie eine attraktive junge Frau in der Bar mit Geheimnissen.

 

Doch Drehbuchautor Michael Armbruster und sein Regisseur lassen es nicht dabei sondern erzeugen auf der langen Autofahrt durch Irland viele kleinere Reibungspunkte, lüften lange Geheimgehaltenes und lassen die Figuren vorallem eines: miteinander reden. Über allem schwebt etwas Unerklärliches, fast schon Mystisches welches mit dem Reh auf der Straße eine physische Form bekommt. Passenderweise hat Komponist Petur Thor Benediktsson die Filmmusik sehr zurückhaltend und absolut begleitend zu Papier gebracht wodurch neben den tollen Landschaften der Fokus auf der Handlung liegt.

 

Wunderbar sanfte Bilder (punktuell wie etwa auf der Fähre etwas zu hektisch geraten) zeugen nicht nur von filmischer Schönheit sondern lassen diese besondere Vater-Sohn Story einfach nur lebendig und echt wirken. Dabei spielt es eine enorm große Rolle das die Differenzen nach und nach auf den Tisch kommen, jeder über den anderen noch etwas lernt und alte Wunden (körperlich wie seelisch) oftmals quasi im Vorbeigehen angeschnitten werden womit sowohl die Figuren wie auch das Publikum einerseits geschockt werden jedoch auch das Handeln besser verstehen können.

 

Es darf nicht unerwähnt bleiben welch enorm großen Anteil die drei Hauptdarsteller (für mich ist Jewel auf jeden Fall eine Hauptfigur) am glaubhaften sowie emotional-berührenden Roadtrip haben. Nicht nur nimmt man Ihnen die Rollen ab, nein auch die Harmonie und Abstimmung untereinander stimmen. Sicherlich ist im Schlussdrittel die Auflösung mancher Nebenstränge durchaus generisch sowie den Tick zu simpel geraten (besonders ab der Fähre) aber größtenteils erkennt man den Grundgedanken des Drehbuchautors seiner Idee Leben einzuhauchen.

 

Fazit: Der durchaus tragische aber stets gefühlvolle und sanft gefilmte Roadmovie "Dem Leben auf der Spur" regt nicht nur zum Nachdenken an sondern ist als emotional-berührendes Drama mit Happy-End zudem sehr sehenswert.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

What Daphne Saw (Horror/Drama)

Kurzfilm

 

In einer dystopischen Zukunft werden Schwerverbrecher von einem speziellen Unternehmen neu "programmiert", mit einem Chip ausgestattet und sollen fortan stillschweigend in zahlungskräftigen Haushalten helfend zur Hand gehen. So gelangt Daphne (Selynne Silver) in Paul's (George Griffith) Haus, der ein dunkles Geheimnis hüttet....

 

Ein knapp 20-minütiger Kurzfim der so verdammt unangenehme Gefühle auslöst und moralisch wie ethisch ungemein deutliche Aussagen macht. In einer näheren Zukunft spielend werden schwere Straftäter/Straftäterinnen zu stummen "Robotern" umgewandelt um überfüllte Gefängnisse zu verhindern und weil der Umgang mit diesen Menschen ja so viel humaner sei. Jeweils völlig absurde Ausreden, die jedoch auf der anderen Seite nur darauf warten im realen Leben eines Tages umgesetzt zu werden. Leider ist die Menschheit so krank sowas zuzulassen, zeigt doch die Geschichte vorallem im Bezug auf die Skalverei wozu wir in der Lage sind.

 

Zwar wird im Mietvertrag geregelt das bsp. Sex mit diesen "Menschen" verboten ist, doch kontrolliert wird dies nicht und schließlich ist der Kunde ja König. Da dieser noch ein Mann ist und Daphne ja stumm kann er ohnehin machen was er will. Zudem wird die stumme Frau schon auf dem Weg zu Paul vom Fahrer/Firmenmitarbeiter unsittlich im Schritt berührt. Die Krone der Perversion setzt sich dieser Kurzfilm dann auf als es um Kindesmissbrauchs geht, der hier zwar nicht expliziet gezeigt wird (alles andere wäre auch nicht hinnehmbar gewesen) aber verdammt klar angeteasert wird. Widerlicher gehts kaum noch und der Ekelfaktor ist enorm hoch.

 

Ja, auch solche Filme muss es geben, vorallem mit Figuren wie den neuen "Mieter" von Daphne, der unfassbar eklige sowie böswillige Charakterzüge besitzt. Ungemein stark gespielt trägt zudem die Atmosphäre mit ihrem emotional berührenden Sound viel dazu bei, hier mit Unwohlsein den Abspann zu ertragen, wobei der Kurzfilm immerhin ein unter den Voraussetzungen gutes sowie gerechtes Ende findet. Was jetzt noch fehlt ist ein ebenso faszinierender wie authentischer und schmerzvoller Langfilm, dessen Message ähnlich wuchtig beim Zuschauer ankommt.

 

Fazit: Lizz Marshall liefert mit Ihrem ungemein unangenehmen sowie stark gespielten Kurzfilm den Beweis wie pervers und krank der Mensch sein kann wobei man sich nach "What Daphne Saw" einfach nur wünscht soetwas nie im realen Leben sehen zu müssen.

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

 

The Devil's Light (Horror)

 

Nach den Berichten des Vatikans zufolge haben Fälle von dämonischer Besessenheit zugenommen. Woraufhin die katholische Kirche beschlossen hat, Exorzismus-Schulen zu eröffnen, in denen Priester den heiligen Ritus lernen können. Die junge Ordensschwester Ann (Jacqueline Byers) hält diese Praktik für sehr wirkungsvoll und möchte Menschen damit helfen. Sie möchte sich unbedingt ausbilden lassen, aber die Schulen sind nur Priestern vorbehalten. Doch ihr Mentor (Colin Salmon) sieht etwas in ihr und macht es möglich, dass sie aufgenommen wird. Als sie dort jedoch mit einer besonders schweren Form der Besessenheit konfrontiert wird, erwacht ein vergangenes Trauma in ihr.

 

 

Wieder ein Film übet Exorzismus mag man denken wenn der Titel "The Devils Light" fällt. Erneut ein simpler, durchschaubar gestrickter Gruselfilm ohne Spannung scheint vorprogrammiert. Zur allgemeinen Überraschung ist dieser Horrorfilm jedoch eine absolut positive Überraschung und bedeutend interessanter als es der Trailer noch vorgaukelt. Das liegt schlichtweg daran dass "The Devils Light" eine erstaunlich ausgereifte Handlung mit einigen schönen Plottwists besitzt während die Inszenierung zudem dokumentarische Züge aufweist. Zum anderen steht hier eine zweifelsfrei charakterlich starke Frau (in der Historie der katholischen Kirche sind solche Damen in der Regel auf dem Scheiterhaufen gelandet)  im Fokus, die aufgrund Ihrer Kindheitserlebnisse (aufgezeigt in zahlreichen Rückblenden) glaubhafte Anreize hat den im Film gezeigten Weg zu gehen.

 

Schlussendlich ist es noch die Art der Inszenierung mit eher ruhigem Tempo, gefühlvollem Schlusspart und dem seltenen Blick hinter die Kulissen der Exorzistenausbildung, dank derer das Publikum den Film von Daniel Stamm mögen wird. Atmosphärisch stets sehr düster, beklemmend bleibt die Bildsprache im Bereich kalter und dunkler Farben wobei aufgrund der Schauplätze (etwa die Kellergewölbe der Schule oder schwach ausgeleuchtete Gänge) allein schon unangenehme Gefühle hervorgerufen werden. Sicherlich bedient sich Stamm kompromisslos an allen gängigen Stilmitteln des Genres, wenn etwa ein Priester in die Dunkelheit gezogen wird, aber dennoch wirkt sein Gruselstreifen erstaunlich authentisch und realitätsnah. Mit Jumpscares wird sparsam umgegangen, dafür aber effektiv.

 

Ein recht offenes und geschickt eingefädeltes Finale lässt zweifelsohne Spielraum für eine eventuell Fortführung der Geschichte um Schwester Ann, der ersten weiblichen Exorzistin seit über 700 Jahren. Apropos Exorzistin; "The Devil's Light" ist neben seiner vorwiegend horrorlastigem Beschaffenheit auch ein kirchenkritischer Film, der mit dezenten aber prägnanten Spitzen die weibliche Rolle innerhalb der katholischen Kirche anprangert. Sinngemäß sagt eine Schwester das Frauen für die körperlichen Leiden der Patienten zuständig sind während es den Männern vorbehalten ist sämtliche seelische Leiden behandeln zu dürfen. Schließlich sei das schon seit jahrtausenden gängige Praxis, woran bloß nicht gerüttelt werden darf. Die Unterdrückung des weiblichen Geschlechts, keineswegs ein rein gesellschaftliches Relikt sondern von der Kirche gelebt. Dass Ann am Ende doch Ihre Ausbildung machen darf ist Wunschdenken des Drehbuchautors aber dennoch ein verdammt starkes Zeichen.

 

Jacqueline Byers als Schwester Ann liefert eine herausragende Leistung ab und trägt die knapp 90 Minuten problemlos auf Ihren schmalen/breiten Schultern. Gerade Ihr facettenreiches Auftreten, hier die liebevolle Zuhörerin, dort das verängstigte Mädchen in den Augen, dann wieder eine selbstbewusste wie wissbegierige Geistliche, macht verdammt viel Spaß beim Zuschauen. Dadurch wird Ann ziemlich schnell der Ankerpunkt sowie Sympathieträger beim Publikum und man lässt sich beängstigend einfach in den Schlund der Hölle ziehen beim Aufdecken all Ihrer Geheimnisse und wie sich diese auf die Handlung auswirken. Mit dieser Präsenz stellt die 26-jährige Kanadierin alle anderen im Cast in den Schatten obwohl diese durchaus recht ordentlich spielen.

 

Fazit: Wer nach dem Trailer dachte hier den x-ten Exorzismushorror im Kino sehen zu müssen wird erstaunt feststellen mit welch ausgereifter Handlung "The Devil's Light" aus den tiefsten Gewölben des Vatikans auf die Leinwand kommt. Schön das es noch möglich ist in diesem augelutschten Genrebereich für Überraschungen zu sorgen.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Wer gräbt den Bestatter ein? (Komödie)

 

Wo soll einmal das Grab des ehemaligen Stummfilm-Sternchens Gaby Gruber (Astrid Polak) stehen? In Greisendorf oder in Neubrunn? Die mittlerweile älteste Frau Deutschlands ist noch quicklebendig und denkt mit 114 Jahren noch lange nicht ans Sterben. Aber diese Frage muss geklärt werden, so lange sie noch lebt! Mit dieser Aufgabe müssen sich der Gärtner Gert (Thomas Kress), die Müllfahrerin Rudi (Angelika Sedlmeier) und der Klempner Pat (David Zimmerschied) auseinandersetzen, als der örtliche Bestatter Bartl (Uli Bauer) während einer aufregenden Schafkopfrunde plötzlich verstirbt. Vom Greisendorfer Bürgermeister bekommen sie den Auftrag, den Bestatter möglichst schnell unter die Erde zu bringen, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt...

 

Ein halbkaputtes Plakat der jungen Frau Gruber in XXXL-Größe an einer schäbigen Scheune befestigt; damit beginnt diese urbayerische Komödie mit einer Homage an die Westernklassiker, welche ja gerne mit Szenen um sich werfen in denen das Fahndungsposter einers Verbrechers an einem Pfosten genagelt abfliegt. Kurz darauf scheint eine Katze erst großes Glück zu haben um sekundenbruchteile später vom Feuerwehr überfahren zu werden. Dieser zugegeben derbe schwarze Humor hält sich bei "Wer gräbt den Bestatter ein?" in Grenzen, ungemein unterhaltsam ist der Film dennoch geworden. Das liegt natürlich an der bayerischen Gemütlichkeit im Tempo, vielen sympathischen Figuren, reichlich Bier und der Verwendung des bayerischen Dialekts während der Dialoge.

 

Gespickt mit Stars bekannter weiß-blauer Serien gelingt es den Machern um Tanja und Andreas Schmidbauer eine völlig absurde aber stets herzliche Geschichte zu erzählen, die es in dieser Form nur in Bayern geben kann bzw. die nur hier funktioniert. Typische Dorfkulissen, witzige Details sowie interessante Charakterbeschreibungen der einzelnen Figuren bieten genug Stoff für einen unterhaltsamen Kinoabend mit kühlem Hopfengetränk. Die Witze sind dabei alles andere als billig oder oberflächig sondern erstaunlich subtil und funktionieren sowohl auf der Sprach- wie auch Bildebene sehr gut. Einen großen Beitrag dazu leisten natürlich sämtliche Darsteller, denen nicht nur der Spaß anzumerken ist sondern auch das Feingefühl im Bezug auf schwarzen Humor und wie man diesen authentisch umsetzen kann.

 

Ungemein faszinierend ist hier die Leistung von Uli Bauer, der quasi den gesamten Film über einen Toten spielen muss während er mit der Sackkarre durchs Dorf geschoben, in der Kältekammer der Metzgerei stehen oder mit dem Föhn aufgetaut wird. Stets über beide Ohren grinsend läuft Teresa Rizos durch die Kulissen, schließlich ist die Kaminkehrerin doch als Glücksbringer beliebt und sieht sich dies zudem als Teil des Berufs an. Überraschend emotional wird "Wer gräbt den Bestatter ein?" in Richtung Finale als es den Filmemachern noch gelingt so unbequeme Themen wie Sterben, Familienprobleme oder den Beruf eines Bestatters unterzubekommen ohne dabei die Gute-Laune-Linie zu verlassen. Außerdem rücken die Bedeutung von Freundschaft und der Umgang mit einem würdevollen Abschied in den Fokus.

 

Natürlich ist vieles Fiktion und in dieser Form wenig realistisch, aber als Daily Soap im Filmformat eine Augenweide, zumal die Komödie bewusst auf zu viel störende Musik verzichtet. Und läuft doch mal etwas Sound dann handelt es sich um Volksmusik bzw. Songs mit bayerischen Texten. Wer "Dahoam is Dahoam" kennt und schätzt wird hier auf jeden Fall glücklich werden, Norddeutsche könnten hingegen mit dieser eher unorthodoxen wie wendungsreichen Inszenierung Ihre liebe Not haben. Von der Inszenierung her eine klassische Komödie, jedoch mit dem besonderen Blick für viele Details sowie ein Gespühr dafür wann man wie welchen Moment aus welcher Perspektive filmen sollte.

 

Fazit: Urbayerisch komisch, unterhaltsam und größtenteils im Dialekt gesprochene Dialoge; Die Komödie "Wer gräbt den Bestatter ein?" ist der perfekte Film für den Besuch mimt Freunden im Kino um dem grauen Herbst zu entfliehen.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

Wir sind dann wohl die Angehörigen (Drama/Biopic)

 

Mitten in der Nacht des 25. März 1996 wird Johann (Claude Heinrich) von seiner Mutter Ann Kathrin (Adina Vetter) geweckt: sein Vater wurde entführt. Danach scheint die Zeit still zu stehen. Polizisten, Anwälte und Freunde der Familie beleben das Haus, das plötzlich so unlebendig scheint. Zum ersten Mal in seinem Leben empfindet Johann so etwas wie Angst. Die Ungewissheit ist nun sein täglicher Begleiter. Schule, Sport und Freunde sind plötzlich nicht mehr relevant und die Tage scheinen endlos zu sein. Jan Philipp Reemtsma (Philipp Hauß) ist in den Händen von Entführern, die eine unjugendmögliche Menge Lösegeld fordern. Die Zeit schreitet voran und nachdem wieder eine Geldübergabe scheitert, scheint es so, dass die ermittelnden Beamten mit der Entführung vollkommen überfordert sind. Jan Phillipps Leben kann nur gerettet werden, wenn die Familie wider der Strategie der Polizei vorgeht ...

 

Die Reemtsma-Entführung 1996 sorgte für viel Aufsehen, zumal im Nachhinein die vielen Fehler sowie teils das enorme Versagen der Polizei als Grund für die lange Dauer von über einem Monat verantwortlich gemacht worden sind. Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Johann Scheerer gibt es diesen Entführungsfall auf der großen Kinoleinwand zu sehen. Erzählt vorallem aus der Perspektive des Jungen (der später eben jenes Buch verfasst hat was nun die Grundlage bildet) ist das Drama eben keine klassische Inszenierung eines solchen Kriminalfalles sondern bedeutend vielschichtiger und einfühlsamer. Somit ist dieses Werk vorallem auch ein sehr persönliches Biopic eines Jugendlichen dessen Leben sich über Nacht radikal verändert hat.

 

Gerade die teils intime Kameraführung mit vielen langen Passagen bei fast völligem Verzicht auf Hintergrundmusik verleiht der Erzählung eine ungemein intensive Wucht obwohl der Film einen Tick zu lange geraten ist. Als Zuschauer ist man mehr stiller Beobachter statt Beteiligter, die Entführer bekommen wir gar nicht zu sehen wodurch mit deren Anrufen ein vorallem für Johann nicht greifbarer Zustand erzeugt wird. Viel Zeit nimmt sich Regisseur Hans-Christian Schmid für die alltäglichen Abläufe der Familie, bei denen die Ermittler quasi eingezogen sind und am Esstisch sitzen. Es sind genau diese vielen persönlichen Szenen (darunter auch Ausflüge mit einem Bekannten oder die sehr skurrile Ostereiersuche im Garten) wegen denen sich ein Blick allemal lohnt.

 

Selten bekommt man derat vertrauliche wie authentische Einblicke in die Gefühlswelt von Entführungsopfer-Angehörigen wie bei diesem leisen aber gewaltigen deutschen Genrefilm, dessen TV-Produktionsoptik keinerlei Nachteile mit sich bringt. Schauspielerisch kann der Cast vollends überzeugen und liefern neben viel Feingefühl auch das nötige Charisma ab damit jeder Charakter zu jedem Zeitpunkt des Films absolut fürs Publikum zugänglich bleiben.

 

Fazit: Biografisches Drama aus der Sicht von Johann Scheerer, dessen Vater 1996 entführt und auch wegen Polizeifehler über 30 Tage festgehalten worden ist. Einfühlsam, emotional und sehr authentisch inszeniert.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

Mad Heidi (Horror/Action/Komödie)

 

Die Geschichte von Heidi bewegt bis heute die Herzen ganzer Generationen rund um die Welt. Mittlerweile ist Heidi aber kein süßes kleines Kind mehr. In der nahen Zukunft versinkt die Welt in Krieg und Chaos, aber die Schweiz hat sich als Insel der Reichen vom Rest des Planeten abgeschottet. Ein despotischer Käsemagnat regiert das Land mit eiserner Faust, um ein künstliches Postkartenbild der Schweiz zu transportieren. Als Heidi von brutalen Regierungstruppen entführt wird, muss sie sich verteidigen und ihren eigenen Krieg gegen die mit Käse betriebene Hassmaschine führen. Schon bald werden die Truppen merken, dass sie sich mit der falschen Heidi angelegt haben...

 

Heidi ist im deutschsprachigen Raum dank der sehr erfolgreichen Kinderserie bekannt und wird mit idyllischen Wiesen und der wunderschönen Berglandschaft der Schweiz asoziiert. Warum also nicht mal als blutigen Horror inszenierten dachten sich die Regisseure Johannes Hartmann und Sandro Klopfstein weshalb eine Crowdfounding Kampagne ins Leben gerufen bei der ein siebenstelliger Betrag zusammen kam. "Mad Heidi" ist ein absolut sehenswertes Werk mit Splatterelementen, Trashpassagen und verdammt viel Humor und vielen kleinen Gags. Nicht zu vergessen, "Mad Heidi" ist ein Film mit einer starken Frau in einer männerdominierten Welt was außerordentlich zum gelungenen Gesamtpaket beiträgt.

 

So sehen wir wie Heidi einem Soldaten erklärt das sein schweizer Taschenmesser doch keine richtige Waffe im Gegensatz zu Ihrem Schwert sei. Auch gelingt es Regisseur Johannes Hartmann spielerisch moderne, kulturelle und gesellschaftliche Aspekte einzubauen wodurch der Ziegen-Peter hier nun dunkelhäutig und Klara asiatischer Herkunft sind oder Kleinwüchsige eine wichtige Rolle innerhalb dieser spielen können. Schlussendlich ist allein die Idee mit den laktoseintoleranten Bürger als Feindbild Nummer 1 schlichtweg genial und gerade für der Käsenation Schweiz als selbstironischer Blick gesehen werden müssen.

 

Hinzu kommt mit Alice Lucy eine herausragende Darstellerin die in Ihrem Dirndl mit Lederstiefeln und Zöpfen als fescher Racheengel unfassbar überzeugen kann. Aus dem Material Arts Bereich kommend begeistert Lucy mit Ihrer Physis, Ausdauer und Beweglichkeit, wodurch sämtliche Fights maximal authentisch rüber kommen. Damit ist die Schauspielerin aus der Schweiz mit Ihrem Debütfilm die Neuentdeckung des Jahres und man darf gespannt sein was hier in nächster Zukunft noch so alles kommen wird. Daneben überzeugt Casper Van Dien als durchgeknallter Diktator und hat Spaß an seiner Rolle wie lange nicht mehr. Max Rüdlinger alias Kommandant Knorr mit besonderem Fetisch macht ebenfalls viel Fun auf der großen Leinwand. David Schofield beweist das der Alpöhi als einäugiger Senior durchaus mit Gewehren zielen kann während Katja Kolm alias Fräulein Rottweiler quasi das Gegenstück von Fräulein Rottenmeier (damit die einzige Figur deren Namen für den Film geändert worden ist) dient.

 

Insgesamt machen die Kostüme (bsp. angelehnt an die Uniformen der SS oder Peter in Leopardmantel und gelber Gummihose) mächtig Gaudi während der Film zahlreiche bekannte Genres (Musik sehr westernlastig) oder historische Details (Swingkämpfe in der Arena stellen moderen Gladiatoren dar) bedient und amüsant einbaut. Über allem steht eine erstaunlich tiefe Handlung mit vielen (auch mordernen Inhalten) und Figuren die man aus der Kinderserie so nicht kennt. Schlussendlich erfahren wir auch den Grund warum Klara im Rollstuhl sitzt sowie eine mögliche Fortsetzung der Story und woher die Milch für den neuen Superkäse kommt (Achtung: dieser Moment ist absolut creapy).

 

Vielfach mit Greenscreen gemacht wirken die am Computer generierten Kulissen überaus wertig und dienen eher als nettes Rahmenprogramm anstatt der irren aber durchweg amüsanten Handlung die Show zu stehlen. Gerade wie realistisch der Wasserfall aussieht in den sich Heidi rückwärts und mit gestreckten Armen fallen lässt ist Grund genug bei "Mad Heidi" von keinem billigen Trashmovie zu sprechen, obwohl natürlich auch Effekte vorkommen die qualitativ etwas schwächer sind.

Wer nach dem Trailer schon Bock hatte wird hier keineswegs enttäuscht und erlebt einen ungemein unterhaltsamen, blutigen Actionhorror vor den Schweizer Alpen.

 

Fazit: So habt Ihr Heidi noch nie erlebt. "Mad Heidi" ist das beste Beispiel was herauskommen kann wenn kreative Köpfe das Vertrauen (in Form eines Crowdfounding) der Fans bekommen und liefern. Unfassbar witzig, blutig, selbstironisch und mit Alice Lucy die Schauspielentdeckung des Jahres.

 

Bewertung:

Genre: 10 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten