Filme aus dem Juni (VoD- Veröffentlichungen)

 

The Hunt (Action/Thriller/Horror/Satire)

 

 

Von der Presse als "Skandalfilm des Jahres" bezeichneter harter und trashiger Action-Thriller mit Horrorelementen sowie viel satirischer Kritik am System "USA"

 

 

Zusammen mit 11 weiteren Personen erwacht Crystal (Betty Gilpin) gefesselt auf einer Waldlichtung. In einer großen Holzkiste findet die Gruppe etliche Schusswaffen, die sofort in Beschlag genommen werden. Doch schon bald darauf fallen Schüsse und allen wird klar, dass Sie Teil einer Menschenjagd sind. Während einer nach dem anderen getötet wird gelingt es Crystal, die früher beim Militär war, sich zu verstecken um so Ihren "Jägern" zu entkommen. Kurzerhand dreht die taffe Frau den Spieß um und beginnt Ihrerseits auf die Jagd zu gehen. Dabei kommt Sie dahinter wer hinter allem steckt. Warum will die reiche Sadistin Athene (Hillary Swank) gerade Sie und die anderen tot sehen?

 

Eigentlich war diese Produktion von Blumhouse (das Studio ist ja mittlerweile bekannt dafür mit wenig Budget sehr gute und erfrischende Horrorfilme zu produzieren) im Mai als Kinofilm vorgesehen. Aber aufgrund des Corona-Virus wurde der Film hierzulande (in den USA gab es zuminderst 6 Kinospieltage) als VoD veröffentlicht. Von der Presse als Skandalfilm des Jahres betitelt kann Craig Zobel's Film aber auf ganzer Linie überzeugen. Eine feine Mischung aus Horror, Thriller und Splatter mit viel Satire und schwarzem Humor sowie viel Blut und Sarkasmus sorgen besonders für Genrefans für beste Unterhaltung. Dabei nimmt sich der Film zu keiner Zeit richtig Ernst und nimmt sowohl Republikaner als auch Demokraten aufs Korn. Herrlich unpolitisch und doch politisch. Anders als erwartet sind es hier die Trump-Wähler, auf die Jagd gemacht wird. Ohne groß nachzufragen werden die Waffen aus der Holzbox genommen, während die Jäger (Demokraten) darüber diskutieren ob man nicht auch Schwarze in die Gruppe der Gejagden integrieren soll. Dies sind nur 2 Beispiele bei denen die vorherschenden Klischees extrem übertrieben, aber auch sehr unterhaltsam dargestellt werden. Ist die erste halbe Stunde fast übertrieben temporeich (alle 5 Minuten wird ein Kopf weggeschossen oder einer explodiert) wirkt der Mittelteil fast etwas behäbig, versorgt den Zuschauer aber mit vielen Details zur Vorgeschichte (Geschichte spielt nun auf zwei Zeitebenen) und gibt Einblick in Crystals Charaktereigenschaften. Das Finale ist sehr actionreich (im Stille von John Wick) sowie blutig und endet ziemlich skurill.  Sind so ziemlich alle Figuren zweitrangig (da man auf diese nicht weiter eingeht) und sagen teilweise nur 1-2 Sätze bekommt man zu Crystal erstaunlich viele Dinge mit. Nach außen hin eher ruhig, teilnahmslos, fast dummlich und still wirkend zeigt man dem Zuschauer mit zunehmender Laufzeit eine ganz andere Person: Sie ist eine extrem schlaue und kaltblütige Frau mit klarem Ziel und Vorstellungen. Gilpin liefert zudem eine mehr als überzeugende Leistung ab und sorgt neben der bereits gut geschrieben Figur für eine entsprechend ausdrucksstarke Spielweise, wie man es leider viel zu selten zu sehen bekommt. Als zweite ausführlich beschriebene Figur ist die von Swank gespielte Athene. Diese will aus Rache über Ihr berufliches Scheitern die Menschenjagd für betuchte Menschen durchführen. Dabei kann Hillary Swank anders als in "Lady Business" als Bösewicht wieder überzeugen und liefert sich am Ende einen unterhaltsamen Kampf mit Crystal, bei dem es um Leben und Tod geht.

Zudem überzeugen die Kameraarbeit (mit toller Bildqualität, die trotz etlicher Blutspritzer zu keiner Zeit ekelhaft erscheint), die handgemacht wirkenden Actionszenen, die feine Ausleuchtung der Handlungsorte sowie der unorthodox angelegte Soundtrack (Eine Mischung aus klassischen Stücken und bedrohlicher Musik).

Bekannte und typische Horrorelemente werden kurzerhand über Bord geworfen und auf unkonventionelle Weise dargestellt, was "The Hunt" neben einem hohem Trashfaktor auch eine sehr erfrischende Note verleihen. Die Freigabe ab 18 Jahren ist definitv gerechtfertigt

 

Fazit: Von wegen Skandalfilm; "The Hunt" ist eine herrlich satirsche Kritik am System in den USA und überzeugt auf ganzer Linie. Eigentlich fehlt in der deutschen Fassung nur noch der bekannte Song "Skandal im Sperrbezirk" von der Spider Murphy Gang. In den Kinos wäre dieser Film sicherlich gut gelaufen (Besucherzahl von 500T oder mehr wären sicher möglich gewesen)

 

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

 

Vivarium (Mystery/Sci-Fi/Thriller/Horror)

 

 

Was würde passieren wenn der Mensch nur der Spielball von etwas Höherem ist? Der grandiose Sci-Fi Horrorthriller "Vivarium" mit u.a. Jesse Eisenberg zeigt eine eindringliche Geschichte

 

Gemma (Imogen Poots) und Tom (Jesse Eisenberg) träumen von einem Eigenheim. Eines Tages besucht das Paar einen Immobilienverkäufer (Jonathan Aris), der die beiden in ein Neubaugebiet außerhalb der Stadt bringt. Dort gleicht ein Haus dem anderen und selbst die Gärten sind alle identisch. Während der Besichtigung von Haus 9 fällt dem Paar auf, dass der Verkäufer seltsame Angewohnheiten sowie eine verwirrende Wortwahl verwendet. In einem kurzem Moment der Unachtsamkeit verschwindet er wodurch Gemma und Tom beschließen nach Hause zu fahren. Doch sie scheinen immer im Kreis zu fahren, da man immer wieder bei Haus 9 rauskommt. Am nächsten Morgen steht ein Karton mit Lebensmitteln auf der Straße, am Tag darauf wieder einer mit einem Baby. Auf einem Zettel steht "Wenn Ihr es großzieht seid Ihr frei". Dieses wächst jedoch erstaunlich schnell und scheint kein normaler Mensch zu sein. Langsam breitet sich Verzweiflung und Wahnsinn aus, scheint es doch kein Entkommen zu geben aus dieser Siedlung...

 

Regisseur Lorcan Finnegan liefert hier einen extrem starken Sci-Fi-Thriller mit Horrorelementen, der dem Zuschauer mit zunehmender Dauer einiges abverlangt. Dabei sorgt vorallem das langsame Erzähltempo für eine ausgesprochen beklemmende und irgendwie auch angsteinflößende Atmosphäre, da der zunehmende Wahnsinn bei Tom und Gemma so noch eindrucksvoller wirkt. Darunter leidet auch die Beziehung was für zusätzlich Reibung sorgt (neben der Erziehung des Jungen). Nach einem etwas zu langen und eher ereignisarmen Mittelteil kommt es im letzten Drittel dann zur entscheidenden Wendung, wodurch man als Zuschauer die ganze Wahrheit (auch warum der Makler so seltsam war) erfährt und Gemma dabei zusehen darf, wie Sie eine Vergangenheit aufdeckt, die zwar kurz angedeudet wird (als Tom beim Graben des Lochs etwas findet), so aber nicht für möglich gehalten werden konnte: Die beiden sind nicht das erste Paar welches in dem Haus gefangen war/ist. Mit dem grandiosen Ende, das zeitgleich auch der Anfang der/einer neuen Geschichte ist gibt uns Finnegan folgende Denkaufgabe mit auf dem Weg: Was wäre wenn wir Menschen nur der Spielball in einem Spiel höherer Mächte sind?

 

Die beiden Hauptdarsteller Eisenberg und Poots überzeugen in Ihren Rollen über die gesamte Laufzeit, wie auch die Nebendarsteller (der Junge als Kind und Erwachsener). Tom deckt dabei so ziemlich alle Facetten der Gefühle ab. Er kann lieblich, freundlich oder auch lustig (siehe Tanzszene) sein, mit zunehmender Gefangenschaft wird er immer aggresiver, brutaler und verzweifelter. Dabei nimmt er auch in Kauf, das seine Beziehung darunter leidet. Sinnbildlich für seine Verzweiflung ist das tiefe Loch welches er gräbt, in der Hoffnung etwas zu finden. Als er immer schwächer und kränklicher wird bringt Ihn das nahende Lebensende Gemma wieder näher. Diese ist im Gegensatz deutlich ruhiger und fürsorglicher als Tom und eine gute Seele. Die Ihnen gestellte Aufgabe möchte Gemma unbedingt erfüllen, auch wenn der (außerirdische) Junge Sie zusehens in den Wahnsinn treibt. Dabei kommt immer wieder Ihre sensible und traurige Seite zu Tage, sowie eine zunehmende Neugier. Dabei versucht Gemma durch psychologische Tricks hinter das Geheimnis des Hauses sowie des Jungen zu kommen, was immer mehr gelingt. Der Tod von Tom trifft Sie dann extrem schwer und stürzt die Frau in ein tiefes Loch. Als der Junge Sie dann in einen Leichensack steckt sind Ihre letzten Worte: Ich bin nicht deine Mutter

 

Mit dem perfekten Setting, dass aus einem perfekten Haus (in eher tristen Farben und einem Bild, auf dem das Haus abgebildet ist, welches im Wohnzimmer hängt), einem perfekten Garten und sogar perfekten Wolken (die immer gleich aussehen) und täglichen Sonnenschein besteht spielt die Geschichte an einem Ort, der wie ein goldener Käfig anmutet. Man hat ja alles und das jeden Tag. Aber will man wirklich an so einem augenscheinlich perfekten Ort leben? Nicht wirklich

So sorgt genau dieses metaphorische Gefängnis der Figuren für den perfekten Look einer Geschichte, die man nicht am eigenen Leib erleben möchte

 

Neben der sehr tollen und fokussierten Kameraführung, wodurch die Geschichte annähernd perfekt eingefangen wird, sind es die Spezialeffekte die überzeugen, und das trotz eher kleinem Budget. Hinzu kommt eine außerordentlich gelungene Arbeit mit der Szenenausleuchtung. Die Tage sind immer gleich hell, der Sonnnenuntergang hat immer die gleiche Farbe und die Nächte sind immer gleich dunkel. Zudem sind die Räume im Haus exzellent beleuchtet. Und da sich vieles am Tag abspielt, wirkt der immer ausufernde Wahnsinn noch effektiver.

 

Abgerundet wird alles von einem perfekt eingesetzten Sound, der abwechselnd angespannt, freudig oder aus mysteriös geprägten Melodien besteht. Hinzu kommen noch verzehrte Geisterstimmen, die mitunter auch in Gelächter ausarten. Mit dieser feinabgestimmten Mischung diverser Töne wird die gewünschte Atmosphäre nochmals in ihrer Wirkung gepushed.

 

Fazit: Hervorragend gefilmter Sci-Fi-Thriller über ein  surreales Verwirrpiel. Dabei besitzt der Film einen interessanten Ansatzpunkt. Was wäre wenn wir Menschen nur als Spielball von Außerirdischen dienen? Jesse Eisenberg und Imogen Poots können jeweils auf ganzer Linie überzeugen

 

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten