Filme aus dem Juli

 

Master Cheng in Pohjanjoki (Komödie/Romanze)

 

 

Wenn ein chinesischer Koch in die Einöde von Finnland kommt um dort einen alten Freund zu besuchen treffen 2 Welten aufeinander, die "Master Cheng" auf sehr charmante Weise in einem Film verarbeitet.

 

Nach dem Tod seiner Frau reist der Küchenchef Cheng (Pak Hon Chu) mit seinem kleinen Sohn Nunjo (Lucas Hsuan) in ein abgelegenes Dorf in Finnland, um sich mit einem alten finnischen Freund zu treffen, den er einmal in Shanghai getroffen hat. Bei der Ankunft im Dorf scheint niemand seinen Freund zu kennen, aber die örtliche Café-Besitzerin Sirkka (Anna-Maija Tuokko) bietet ihm eine Unterkunft an und im Gegenzug hilft Cheng ihr in der Küche, die die Einheimischen nun mit den Köstlichkeiten der chinesischen Kulinarik überrascht. Allmählich ermutigen seine Speisen die sehr unterschiedlichen Kulturen dazu, sich zu verbinden, und Cheng wird bald ein gefeiertes Mitglied der dörflichen Gemeinschaft. Leider läuft sein Touristenvisum demnächst aus und es liegt an den Bewohnern des Dorfes, einen Plan auszuarbeiten, der es Cheng ermöglicht, in Finnland zu bleiben.

 

Mit seiner sehr heiteren und charmanten Komödie/Romanze "Master Cheng" liefert Regisseur Mika Kaurismäki einen tollen Genre-Film, der mit zunehmender Dauer immer einfühlsamer wird. Dabei verbindet er zahlreiche positive Vorzüge seiner Heimat Finnland mit einer zwar vorhersehbaren und nicht ganz klischeefreien Handlung, was aber als Gesamtwerk ziemlich sehenswert ist. Das ruhige und langsame Erzähltempo passt perfekt zur wilden, natürlichen Umgebung im hohen Norden und gibt dem Zuschauer ein herrliches Gefühl von Entschleunigung. So stelle ich mir das Leben in den vielen finnischen Dörfern auch vor. Eine sehr feine Mischung mit den verschiedenen Stilmitteln der Genres "Komödie", "Drama" und "Romanze" sorgen immer wieder für unterschiedliche Gefühlslagen und eine stets tolle Atmosphäre während der knapp 2 Stunden Laufzeit, die gerade zum Ende etwas zu lang werden. Mit einer in meinen Augen unnötigen (dramatischen) Wendung bürdet man dem Film noch einige Minuten auf, die dann recht uninspiriert und schlampig zu einem Ende führen, das eigentlich schon mit der Szene von Sirkka und Cheng am See hätte kommen müssen. Nicht immer sollte eine Geschichte für den Zuschauer mit einem zu offensichtlichen Ende auserzählt werden. So bleibt ein wenig das Gefühl hängen, dass Kaurismäki zwar versucht hat alles noch so hinzubiegen das es passt, dabei aber wohl die Laufzeit als Treiber im Nacken hatte. Für Arthaus-Fans bzw. Zuschauer die auf kleine und feine Filme abfahren ist es dennoch ein ziemlich sehenswertes Werk geworden.

 

Beide Hauptdarsteller können in Ihren Rollen überzeugen und spielen diese sehr authentisch und glaubhaft sowie mit deutlich erkennbarer Spielfreude.

Von der ersten Minute an ist der etwas hilflos in einem für Ihn fremden Land wirkende Cheng dem Zuschauer sympatsich. Neben amüsanten Sprachproblemen gefällt auch seine sehr höfliche Art (er verbeugt sich vor jedem bevor er die Person anspricht) und seine sehr charmanten Gesichtszüge. Was zwar anfangs schon angedeutet wird und mit zunehmender Dauer auch immer offensichtlicher wird ist der wahre Grund von Cheng's Reise nach Finnland sowie seine zahlreichen Probleme. Neben dem tragischen Tod seiner Frau macht Ihm vorallem das schwierige Verhältnis zu seinem Sohn zu schaffen sowie eine durchaus unsichere Zukunft. Nach und nach taut er aber auf und zeigt neben kulinarischen auch väterliche Tugenden.

Ähnliche Sorgen hat auch Sirkka, die vom Süden Finnlands in den Norden kam weil Ihre Tante kinderlos starb und Sie nun deren Geschäft führen muss. Dazu hat sich Ihr Mann von Sirkka getrennt weil der gemeinsame Kinderwunsch nicht in Erfüllung gegangen ist. In Pohjanjoki lebt sie nun ein einfaches Leben das aus viel Routine besteht (was auch an der Speisekarte zu sehen ist, gibt es doch immer eine Kombination aus Würstchen, Kartoffelbrei und Gemüse). Durch Cheng's Kochkünste wird Ihr Lokal zu einem wahren Renner und neben der örtlichen Bevölkerung kommen auch immer mehr Touristen zum Essen vorbei. Nach und nach entwickelt Sirkka Gefühle für den asiatischen Koch, obwohl sie ja als attraktive Frau die Wahl zwischen ca. 4 Mrd Männern hat, die es weltweit gibt.

Neben den beiden Hauptfiguren überzeugen auch die wichtigsten Nebenfiguren Nunjo (Sohn von Cheng, der es seinem Vater lange übel nimmt, dass er sich nicht um Ihn gekümmert hat. Je länger er jedoch in Finnland ist, desto mehr wird aus dem traurigen Jungen ein fröhlicher und aufgeweckter Kerl, der sich mit den anderen Kindern im Dorf sehr gut versteht) sowie die beiden älteren Herren Romppainen und Vilppula, die sich auf humoristische Weise gegenseitig immer necken, wie ein altes Ehepaar wirken aber die ganze Zeit einen sympathischen und herzlichen Eindruck hinterlassen. Neben Ihreren lustigen Szenen überzeugen vorallem jene Momente als die beiden mit Cheng Zeit verbringen um dem Chinesen typisch finnische Aktivitäten näher zu bringen und diese aber auch für tiefsinnige Gespräche nutzen.

 

Die größte Stärke der tollen Kameraarbeit sind die zahlreichen Naturaufnahmen der unberührten Landschaft Finnlands, die für viel Ruhe, Gelassenheit und Entspannung sorgen. Passend dazu sprechen Nunjo und Cheng über die große Freiheit, die beide so aus Shanghai nicht kennen. Neben viel Wald gibt es ruhige Seen, Gebirge und Tundra zu sehen, stets in langen Sequenzen und mit ruhiger Hand. Wer es bisher nicht wusste, Finnland ist ein extrem schönes, wildes und spannendes Land das definitiv eine Reise wert ist. Neben den vielen Naturaufnahmen spielt sich die Geschichte hauptsächlich in Sirkka's Restaurant ab, das wie alle anderen Gebäude recht schlicht eingerichtet ist mit Ausnahme der Küche die einen erstaunlich modernen Eindruck vermittelt. Die Holzhäuser, oftmals mit abplatzender Farbe wirken sehr authentisch und vermitteln einen sehr realitätsnahen Eindruck vom Leben im hohen Norden Europas.

 

Die Filmmusik zeichnet sich durch eine ruhige, angenehm zu hörende und teilweise auch mystisch angehauchte Art und Weise aus. Dabei gibt es aber auch typisch nordisch klingende, einige countryähnliche sowie emotionale und natürliche Klänge zu hören. Die eingebauten Gesangseinlagen in den jeweiligen Muttersprachen sorgen für einen tollen Bezug zu der Herkunft der Personen.

 

Fazit: Sehr charmanter, überraschend einfühlsamer und in gewisser Weise auch entschleunigender kleiner Film aus Finnland, der bis auf sein etwas uninspiriertes und recht klischeehaftes Ende überzeugen kann. Nebenbei bemerkt macht er auch sehr hungrig ;)

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

 

The Vigil - Die Totenwache (Horror)

 

 

Die neuerste Produktion aus der Horrorschmiede 'Blumhouse' hat das Zeug ein neues Franchise ähnlich des Conjuring-Universums zu begründen.

 

Yavoc (Dave Davis) ist Jude und besucht eine Selbsthilfegruppe in Brooklyn, um sich an die großen christlichen und multikulturellen Gesellschaften anzupassen. In seiner eigenen chassidischen Gemeinde kommt er nicht mehr zurecht, weil er seinen Glauben verloren hat. Nach dem Tod seines Bruders trägt er ein Schuldgefühl mit sich, das ihn zu einem zerbrechlichen Menschen macht. Als Yavoc von seinem Rabbi das Angebot bekommt, die nächtliche Totenwache für ein verstorbenes Mitglied der Gemeinde zu übernehmen, stimmt er widerwillig zu, schließlich braucht er das Geld. Doch schon kurz nach seiner Ankunft stellt er fest, dass in dem runtergekommenen Haus etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Der Grund der mysteriösen Vorkommnisse steht schon bald fest: Hier treibt der jüdische Totengeist „Mazik“ sein Unwesen...

 

Entsteht hier ein neues Horror-Franchise? Potential ist auf jeden Fall da und die Welt der jüdischen Geister und Dämonen wurde bisher filmtechnisch noch gar nicht behandelt. Regisseur Keith Thomas liefert mit seinem Debütwerk einen Horrorfilm, der das Rad nicht neu erfindet, aber durch seine effektive Wirkung besticht. Nicht umsonst hat Jason Blum mit seiner Horrorschmiede "Blumhouse" als Produzent seine Finger mit im Spiel. Dabei ist es weniger die Geschichte oder die Musik die bei "The Vigil" zum gruseln einladen sondern vielmehr das orthodoxe Setting mit einem ganz normalen Haus in New York. Dabei ist insbesondere der Hintergrund der Hausbewohner wie auch der von Yacov der Hauptgrund, warum das Spiel mit dem Dämon so gut funktioniert: es handelt sich ausnahmslos um Juden und deren eher geheimes Leben im Verborgenen. Obwohl Thomas mit genretypischen Jumpscares arbeitet, die aber ziemlich effektiv sind, ist während der gesamten Laufzeit eine gewisse Grundspannung vorhanden und lässt am Ende eine Hauptfigur zurück, die einen ähnlichen Weg wie die Lorrains bei den Conjuring-Filmen einschlagen könnte, nur eben in der Welt der Juden. Davon will ich gerne mehr sehen.

 

Leiden viele Horrorfilme an einer zu schwachen Hauptfigur, die dann auch noch schlecht verkörpert wird, beweist Dave Davis als Yacov hier eine starke One-Man-Show. Das ist dahingehend wichtig, weil Yacov sich von seiner jüdischen Gemeinde verabschiedet hat um ein normales Leben in New York leben zu können. Dazu ist er einer Selbsthilfegruppe aus Aussteigern beigetreten, die über so einfache Dinge wie Bewerbungen oder das Ansprechen von Frauen reden. Den Job als Totenwächter nimmt er nur an, weil es 400 Dollar bringt und Reb Shulem ein guter Freund ist. Während der Nacht findet Yacov aber wieder zu seinem Glauben zurück und beweist geistige Stärke. All das spielt Davis sehr überzeugend und glaubhaft.

Die weiteren Figuren bzw. Darsteller sind nettes Beiwerk, wobei Lynn Cohen als Mrs. Litvak noch die meisten Szenen hat und dabei eine gute Performence abliefert.

 

Im technischen Bereich sind es vorallem jene Szenen die überzeugen, bei denen die Kamera lange und bewegungslos das Geschehen einfängt. Allein die Tatsache das "The Vigil" in der Nacht spielt sorgt für eine beklemmende und unbehaglich-beängstigende Atmosphäre, die durch das altmodisch eingerichtete Haus (und dem dort liegenden Toten) noch verstärkt wird. Auch hier arbeitet Thomas mit Stilmitteln, die das Horrorgenre ausmachen. Darunter sind zum Beispiel flackernde Glühbirnen, ein mysteriöser Keller oder religiöse Bilder an den Wänden. Trotz sehr kleinem Budget gefallen die Effekte und die Dämongestalt. Auch die kurzen Rückblicke in die Vergangenheit wissen positiv zu überraschen und sorgen zuminderst für ein wenig Tiefe. Dadurch erklärt sich auch was den Dämon so stark und gefährlich macht.

 

Bei der Filmmusik erwarten den Zuschauer für das Horrorgenre typische Melodien, die mal mysteriös, mal beklemmend aber auch spannungsaufbauend gehalten sind. Meist im Hintergrund und eher begleitend steigert sich die Lautstärke stets vor Szenen wo etwas gruseliges passieren wird. Eher minimalistisch dafür aber ziemlich effektiv, so lässt sich der Soundtrack beschreiben.

 

Fazit: Die im Horrorgenre weit verbreiteten christlichen Dämonen werden bei dem erfrischend wirkenden "The Vigil" durch jüdische ersetzt. Eine Welt die im Film bisher kaum Beachtung gefunden hat. Eine tolle Atmosphäre, Anspielungen auf das Grauen des Holocaust und eine interessante Geschichte bilden die Grundlage für diesen durchaus sehenswerten Horrorfilms.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Yummy (Horror/Komödie/Trash/Splatter)

 

 

Feine und sehenswerte Trash-/Splatter Filme mit Zombies müssen nicht zwangsläufig aus Amerika kommen, wie der belgische "Yummy" beweist.

 

Das junge Paar Michael (Bart Hollanders) und Alison (Maaike Neuville) fährt zu einem chirurgischen Eingriff in ein schäbiges osteuropäisches Krankenhaus. Die junge Frau möchte eine Brustverkleinerung. Und wenn man schon auf dem Weg ist, kommt ihre Mutter gleich mit, die sich ein Facelifting verpassen will. Auf seinem Weg durch die verlassene Stationen, stößt der Freund auf eine junge Frau, die geknebelt und auf einem Operationstisch festgeschnallt ist. Wie sich herausstellt, ist sie das Ergebnis einer experimentellen Verjüngungskur. Er befreit sie, merkt aber nicht, dass er gerade den Ausbruch einer Zombie-Epidemie verursacht hat, der Ärzte, Patienten und seine Schwiegermutter in blutrünstige Untote verwandelt.

 

Splatter-Fans dürften bei dieser belgischen Produktion von Regisseur Lars Damoiseaux auf ihre Kosten kommen, überzeugt sein "Yummy" doch mit vielen lustigen, blutigen und für das Genre sehr kreativen Momenten. Mit der Wahl einer Schönheitsklinik in der Ukraine, die ziemlich abgelegen ist, spielt dieser Film an einem ziemlich speziellen Ort. Das die Geschichte dahinter wenig Bedeutung hat wird auch nicht unbedingt als wichtig empfunden, man will ja Zombies sehen die alles zerfleischen was sie in die Finger bekommen. Dabei baut Damoiseaux unglaublich viele betont geschmacklose Momente ein, die teilweise auch abstrus wirken, aber stets perfekt unterhalten. Das absolute Highlight ist definitv die Szene mit dem TV-Star, der unerkannt dort zur Behandlung ist um eine Penisvergrößerung durchführen zu lassen. Dabei kommt es kurz darauf zu einem wirklich sehr geilen Moment, den man so noch nie gesehen hat. Mehr sei an dieser Stelle nicht gesagt. Zu Gute halten muss man den Machern auch, dass sie sich bei jeder Killszene etwas überlegt haben um die Figur nicht alibimäßig sterben zu lassen; und wirklich jede eingeführte Figur bekommt ihren eigenen, kreativen und irgendwie auch standesgemäßen Filmtod. Einzig die deutsche Synchro, die teilweise unter aller Kanone ist, nervt ebenso wie der ein oder andere Dialog (die sind ja in solchen Filmen eh nie die besten).

 

Wie in diesem Genre üblich sind die Figuren allesamt nur sehr oberflächlich geschrieben, da ein Großteil ja Kanonenfutter ist und oftmals nur wenige Sätze zu sprechen hat. Bei "Yummy" gibt es zuminderst aber sowas wie 4 Hauptfiguren, die allesamt immerhin ein paar Eigenschaften besitzen um sich vom Rest abzugrenzen.

Dieser Punkt sorgt während der Handlung neben sehr amüsanten (bsp. das Michael kein Blut sehen kann und deshalb kein Arzt werden konnte) auch für leicht spannende Momente (welche Rolle spielt Janja, oder was treibt Daniel an) was dem Ganzen noch zusätzlichen Unterhaltungsfaktor verleiht.

Im Anbetracht der Umstände macht der Cast einen ordentlichen Job und wird mit wohl überlegten Kills dafür "belohnt"

Endlich mal ein Zombiefilm, an dessen Ende keine Figur überlebt, was einfach nur erfrischend rüberkommt und dem Publikum sicher gefallen wird.

 

Wie nicht anders zu erwarten gibt es Blut über Blut zu sehen, inkl. der obligatorischen Blutspritzer auf die Kamera. Weiterhin versorgt die Kamera den Betrachter mit Gedärmen, abgehackten Gliedmaßen, nackten Brüsten und einem brennenden Penis, der danach mit dem Feuerlöscher so runtergekühlt wird, das die Spitze abfällt. Für Gore-Fans ein Highlight nach dem anderen. Das der Film in der Uncut-Version zu sehen ist und daher ein FSK 18 hat ist anhand der Bilder selbsterklärend. Wie bereits beschrieben sind die durchweg kreativen Killmomente eines der ganz großen Pluspunkte von "Yummy" (Der Filmtitel ist hier wirklich Programm). Natürlich darf in einem Splatter das Thema "Sex" nicht fehlen, wird aber nur angerissen und rückt recht schnell in den Hintergrund. Dadurch das die Klinik ein weitverzweigtes Kanalnetz hat, welches sehr an Fluchttunnel erinnert, bekommt das Areal einen durchaus interessanten Aspekt und eine weitere Ebene wo die Zombies Jagd machen können. Trotz der vielen Toten und Blutes können die Bilder über die komplette Laufzeit unterhalten.

 

Bei der Filmmusik/ beim Filmsound erwarten den Zuschauer ziemlich rockige und fetzige Melodien zu hören, aber auch viel Geschrei. Nichts neues, aber dennoch effektiv und unterhaltend. Die wichtigen Stärken von "Yummy" liegen sowieso im handwerklichen Bereich und in diesem Fall ist die Filmmusik wirklich nur nettes Beiwerk.

 

 

Fazit: Abgesehen von der (leider) katastrophalen deutschen Synchro ist dieser Zombie-Splatter aus Belgien herrlich unterhaltsam, betont geschmacklos und sorgt mit kreativen und abwechslungsreichen Tötungsszenen für einen wunderbar anzusehenden Genrefilm, der im Gegensatz zu vielen anderen Trashfilmen wirklich jeder Figur einen individuellen Todesmoment beschert.

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkte

Gesamt: 8.5 von 10 Punkte

(Ein Film für spezielles Publikum)

 

 

Out of Play - Der Weg zurück (Drama)

 

 

Es macht immer wieder richtig Spaß Ben Affleck in ernsten Rollen zu sehen, so auch bei "Out of Play" der mit fast 3 monatiger Verspätung im Kino zu sehen ist.

 

Jack Cunningham (Ben Affleck) hatte einmal ein Leben voller Verheißungen. In der High School war er ein Basketball-Phänomen mit einem Universitätsstipendium – bis er plötzlich aus unbekannten Gründen nicht mehr spielte und seine Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes verspielte. Jetzt, Jahre später, wirbelt Jack mit der Abwärtsspirale weiter hinunter und ertrinkt im Alkohol, der ihn bereits seine Ehe und jede Hoffnung auf ein besseres Leben gekostet hat. Als er gebeten wird, die Basketballmannschaft bei seiner Alma Mater zu coachen, deren glorreiche Tage seit seinem Weggang vorbei sind, sagt er widerwillig zu und überrascht damit niemanden mehr als sich selbst. Die Jungs fangen nach und nach an, als Team zusammenzurücken und Spiele zu gewinnen, und Jack hat damit endlich einen Grund gefunden, sich den Dämonen zu stellen, die ihn einst entgleisen ließen. Aber wird das ausreichen, um ihn auf den Weg der Erlösung zu bringen?

 

Wer nach dem Trailer dachte das Gavin O'Conners neuester Film "Out of Play: Der Weg zurück" ein klassisches Sport-Drama ist wird ziemlich schnell feststellen das der Sport zwar eine große Rolle spielt, aber nicht im Mittelpunkt steht. Jack's Leben mit seinen vielen Tiefs und Verlusten sind immer präsent und werden mit der nötigen Tiefe und Intensität behandelt. Dabei spielt auch Ben Affleck's Leistung eine große Rolle. Ein angenehmes Tempo, die Herstellung von Parallelen von einigen Figuren zur Hauptfigur sind ebenso eine große Stärke des Dramas wie auch die Tatsache das es gelingt dem Zuschauer eine sehr nahegehende, glaubhafte und überzeugende Geschichte zu zeigen. Nebenbei bemerkt wird auf platte Floskeln wie "wenn man will schafft man alles" oder ähnliche Aussagen verzichtet, die bei "Out of Play" auch komplett unpassend gewesen wären. Ein ernster Film muss nicht immer einfache Antworten auf die schwierigen Fragen des Lebens vermitteln um authentisch zu wirken. Nachdem vieles lange Zeit sehr düster gestaltet ist, sind die letzten Szenen "Lichtpunkte" und beenden die zuvor durchschrittenen tiefen Täler auf erfreuliche Weise. Wer auf Charakterdramen steht ist hier genau richtig.

 

Als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte steht Jack während der gesamten Laufzeit im Mittelpunkt einer Geschichte, die neben seinen Problemen auch kleine Nebenschauplätze anreißt, die allesamt aber Parallelen zum Leben von Jack haben. Als Jugendlicher wird er von seinem Vater erst geliebt nachdem er ein sehr guter Basketballspieler ist, wobei es sich aber mehr eine Liebe wegen des sportlichen Erfolgs ist. Ähnliches durchlebt ja sein Spieler Brandon. im weiteren Leben ist Jack ein Mann, der im Leben alles hatte (Frau und Kind) und danach alles verloren hat. So ist der Weg in die Alkoholsucht fast unvermeidbar und er verbringt seine Freizeit ausschließlich in einer Bar und muss meist sturzbetrunken nach Hause geführt werden. Allgemein ist der Alkohol immer irgendwie Teil der Geschichte, sieht man Jack oftmals mit einer Bierdose (oder gleich einem ganzen Kühlschrank voll) oder einer Schnapsflasche in der Hand. Erst die Arbeit als Coach sorgt dafür das Jack wieder ein normales Leben führt und auch wieder Kontakt zu seiner Ex-Frau Angela aufbaut. Zu sehen wie aus einem Haufen Jungs eine eingeschworene Mannschaft wird, die plötzlich Spiele in Serie gewinnen erfüllt Jack mit Stolz.

Dieses Auf und Ab in Jack's Leben spielt Ben Affleck grandios und er trägt damit den gesamten Film, was vllt auch an eigenen Erfahrungen aus seinem Privatleben resultiert. Ihn in einer so ernsten Rolle zu sehen macht einfach nur Spaß und kommt glaubhaft rüber.

Die zahlreichen Nebenfiguren sind zumeist durch das Drehbuch so geschrieben, dass sie für den Fortlauf der Handlung nur wenig von Bedeutung sind. Einzig Jack's Ex-Frau Angela, gespielt von Janina Gavankar, hat trotz wenig Spielzeit eine etwas größeren Einfluss auf das Leben der Hauptfigur.

 

Passend zur Thematik wirken die Bilder eher trist und wenig freundlich, sind die dominierenden Farben recht dunkel und wenig freundlich. Die Kameraführung zeichnet sich durch eine sehr ruhige Hand aus, bei der es regelmäßig eine Fokusierung auf Jack gibt, besonders um dessen aktuelle Gefühlslage zu zeigen. Längere Sequenzen bei denen die Kamera erstaunlich lang eine Szene blickt, meist aus weiterer Entfernung, sorgen für ein angenehmes Handlungstempo. Mit Einblendungen von Spielergebnissen der Mannschaft bekommt der Film einen leichten Hauch von Dokumentation. Die Handlungsorte wechseln zwischen Jack's Wohnung, einer Bar, den Sporthallen und seinem Arbeitsplatz, eine Baustelle und haben etwas von Vorstadtfeeling. 

 

Ziemlich ruhig, emotional und begleitend ist die Filmmusik, die überwiegend aus klassischen Klavierstücken besteht. Meist in begleitender Weise gibt es nur 1-2 Momente bei denen die Musik in den Vordergrund tritt, immer dann wenn es einen dramatischen Höhepunkt in der Geschichte gibt. Insgesamt gelingt es den Zuschauer mit den Melodien zu berühren und für eine entsprechende Atmosphäre zu sorgen.

 

Fazit: Ein erstaunlich nahgehendes Drama über einen Trinker, der durch seine Tätigkeit als Basketballtrainer den Weg aus der Sucht findet, aber es dann doch nicht schafft. Ben Affleck überzeugt dabei mit einer brillianten Leistung.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Berlin Alexanderplatz (Drama)

 

 

Neuinterpretation des Jahrhundertromans von Alfred Döblin, die sich aber nicht 1:1 am Buch orientiert und in der heutigen Zeit spielt.

 

Francis (Welket Bungue) ist aus seiner Heimat Guinea-Bissau geflohen, um nun das Mittelmeer in Richtung des vermeintlichen Paradieses Europa zu überqueren. Doch das Boot sinkt, mit Müh und Not überlebt Francis, aber seine Begleitung ertrinkt. Halbtot am Strand angespült, verspricht er dem lieben Gott, ein guter Mensch zu werden – doch als Flüchtling ohne Papiere ist das leichter gesagt als getan. Bald landet Francis in Berlin, wo er von dem verführerischen Reinhold (Albrecht Schuch) aufgelesen wird.
Reinhold rekrutiert als rechte Hand von Gangsterboss Pums (Joachim Krol) Flüchtlinge als Drogenverkäufer. Doch Francis widersteht der Versuchung zunächst, stattdessen übernimmt er nur einen Job als Koch für die Dealer in der Hasenheide. Als der erratische Reinhold nach einem missglückten Überfall dafür sorgt, dass Francis den linken Arm verliert, nimmt ihn die als Escort-Dame arbeitende Mieze (Jella Haase) bei sich auf. Bald entwickelt sich eine große Liebe und Francis scheint endlich sein Glück gefunden zu haben. Doch Reinholds Anziehungskraft auf ihn bleibt unerträglich stark…

 

Mit diesem 3 Stündigen Epos gelingt Regisseur Qurbani der ganz große Wurf, und womöglich der qualitativ beste deutsche Film des Jahres 2020. Für seine mutige Neuinterpretation des gleichnamigen Bestsellers verlegt der auch als Drehbuchautor agierende Filmemacher die Geschichte ins heutige Berlin und ersetzt die Buchfigur (ein entlassener Stäfling) durch einen dunkelhäutigen Flüchtling aus Afrika, wodurch "Berlin Alexanderplatz" aktueller den je wird. Ähnlich wie die Vorlagenfigur taumelt der tragische Held Francis zwischen dem Wunsch eines besseren Lebens und den Verführungen der Großstadt, mit allerei Exzessen. Aber wie soll man in einer bösen Welt ein guter Mensch sein? Aufgeteilt in 5 Teile erzählt Qurbani wie Francis in Deutschland ankommt, dort Reinhold kennenlernt und durch diesen immer weiter aufsteigt im Drogenmillieu, aber auch die Schattenseiten die dieses Leben mit sich bringt. Den all das viele Geld bringt nichts, wenn man von seinem vermeindlichen Freund aus dem Auto gestoßen wird und dabei einen Arm verliert. Von der ersten bis zur letzten Minute schafft es diese Neuverfilmung den Zuschauer mit einer spannenden Geschichte an sich zu fesseln, wobei die Laufzeit vielleicht ein bisschen zu lang geraten ist (Meckern auf hohem Niveau). Man darf "Berlin Alexanderplatz" durchaus als Film über eine vom Großteil der Bevölkerung gern verdrängte Seite des moderne Deutschland sehen, wodurch aber genau diese Menschen, mit denen man nichts zu tun haben will ein Gesicht und eine entsprechende Geschichte bekommen. Als grandioses i-Tüpfelchen muss man die von Jella Haase alias Mieze aus dem Reich der Toten gesprochenen Off-Kommentare sehen, die aus Passagen des Buches bestehen.

 

Die fatale Dreiecksbeziehung von Mieze-Franz-Reinhold wird von den 3 Hauptdarstellern Haase-Bungue-Schuch wunderbar verkörpert. Alle drei liefern eine überzeugende und authentische Leistung ab und brillieren auf ganzer Linie, wobei Reinhold-Darsteller Schuch sogar noch etwas heraus ragt.

Den der gute Freund als der er sich immer ausgibt ist der Psychopat Reinhold ganz und gar nicht. Er nutzt seine "Angestellten" von vorne bis hinten aus, erpresst diese mit deren fehlenden Pässen, hat mitunter rassistische Züge, ist machtbesessen und schreckt auch vor Mord nicht zurück. Trotz all dieser Dinge kommt Franz immer wieder zu ihm zurück, obwohl er einfach nicht gut für den Flüchtling ist. Durch seine gebückte Haltung bekommt Reinhold eine dämonische Ausstrahlung und seine Anziehungskraft wirkt besonders bei Menschen, die es nicht schaffen ein Teil der gutbürgerlichen Gesellschaft zu werden.

Genau gegen dieses Unheil versucht Mieze anzugehen und Franz davon fernzuhalten, was ihr aber nicht gelingt. Um über die Runden zu kommen arbeitet die Frau als Escort-Girl und lebt in einer Altbauwohnung. Anfänglich kann sie mit dem verletzten Flüchtling wenig anfangen was sich aber rasch ändert. Beide verlieben sich und schon bald ist Mieze schwanger und möchte ihren schmuddeligen Beruf aufgeben. Den Kampf um Franz verliert sie aber und Reinhold  lockt Mieze in einen Hinterhalt.

Der Flüchtling Francis hat es nach Deutschland geschafft, wo er aber in einem heruntergekommenen Asylheim lebt und schwarz auf einer Baustelle arbeitet. Anfänglich lässt er sich von Reinhold nicht ködern und verfällt ihm dann doch, als er seinen Job verliert. Dieser nutzt Francis Einstellung ein anständiges und gutes Leben zu führen schamlos aus und sorgt mit diversen Aktionen für den Aufstieg des jungen Mannes. Dieser kann den ganzen tollen Sachen wie Geld, Frauen und teuren Gütern nicht widerstehen und der fatale Lauf des Scheiterns beginnt. Den der Aufstieg verläuft nicht ohne Opfer und nicht so glatt wie Francis es sich vorgestellt hat. Die Suche nach einem perfekten Leben macht Francis blind und taub, wodurch alle gutgemeinten Appelle an ihm abprallen. Der Preis den er dafür zahlen muss wird extrem hoch werden.

Neben den 3 Hauptfiguren überzeugen auch die zahlreichen Nebenfiguren, die allesamt ihren Teil für dieses Meisterwerks beitragen. Hier hat wirklich jeder einzelne im Rahmen seiner zugewiesenen Aufgabe das Bestmögliche gegeben.

 

Neben dem Drehbuch und dem grandiosen Cast ist es die Kameraarbeit von Yoshi Heimrath, der mit seinen Bildern die Geschichte auf so einzigartige Weise erzählt. Praktisch jede Aufnahme gelingt, selbst wenn man Mieze nur dabei zusehen darf wie Sie im Wald auf einem Baumstamm sitzt. Gerade die Nahaufnahmen der Figuren vermitteln einen so authentischen Charakter der es dem Zuschauer ermöglicht mit den Figuren mitzufühlen. Dabei kann man fast komplett auf Spezialeffekte verzichten, die es hier auch gar nicht braucht. Das arbeiten mit verschiedenen Lichtquellen lässt die einzelnen Handlungsorte im gewünschten "Licht" erscheinen. Man bekommt ein so ehrliches, ungeschöntes und somit auch wahres Bild von Berlin, vorallem von den Schattenseiten. Hier ein Bordell, dort ein (illegales?) Flüchtlingsheim (in dem Frauen der Prostitution nachgehen) und auf der anderen Seite eine typische Altbauwohnung mit Glitzervorhang als Küchentürersatz. All diese Orte gibt es genauso in der Bundeshauptstadt. Ein bildgewaltiger Kino-Epos, der den Weg seiner tragischen Hauptfigur vom Aufstieg bis zum Fall schonungs- und auch hemmungslos darstellt.

 

Wie so ziemlich alles ist auch der Soundtrack nahe an der Perfektion. Es gelingt die jeweiligen Szenen immer mit passenden Klängen zu untermalen, die dabei niemals im Vordergrund stehen und über die gesamte Laufzeit nur eine begleitende Stellung einnehmen. Neben emotionalen werden auch aufbrausende, eindringliche oder angespannte Melodien verwendet. Für die Atmosphäre und die gezeigten Bilder kann man es nicht besser machen.

 

Fazit: Es gibt sie also doch, die deutschen Filme mit dem Prädikat "Meisterwerk". Mit dieser freien und vorallem gewagten Verfilmung des gleichnamigen Romans gelingt Regisseur Burhan Qurbani ein intensiver, mitreißender und schmerzhafter Film, den man 2020 definitiv im Kino gesehen haben sollte.

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

 

Into the Beat - Dein Herz tanzt (Musik/Tanzfilm/Drama)

 

 

Der deutsche Versuch die erfolgreichen "Step up" Filme neu zu interpretieren, und zwar in Hamburg.

 

Katya (Alexandra Pfeifer) ist eine junge talentierte und aufstrebende Ballerina. Sie steht kurz davor, ein begehrtes Stipendium für die New Yorker Ballet Academy zu bekommen. Seit dem Tod ihrer Mutter hat sie ein inniges Verhältnis zu ihrem Vater Victor (Trystan Pütter), der selbst ein gefeierter Ballettstar ist. Katyas Welt gerät aus den Fugen, als Victor verunglückt und er daraufhin seine Karriere an den Nagel hängen muss. Noch mehr als je zuvor, legt Victor großen Wert darauf, dass seine Tochter als Ballerina eine gute Ausbildung erhält, um so die Familientradition fortzuführen. Dabei steht New York für ihr großes gemeinsames Ziel. Eines Tages trifft Katya auf eine Gruppe junger Breakdancer und ist fasziniert von dieser Welt, in der es anscheinend weder Regeln, noch Schwerkraft gibt. Sie lernt Marlon (Yalany Marschner) kennen, der anbietet, ihr ein paar Schritte zu zeigen. Es dauert nicht lange und die beiden Tänzer nähern sich an. Mit der Ballerina erlebt Marlon zum ersten Mal das Gefühl der Gemeinschaft. Katya wiederum findet in Marlon nicht nur neue Freiheiten, sondern auch ihren ganzen eigenen Stil im Breakdance. Doch die neu gewonnene Liebe und Lebensart stehen in Widerspruch zu den Plänen von Vater Victor. Katya ist hin- und hergerissen ...

 

Ich habe gehofft und gebetet das "Into the Beat" eine deutsche Interpretation der "Step up" Reihe wird, die mit ähnlich vielen sowie grandiosen Danceacts mit entsprechend moderner Musik aber mit tiefgründiger Handlung begeistert. Den Eindruck vermittelten zumminderst die Trailer. Nimmt man die ersten knapp 45 Minuten dann trifft dies auch zu. Da gibt es zahlreiche Tänze, geile Musik und eine ansprechende (wenngleich auch recht bekannte) Hintergrundgeschichte zur Hauptfigur, in einem unterhaltsamen Mix. Tempo und Ruhepausen wechseln sich super ab. Doch dann kommt der Punkt, der bei deutschen Mainstreamproduktionen immer zur gleichen Zeit kommt: Das Drehbuch will die Dramatik mit aller Macht künstlich steigern in Verbindung mit Kitsch und allzu vorhersehbaren Momenten. Ich verstehe es einfach nicht, warum muss man es immer zu einer drastischen Übersteigerung der Dramatik kommen? Kann man die Geschichte nicht einfach mit mehr positiven Vibes weiter erzählen? So steht nach dem guten Start eine zweifelnde Katya im Mittelpunkt der Geschichte statt ansprechender Tänze in Verbindung mit elektronischem Hip Hop. Es war bzw ist genug Tiefe vorhanden um eine glaubhafte Geschichte zu erzählen. Zugute halten muss man "Into the Beat" aber die Tatsache das der Film eine ganz klar positive Message vermittelt: Musik und tanzen verbindet Menschen, egal wie alt, welches Geschlechtes, welcher Religion und welcher Herkunft; alle eint der Wunsch gemeinam abzudancen und dabei Spaß zu haben.

 

Die Darsteller haben sichtlich Spaß bei der Arbeit und geben sich allergrößte Mühe das schwache Drehbuch durch ansprechende Leistung zuminderst teilweise auszugleichen.

Gerade die beiden Hauptdarsteller, Alexandra Pfeifer alias Katya und Yalany Marschner alias Marlon bilden ein tolles Filmpärchen und erinnern an die Tanzpaare der "Step up" Filme. Für den schnulzigen Kitsch können beide nichts, lösen das aber durchaus gut.

Katya, die Tochter eines bekannten Balletttänzers, hat eine große Karriere vor sich, gilt Sie doch als sehr talentiert. Seit frühester Kindheit tanzt die Teenagerin Ballett und hätte sie die Streetdancer nicht getroffen wäre Katya wohl in der Welt des Balletts geblieben. Schnell lernt sie die Dancemoves und hat einen neuen großen Traum. Zusammen mit Marlon arbeitet Katya täglich daran, gegen den Willen Ihres strengen Vaters, der seine Karriere wegen eines Unfalls beenden musste und nun in seiner Tochter die Zukunft der Familie sieht.

Marlon ist ein Waisenkind und lebt im Heim. Er bezeichnet sich selbst als Findling und hat nur das Streetdancen in seinem Leben. Obwohl er immer alles allein macht gibt ihm Katya ein besonderes Gemeinschaftsgefühl und beide verlieben sich in einander. Er beginnt Katya das streetdancen beizubringen und muss immer wieder damit klar kommen das Sie zweifelt und nicht weiß was genau sie möchte.

Erwähnenswert sind noch 2 Nebenfiguren die Teil der Tanzgruppe sind und sich gegenseitig auf humorvolle Weise anmachen. Genau diese kleinen Momente lockern die Stimmung immer wieder auf und sind in meinen Augen die versteckten Highlights

 

Bei der Kamera gibt es keine nennenswerten Schwach- oder Pluspunkte. Man ist immer beim Geschehen dabei und die einzelnen Tanzmoves werden exzellent in Szene gesetzt. Einige Flugaufnahmen über Hamburg und bekannte Gebäude bzw. Orte der Hansestadt sind eine angenehme Abwechslung. Neben dem Tanzstudio spielt die Geschichte hauptsächlich in einer recht alten, aber doch optisch geilen  Location, die einerseits Club und Übungsort für die Streetdancer ist. Beim Schnitt kann man auch nichts aussetzen, da die Szenenwechsel durchweg gelingen.

 

Größtes Highlight ist, und wie sollte es auch anders sein, die Filmmusik welche auch abseits der schnellen Elektrobeats überzeugen kann. Die einzelnen Tanzmoves sind mit ansprechender Elektromusik unterlegt, die definitiv Hip Hop Einflüsse besitzen (und entsprechende Songtexte aufweisen) aber als Remixes abgespielt werden. Hier braucht man sich vor den großen Bruderfilmen nicht verstecken. Die weitere Musik ist dann entsprechend der Situation gewählt und variiert zwischen emotionalen und angespannten Melodien, wobei die gefühlvollen Songs immer mit Lyrics sind. 

 

Fazit: Der deutsche Mainstream-Film zeigt mal wieder warum er mit den zahlreichen Arthaus Produktionen nicht mithalten kann. Beim Versuch die erfolgreichen "Step up" Filme nach Deutschland zu legen hilft es wenig das nur die Musik und die Darsteller funktionieren während das Drehbuch mit altbekannten Schwächen daher kommt.

 

Bewertung:

Genre: 6.5 von 10 Punkten

Gesamt: 6 von 10 Punkten

 

 

Sibyl - Therapie zwecklos (Drama/Komödie)

 

 

Das etwas andere Drama ist der neue Film von Justine Triet, "Sibyl-Therapie zwecklos", in dem eine Psychotherapeutin eine ganz besondere Rolle einnimmt.

 

Schon seit Jahren versauert Sibyl (Virginie Efira) in ihrem Job als Psychotherapeutin. Nach langer Zeit beschließt sie, wieder zu ihrer eigentlichen Leidenschaft zu finden: dem Schreiben. Der Auslöser dafür ist Margot (Adèle Exarchopoulos). Sibyls neueste Patientin ist nicht nur eine aufsteigende Schauspielerin, sondern vor allem auch nervlich am Ende und deswegen eine schier unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Sibyl ist fast bis zur Besessenheit von Margot fasziniert und gerät mit der Zeit immer mehr in den Strudel von Margots aufregendem Leben. Dabei wird Sibyl immer öfter auch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.

 

Wenn man bereit ist sich auf diesen sich steigernden Wahnsinn einzulassen erlebt man eine sehr unterhaltsame, schwarzhumorige Tragikomödie, die am Ende leider etwas übers Ziel hinausschießt. Die ersten Minuten in der temporeichen Geschichte von Regisseurin Justine Triet wirken noch etwas verwirrend, da immer wieder die Perspektive gewechselt wird und man nicht immer im Bilde ist welche Szene gerade in der Gegenwart spielt und welche eine eingeblendete Erinnerung darstellt. Diese kurzen Rückblicke zeigen die Vergangenheit von Sibyl, die aus Suff und Chaos sowie einer Affäre (aus der ein Kind entstanden ist) bestand. Dies ist allerdings nur das Vorspiel zum eigentlichen Akt, der sich immer stärker drehenden Spirale der Beziehung Mika-Igor-Margot, bei der Sibyl dann eine entscheidende Rolle spielen wird. Auch wenn die letzten Minuten nicht gelungen sind ist Triet's Werk eine erfrischend sehenswerte schwarzhumorige Erzählung, die zudem auch das Filmgeschäft auf eine herrlich amüsante sowie überdrehte Weise darstellt. Somit erklärt sich auch der Zusatz im Filmtitel, den man definitv als nicht ernstgemeinte Aussage auffassen sollte.

 

Die im Mittelpunkt stehende Titelfigur Sibyl wird überraschend stark von Virginie Efira verkörpert, der es zudem gelingt ihrer Figur eine für den Zuschauer wichtige Grundpräsenz verleiht. Schließlich wird die Psychotherapeutin, die selbst eine chaotische und trunkene Vergangenheit hat, in eine schwierige 3-Ecks-Beziehung hineingezogen, die immer mehr zu einem fantastischen und sehenswerten Wahnsinn mündet. Obwohl eigentlich alles perfekt läuft will Sibyl ihre Tätigkeit aufgeben um einen Roman zu schreiben. Und doch sorgt die anfangs nervige Margot dafür, das Sibyl eine Faszination entwickelt, die über das Arzt-Patienten-Verhältnis hinaus geht. Die sich immer detailierter darstellende Verzweiflung der jungen Schauspielerin inspiriert die angehende Autorin für ihre Geschichte. Je mehr Zeit Sie am Set verbringt, desto mehr nagt die Vergangenheit an Sibyl und es kommt dazu, dass sie die Fehler von einst wiederholt. Neben einer Affäre beginnt sie wieder zu trinken und begibt sich auf eine Selbstzerstörungstour, welche am Ende leider nicht mehr glaubwürdig ist.

Obwohl Sandra Hüller nur eine Nebenrolle begleitet sorgt sie doch mit ihrer tollen Perfomence als Regisseurin Mika (welche die Freundin von Igor ist, der mit Margot eine Affäre hat und mit beiden aber einen Film dreht) dafür, das "Sibyl" einen knochentrocken lustigen Flair erhält. Besonders erwähnenswert ist der Moment bei dem Mika Hals-über-Kopf von einem Schiff ins Meer springt, weil ihre Schauspieler eine einfache Szene nicht auf die Reihe bekommen.

Von Margot, die von Adele Exarchopoulos verkörpert wird, hat man anfangs den Eindruck diese sei eine naive, dumme Jungschauspielerin, die sich ohne nachzudenken auf ein Liebesabenteuer mit ihrem Schauspielkollegen eingelassen hat und nun völlig fertig und zudem noch schwanger Sibyl um Hilfe bittet, und zwar ziemlich penetrant. Dieser Eindruck ändert sich dahingehend als das man als Zuschauer schon bald die tragische und durchaus auch hilflose Seite von Margot sieht.

 

An der Kameraarbeit gibt es nichts auszusetzen, da man als Zuschauer stehts mit perfekten Winkel sowie in passender Helligkeit am Geschehen teilnimmt, selbst dann, als der Film die Rolle des Zuschauers beim Dreh auf Stromboli einnimmt. Ein gelungener Kniff von Kameramann Simon Beaufils. Dieser sorgt auch dafür, dass die hocherotischen Sexszenen nicht in die Schublade "Porno" abgleiten, sondern einen künstlerischen Stempel erhalten. Chef-Cutter Laurent Senechal gelingen leider nicht alle Schnitte so fließend und nahtlos, wodurch manche Einblendungen von Sibyl's Vergangenheit einfach nicht zur vorherigen Szene passen wollen. Die zahlreichen Drehorte, egal ob Sibyl's Wohnung, Ihre Praxis oder auch die mediterrane Insel bilden jeweils einen eigenen Abschnitt für die Titelfigur, wodurch man die diversen Gefühlslagen räumlich trennt.

 

Eine angenehm begleitende sowie dezente Rolle nimmt die eher ruhige Filmmusik ein, die dazu noch klassisch klavierlastig daher kommt. An einigen Stellen fühlt sich der Sound aber recht melodramatisch an, was wiederum zum steigenden Irrsinn von Sibyl passt.

 

Fazit: Eine Tragikomödie die viel schwarzen Humor besitzt und den immer skuriler steigenden Irrsinn der Hauptfigur zeigt. Wenn man sich darauf einlässt ist "Sibyl" ein unterhaltsamer Filmspaß.

 

Bewertung:

Genre. 7 von 10 Punkten

Gesamt: 6.5 von 10 Punkten

 

 

After Midnight - Die Liebe ist ein Monster (Liebesdrama/Horror/Thriller/Trash)

 

 

Wer nach den Trailern zu wissen glaubt, was Ihn bei diesem Film erwartet wird schnell feststellen, das "After Midnight" in eine ganz andere Richtung geht.

 

Eigentlich hatten sich Hank (Jeremy Gardner) und seine Freundin Abby (Brea Grant) ein beschauliches Leben in einem abgelegenen Teil Floridas aufgebaut. Für Hank schien alles gut. Als Abby eines Tages aber spurlos verschwindet und lediglich eine kryptische Notiz hinterlässt, ist Hank am Boden zerstört. Während er versucht, herauszufinden, wo sie hingegangen ist, wird er mit einem neuen Problem konfrontiert: Eine monströse Kreatur scheint im umliegenden Wald ihr Unwesen zu treiben und des Nachts in Hanks Haus eindringen zu wollen. Ob dieses bösartige Wesen in Zusammenhang mit dem Verschwinden von Abby steht?

 

Bereits mit "Ben&Mickey vs. The Dead", der 2012 erschien, lieferte (Mit-)Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Jeremy Gardner einen erfrischend mutigen Film, der in seinem Genre eine Ausnahmeerschein darstellte und auf zahlreichen Filmfestivals ausgezeichnet wurde. Zusammen mit Christian Stella führt er diesen Weg nun weiter und präsentiert mit "After Midnight" eine ungewohnt kreative Mixtour aus Liebesdrama, Horror, Thriller und Trash, wobei Gardner die Erwartungen der Zuschauer an einen klassischen Horrorfilm immer wieder genüsslich untergräbt. Dadurch bekommt dieses Werk eine komplett andere Richtung und behandelt hauptsächlich die Beziehung zwischen Hank und Abby. Schon bei der Einstiegsszene, als die beiden zum ersten mal im Haus sind, wirkt wie eine kitschige Liebesstory, die aber abrupt unterbrochen wird und Hank dabei zuzusehen wie er mit dem Gewehr ein Loch in die Tür ballert. Genau diese schlagartigen Wechsel zwischen dem einsamen Hank und seinen Erinnerungen an die Zeit mit Abby sind unterhaltsam. Der aufmerksame Zuschauer stellt im weiteren Verlauf fest, dass die anfänglich öden Gespräche (besonders das gefühlt ewig lange zwischen Abby und Hank nach deren Rückkehr) der Handlung eine nichtgedachte Intensität und Tiefe verleihen. Recht schnell streut Gardner den Verdacht das das plötzliche Verschwinden von Abby in Verbindung mit dem nun auftretendem Monster steht. Dieser Gedankenstoß scheint sich dann auch zu bewahrheiten als das  Creature Feature (das nach unzähligen Nächten dann doch mal zu sehen ist und auch nur von Hank) plötzlich keine Rolle mehr spielt als Abby zurückkehrt. Doch mit einer wirklich unerwartenden Wendung, die darüber hinaus exzellent funktioniert, sorgt Gardner für einen Schockmoment aller erster Klasse.

 

Das vieles bei "After Midnight" eine andere Bedeutung hat als man augenscheinlich denkt spiegelt sich auch bei den Figuren wieder, wobei besonders die beiden Hauptdarsteller Jeremy Gardner als Hank und Brea Grant als Abby mit sehr geschickten und vorallem sicheren und glaubhaften Schauspiel herausstechen.

Der Hank aus seinen Erinnerung und der aus der Gegenwart könnten kaum unterschiedlicher sein. Sieht man Ihn verliebt mit Abby niemals Bier oder Schnaps drinken so könnte man beim Hank der Jetzt-Zeit schon fast von einem Alkoholiker sprechen, kippt er doch einen Kurzen und ein Bier nach dem anderen in sich rein. Zudem verwahrlost er seit dem Verschwinden von Abby immer mehr (siehe Bart) und um den Haushalt kümmert er sich auch kaum noch. Die Briefe stapeln sich und er führt recht sinnfreie Gespräche mit seinem Kumpel Wade, der in Hank's Bar gerne die Alkoholreste einer Gummimatte trinkt und bei der gemeinsamen Suche nach dem Monster, dass viele für eine Einbildung von Hank halten, reden beide über eine außerirdische Herkunft der Kreatur. Im Innersten aber trauert Hank seiner Freundin nach, während er nach außen den harten Jäger gibt. Manchmal bremsen seine emotionalen Rückblenden das Tempo der Handlung aber etwas aus. Trotzdem hat Hank auch eine leichte, lockere und humorvolle Seite.

Während Hank ein klassischer Jäger ist und nur die ländliche Gegend kennt aus der er stammt ist seine Freundin Abby eigentlich das komplette Gegenteil. Sie kommt aus der Megacity Miami und ist nur der Liebe wegen bei Hank geblieben. Die im Örtchen vorherrschenden Ansichtspunkte vom Kinder kriegen und heiraten sowie das monotone Leben (inkl. Tiefkühlessen) stören Sie genauso wie die Lethargie von Hank Ihr einen Antrag zu machen und seine Weigerung die Welt zu bereisen. Mit Ihrem plötzlichen Verschwinden, dass Sie Hank nach der ebenso unerwarteten Rückkehr, in einem sehr langen Gespräch begründet, erläutert Abby die genauen Beweggründe. Genau diese Aussprache ist der Wendepunkt in der Beziehung der beiden, die nur noch auf Routine basiert. Insgesamt wirkt Abby sehr selbstbewusst und hat klare Vorstellungen vom Leben.

 

 

Mit geschickter Kameraführung und entsprechenden Blickwinkeln auf das Geschehen soll die Kreatur welche Hank Nacht für  Nacht heimsucht lange Zeit ein Mysterium bleiben; auch um die Illusion aufrecht zu erhalten, dass Abby etwas damit zu tun hat. Ein grandioser Schachzug um dem Zuschauer eine konventionellen Horrorstreifen vorzugaukeln. Ebenso grandios sind die wiederkehrenden Bilder als Hank auf das Monster wartend auf einem Sofa sitzt und in alten, aber schönen Erinnerungen schwelgt. Daneben gelingt es Gardner mit der Setzung der Schnitte kompromisslos und abrupt die Szenerie und das Filmgenre zu wechseln ohne dabei den Handlungsfluss zu unterbrechen. Hierzu sei noch vermerkt das sich auch die Farbpalette und Intensität ändert. Sieht man Hank und Abby verliebt das Haus streichen sind die Bilder in kräftige, helle Farben getaucht während die Szenen der Jetzt-Zeit durch das Grün (das von sattem Rasengrün bis zu sumpfgrün reicht) der Umgebung geprägt ist. Mit der Wahl eines abgelegenen Örtchens, eines alten Haues das an einen Wald bzw. Sumpf angrenzt bedient sich Gardner ebenfall bekannter Stilelemente des Horrorgenres.

 

Die Filmmusik ist genauso experimentel wie der ganze Film. Neben für das Setting typischen Countryklängen gibt es auch sowas wie Kuschelrock zu hören, was den Nagel aber perfekt auf den Kopf trifft. Daneben sind noch ein paar ziemlich schnulzige sowie mystisch angehauchte Melodien zu hören. Alles aber exzellent abgemischt und ebenso gut in die Story integriert.

 

Fazit: Jeremy Gardner zeigt mit seinem mutigen Genre-Experiment wie man so komplett verschiedene Richtungen wie etwa Liebesfilm und Horror in ein kreatives Gesamtwerk verwandelt. Wer bereit ist sich darauf einzulassen und alle Erwartungen die man vor dem Film hatte über Bord zu werfen wird definitiv Spaß an "After Midnight" haben.

 

Bewertung:

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

 

Unhinged - Außer Kontrolle (Thriller/Action)

 

 

"Gladiator"-Darsteller Russell Crowe ist mit einem knallharten Thriller zurück auf der großen Kinoleinwand

 

Rachel (Caren Pistorius) ist spät dran, als sie auf dem Weg zur Schule ihres Sohnes Kyle (Gabriel Bateman) an einer Ampel mit einem fremden Autofahrer (Russell Crowe) aneinandergerät. Obwohl seine Ampel grün anzeigt, ignoriert er das Signal stoisch. Als sie hupend an ihm vorbeizieht, wird sie zur Zielscheibe eines wütenden Mannes, der offensichtlich nichts mehr zu verlieren hat. Der Fremde will ein letztes Zeichen in der Welt setzen, indem er ihr eine Reihe tödlicher Lektionen beibringt. Was folgt, ist ein gefährliches Katz- und Mausspiel, das beweist, dass man nie weiß, neben wem man wirklich fährt.

 

Wer hätte noch Anfang des Jahres gedacht das "Unhinged" mal als der erste größere Filmstart betitelt wird? Wohl niemand. Und doch stellt der neue Film mit Oscar-Preisträger Russell Crowe in der Zeit nach dem Corona-Lockdown und den damit reihenweise nach hinten geschobenen Blockbustern den ersten Start einer größeren US-Produktion in Deutschland dar, satte 14 Tage vor dem aktuell geplanten Start in den USA. Den Zuschauer erwartet ein temporeicher, brutaler und blutiger Thriller, der bereits in der ersten Szene zeigt wohin die Reise gehen wird. Dabei setzt Regisseur Derrick Borte auf genretypische Stilmittel, was ja an sich nicht verkehrt ist, wodurch natürlich die Logik ziemlich schnell auf der Strecke bleibt. Blendend man dieses Faktor aus, bekommt man Crowe als wutentbrannten Bösewicht, der nichts mehr zu verlieren hat und deshalb ein letztes Zeichen setzen möchte. Ein gewisses Spannungsniveau ist zwar vorhanden, aber dem Zuschauer ist recht schnell klar das die Todesopfer ausschließlich Nebenfiguren sind, die durch das Drehbuch entsprechend wenig Charakterzüge bekommen, und wenn doch etwas angedeutet wird, dann sehr klischeehaft. So profitiert dieser Action-Thriller hauptsächlich von seinen beiden grandiosen Hauptfiguren/Hauptdarstellern.

 

Im Grunde handelt es sich bei "Unhinged-Außer Kontrolle" um eine fatalle Dreiecks-Beziehung zwischen Rachel, Kyle und Tom, während alle anderen Figuren nur eine Randnotiz sind.

Zwar ist vom körperlich durchtrainierten und stählernden "Gladiator" nicht mehr viel übrig, aber Russell Crowe zeigt dennoch eine grandiose Leistung, die eines Kämpfers im Kolosseum würdig ist. Zwar ist sein Charakter recht einfach gestrickt, aber als wutentbrannter und unkontrollierbarer Bösewicht verleiht Crowe dieser Figur die nötige Autorität und Stärke. Zudem versprüht er eine gewisses Angstgefühl aber auch eine Form von psychischer Instabilität. Trotz starker Medikamente sorgt schon so eine kleine Sache wie das Anhupen von Rachel für einen Blackout, der eine Spur der Verwüstung und zahlreiche Tote hinterlässt. Dabei lässt Tom immer wieder sadistische Züge und eine bösartige Neigung zu Gewalt erkennen.

Als Rachel ist die neuseeländische Schauspielerin Caren Pistorius zu sehen, die Ihre Rolle ebenfalls exzellent verkörpert und dieser neben Emotionen auch einen glaubwürdigen Kämpfergeist verleiht. Nachdem sich Rachel und Ihr Mann scheiden lassen wird Ihr Leben etwas chaotisch. Oft verschläft Rachel und hat deshalb auch im Beruf so Ihre Probleme. Pünktlichkeit ist einfach nicht Rachel's Stärke. Zu Kyle hat Sie ein inniges Verhältnis, dass auch der Grund dafür ist, dass Sie bis zum Schluss für sein Leben kämpft. Aus der anfangs eher zurückhaltenden Frau entwickelt sich immer mehr eine Kämpferin, die trotz der Vorfälle und Verluste alles daran setzt Kyle und sich zu retten.

Fast schon zur Nebenfigur verkommt Ihr Sohn Kyle, der von Gabriel Bateman gespielt wird, und das obwohl er das eigentliche Ziel von Tom's Rachefeldzug ist. Die Trennung seiner Eltern schmerzt Ihn zwar, aber er hat sich damit abgefunden. Zusammen mit seiner Mutter gelingt es Ihm den verletzten Tom zum Haus der Großmutter zu locken um dem Treiben endlich ein Ende zu setzen

 

Bei der Kameraarbeit kann man nicht viel aussetzen, sind das doch Bilder und Szenen die man bereits aus unzähligen ähnlichen Filmen kennt. Dabei fällt aber auf das besonders die Verfolgungsszenen deutlich überschnitten/zerschnitten sind, wodurch man künstlich das Spannungslevel erhöhen möchte, was aber nicht so recht gelingt, da dieses Stilmittel schon fast altbacken ist. Überzeugen können dagegen die Nahaufnahmen vom wutzerfressenen Gesicht vonn Russell Crowe sowie die Momente bei denen die Kamera voll auf die Tötungen drauf hält. Diese Momente wirken selbst beim 4ten mal noch ziemlich schockierend, was sicher so gewollt ist. Die Special-Effects wie Explosionen von Autos sind trotz eines eher mittleren Budgets sehr gut gelungen, wobei sie aber ein wenig zu überdreht geraten sind.

 

Die Filmmusik ist entsprechend seines Genre eine Mischung aus spannungsgeladenen und aufbrausenden Melodien. Besonders in den ziemlich heftigen Momenten sowie bei den Verfolgungsszenen dominiert der Sound, der sich größtenteils zwar nicht in den Vodergrund drängt, es aber immer wieder mal tut und dadurch die Szenen zu sehr mit Musik überlagert. Zwar wird das Rad nicht neu erfunden, dennoch ein recht guter Soundtrack für diese Geschichte.

 

Fazit: Trotz seines Alters zeigt Russell Crowe das er ein sehr starker Charakter-Darsteller ist. Trotz einiger Logiklücken ist "Unhinged" ein extrem schneller, brutaler und blutiger Action-Thriller, der mit zunehmender Dauer immer bösartiger wird.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Marie Curie - Elemente des Lebens (Biopic/Drama)

 

 

Wunderschönes, im hochwertigen Look gehaltenes Biopic über eine der größten Wissenschaftlerinnen aller Zeiten, Marie Curie.

 

Die Entdeckungen und Forschungen der polnischen Chemikerin und Physikerin Marie Curie (Rosamund Pike) in Frankreich haben bis heute unweigerliche Auswirkungen auf den Alltag der Menschen. Die visionäre Pionierin und zweifache Nobelpreisträgerin hatte aufgrund ihres Geschlechts zeit ihres Lebens mit Widerständen in der männlich dominierten Wissenschaftswelt zu kämpfen. Ihre ausländische Herkunft machte sie derweil zur Zielscheibe der französischen Presse. Eine wichtige Stütze fand sie nur in ihrem Ehemann und Forschungspartner Pierre (Sam Riley), der Liebe ihres Lebens. Neben dem Sexismus ihrer Zeit kämpft Curie dabei auch mit dem Wissen darum, was ihre Entdeckung von Polonium und Radium für die Zukunft der Menschheit bedeuten könnte - neben Fortschritt lauert in der von ihr selbst so benannten Radioaktivität auch Gefahr, denn auch die Gesundheit von Curie ist bereits angeschlagen...

 

Die mittlerweile dritte Kinoverfilmung vom erkenntnisreichen Leben der Wissenschaftlerin Marie Curie behandelt weniger deren Errungenschaften, sondern eher das Privatleben mit allen Höhen und Tiefen. Basierend auf dem Roman „Radioactive: Marie & Pierre Curie: A Tale of Love and Fallout“ der Autorin Lauren Redniss bekommt man den Lebenswerk der polnischen Frau Marie Sklodowska, die in Paris studiert und dort Pierre Curie kennen und lieben lernt. Dabei haben die gemeinsamen Entdeckungen fast nur Nebencharakter und werden in den ersten knapp 50 Minuten (Mit dem Erhalt des ersten Nobelpreises) recht schnell und ohne viele Details "abgearbeitet", was leider mit die größte Schwäche des Films ist. Gerne hätte ich diese einzelnen Schritte auf dem Weg der, zur damaligen Zeit bahnbrechenden, Erkenntnis von Radioaktivität genauer auserzählt haben wollen. Schließlich deutet ja der Zusatz im Filmtitel darauf hin das man viel über die Entdeckung dieser Elemente zu sehen bekommt. So steht also hauptsächlich die private Frau und Mutter Marie Curie im Mittelpunkt, Ihr rasanter Aufstieg, der fast genauso tiefe Fall (als Sie rassistis und antisemitisch beschimpft wird) und die einerseits innige aber andererseits auch schwierige Liebe zu Pierre. Was hier jedoch ebenfalls zu kurz kommt ist der Kampf von Marie in einer zur damaligen Zeit von Männern dominierte Wissenschaft und die damit verbundenen Auseinandersetzungen. Hier hat Regisseurin Marjane Satrapi Potential liegen lassen. Dennoch ist es Ihr gelungen das doch sehr umfangreiche Leben und Schaffen dieser einzigartigen Frau in einen Film zu packen, der auf jeden Fall sehenswert ist und an einigen Stellen auch den Zuschauer berüht. Dazu tragen auch die eingebauten Rückblicke in Maries Kindheit und einige wichtige Ereignisse der jüngeren Vergangenheit (u.a. der Atombombenabwurf über Hiroshima, das Unglück von Tschernobyl) bei, wobei der zweitgenannte Punkt auf die negativen Punkte gerichtet ist was die Menschheit mit der Macht des Atoms gemacht hat.

 

In der Rolle der Marie Curie kann Hauptdarstellerin Rosamund Pike vollends überzeugen, verleiht Sie der Figur nicht nur zahlreiche Facetten sondern auch eine schöne Mischung aus einer verletzlichen aber auch selbstbewussten Frau, die Ihren Standpunkt klar definiert und verteidigt. Obwohl Marie sich der Gefahr der Strahlung bewusst ist forscht Sie fast pausenlos weiter daran, selbst im hohen Alter und angeschlagener Gesundheit. Anfang des 20. Jahrhunderts als Frauen noch nicht gern in der Wissenschaft gesehen waren geht Marie Ihren Weg und überzeugt mit dem gewonnenen Wissen selbst Ihre größten Kritiker. Der Tod von Pierre ist dann aber ein Knackpunkt im Leben der jungen Frau, die nun auch Emotionen zulässt und in ein tiefes Loch fällt.

Der von Sam Riley dargestellte Pierre ist an Anfang wie auch Marie ein Querdenker und wird unter seinen Kollegen belächelt. Wie seine spätere Frau auch ist er bessesen von der Strahlung der Atome und arbeitet an deren Erforschung. Von der ersten Begegnung mit der jungen Frau an fühlt er sich zu Marie hingezogen und bietet eine Zusammenarbeit an. Es dauert nicht lange bis aus dem beruflichen auch ein privates Verhältnis wird und beide heiraten. Gekrönnt wird diese Liebe mit 2 Töchtern, einem Nobelpreis und der Anstellung als Professor. Die Arbeit mit den radioaktiven Stoffen machen Pierre jedoch krank und eines Abends sorgt ein Hustanfall dafür das er vor einen Wagen kommt der Ihn überrollt und tötet

 

In einem tollen Look erstrahlt diese kleinere Produktion, der überraschend hochwertig wirkt und mit kräftigen Farben positiv punkten kann. Die Kameraeinstellungen sind typisch für Biografien und überzeugen mit ruhiger Führung und entsprechenden Aufnahmewinkeln. Auch der Hell-Dunkel-Kontrast mit dem interessanten Einsatz von Lichteffekten (bsp. die kleine grün leuchtende Ampulle mit Radium den Marie stets bei sich trägt) sowie die gezeigten Effekte stechen positiv ins Auge. Als die Geschichte am Ende im ersten Weltkrieg spielt transportieren die Bilder eine durchaus beklemmende Atmosphäre auf die Leinwand.

 

Die Filmmusik zeichnet sich durch eine sehr ruhige, aber emotionale und tiefgründige Note aus. Dabei wechseln sich die Melodien entsprechend der gerade vorherrschenden Atmosphäre ab. Zudem spiegelt die Musik auch den Zeitgeist wieder, in der die Geschichte spielt. Was noch positiv heraussticht ist die Tatsache, dass es gelungen ist die Filmmusik als begleitendes Element einzusetzen um der Handlung den Rang nicht abzulaufen.

 

Fazit: Ein ansehnliches Biopic über die zweifache Nobelpreisträgerin Marie Curie, wobei Ihre wissenschaftlichen Errungenschaften eher nebensächlich sind. Für Fans von klassischen Biografien auf jeden Fall ein Blick wert.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

 

Harriet - Der Weg in die Freiheit (Drama/Biografie/Historie)

 

 

Die Verfilmung des Lebens der Freiheitskämpferin Harriet Tubmann ist eine Mischung aus Biografie, Drama und Historienfilm.

 

Mitte des 19. Jahrhunderts lebt und arbeitet die Sklavin Minty (Cynthia Erivo) auf einer Plantage von Edward Brodess (Mike Marunde) in Maryland und träumt von einem besseren Leben für sich und ihre Familie in Freiheit. Mit dem Tod ihres Besitzers steht der Leibeigenen ein hartes Schicksal bevor, denn sie soll von ihrer Familie getrennt und an einen neuen Besitzer im Süden des Landes verkauft werden. Bevor es soweit kommen kann, ergreift sie die Flucht. Sie schafft es bis zur Anti-Slavery Society nach Pennsylvania, wo sie William Still (Leslie Odom Jr.) kennenlernt und sich fortan Harriet Tubmann nennt. Um unabhängig zu werden, hilft ihr die Unternehmerin Marie Buchanon (Janelle Monáe) dabei, sich eine eigene Existenz aufzubauen. Ihr neues Leben kann Harriet nicht genießen, denn noch immer gibt es Menschen, die das gleiche Schicksal wie sie teilen und als Sklaven arbeiten. Kurzerhand fasst sie den Plan, ihren Mann John Tubmann (Zackary Momoh) zu retten, der ist zwar ein freier Mann, aber als Afroamerikaner in Maryland Freiwild. Sie reist in ihre alte Heimat zurück und macht sich als „Moses“ der „Underground Railroad“-Organisation einen Namen als Flüchtlingshelferin...

 

Lange genug hat es gedauert bis das erste Biopic über die Anti-Sklaverei-Aktivistin Harriet Tubmann in die Kinos kommt. Schließlich ist diese Dekade der amerikanischen Geschichte ein Thema welches unbedingt auf die große Leinwand gehört. Regisseurin Kasi Lemmons hat sich an diese Story gewagt und trotz des eher geringen Budgets von ca. 17 Mio Dollar einen Film gemacht, der trotzdem hochwertig wirkt. Dennoch gibt es einige Schwächen. Zum einen übertreibt es Lemmons hier und da mit der Dramaturgie in den jeweiligen Momenten, hinzu kommen einige Längen im Mittelteil wodurch man sicherlich 15-20 Minuten hätte einsparen können. Alternativ hätte man die Zeit auch in die zahlreichen und gefährlichen Rettungsaktionen von Harriet stecken können, die leider nur angeschnitten werden und viel zu kurz kommen. Das Drehbuch ist ziemlich klassisch aufgebaut und kommt im Jahr 2020 recht altbacken daher, kann aber mit einer durchaus spannenden Handlung punkten. Aufgrund der aktuellen Frührungsriege in den USA, die offenkundig Rassismus fördert, ist "Harriet" ein Werk, über dass geredet werden soll.

 

In Ihrer Rolle als Harriet zeigt Cynthia Erivo eine absolut grandiose Leistung, was Ihr zurecht eine Oscar-Nominierung als beste Hauptdarstellerin eingebracht hat. Anfangs noch schüchtern und weinerlich entwickelt sich Harriet im Laufe der Geschichte immer mehr zu einer starken und selbstbewussten Kämpferin, die kein Risiko scheut um Ihre Familie zu retten. Selbst Ihren geliebten Ehemann lässt Sie zurück für die Freiheit. Dadurch entwickelt Sie Führungsstärke und es gelingt Harriet die Sklaven überzeugend die Flucht schmackhaft zu machen. Sinnbildlich für Ihre Autorität ist eine leidenschftliche Rede in New York vor lauter Menschen der Oberklasse, die danach alle im Schatten stehen und applaudieren.

Weiterhin überzeugen auch die Nebendarsteller. Sei es Leslie Odom Jr. als Aktivist William Still, der Harriet eine neue Identität sowie ein Dach über dem Kopf besorgt, oder auch Janelle Monáe als Unternehmerin Marie, die Harriet einen Job besorgt und zur Freundin wird. Außerdem kann Joe Alwyn als gnadenloser Bösewicht, Lebemann (besucht gerne Bordelle) und Farmer Gideon mit gutem Schauspiel überzeugen. Schon seit Kindertagen kennt er Harriet und es scheint eine besondere Verbindung zwischen beiden zu bestehen, immerhin hat Gideon seinerzeit dafür gesorgt, dass die Sklavin nicht verkauft worden ist. Verbissen und zielgerichtet will der Farmer seine geflohene Sklavin wieder zurück, anfangs noch als Arbeitskraft später um diese auf brutale Weise für den Ärger zu bestrafen, den er dadurch bekommen hat.

 

Die Kamera liefert ziemlich klare, hochwertige und oftmals sehr beeindruckende Bilder und das trotz des bereits erwähnten Mini-Budgets. Durch die Ausstattung und die Aufbauten fühlt man sich als Zuschauer erschreckend authentisch in das 19. Jahrhundert zurückversetzt, und fühlt die Angst sowie die Verzweiflung der Schwarzen, die ausgebeutet, misshandelt und wie Gegenstände behandelt worden sind (was leider auch noch durch diverse Gesetze gefördert wurde). Bildlich wird deutlich das der Reichtum der Weißen zur damaligen Zeit auf dem Leid der Afro-Amerikaner basierte.

 

Die Filmmusik überzeugt zwar  mit wuchtigen und melakonischen Klängen, die dem Film eine tolle Atmosphäre verleihen, sind aber allzu oft zu laut, zu dominant und zerstören dadurch den Moment. Mit etwas stilleren Tönen würde die Geschichte eine deutlich höhere Strahlkraft entwickeln. Sehr gelungen sind dagegen die Gesangseinlagen, welche die Sklaven immer wieder singen.

 

 

Fazit: Größtenteils ein bildgewaltiger Film über eine junge, schwarze Frau, die einfach nur frei sein möchte und die Sklaverei in den USA bekämpfen will. Einige zu sehr  auf Drama getrimmte Szenen, der oftmals zu dominante Sound und ein paar Längen trüben diese zeitlose Geschichte leider etwas ein.

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Gretel&Hänsel (Horror/Mystery/Fantasie)

 

 

Neuinterpretation des bekannten Märchens der Brüder Grimm, das aber von der Orginalstory immer wieder auf kreative Weise abweicht.

 

Die Geschwister Gretel (Sophia Lillis) und Hänsel (Samuel J. Leakey) werden nach dem Tod des Vaters von Ihrer wahnsinnigen Mutter aus dem Haus vertrieben. Da es schon lange an Essen mangelt machen sich die beiden in den Wald auf um dort etwas essbares zu finden. Ausgezehrt vom Hunger verläuft sich das Geschwisterpaar und findet eine einsame Hütte, in der ein reichgedeckter Tisch steht. Bewohnt wird diese von einer alten, nett wirkenden Frau (Alice Krige) die den Kindern anbietet sich sattessen und die Nacht in weichen Betten verbringen zu können. Doch Gretel hat nachts bereits einen Art Albtraum und möchte am nächsten Tag die Reise fortsetzten, wovon Hänsel aber nichts hält. So kommt es das beide länger bleiben und mit jeder Nacht noch düstere Träume das Mädchen heimsuchen. Gretel spürt das das Haus sowie die alte Frau ein böses Geheimnis verbergen und all die vielen Speisen nicht einfach so auftauchen können....

 

Das bekannte Märchen der Brüder Grimm hat ja bereits einige Horrorversionen erfahren. Bis auf den 2013 erschienen "Hänsel und Gretel: Hexenjäger" (der bei opulenten 60 Mio Dollar Budget über 225 Mio Dollar weltweit einspielen konnte und mit Jeremy Renner und Gemma Arterton zwei namhafte Hauptdarsteller hatte) waren alle anderen mehr oder weniger für die Mülltonne. Schon beim beschrieben Werk von vor 7 Jahren wagte man sich daran die Geschichte etwas anders zu erzählen wie das Orginal (in der Handlung sind beide bereits erwachsen und sind aktiv auf der Jagd nach Hexen). Und so hat sich auch Osgood Perkins nicht an die literarische Vorlage gehalten sondern ändert das Märchen dahingehend ab, als das nun Gretel im Mittelpunkt steht und weniger Ihr Bruder. Zwar soll Hänsel gegen Ende des Films trotzdem im Magen der Hexe landen, jedoch nicht in dem wo man es vermutet. Mehr wird an dieser Stelle nicht verraten. Als Einstieg bekommt der Zuschauer wie es sich für ein (Horror)-Märchen gehört einen Apell zu hören, der besonders an Kinder gerichtet ist. Zudem erfährt man endlich auch mal etwas über den Ursprung der Hexe und deren düstere Vergangenheit. Diese wird aber im Laufe der Handlung durch eine Wendung konkretisiert und erfährt einen noch düsteren Touch. Außerdem bekommt Gretel eine besondere Begabung, die aber der aus der 2013er Verfilmung ähnelt. Sicherlich wird es einige geben welche diesen Film aufgrund von fehlenden Gruselmomenten enttäuschend finden (Der Film ist weniger ein klassicher Horror, sondern eher eine Mischung aus Mystery, Fantasie, Thriller und Horrorelemten), mir persönlich hat diese Art der Inszenierung sehr gut gefallen lebt diese doch von einer durchweg düsteren und beklemmenden Atmosphäre sowie einer Handlung die nicht so verläuft wie man es aus dem Märchenbuch kennt. Zuletzt sorgt das überraschende Ende und 2 kleinen Nebenfiguren, die mit der Grundhandlung wenig zu schaffen haben für ein Gefühl, das man hier eine Fortsetzung planen könnte, sofern der Film ein Erfolg wird.

 

Bereits in den beiden Neuverfilmungen von "ES" (2017 und 2019) konnte Sophia Lillis in Ihrer Rolle als Bevely überzeugen, die ja bekannterweise eine schwierige Kindheit hat. Auch im Märchen der Grimm-Brüder hat Gretel (zusammen mit Ihrem Bruder) eine schwere Kindheit, die von Armut, Hunger und Verzweiflung geprägt ist. Hier kann Lillis ebenfalls brillieren. Werden die Kinder im Orginal von den Eltern im Wald ausgesetzt ist es hier so, dass beide mehr oder weniger freiwillig gehen um der wahnsinnigen Mutter zu entkommen. Diese wollte zu Anfang das Gretel bei einem älteren und wohlhabenden Mann als Haushälterin arbeitet, der aber sexuelle Dienstleistungen im Kopf hatte wie das Mädchen feststellen muss. Den Gang ins örtliche Kloster lehnt Sie ebenfalls ab und so machen sich beide eben in den großen, dunklen Wald auf. Dabei versucht Gretel immer mit Verstand und einer gewissen fast schon mütterlichen Vorsicht das Leben der beiden zu beschützen, was sich aber etwas ändert, je länger man bei der Hexe wohnt. Zwar führen Ihre Albträume/Visionen dazu das Gretel immer skeptischer wird und mit Hänsel fliehen will, doch die Aussicht auf die Ihr winkenden Kräfte lassen Sie etwas blind werden. Im entscheidenden Moment aber steht Sie zu Hänsel und es gelingt Ihr die Hexe zu töten. Dennoch haben Ihre neuerworbenen Kräfte zur Folge das das Ende der Geschichte anders ausfällt als man denkt.

Hänsel wird vom Jungschauspieler Samuel J. Leakey verkörpert, der seine Aufgabe im Großen und Ganzen gut macht. In einigen Szenen wirkt er aber etwas zu aufgedreht und seine Aussagen und seine Körpersprache nerven den Zuschauer dann etwas. Der kleine Bruder von Gretel ist genauso ausgehungert wie seine Schwester und während Sie eher Gemüse mag steht Hänsel vollends auf Fleisch. Sein Appetit ist annähernd grenzenlos und lässt seinen gesunden Menscheninstinkt gerne mal außer Acht. Hänsel träumt davon mit einer Axt jeden Tag Bäume zu Brennholz zu machen. Obwohl sich die Geschwister nahe stehen gibt es immer wieder Reibungspunkte, die Gretel anfangs noch auf eine fast mütterliche Weise beilegen kann, die aber später zum Streit führen in dessen Folge Hänsel eines Nachts allein in den dunklen Wald geht.

Als Hexe sind Alice Krige (alt) und Jessica de Gouw (jung) zu sehen. Gerade Krige verleiht der alten Frau eine ungeahnte Tiefe, eine starke Präsenz und Authenzität sowie eine Art von weisen Lehrmeisterin. Zwar hat Sie von Anfang an nur ein Ziel, ändert aber Ihre Vorgehensweise als sie merkt, dass Gretel ähnliche Fähigkeiten besitzt wie sie selbst, die aber noch nicht so ausgereift sind. Somit nimmt die alte Frau das Mädchen unter Ihre Fittiche und versucht dabei behutsam einen Keil zwischen Gretel und Hänsel zu treiben, was aber nicht gelingt. Im Laufe der Geschichte offenbart die Hexe Ihr düsterstes Geheimnis, was letztendlich auch der Grund Ihrer Macht und Ihres Verlangen nach Kindern ist.

Zu erwähnen ist noch die Nebenfigur des Jägers, gespielt von Charles Babalola, der nur einen kurzen Auftritt hat, aber in einer eventuellen Fortsetzung einen deutlich wichtigeren Part bekommen könnte. Schließlich ist er kein normaler Jäger, sondern einer der Dämonen bzw. Untote aufspürt und elimeniert.

 

Technisch gesehen kann "Gretel&Hänsel" mit einer guten Kameraarbeit sowie überzeugenden Effekten punkten. Zwar sind diese auf wenige begrenzt, dafür aber seht gut gemacht (bsp. als sich aus einer dunklen Flüssigkeit die Hexe in Ihrer eigentlichen Gestalt zusammenformt). Die Kameraführung ist soweit in Ordnung und hat auch genre-typische Wackler im Programm. Sehr gelungen ist die Arbeit mit diversen Lichtquellen, die das an sich dunkle Haus ausschließlich in Kerzenlicht bzw. Lampenlicht tauchen wodurch dieses unheimlich und schaurig wirkt. Insgesamt ist der Großteil des Films recht düster gehalten und hat nur wenige Szenen die bei Tageslicht spielen. Das Setting mit dem großen. dunklen Wald und der einsamen Hütte ( die nebenbei bemerkt eine interessante 3-Ecksform besitzt) wirkt sehr detailreich, dem Zeitalter des Spielens der Geschichte (schätze das auf spätes Mittelalter, eher aber Renaissance) entsprechend sowie sehr authentisch. Anders als im Märchen besteht das Hexenhaus aber nicht aus Lebkuchen sondern aus Holz und ist unterkellert. Die Lebkuchen wurden allgemein ersetzt, und zwar durch viel Fleisch. Außerdem wurde mit dem unheimlichen Schuppen (in dem lauter Äxte und Sägen hängen) ein neues Gebäude in die Geschichte eingebaut.

 

Mit die größte Stärke und irgendwie überraschend ist definitiv die Filmmusik. In wirklich jeder Situation gelingt es den sehr unterschiedlich gestalteten Melodien dem Zuschauer ein mulmiges Gefühl zu geben. Weiterhin werden der dunkle Wald und das Hexenhaus in ein düsteres Licht gerückt, aus dem es kein Entkommen gibt. Der Musik gelingt es die wenigen Zuspitzungen perfekt zu untermalen, ohne dabei zu dominant zu werden. Seit langer Zeit mal wieder ein Horrorfilm, der mit seinem Soundtrack überzeugen kann, der nicht auf 08/15 Geräuschen und Melodien beruht.

 

Fazit: Eine Neuinterpretation des bekannten Märchens, die anders als erwartet geworden ist, aber durchaus sehenswert ist. Zwar kein klassischer Horror, aber wer "The Witch" mochte wird hier auf jeden Fall ein tolles Filmerlebnis haben. Zudem ist es etwas spannendes, dass Gretel mehr Bedeutung hat als Hänsel

 

Bewertung:

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

 

 

Das Beste kommt noch (Komödie/Drama)

 

 

Das eine Freundschaft auch nach über 20 Jahren noch etwas intensives hervorbringen kann beweist die hervoragend gelungene Tragikomödie "Das Beste kommt noch"

 

Aufgrund eines großen Missverständnisses sind die besten Freunde Arthur (Fabrice Luchini) und César (Patrick Bruel) überzeugt, dass der jeweils andere an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange zu leben hat. Die verbliebene Zeit des vermeintlich todkranken Freundes soll nun aber so schön wie möglich gestaltet werden, weswegen Arthur und César für den jeweils anderen lauter große Pläne schmieden: Sie ziehen zusammen, besuchen ein Casino und gehen auf Reisen. Bei den gemeinsamen Unternehmungen wachsen die beiden Jugendfreunde mehr zusammen als je zuvor und erkennen, was das Leben erst lebenswert macht...

 

Das gemeinsame Werk von Matthieu Delaporte und Alexandre De La Patelliere ist einer der stärksten Vertreter seines Genres der jüngeren Geschichte. Obwohl die Geschichte sich recht einfach liest und durch ein Missverständnis einen etwas komplexeren Verlauf vermutten lässt, ist es gerade in der zweiten Filmhälfte doch so, dass der Film eine unerwartete Tiefe bekommt. Anfangs noch ein Feuerwerk an sehr humorvollen Szenen, bei denen sich die beiden Hauptfiguren entweder aufziehen, gegenseitig necken oder einfach nur lustige Dinge unternehmen (Mein Highlights sind die Szene als Arthur mit seinem Vorgesetzten wegen einer beleidigenden Mail über sein Strafmaß verhandelt und die Restaurantszene als Cesar Arthur bittet Ihn anzubaggern), was eine herrlich frische, mitunter freche und manchmal auch anrüchige Kinokomödie ist, schwenkt der Film ziemlich genau zur Hälfte (nach ca. 60 Minuten Laufzeit) in Richtung Drama um. Es kommt zum ersten großen Streit zwischen den beiden Männern und die Wege trennen sich erstmal. Doch kurz darauf kommt es zur Versöhnung und der Zuschauer bekommt nochmals ein paar sehr unterhaltsame Szenen zu sehen wodurch der Film dann endgültig mit seiner bisher vorherrschenden Heiterkeit abschließt um nun mit dem emotionalen und traurigen Teil bis zum Ende weiter zu machen. Der Übergang ist sehr fließend und nahezu perfekt gelungen und jeder Zuschauer der bei traurigen Filmmomenten weinen muss hatte genug Zeit sich mit einem Taschentuch einzudecken. Sicherlich waren die ersten 60 Minuten was die Figuren betrifft recht oberflächlich, aber das ändert sich in der zweiten Filmhälfte. Sowohl Arthur als auch Cesar müssen mit Vorkommnissen aus Ihrer Vergangenheit abschließen und es zeigt sich das jeder der beiden nicht immer der ist, den er vorzugeben scheint. Als Zuschauer kann man  mit beiden richtig gut mitfühlen und es macht einfach Spaß zuzusehen wie sie ihre alte Freundschaft nochmals vertiefen können. Selbst als das Missverständnis sich aufklärt und es gewissermaßen doch zum Bruch gekommen ist besteht das Freundschaftsband weiterhin. Und genau das ist es was uns der Film sagen will: Egal ob in guten oder schlechten Zeiten, die Freundschaft bleibt bestehen.

 

Die beiden Hauptfiguren passen nicht nur durch ihre charakterlichen Eigenschaften, die ziemlich gegensätzlich sind, perfekt zusammen, sondern auch deshalb weil die jeweiligen Darsteller grandios miteinander harmonieren und vor Spielfreude strotzen. Diese passgenaue Kombination aus Figur und Darsteller gibt es in der Filmwelt leider viel zu selten (perfektes Beispiel waren Bud Spencer und Terence Hill).

Cesar ist von den beiden der Lebemann. Schon immer hat er nur in der Gegenwart gelebt, sich auf Partys rumgetrieben, unzählige Affären gehabt (auch mit Arthur's Ex-Frau) und sein Geld beim Glücksspiel verprasst. Diesen Lebenstil hat er sich auch deshalb angeeignet weil Ihm sein Vater in Kindertagen im Stich gelassen hat als die Mutter gestorben ist. Diesen Hass trägt er lange mit sich rum und weigert sich vehemment mit seinem Vater darüber zu reden. Erst als Ihn Arthur inständig darum bittet und verspricht sein eigenes Problem mit Virginie auszusprechen fährt Cesar hin und klärt alles. Zu Arthur hat er eine besondere Freundschaft, die schon seit Schulzeiten andauert und die er mit dem missverständlichen Wissen das dieser bald sterben wird nochmals vertieft. Er versucht den eher spießigen Arthur bsp zu einem Bordellbesuch zu überreden oder andere Dinge zu machen, die dieser eigentlich meidet. Nachdem er die ganze Wahrheit erfährt möchte er alleine sein, was er aber auf dem Sterbebett aufgibt um sich dort von seinem besten Freund zu verabschieden.

Arthur, der Professor an der Uni ist, hat nach seiner Scheidung von Virginie ziemlich zurückgezogen. Die gemeinsame Zeit mit seiner Teenager Tochter Julie ist dieser immer extrem peinlich und sie ist genervt von Ihrem Vater. So kommt es auch das das Verhältnis zu seiner Ex-Frau, die einen neuen Mann hat, eher schwierig ist. Weil der verletzte Cesar mit der Krankenkarte von Arthur sich untersuchen lässt scheint es so als habe er den unheilbaren Krebs. Beim Versuch es Cesar zu sagen kommt es zum Missverständnis und Arthur kann es seinem besten Freund einfach nicht erklären. Selbst während der gemeinsamen und intensiven Zeit behält er es für sich. Einzig der Leiterin einer Selbsthilfegruppe, Randa, vertraut er die Wahrheit an. Mit zunehmender Dauer wird Arthur immer fröhlicher, wirkt befreiter und aktiver wodurch das Verhältnis zu Julie auch deutlich besser wird. Während der gemeinsamen Indienreise wird bei Arthur Hautkrebs festgestellt und er beichtet Cesar alles. Erst an dessen Totenbett kommt es zur Versöhnung und Arthur hält eine emotionale Abschiedsrede bei der Beerdigung von Cesar, den er schmerzlich vermisst und für die gemeinsame Zeit dankt.

 

Bei der ordentlichen Kameraarbeit gibt es an sich nichts auszusetzen, liefert man gute Bilder aus tollen Blickwinkeln und ohne größere Wackler oder Ungenauigkeiten. Was mir sehr gut gefallen hat sind Einblendung von Ausschnitten aus der Jugend der beiden Hauptfiguren im ungewohnten 4:3 Format, die entweder Orginalbilder von spielenden Kindern aus den 1970er/1980er Jahren sind, oder sehr orginell nachgestellte Szenen die entsprechend bearbeitet worden sind.

Die Handlungsorte sind vielfälltig; So spielt die Geschichte in Arthurs großer Altbauwohnung, in der Universität, oder auch in einer Kleinstadt wo beide einfach so mal hinfahren. Richtung Ende reisen Arthur und Cesar dann noch nach Indien um einen bekannten Arzt aufzusuchen. Was auffällt ist, das die anfangs sehr hellen, warmen Farben der Bilder mit dem Wandel zum Drama sich entsprechend anpassen und deutlich dunkler und grauer werden.

 

Die Filmmusik ist stets nur begleitend zur Handlung und immer entsprechend der gerade vorherrschenden Stimmung gewählt. Somit gibt es Melodien die freudig, entspannend, aufregend, lässig oder auch traurig, wütend oder beklemmend wirken. Das Mischen sowie die Übergänge sind außerordentlich klug und punktgenau gelungen. Dadurch gelingt es auch beim Zuschauer die gewünschten Emotionen hervorzurufen und entsprechend zur Entfalltung kommen zu lassen.

 

Fazit: Eine Tragikomödie die oft an den 2019 erschienen Film "The Farewell" erinnert und neben einer sehr heiteren und humorvollen auch eine tragische, emotionale und traurige Seite hat. Eine überzeugende Geschichte über Freundschaft, die von 2 grandios gespielten Figuren getragen wird.

 

Bewertung:

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8.5 von 10 Punkten

 

 

Siberia (Experimentalfilm)

 

 

Einen ganz speziellen Film über innere Dämonen und den Weg zu sich selbst gibt es mit "Siberia", der zum Genre der Experimentalfilme gehört.

 

Clint (Willem Dafoe) hat in seinem Leben schon viel erlebt, fast schon zu viel. Der gebrochene Mann will mit seinem alten Leben abschließen und zieht sich dafür in eine einsame Hütte in den Bergen zurück. Der Einsiedler betreibt dort ein kleines Café, in das sich nur selten jemand verirrt und seine selbst gewählte Isolation aufbricht. Doch selbst in dieser Einöde fällt es Clint schwer, zur Ruhe zu kommen. An einem besonders dunklen Abend hält er es schließlich nicht mehr aus und begibt sich mithilfe seines Hundeschlittens auf eine Reise, um seine Dämonen zu bekämpfen und sich mit seinen Träumen, Erinnerungen und Visionen zu konfrontieren...

 

Eigentlich würde hier jetzt eine detailierte Kritik zu den einzelnen Punkten wie Story, Cast, Kamera oder Sound kommen, aber wie soll man etwas bewerten zu dem man keinen Zugang bekommen und das mich mit einem großen Fragezeichen in die Nacht entlassen hat?

 

Ich versuche trotzdem zuminderst ein paar Punkte anzusprechen die mir aufgefallen sind. Klar, Experimentalfilme sind Kunst und haben definitiv Ihre Daseinsberechtigung im Kino auch wenn dieses Genre auf jeden Fall nur ein Nischenpublikum anspricht. Mir war "Siberia" aber allgemein zu sehr gewollt und auch zu experimentel, und das obwohl ich mich immer freue wenn ein Film etwas wagt oder gegen den Strom schwimmt. Der 2019 erschienene "Der Leuchtturm" ist hier ein sehr gutes Beispiel. Erst gegen Ende kam die kleine Erleuchtung das Clint sich auf eine Reise in seine Vergangenheit begeben hat um damit seine eigenen Dämonen zu besiegen. Der Weg dahin wird aber mit zunehmender Dauer immer verwirrender und abstruder. Im Mittelteil kommt sogar etwas Langeweile auf. Bei den teilweise hocherotischen Szenen schießt Abel Ferrara aber deutlich über das Ziel hinaus, wodurch die Momente künsterlisches Feingefühl vermissen lassen. Es wird gewiss Zuschauer geben, die bei den vielen Nacktaufnahmen Ekel empfinden. Schwierig ist auch das Handlungstempo und die damit verbundenen Sprünge von einem Ort zum nächsten. Diese sind von jetzt auf gleich und ohne Übergang.

Was zudem sehr deutlich wird: Mit "Siberia" möchte Ferrara Erinnerungen aus seinem eigenen Leben verarbeiten, was durch kleine Details angedeutet wird.

Das Willem Dafoe ein starker Charakterschauspieler ist konnte man zuletzt bei "Der Leuchtturm" eindrucksvoll sehen. In diesem Film ist er Hauptfigur und strahlt eine immense Präsenz aus. Obwohl er versucht mit der Vergangenheit abzuschließen fällt es schwer eine Verbindung zu Clint aufzubauen.

 

Die Kamera ist immer nah am Geschehen dran, selbst bei intimen Momenten. Es ist davon auszugehen das die knallharte und ehrliche Wahrheit zu sehen sein soll, ohne das es Interpretationsspielraum gibt. Die schnell wechselnden Handlungsorte sind schlicht und wirken kühl und traurig

Bei der Filmmusik hat man sich auf das nötigste beschränkt, sodass die Melodien eher mystisch gehalten sind. Einmal gibt es noch einen tanzbaren Popsong und zum anderen einen schweren Metallsong

 

Fazit: Ein Experimentalfilm, den ich an sich nicht bewerten kann, da es einerseits der erste Film dieser speziellen Genreart ist den ich sehe (wodurch Referenzmaterial fehlt) und andererseits stelle ich mir die Frage "wie bewertet man einen Film, der künsterlisch so frei, ungezwungen, mutig oder auch ehrlich in seiner Machart ist"? Das Genre kann ich somit gar nicht bewerten, Gesamt würde ich "Siberia"  sehr wahrscheinlich bei 3 oder 4 Punkten sehen, wovon ich aber absehe. Lieber keine Bewertung als eine, die man raten müsste. Mich konnte der Film leider nicht abholen.

 

Bewertung:

Genre: ?

Gesamt: ?

 

Eine größere Welt (Drama)

 

 

Wer in die magische Welt von Schamanen und Geistern eintauchen will sollte sich auf jeden Fall den französischen Film "Eine Größere Welt" ansehen.

 

Als Corine (Cécile de France), die Ihren Mann auf tragische Weise verloren hat, für ihren Job in die Mongolei fährt, um in einer abgelegenen Steppenregion ethnografische Aufnahmen zu machen, erhält sie mehr als erwartet. Vielmehr eröffnet sich ihr im Trancezustand eines schamanischen Rituals eine weitaus größere Welt. Dabei stellt die Schamanin Oyun (Tserendarizav Dashnyam) fest, dass Corine eine Gabe hat, die sie noch gar nicht entdeckt hat und die nur darauf wartet, endlich ausgebildet zu werden. Als sie kurz darauf wieder in ihrer Heimat Frankreich ist, bemerkt Corine, dass die Ereignisse in der Mongolei sie nach wie vor beschäftigen. Obwohl ihre Familie dagegen ist, reist die junge Frau in die Steppe zurück und macht sich auf den Weg in eine metaphysische Reise, die ihr Leben und ihre Sichtweise für immer verändern wird..

 

Die große Kunst von Regisseurin Fabienne Berthaud ist es ja, das Ihre Filme eine Verschmelzung von Doku und Spielfilm sind, die dem Zuschauer mit tollen Bildern und Eindrücken fesselt. So schafft Sie es auch mit Ihrem aktuellen Werk, der Buchverfilmung "Mein Leben mit den Schamanen", eine solch eindrucksvolle Kombination auf die Leinwand zu bringen. Da sich das Buch auf den wahren Erlebnissen der Französin Corine Sombrun bezieht bekommt dieser Film sogar noch eine biografische Note. Dem Zuschauer erwartet eine langsam erzählte Geschichte über den ungewöhnlichen Weg den Corine nach dem Tod Ihres Mannes gehen muss um mit dem Verlust umgehen zu können. Das zufällig gewählte Ziel Mongolei entpuppt sich dabei als Schicksalsentscheidung, die Corine's Leben für immer verändern wird. Zwar schafft es der Film den Zuschauer recht schnell in seinen Bahn zu ziehen, was jedoch nicht darüber hinwegtäuscht das einige Momente sich einen Tick zu lange anfühlen. Mit geschickt eingebauten kurzen Lachern wird die Stimmung beim Publikum immer wieder gelockert. Dadurch das Corine schamanische Kräfte besitzt und Sie sich in die Lehre einer alten Schamanin begibt legt sich eine gewisse Mystik über die Geschichte, die man durchaus mit Magie vergleichen kann. Damit man nah an der Realität bleibt bekommt man auch zu sehen wie die abgelegen wohnende Gemeinschaft (die weder Stron, Internet noch fließendes Wasser haben) Geld verdient: Mit falschen Ritualen und dem Verkauf von gebastelten Gegenständen.

 

Im Mittelpunkt der Handlung steht ganz klar Corine, die exzellent von Cecile de France verkörpert wird. Praktisch von der ersten Minute an zeigt Sie ein trauriges Gesicht mit roten verweinten Augen und einem Blick der fast schon ins Leere geht. Die Trauer über den Tod des geliebten Mannes bestimmt Ihr Leben und liegt wie eine dunkle Macht über allem. Erst als sich Corine in die Mongolei aufmacht und dort auf einer stundenlangen Reise ins abgelegene Dorf die Schönheit des Landes sowie die glücklich wirkenden und netten Menschen sieht beginnt sich Ihre Stimmung aufzuhellen. Das Sie besondere Kräfte besitzt stempelt Corine als Humbug ab und lässt sich gründlich untersuchen als Sie wieder in Frankreich ist. Die Worte der Schamanin gehen Ihr aber nicht mehr aus dem Kopf und Corine will mehr über sich und die Welt der Geister erfahren. Ihre Ungeduld und Sturheit sind dabei das größte Hindernis. Erst als Sie alles loslässt erfährt Corine das, wovon Sie so lange geträumt hat. Eine sehr authentische und überzeugende Darbietung von de France

Auch die anderen Darsteller zeigen gute Leistungen und die gespielten Figuren haben alle ihren Platz in der Geschichte

 

Mit die größte Stärke von "Eine größere Welt" ist definitiv die Kameraarbeit die dem Zuschauer vorallem tolle Bilder der Steppenlandschaft in der Mongolei präsentiert. Diese ist nicht nur von einer Graslandschaft geprägt sondern besitzt auch ursprüngliche Wälder, Felsen und Bäche. In diese wunderschöne fast unberührte Natur eingebettet entfalltet die Geschichte ihren vollen Reiz und die Magie kommt bestenmöglich zur Geltung. Das einfache Leben der Einheimischen Menschen, die ohne Strom, Wasser und Internet auskommen wirkt einfach nur entschleunigend und sorgt für eine innere Ruhe. Die Trancezustände von Corine werden so dargestellt, als würde man diese als Zuschauer hautnah miterleben. Hier und da hat die Kamera einen Wackler zu viel, was aber nicht ganz so groß ins Gewicht fällt. Hauptsächlich spielt die Geschichte in dem Dorf, das eigentlich nur aus Zelten besteht, die stark an Indianerbehausungen erinnern. Trotz der Abegschiedenheit sind die Bewohner, vorallem die Kinder recht modisch gekleidet und sind mit für uns Europäern seltsam erscheinenden Gastgeschenken wie etwa Wodka, Zigaretten oder Keksen richtig glücklich.

 

Die sehr dosiert eingesetzt Filmmusik ist zumeist ruhig, klassisch gehalten leise und hat eine begleitende Funktion. Nur einmal wird sie etwas voluminöser und moderner, als Corine Ihren letzten Abend in der Gemeinschaft hat und alle zusammen feiern. Der Großteil der Klänge sind entweder natürliche oder solche, die durch die Figuren erzeugt werden, wie etwa das Trommeln der Schamanin.

 

 

Fazit: Fabienne Berthaud's neuer Film, der auf dem Buch "Mein Leben mit den Schamanen" von Corine Sombrun basiert, ist eine Mischung aus Doku und Inszenierung wodurch der Zuschauer in eine ganz neue Welt eintauchen kann. Trotz eines sehr langsamen Tempos und einigen Längen ein durchaus sehenswertes Werk.

 

Bewertung:

Genre: 7.5 von 10 Punkten

Gesamt: 7 von 10 Punkten

 

 

Königin (Erotikthriller/Romanze/Drama)

 

 

Im dänisch-schwedischen Erotik-Drama "Königin" zeigt Trine Dyrholm eine der besten Schauspielleistungen Ihrer Karriere

 

Die erfolgreiche Anwältin Anna (Trine Dyrholm) lebt zusammen mit Ihrem Mann, dem Arzt, Peter (Magnus Krepper) in einem modernen Haus auf dem Land. Die Ehe ist glücklich und beide haben 2 wunderschöne Zwillingstöchter. Eines Tages beschließt Peter seinen Sohn aus erster Ehe (mit Rebecca), den 16-jährigen Gustav (Gustav Lindh), bei sich aufzunehmen da dieser erneut von der Schule geflogen ist und ein Internat nicht in Frage kommt. Anna versucht von Anfang an dem Ihr unbekannten Jungen ein schönes neues und harmonisches Zuhause zu bieten mit einem geregelten Familienleben. Die Zwillingstöchter verstehen sich blendend mit Gustav und dem anfangs störrische Jugendliche scheint bei seiner neuen Familie zu gefallen. Anna entwickelt jedoch mehr als Muttergefühle und auch der Junge scheint Gefallen an seiner Stiefmutter zu finden. Es entwickelt sich eine intensive und auch sexuelle Affäre, die aber mit der Zeit die Familie und auch Anna's berufliche Karriere gefährdet. Dadurch lässt Sie den psychisch eh schon angeschlagenen Gustav fallen und offenbart eine unbekannte Seite an Ihr...

 

Für Genre-Fans ist diese Dänisch-schwedische Produktion von May el-Toukhy ein absolut sehenswerter Film, der neben erotischen auch dramatische Elemente enthällt. Die anfänglich simpel klingende Geschichte (Die Stiefmutter hat eine Affäre mit dem Sohn Ihres Mannes) entpuppt sich bei "Königin" als deutlich vielschichtiger und komplexer als man denkt. Dies liegt neben der grandiosen Darstellung von Anne auch am tollen und klug geschriebenen Drehbuch. Trotz oder gerade wegen des recht langsamen Erzähltempos kann sich die knisternde Spannung erst so richtig aufbauen. Um ein zu schnelles Voranschreiten zu verhindern werden immer wieder aktuelle Fälle von Anna eingebaut, die kurzzeitig den Fokus von der Haupthandlung auf die meist weiblichen Mandantinnen lenkt, die allesamt misshandelt oder gemobbt werden. An dieser Stelle ein großes Lob an den Schnittmeister, dem es gelingt genau im richtigen Moment die Szenerie zu wechseln. Scheint es nach Gustavs Ankunft und dem ersten Sex mit seiner Stiefmutter auf ein Szenario des Stillschweigens hinaus zulaufen überrascht der Film mit einigen grandiosen Wendungen. Zwar verabreden beide nichts zu sagen, doch als Gustav seinem Vater doch alles beichtet will Anna mit aller Macht die Fäden in der Hand behalten indem Sie Gustav als Lügner darstellt, und das sogar mehr als überzeugend. Dabei lässt Sie auch die wenigen Beweise verschwinden und droht Peter mit der Trennung. Nur unter der Bedingung das Gustav geht will Sie bleiben. Jeder Zuschauer der jetzt denkt "das wars" wird eines besseren belehrt, da der Jugendliche die Art wie Anna mit Ihm umgeht nicht auf sich sitzen lassen will. Gerade dieses letzte Drittel ist extrem spannend, aufwühelnd und vollgepackt mit einer gnadenlosen Intensität.

 

Selten hat man in einem Erotik-Drama eine derat grandiose Hauptdarstellerin wie Trine Dyrholm als Anna gesehen, die neben dem ebenfalls überragend aufspielenden Gustav Lindh ein wunderbares und grundverschiedenes Duo bildet. Anna, die aus eher einfachen Verhältnissen kommt (wird bei einer Geburtstagsfeier angeteasert) hat es geschafft: Sie ist beruflich sehr erfolgreich, da Sie eine eigene Kanzlei leitet, hat mit dem Arzt Peter einen tollen und erfolgreichen Ehemann und 2 wunderschöne Töchter. Zudem lebt die Familie in einem modernen Haus und besitzt eine Ferienhütte in Schweden. Doch als Gustav zur Familie stößt beginnt Sie ein sexuelles Verlangen zu dem gutaussehenden Jugendlichen zu entwickeln, und das obwohl Anna mit Peter ein aktives Liebesleben führt. Immer öfter sucht Sie den Kontakt zu Gustav und es kommt zum ersten Sex in dessen Zimmer. Dabei stellt sich der Zuschauer stets die Frage: Wie echt ist Annas Verlangen und was will Sie mit der Affäre bezwecken? Will Sie sich bewusst oder unbewusst an Ihrem Mann rächen, der gerne mal herablassend ist, oder ist es Ihre abgehobene Selbstherrlichkeit? Das Sie gerne alle Fäden in der Hand behält und eine knallharte Frau ist beweist Sie spätestens dann, als Peter Sie zur Rede stellen will. Ab diesem Zeitpunkt ist Gustav für Anna ein lästiges Problem das schnellstmöglich und ohne große Gefühle zeigen zu müssen weg muss. Schließlich steht Ihr gesamtes (privates wie auch berufliches) Leben auf dem Spiel, was Anna unter keinen Umständen verlieren will. Lieber opfert Sie den Jugendlichen, der aber nicht sofort aufgeben will. So behandelt Sie Gustav fast genauso wie Ihre Mandanten behandelt werden. Erst als herauskommt das Gustav tot ist wird Anna Ihr Handeln deutlich und der Schmerz belastet die ältere Frau deutlich.

 

Im Verlauf des Films wird dem oftmals lange arbeitenden Arzt Peter (der von Magnus Krepper gekonnt unsympatisch dargestellt wird) von seiner Frau vorgeworfen dass er eine Art Blindgänger ist und nichts mitbekommt was um Ihn herum passiert. Das dies der Wahrheit entspricht zeigt sich darin, dass ihm  die Affäre zwischen seiner Frau und dem Sohn verborgen bleibt. Immer wieder zeichnet sich Peter durch eine herablassende Art aus, und zwar dann wenn die Familie Besuch von Freunden hat. Mit Gustav verbindet Ihn eigentlich wenig, da er Rebecca verlassen hat als der Junge noch recht jung war. Danach hat er sich auch nicht um Ihn gekümmert und ist erst jetzt bereit zu helfen wo seine Ex-Frau Gustav ins Internat stecken will. Obwohl er Anna's Mann ist kommt Peter fast nur eine Nebenrolle in der Geschichte zu.

 

Denn die zweite Hauptfigur ist sein Sohn Gustav, der von Gustav Lindh verkörpert wird. Der Jungschauspieler zeigt mit dieser Rolle das er definitiv das Zeug hat einmal ein ganz Großer des Geschäfts zu werden. Anfangs ist der Jugendliche ein störrischer Rebell, der sogar im eigenen Haus einen Einbruch simuliert und etliche Gegenstände seiner neuen Familie entwendet. Erst als Anna Ihn darauf anspricht und droht es Peter zu sagen ändert er sein Verhalten. Abends liest er den Mädchen vor, spielt mit Ihnen und bringt sich ins Familienleben ein. Schon früh bemerkt der Zuschauer das auch der 16-jährige gewisse Gefühle für Anna hegt. Will auch er sich an Peter für dessen jahrelanges Fernbleiben rächen, oder will sich Gustav selbst sabbotieren? Vielleicht braucht er einfach nur Aufmerksamkeit. Seine Mutter will Ihn nicht mehr haben, Peter nimmt Ihn nur auf damit er nicht ins Internat muss und Freunde hat er auch fast keine. Zudem haftet Gustav ein zwielichtes Image an, da er bereits Kontakt mit der Polizei hatte. Genau diese Vergangenheit nutzt Anna aus, um Gustav nieder zu machen als er droht Sie wegen Missbrauch anzuzeigen. Wer glaubt schon einem bereits straffälig gewordenem Jugendlichen, wenn sein Wort gegen eine anerkannte Anwältin steht? Seinen Kämpfergeist tritt Anna schonungslos nieder und am Ende erfährt man, dass Gustav tot aufgefunden wurde. Jedoch lässt der Film die genauen Todesumstände offen. War es einfach nur ein Unglück oder hat sich der gedemütigte Jugendliche selbst umgebracht? Angesichts der Geschichte scheint zweiteres zuzutreffen, was der ganzen Figur ein letztes, sehr dramatisches, Wirken geben würde.

 

Die Kameraarbeit bzw. der technische Teil sind auf jeden Fall insofern toll gelungen, als das die gezeigten Sexszenen keinesfalls den Anschein eines Pornos haben sondern künsterlisch ästhetische Bilder darstellen. Der Sex steht definitiv nicht im Mittelpunkt (auch wenn man verhältnismäßig viel Körper sieht), sondern diehnt als eine besondere Art bzw als Resultat der immer tiefer werdenden Erotik von Anna und Gustav. Neben einigen interessanten Weitaufnahmen ist die Kamera zumeist auf die einzelnen Figuen oder die aktuelle Handlung fokussiert. Dabei wird nicht mit starrer Hand sondern auch mit leichten Bewegungen gearbeitet, was in den jeweiligen Szenen gut funktioniert.

Das Szenenbild bestimmt das sehr modern eingerichtete Haus von Anna und Peter, das relativ groß wirkt und zahlreiche Zimmer besitzt. Zudem ist ein großer Garten, der benachbarte Wald oder Anna'S Büro (welches in einer sehr großen Kanzlei liegt) immer wieder der Ort des Geschehens. Hierbei wurden alle Handlungsorte detailreich gestaltet und passen ausgesprochen gut zu den Figuren.

 

Die Filmmusik beeindruckt durch bedrohlich aber effektvoll wirkende Klänge (zumeist Geige) und sorgt für eine knisternde Grundstimmung. In einigen Momenten erinnern die Melodien an den meisterhaften Soundtrack von Ari Asters Meisterwerk "Midsommar", wobei man hier einen anderen Kontext zugrunde liegen hat. Obwohl hier und da etwas zu laut und dominant passt die Musik perfekt zum ganzen Rest und harmoniert exzellent mit der Geschichte.

 

Fazit: May el-Toukhy's Erotik-Thriller ist nicht nur verführerisch, sondern auch fesselnd, klug geschrieben und exzellent gespielt. Genre-Kino vom allerfeinsten, welches das Publikum begeistert den Kinosaal verlassen lässt.

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 8.5 von 10 Punkten

 

 

Suicide Tourist (Thriller/Drama)

 

 

Immer wieder wird darüber diskutiert ob aktive Sterbebegleitung legalisiert werden soll oder nicht. Das beeindruckende Drama "Suicide Tourist" zeigt die Geschichte eines Mannes, der in einem speziellen Hotel sterben will.

 

Der Versicherungsmakler Max (Nikolaj Coster-Waldau) führte bis vor kurzem ein recht glückliches Leben mit seiner Frau Laerke (Tuva Novotny). Doch dann bekommt er die schockierende Diagnose: Hirntumor. Eine Ernährungsumstellung und spezielles Training bringen keine Besserung und Max beschließt seinem Leben ein Ende zu setzen solange er noch er selbst ist. Doch der geplante Suizid misslingt mehrfach. Zufällig stößt Max bei einer Mandantin, deren Mann angeblich tot sein soll, auf ein Abschiedsvideo in dem der Mann seinen Selbstmord in einem speziellen Hotel (Aurora) ankündigt. Diese Form des eigenen Abschieds gefällt Max und er bucht ein Zimmer dort. Doch wenn man dort erst einmal eingecheckt hat gibt es kein Zurück mehr. Doch kurz bevor Max seine Reise in Jenseits antritt spührt er das sein Leben jetzt noch nicht enden soll..

 

Mit seinem neuen Film hat Regisseur Jonas Alexander Arnby eine Mischung aus Drama und Thriller, das zum Ende hin in Richtung eines Mystery-Thriller mutiert. Dabei lässt sich dieser Film aus Nordeuropa pauschal in keine Genreschublade einordnen. Mit dem unerwarteten Twist am Ende lässt man den Zuschauer aber etwas fragend und verwirrt zurück, da man nicht sicher sagen kann ob Max sich alles nur eingebildet hat oder ob er wirklich aus dem See gerettet worden ist. Dabei wäre diese Wendung gar nicht nötig gewesen, da man dadurch von der zuvor guten Linie abweicht. Das langsame Erzähltempo, bei dem immer wieder Einblendungen aus der Vergangenheit (Von der Diagnose bis zum letzten Abend zu Hause) von Max gezeigt werden, verdeutlichen seinen Weg von einem normalen Mann der alles hat bishin zu dem verzweifelten Menschen, der seinem Leben ein würdiges Ende setzen will. Manch einem dürfte diese behäbig verlaufende Geschichte als zu lang oder langweilig vorkommen. Aber genau deshalb kann "Suicide Tourist" diese beklemmende und bittere Atmosphäre aufbauen, in der die Verzweiflung der einzelnen Figuren stets spürbar ist.

 

Beim recht unbekannten Cast kann vorallem der "Game of Thrones" Star Nikolaj Coster-Waldau überzeugen. Anders als sein  extrovertierter Charakter Jaime Lannister in GoT spielt Coster-Waldau hier genau das Gegenteil. Max ist eher ruhig, redet meist recht leise und hat nicht das Bedürfnis im Mittelpunkt zu stehen. In einer Menschenmenge würde der Versicherungsmakler, der optisch perfekt dem Berufsbild entspricht, nicht weiter groß auffallen. Die wirklcih schreckliche Diagnose "Hirntumor" fasst er recht kontrolliert auf. Obwohl er sich entschließt seinem Leben ein Ende zu setzen scheitern seine Versuche mitunter kläglich. Als er sich erhängen will bemerkt er eine Autotür und geht davon aus das seine Frau zurück kommt (ist aber nur der Nachbar). Der Versuch sich zu ertränken endet damit, dass Max' Handy klingelt und eine Mandantin Ihn sprechen will. Eben jenes Gespräch macht ihn dann auf das Aurora-Hotel aufmerksam. Dort findet er in Ari fast so etwas wie einen Freund und beide führen sehr persönliche und intensive Gespräche. Je länger Max jedoch dort ist und je näher sein Freitod rückt desto mehr beginnt er zu zweifeln. Hinzu kommen Momente wo er seine Frau zu sehen glaubt. Obwohl es kein Entkommen gibt und er das Hotel nur tot verlassen kann (eine Nachbarin versucht zu fliehen und wird erschossen) will Max dennoch zurück zu seiner Frau.

Laerke (gespielt von Tuva Novotny) liebt Max über alles und ist auch bereit mit Ihm bis zum Ende zu gehen. Obwohl es Ihr zusehens schwer fällt (und Sie sich auch beim Telefonat mit einer Freundin darüber beklagt) versucht sie Max aufzumuntern. Bei einem gemeinsamen Essen sorgt Laerke mit komischen (und irgendwie auch peinlichen) Tierlauten dafür das er ein richtiges Lachen im Gesicht hat.

Die wichtigste Bezugsperson für Max im Aurora wird der recht junge Ari (gespielt von Robert Aramayo). Dieser hat sich bereits mehrfach die Pulsadern aufgeschnitten und sieht im Hotel die einzige  Möglichkeit würdevoll zu sterben. Als Begründung für das freiwillige Ableben hat er weder Krankheit noch den Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen. Er kann sich einfach nicht als das lieben was er ist, was an sich mit der traurigste Grund sein kann. Obwohl er weiß das er sterben wird behält Ari stets ein Lächeln auf den Lippen. Einzig in seiner letzten Nacht überkommen Ihm die Gefühle als er mit Max im Pool sitzt und die beiden über die jeweiligen Beweggründe reden.

Dadurch das ich den Film in der Orginalfassung mit deutschen Untertiteln gesehen habe kommen die ganzen Emotionen bestmöglich rüber und werden nicht durch die Synchronisation verwässert. Zur deutschen Synchro kann ich aber keine Angaben machen.

 

Bei der Kamera überzeugen vor allem die tollen Landschaftsbilder rund um das Hotel, das irgendwo in den Bergen liegt. Augenscheinlich macht dieses einen sehr hochwertigen und fast schon luxuriösen Eindruck, wobei die Einrichtung der Zimmer dann eher spärlich und komplett unpersönlich ist. Die Kleidung die man den Gästen anbietet hat fast Gefängnischarakter und ist alles andere als chic. Was zudem auffällt sind die sehr tristen und dunklen Farben, welche die einzelnen Handlungsorte auszeichnen. Selbst das Hotel wirkt kühl, steril und verbreitet wenig Lebensfreude. Die wenigen Schockmomente werden recht gut festgehalten und können wie auch die Effekte durchaus positiv punkten.

 

Die Filmmusik wird von düsteren, beklemmend klingenden sowie traurigen Melodien geprägt. Diese spiegeln perfekt die Hoffnungslosigkeit der gezeigten Figuren wieder, deren letzter Ausweg das Hotel Aurora ist. Selbst die Sängerin in der hoteleigenen Bar vermittelt mit Ihrem ziemlich trostlosen und erstaunlich traurigem Song diese vorherrschende Atmosphäre.

 

Fazit: Ein eindringlicher und schockierend erzählter Film, der definitiv zum Nachdenken anregen wird. Soll man Menschen an einem eigens dafür eingerichteten Ort auf eigenen Wunsch sterben lassen soll oder nicht? Besonders Hauptdarsteller Coster-Waldau überzeugt als Max, der immer mehr zweifelt je näher sein geplanter Tod kommt.

 

 

Bewertung

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten

 

 

Undine (Drama/Romanze)

 

 

Moderne Adaption über die klassische Sage der Undine, die erst durch die Liebe eines Mannes eine Seele bekommt und diesen töten muss wenn er Sie verlässt um danach ins Wasser zurückzukehren, aus dem Sie einst kam.

 

Die Historikerin Undine (Paula Beer) arbeitet in einem Berliner Musuem um gibt dort Touren und lebt ein einfaches Leben ohne viele Freunde und Bekanntschaften. Eines Tages wird Sie von ihrem Freund Johannes (Jacob Matschenz) verlassen, der eine andere Frau liebt. Eigentlich müsste Undine Ihn jetzt töten und ins Wasser zurückkehren, doch Sie wehrt sich gegen den Fluch. Als Sie kurz darauf auf Christoph (Franz Rogowski) trifft, nimmt das Leben der beiden eine unerwartete Wendung. Es ist Liebe auf den ersten Blick und das Paar erlebt eine intensive und emotionale Zeit zusammen. Christoph möchte Undine gerne sein Leben unter Wasser als Industrietaucher zeigen, das die junge Frau eigentlich schon kennt. Obwohl alles perfekt scheint spürt Christoph das seine Freundin vor etwas wegläuft und ein Geheimnis besitzt. Hat Sie den Mut darüber zu sprechen? Ein schlimmer Unfall sorgt dafür, dass Undine sich entscheiden muss...

 

Die Sage der Undine aus dem Wasser ist ja weit verbreitet und hat mit Disneys "Arielle" eine bekannte Weiterentwicklung erfahren. In seinem Film zur titelgebenden Figur hat Regisseur Petzold eine moderne Interpretation des Märchens inszeniert, dass im heutigen Berlin spielt. Trotz der Tragik der Geschichte ist es dem Filmemacher gelungen eine wunderbare, herzliche und intensive Liebesgeschichte zu erzählen, in der die beiden Hauptdarsteller als Liebespaar vollends überzeugen können. Auch wenn der mystische Touch vorhanden ist (am Ende bekommt er eine stärkere Gewichtung), spielt sich das Geschehen dennoch zumeist in der realen Welt ab. Ein langsames, aber trotzdem niemals langatmiges, Erzähltempo fühlt sich angenehm entschleunigend an, was perfekt in diese Zeit (wo alles etwas ruhiger verläuft) passt und somit noch intensiver auf den Zuschauer einwirken kann. Der Einstieg mitten ins Geschehen als Johannes mit Undine Schluss macht ist anfangs recht verwirrend und manch Betrachter (inkl. mir) hat so seine Probleme in den Film reinzukommen. Ist man aber erstmal voll im Film bekommt man eine ansprechende Gesichte  zu sehen, die mit dem Unfall von Christoph und dem daraus resultierenden Tod (Undine ertränkt Johannes in dessen Pool sowie dem Verschwinden von Undine im See eine unerwartende Wende erfährt, wodurch aber die Sage der Figur wieder den bekannten Gang geht. Hier könnte der Film eigentlich enden, aber nun ist es Christoph der mit aller Macht nach Liebe sucht und diese dann in seiner Kollegin findet.

 

Wie bereits erwähnt überzeugen die beiden Hauptdarsteller auf ganzer Linie und sind die tragenden Stützen dieses Liebesdramas. Aber auch die Nebendarsteller zeigen ein ansprechendes Schauspiel, was auch an gut geschriebenen Figuren liegt.

Paula Beer verkörpert die bescheiden lebende Undine, welche als Stadthistorikerin arbeitet und in einer kleinen, schlichten Wohnung lebt. Freunde und Bekannte hat Sie nicht, braucht aber unbedingt die bedingungslose Liebe eines Mannes um auf der Erde bleiben zu können. Nachdem Johannes sie verlässt will sich Undine nicht Ihrem Schicksal hingeben und trifft genau in diesem Moment auf Christoph. Sofort verlieben sich beide und haben eine intensive Liebe sowie eine schöne gemeinsame Zeit. Sein Unfall wirft Sie komplett aus der Bahn und Undine tötet Johannes um danach ins Wasser zurück zu kehren. 

Der von Franz Rogowski dargestellte Industriertaucher Christoph wirkt anfangs wie ein etwas zurückgebliebener Mann mit wenig Selbstvertrauen und schusseliger Art. Mit Faszination lauscht er den Vorträgen von Undine und schenkt Ihr bei der ersten Begegnung eine Taucherfigur. Schnell entwickelt sich eine tiefgründige und intensive Beziehung, bei der er aber das Gefühl hat, dass Undine ein Geheimnis hat und vor etwas davon läuft. Bei einem gemeinsamen Spaziergang spührt er in einem Moment (als Johannes mit seiner Freundin an ihnen vorbeigeht) das Ihr Herz aufhört zu schlagen. Kurz darauf hat er einen Unfall und gilt als klinisch tot, wacht aber wieder aus dem Koma auf und versucht verzweifelt Undine zu finden. Später verliebt er sich in seine Kollegin, mit der er dann ein Kind erwartet. Bei Arbeiten an einem Staudamm sieht er Undine im Wasser, die sich aber nur von Ihm verabschieden will.

 

Die entschleunigende Wirkung hat neben der Geschichte auch die Kamera zu verantworten, die durch viele lange Aufnahmen, besonders die Unterwasserbilder, dazu beitragen. Diese stellen zudem eine Kontrast zum schnellen und durchgetakteten Leben der Großstadt Berlin dar, in dieser die Liebe zweier Menschen in der Masse untergeht. Einen weiteren Kontrast bilden die Handlungsorte, die zwischen einem kleinen Cafe an der Ecke und menschengefüllten Wegen am Fluss wechseln. Zuletzt sorgt die Wahl von eher tristen und kühlen Farben der Bilder dafür, dass die Liebe zwischen Undine und Christoph sich deutlich vom Rest abheben und somit im Vordergrund steht. Bei den Unterwasserbildern überzeugt zudem eine tolle Ausleuchtung des eigentlich trüben Wassers, wodurch die Figuren und deren Handlungen deutlich zu sehen sind. Die mehrfache Einblendung eines riesigen Welses sorgt für Momente in denen man grinsen muss.

 

Absolutes Highlight des Soundtracks ist der Song "Stayin' Alive" von den Bee Gees, nach dessem Takt Christoph bei Undine die Wiederbelebung durchführt (nach einem gemeinsamen Tauchgang). Später im Film hört sich Undine den Song dann in Ihrer Wohnung an und singt leise mit,

Die restliche Filmmusik besteht zumeist aus Klavierstücken, die sehr gut zu den jeweiligen Szenen komponiert worden sind und eine tolle Atmosphäre verbreiten. Die Lautstärke ist angenehm und lässt die Musik definitv nur begleitend erscheinen

 

 

Fazit: Regisseur Christian Petzold liefert mit "Undine"  ein modernes Märchen das geprägt wird von viel Liebe, Emotionen, Herzlichkeit und von herausragenden Hauptdarstellern getragen wird.

 

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

 

 

Der Fall Richard Jewell (Drama/Biografie/Krimi)

 

 

Clint Eastwood zeigt in seinem neuen Film die wahre Geschichte des Richard Jewell, der 1996 im Zuge eines Anschlags bei den Olympischen Spielen in Atlanta erst als Held gefeiert und später als Bombenleger verdächtigt wird.

 

Der ehemalige Polizist und jetztige Sicherheitsmann Richard Jewell (Paul Walter Hauser) ist während der Olympischen Spiele eingeteilt im Olympiapark die Polizei zu unterstützen. Eines Abends findet er eine einsame Tasche unter einer Bank. Schnell hat er den Verdacht, dass es sich um eine Bombe handeln könnte. Als Spezialkräfte das Objekt untersuchen stellt sich Richards Verdacht als wahr heraus. Obwohl noch versucht wird den Platz zu räumen explodiert die Bombe und es kommt zu vielen Verletzten und einigen Toten. Anfangs wird Richard noch als Held gefeiert doch bald gibt es erste Zweifler und Jewell gerät ins Visier des FBI. Auch weil die Medien, speziell die übereifrige Journalistin Kathy Scruggs (Olivia Wilde) die für geheime Infos auch mal mit Informanten schläft, mit Schlagzeilen das Volk bombardieren wird das Leben von Richard und seiner Mutter Bobi (Kathy Bates) auseinander genommen. Einzig der engagierte Anwalt Watson Bryant (Sam Rockwell) steht hinter Jewell. Gemeinsam wollen Sie seine Unschuld beweisen und sehen sich zwei mächtigen Gegnern gegenüber: Der Regierung und der Presse...

 

Mit seinem Film (der aufgrund von Corona zig mal verschoben wurde) über die wahren Begebenheiten rund um den Anschlag bei den Spielen in Atlanta 1996 will Clint Eastwood nicht nur die Geschichte/den Skandal dahinter erzählen, sondern auch aufzeigen was auch in der heutigen Zeit noch immer eine unangenehme Wahrheit ist: und zwar die Macht der Medien bei schlimmen Verbrechen. Wie schnell werden Menschen aufgrund einseitiger (und oftmals nur aufgrund von Indizien bzw. Vermutungen) Berichterstattung Menschen vorschnell verurteilt und einem unerträglichen Stress ausgesetzt, weil jeder Sender als allererstes die neuesten Infos verbreiten möchte. Besonders die Szenen als Richards Haus von unzähligen Reportern belagert wird und er bei jedem Schritt zig Mikrofone im Gesicht hat sollten den Zuschauer nachdenklich stimmen. Keiner von uns würde so etwas am eigenen Laib erleben wollen. Durch ein langsames, aber angenehmes Tempo bekommen die einzelnen Abläufe der Geschichte viel Raum und Details um ein stimmiges und nachvollziehbares Gesamtbild zu ergeben. Hier und da werden auch ein paar kleine Lacher eingestreut (bsp. Watsons Lust auf Snickers Riegel), die der ansonsten sehr ernsten Thematik ein paar Aufheller verleihen. Auf der anderen Seite sorgt besonders eine Szene für heftige Emotionen (Als Bobi eine Pressekonferenz hält um dort den Präsidenten um Hilfe zu bitten), die vielleicht die beste im ganzen Film ist. Als Zuschauer fühlt man die gesamte Laufzeit über mit, wie der an sich liebenswerte, leicht naive und mit großem Gerechtigkeitsgefühl ausgestattete Richard von allen Seiten angegriffen und als Terrorist abgestempelt wird, obwohl er unschuldig ist und Leben retten wollte. Gelegentliche Einblendungen von Orginalaufnahmen machen die Story zusätzlich authentisch

 

Mit seiner Verkörperung eben jener Figur kann Hauser durchweg überzeugen. Jeder sieht Ihn nur als dicken Gehilfen an, den man zu nichts gebrauchen kann. Als ehemaliger Polizist will Jewell bei all seinen Arbeitgebern für Gerechtigkeit und die Einhaltung der Regeln kämpfen, was Ihm regelmäßig den Job kostet da den Chefs zu weit geht bzw. zu sehr einen auf Cop macht. Selbst als das FBI Ihn mit unlauteren Tricks zu einem Geständnis zwingen will versucht er auf naive Art seine Unschuld zu beweisen. Erst gegen Ende der Geschichte entwickelt er ein gesundes Selbstbewusstsein und beginnt aktiv seine Unschuld zu beweisen.

Dabei hilft vorallem sein Anwalt und Freund Watson, der von Sam Rockwell sehr authentisch und stark verkörpert wird. Gleich am Anfang treffen sich beide in einer großen Anwaltskanzlei und Watson behandelt den Einzelgänger Richard als einziger sehr human und auf Augenhöhe. Zusammen hängen sie sogar in einer Spielhalle ab und zocken an einem Automaten. In der Phase als Jewell noch der Held war und er ein Angebot für ein Buch bekommt ruft er Watson an um den Vertrag vorher prüfen zu lassen, was dieser auch machen will. Nachdem man Richard zum Hauptverdächtigen gemacht hat will der engagierte Anwalt seinem Mandanten und mittlerweile Freund unbedingt helfen, da das FBI mit unlauteren Praktiken arbeitet um den gutgläubigen Richard  als Täter präsentieren zu können. Mit Geduld, Einsatz, Hartnäckigkeit und aufbauenden Worten gelingt es Watson seinen Freund aufzubauen und gemeinsam dessen Unschuld zu beweisen.

Einen großen Anteil an der Hetzjagd auf den Sicherheitsmann Jewell hat die Journalistin Scruggs, sehr gut von Olivia Wilde verkörpert. Sie will stets unbedingt immer mit Ihrer Story auf die Titelseite und ist sich nicht zu Schade mit dem Informanten (einem FBI Agent) zu schlafen (was aber in der Realität so nicht passiert ist) um an Informationen zu kommen, die eigentlich geheim sind. Für die Titelstory (das Richard vom FBI als Hauptverdächtiger gilt) lässt sich die arrogante Kathy von den Kollegen feiern ohne dabei richtig nachgeforscht zu haben. Zudem will sie auf nicht legale Weise Informationen von Watson bekommen und versteckt sich sogar in dessen Auto. Selbst der Anblick des traurigen Richards in der Redaktion lässt sie kalt. Erst viel später beginnt Kathy alles zu hinterfragen und forscht nach wodurch Ihr klar wird das Richard nicht der Täter sein kann.

 

Die Kamera liefert sehr tolle und emotionale Bilder, die sehr authentisch wirken. Dabei wird auf kräftige Farben und eine fein abgestimmte Belichtung der Szenen geachtet. In einigen Momenten wirkt es als würde man das Geschehen aus der zweiten Reihe filmen, wodurch man das Gefühl hat direkt hinter den zu sehenden Figuren zu stehen. Das regelmäßige einblenden von Orginalaufnahmen aus dem Jahr 1996 gibt dem anzen Film zusätzlich Glaubwürdigkeit und Emotionen. Bis auf wenige Ausnahmen (bsp. der Moment als die Bombe hochgeht) sorgt der Kameramann mit ruhiger Hand für eine klare und unverwackelte Sicht auf das Geschehen, auch wenn es darum geht Tote und Schwerverletzte zu zeigen.

Das Szenenbild punktet ebenfalls mit zeitgemäßer Ausstattung und passendem Flair. Dadurch wird dem Zuschauer ein sehr authentisches Bild vom Jahr 1996 vermittelt und man kann sich in die Szenen gut hineinversetzen. Die Bombenexplosion wirkt sehr real und darf als sehr gelungen dargestellt bezeichnet werden.

 

Der Soundtrack ist sehr gut auf die Geschichte und die entsprechenden Szenen abgestimmt und sorgt in den entsprechenden Momenten für ein  entsprechendes Feeling. Heraus sticht aber der ziemlich bekannte Titel "Macarena" der ziemlich zu Beginn zu hören ist, inkl. dem entsprechenden Tanz

 

Fazit: Ein eindringlicher und sehr sehenswerter Film über wahre Begebenheiten die eine Dynamik entwickelt, bei der ein einfacher Mann vom Helden zum Täter gemacht werden soll. Dabei legt Eastwood auch Wert darauf, dass viele unangenehme Wahrheiten schonungslos offengelegt werden.

 

Bewertung:

Genre: 8.5 von 10 Punkten

Gesamt: 8.5 von 10 Punkten