Filme aus dem Januar

 

Little Women (Drama)

 

 

Mehrfach oscarnominiertes Drama von Greta Gerwig nach dem Roman von Louisa May Alcott mit u.a. Emma Watson und Florence Pugh in den Hauptrollen.

 

Im Amerika Mitte des 19. Jahrhunderts leben die 4 March-Schwestern Jo (Saoirse Ronan), Meg (Emma Watson), Amy (Florence Pugh) und Beth (Eliza Scanlen) zusammen mit Ihrer Mutter Marmee (Laura Dern) in jener Zeit, als die Gesellschaft von den vorherrschenden Geschlechterrollen geprägt wird. Der Vater Robert (Bob Odenkirk) ist als Soldat im Bürgerkrieg tätig. Schon während der Jugend entwickeln die 4 Schwestern eigene Vorstellungen vom Leben und einen eigenen Charakter. Jo, die aus dem Geschlechterbild ausbrechen will, möchte gerne Schriftstellerin von Romanen werden während Meg sich eher der Schauspielerei zuwendet und gerne eine Familie gründen will. Amy ist schon früh sehr rebellisch und scheut keinen Konflikt hat eine künstlerische Ader und möchte Malerin in Europa werden. Beth ist sehr ruhig sowie musikalisch begabt und hält sich gerne etwas im Hintergrund auf. 7 Jahre später trommelt Marmee Ihre Töchter zusammen, da Beth schwer krank ist. So kommen die Schwestern mit Ihren unterscheidlichen Lebensläufen wieder zusammen mit einigen schönen Überraschungen...

 

Nach "Lady Bird" der nächste Mega-Hit von Greta Gerwig. Ihr gelingt es phänomenal aus einem durchaus angestaubten alten Roman (von 1869) mit einer Frische und Herzlichkeit in die heutige Zeit zu übertragen. Neben vielen Elementen eines Dramas finden sich auch romantische und komödiantische Momente in einem schönen Gleichgewicht wieder. Dabei wirkt die durchweg emotionale, herzliche, berührende und mitreißende Story zu keiner Zeit kitschig oder überdreht. Ganz im Gegenteil: Man verlässt das Kino trotz der tragischen Ereignisse unfassbar glücklich. Das verteilen der Handlung auf 2 Zeitebenen entpuppt sich als gelungener Kniff zeigt es doch das Leben bzw. den Weg der Schwestern (vorallem wie sich die Charaktereigenschaften entwickeln) vom Jugendalter bishin zum Erwachsensein nicht nur sehr ausführlich, sondern auch nachvollziehbar und verleiht den Figuren eine nie erwartete Tiefe. Trotz der vorkommenden traurigen Momente gibt es genügend witzige, aber auch emotional berührende Szenen, bei denen meist alle vier Frauen beteiligt sind. Gerade das erste Drittel ist geprägt von viel Humor und Herzlichkeit. Hier wechselt man noch regelmäßig die Zeitebene, wobei die 7 Jahre zurückliegende Vergangenheit deutlich mehr Spielzeit erhält. Erst nach dem Tod von Beth bleibt man in der jetzigen Zeit und damit genretechnisch eher im Drama. Insgesamt ist das Tempo der Story sehr angenehm anzuschauen und es wird immer wieder auf das vorherrschende Frauenbild aufmerksam gemacht. Diese müssen auf jeden Fall heiraten (bestenfalls in eine wohlhabende Familie), Kinde bekommen und finanziell vom Mann abhängig sein. Selbst in der Literatur muss die Frau am Ende entweder verheiratet oder tot sein.

 

Regisseurin Gerwig ist es gelungen einen namhaften Cast zu versammeln, der mit einer tollen Harmonie überzeugen kann und bei dem jeder einzelne eine extrem starke Performence abgibt, sodass man den Figuren sehr gerne zusehen möchte.

Zudem sei gesagt, dass das sehr starke Drehbuch den einzelnen Figuren sehr viel Charaktertiefe verleiht.

Florence Pugh als rebellische und freche Amy ist sicherlich diejenige deren Figur am präsentesten ist, da es Ihr immer wieder gelingt Szenen komplett an sich zu reißen. Somit laufen fast alle tollen wie auch konfliktbehafteten Szenen zumeist über Sie, jedoch immer mit einem gewissen Einfallsreichtum behaftet. Nach "Midsommar" die nächste richtig grandiose Leistung der 23-jährigen Pugh.

Deutlich passiver ist Emma Watsons Rolle der Meg, die zwar gerne Schauspielerin werden möchte, sich aber früh in den Hauslehrer Ihres Nachbarn verliebt, diesen dann auch heiratet, Kinder bekommt und somit im herrschenden Frauenbild gefangen bleibt. Während der Jugend ist Sie es die versucht Konflikte innerhalb der Familie zu lösen. Trotz des bescheidenen Lebensstils ist Sie eine glückliche Mutter und Ehefrau. Trotz dieser eher unspektakulären Filmfigur überzeugt Watson auf ganzer Linie.

Getragen wird "Little Women" jedoch von Ronan, die Jo verkörpert. Diese will unbedingt und mit Inkaufnahme von innerlichen Schmerzen das vorherrschende Frauenbild sprengen und daraus ausbrechen. Ein Leben als Schriftstellerin ist Ihr größter Traum, den Sie unbedingt leben möchte. Von Ehe und Kindern hält Sie wenig, ebenso von der Vorstellung, dass eine Frau nicht Ihr eigenes Geld verdienen kann. Für den Kampf um Selbstständigkeit opfert Sie sogar eine mögliche Beziehung zu Laurie, der Ihr sogar einen Heiratsantrag macht. In New York bietet Jo Ihre geschiebenen Geschichten einem Verleger an, die so gar nicht zur Zeit passen. Nach Beth's Tod fasst Sie den Entschluss die Lebensgeschichte der Schwestern aufzuschreiben und findet sogar endlich die Liebe des Lebens.

Beth, toll gespielt von Eliza Scanlen, ist definitiv die ruhigste der vier Schwestern, aber durch Ihr Schicksal kommen am Ende alle wieder zusammen. Musikalisch begabt darf Sie auf dem Klavier von Lauries Großvater spielen, das Sie später geschenkt bekommt. Schon im Jugendalter erkrankt Beth schwer (nachdem Sie als Vertretung der Mutter einer armen Familie Essen gebracht hat), erholt sich aber wieder. 7 Jahre später bricht die Krankheit erneut aus, diesmal ohne Genesung.

Laura Dern als fürsorgliche, liebende und starke Mutter der vier Hauptfiguren ist immer dann parat, wenn eine oder mehrere der Töchter Hilfe benötigen. Nebenbei kümmert Sie sich um andere und besucht auch den verwundeten Mann im Krankenhaus. Zwar nicht ganz so präsent wie die anderen Figuren, kann Dern aber vollends in dieser Rolle glänzen.

Laurie, Timothee Chalamet, ist der wohlhabende Nachbar der March's und in Jo verliebt. Mit den Schwestern verbringt er in der Jugend viel Zeit. Nachdem er von Jo abgewiesen wird verschlägt es Ihn nach Europa, wo er von einer royalen Party zur nächsten springt. Dort trifft er dann auch zufällig auf Amy und verliebt sich in Sie. Bei Ihr gibt er jedoch nicht auf und beide heiraten kurz vor der Abreise nach Amerika. Chalamet verkörpert seine Rolle mit sehr klar und vielschichtig. Einerseits geht von Ihm sehr viel Romantik und Schönheit aus, anderesseits ist er das Bindeglied zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten.

In kleineren Rollen sind Bod Odenkirk als Vater Robert, Meryl Streep als Tante Aunt (Sie spiegelt das Frauenbild am stärksten wieder und versucht Ihre Nichten bei jeder Gelegenheit davon zu überzeugen, dass dies die einzig wahre Bestimmung einer Frau ist, mitunter auch mal mit ironischem Unterton) sowie Chris Cooper als Mr. Laurence, der nach dem Tod der Tochter etwas in seinem großen Haus vermisst und sich um die March-Schwestern mitkümmert.

Bei den Kostümen und Make-up bleibt man eher dezent, jedoch vom Stil her vollends im entsprechendem Jahrhundert. Die Tanzkleider wirken natürlich sehr viel eleganter, ebenso Amy's blaues Kleid welches Sie in Paris trägt.

 

Die Kameraarbeit ist eher ruhig ,und viel auf Drama gehalten, zeigt aber durchweg schöne Bilder in sehr kräftigen Farben. Jedoch sind diese in den jeweiligen Zeiten unterschiedlich um einen gewissen Kontrast herzustellen. Während es in der Vergangenheit zumeist sehr farbenfroh und bunt ist, hält man sich in der Jetzt-Zeit mehr an einfachere, mitunter auch dunkle Farben. Meistens spielt die Handlung im Haus der March's das mitten im ländlichen Nirgendwo liegt und somit ein tolles Grundsetting abgibt. Einige Szenen spielen in New York und Europa, welche das städische Leben mit entsprechender Hektik zeigen. Am Ende ist Jo's neueröffnete Schule zu sehen. Die romantischen Szenen sind sehr kreativ gestaltet um sich vom Drama-Stil deutlich abzugrenzen. Insgesamt transportieren die Bilder ein tolles Feeling (optisch) des 19. Jahrhunderts mit all seinen einfachen wie auch höher gestelten Menschen (erzählerisch) und lassen die damalige Zeit sehr authentisch wieder aufleben.

 

Die Hintergrundmusik ist schön und dezent eingesetzt und überzeugt vorallem durch toll komponierte Stücke mit Geigen und viel Klaviereinsatz. Trotz wechselnder Stimmungen sorgt die Musik für eine durchgehend herzliche, emotionale und harmonische Atmosphäre ohne dabei zu sehr in den Vordergrund zu rücken. Die angenehme Lautstärke wird nur von einigen wenigen kurzzeitigen Spitzen unterbrochen, in denen die Musik besonders wenn es emotional wird, in den Vordergrund rückt.

 

Fazit: Dieser Film zeigt während der kompletten 135 Minuten Laufzeit eindrucksvoll was Kino bedeutet: Einen Film zu sehen, der einen berührt und hängenbleibt, mit tollem Cast und einer Geschichte, die etwas mit dir macht. "Little Women" gibt dem Zuschauer nicht nur sehr viele tiefgehende und herzliche Momente, sondern auch ein paar traurige. Dennoch verlässt man den Kinosaal mit einem überschwenglichen Glücksgefühl.

 

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

 

 

Ein Verborgenes Leben (Drama/Biografie)

 

 

Biografisch gefärbtes Filmdrama über die Geschichte des österreichischen Bauern Franz Jägerstätter, der während der Nazizeit den Militärdienst aus Gewissensgründen verweigert hat und daraufhin hingerichtet worden ist.

 

Während sich Hitler-Deutschland Österreich einverleibt lebt der junge Bauer Franz Jägerstätter (August Diehl) mit seiner Frau Franziska "Fanni" (Valerie Pachner), den gemeinsamen Töchtern und seiner Schwägerin Resie (Maria Simon) im Dorf St. Radegund inmitten der Berge. 1939 müssen dann die ersten Männer, darunter auch Franz, aus der Ortschaft zur Militärausbildung. Dort merkt er bereits das es falsch ist zu töten, besonders für dieses Regime. In den nächsten Jahren lehnt er Hilfsangebote der Regierung ab und verweigert Spendenzahlungen. Immer mehr wird die Familie im Dorf zum Außenseiter, da man sich als einziges gegen die Nazis stellt. Als 1943 die Einberufung den Bauern erreicht, meldet er sich zwar, aber verweigert den Militärdienst und den Fahneneid auf Hitler. Franz wird verhaftet und nach Berlin ins Gefängnis überstellt. Dort versucht man Ihn mit allen Mitteln, auch Misshandlung, auf Linie zu bringen. Doch Franz bleibt seinem Gewissen treu, nicht zur Waffe zu greifen....

 

Terence Malick's neuester Film, der bereits im Sommer 2016 gedreht wurde und über 3 Jahre Nachbearbeitung nach sich zog, ist ein mehr als tiefgründiges Filmwerk. In Großteilen basiert die Geschichte auf dem echten Leben des Franz Jägerstätter und ist neben Biografie auch ein Historienfilm und Kriegsdrama in einem. Meist aus Sicht der beiden Hauptfiguren erzählt (während der Handlung sprechen abwechselnd Fanni und Franz so als würde man einen Dialog führen, dabei handelt es sich aber um Briefe, Gedanken und Gebete) sorgt "Ein verborgenes Leben" für eine betrübte, ängstliche und traurige Grundstimmung (ausgenommen die ersten 30 Minuten) und entlässt den Zuschauer entsetzt und in gewisser Weise auch wütend und fassungslos aus dem Kinosaal. Neben den wahren Ereignissen und entsprechender Figuren (SS, Wehrmacht) sorgen gelegentliche Einspieler mit Orginalaufnahmen der damaligen Zeit dafür, dass man sich in der Nazizeit wiederfindet. Mit knapp 3 Stunden Lauflänge (ähnlich eines "ES: Kapitel 2" oder "Avengers:Endgame"), die zwar von einem sehr langsamen Tempo geprägt sind, gibt einem der Film aber zu keiner Zeit ein Gefühl von Langeweile. Dafür ist die Erzählung extrem detailiert gestaltet und führt, vom Anschluss Österreichs über die Militärausbildung hin zur Einberufung und der Verhaftung bis am Ende das Todesurteil steht, durch das Leben des Landwirts mit Höhen (Spiele mit den Töchtern) und den sich häufenden Tiefs (Ausgrenzung, Beleidigungen). Um die jeweilige Situation der beiden Figuren eindrucksvoll zu schildern ist Malicks Werk ab dem Zeitpunkt der Inhaftierung in 2 parallel verlaufende Handlungen geteilt, die sich perfekt abwechseln. Obwohl die ausführliche Erzählweise hier sehr passend ist, hätte man an ein paar Stellen vielleicht etwas "oberflächlicher" bleiben können.

 

Die an sich gute Kameraarbeit erinnert was die Bildqualität betrifft leider zu oft und stark an eine TV-Produktion wie man sie etwa beim ZDF oder der ARD zu sehen bekommt, was die größte Schwäche darstellt.  Dennoch bekommt man besonders im ersten Drittel und am Ende sehr tolle Landschafts- und Naturbilder zu sehen, die durch eine sehr ruhige Kameraführung die volle Wirkung entfalten können. Ist die Kamera zumeist auf einzelne Figuren gerichtet und zeigt deren Emotionen hautnah, sind es die bewegten Bilder, aus der Sicht von Franz, wie er verprügelt wird und die Kamera auf dem Kopf der Figur zu sitzen scheint, welche für zusätzliche Nähe zum Leidtragenden sorgen.

Das Heimatdorf der Familie Jägerstätter sowie das Gefängnis in Berlin-Tegel sind die Hauptschauplätze und überzeugen durch ein authentisches Aussehen und entsprechende Einrichtung. Die Häuser der Bauern sind zumeist aus Holz und nur spärlich eingerichtet während das Gefängnis kalt, leblos und dunkel wirkt und bestenfalls pragmatisch ausgestattet ist.

 

Beim Cast spührt man in jeder Sekunde das hineingesteckte Herzblut und die Leidenschaft diese Geschichte so nah und ehrlich wie möglich darzustellen. Zwar gibt es mit Franz und Fanni nur 2 Hauptfiguren, welche die mit Abstand meiste Spielzeit vorweisen, muss man aber dennoch einige Nebenrollen hervorheben. Sei es der Dorfpfarrer, der stets auf der Seite von Fanni und den Kindern ist, oder Rosie, welche in Franz Abwesenheit auf dem Hof mitarbeitet, oder der Bürgermeister, der geblendet (und wohl auch aus Angst und Überzeugung) von der Ideologie gewisse Parolen von sich gibt, um Franz doch auf Linie zu bringen; Sie alle sind wichtige Räder der Handlung und Begleiter der Familie.

In seiner Jugend noch als "Wilder Hund" bekannt sorgt die Ehe mit Fanni dafür, das Franz deutlich frommer und stiller wird. Das Familienglück ist mit den 3 Töchtern perfekt, auch wenn die Beziehung zu seiner Mutter eher schwierig ist. Seine Einstellung gegenüber von Gewalt ist klar in Richtung Ablehnung vorhanden und sein Gewissen beruft sich immer wieder darauf, dass Gott keinesfalls ein Befürworter vom Töten anderer Menschen ist. Diese Haltung zieht er bis zum Ende durch, was sein Todesurteil bedeutet. Alle Versuche Ihn umzustimmen (Anwalt, Pfarrer) prallen an seinen Idealen ab.

In dieser Entscheidung erhält Franz die volle Rückendeckung von seiner Frau, die trotz des Schmerzes Stärke und Mut beweist. Während der Mann einsitzt sorgt Fanni dafür das es auf dem Bauernhof einigermaßen läuft. Da sich das gesamte Dorf gegen die Familie verschworen hat ist die einzige Hilfe Ihre Schwester Rosie. Zudem findet die junge Mutter immer mehr Kraft im Glauben und in jedem Brief von Franz. Nachdem Sie von seiner bevorstehenden Hinrichtung erfährt reist Fanni zusammen mit dem Dorfpfarrer nach Berlin um Ihren Mann ein letztes Mal zu sehen.

 

Komponist des Soundtracks ist in diesem Film James Newton Howard, der wunderbar durchkomponierte Melodien zu den Bildern liefert. Diese sorgen stets für eine passende Atmosphäre, die zumeist traurig und gedrungen ist. In einigen wenigen Momenten rücken diese Musikstücke in den Vordergrund und verleihen der Situation ein sehr ausdrucksvolles Gesamtbild, ohne dabei den Bogen zu überspannen oder den emotionalen Part einzuschränken.

 

Fazit: Terence Malick zeigt mit seinem neuesten Werk eindrucksvoll auf, dass man als Einzelkämpfer für seine Werte keineswegs einen aussichtslosen Kampf führt. Der Film soll den Zuschauer zum Nachdenken anregen wie man sich wohl selber in so einer Situation verhalten würde: wird man zum Mitläufer der Masse um keine Probleme zu bekommen (selbst wenn es sich um ein menschenverachtendes Regime handelt) oder steht man zu seinem Gewissen und ist dafür bereit auch an den Rand gedrängt zu werden oder gar schlimmeres?

 

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkte

Gesamt: 7.5/8 von 10 Punkte

 

 

Die fantastische Reise des Dr. Dolittle (Abenteuer/Fantasy)

 

 

Neuauflage der beliebten Kinderbücher um die von Hugh Lofting erdachten Geschichten über "Dr. Dolittle".

 

Der ehemals berühmte (Tier)Arzt (der mit Tieren sprechen kann) Dr. John Dolittle (Robert Downey Jr.) lebt im Großbritannien des 19. Jahrhunderts zurückgezogen auf seinem Anwesen mit seinen Tieren (u.a. ein stets frierender Eisbär, ein ängstlicher Gorilla). Vor 7 Jahren hat er seine Frau Lilly verloren, die auf der Suche nach einer mysteriösen Insel war. Eines Tages sucht der junge Tommy (Harry Collett) den Arzt auf, nachdem er aus Versehen ein Eichhörnchen angeschossen hat. Zur gleichen Zeit trifft Lady Rose (Carmel Laniado) dort ein, um im Namen Queen Victorias um Hilfe zu bitten, da diese im Sterben liegt. Dolittle lässt sich nach kurzer Zeit darauf ein nach der Königin zu sehen. Im Palast stellt er fest, das diese vergiftet wurde und es nur ein Heilmittel gibt: die Frucht des Edenbaums. Doch dieser wächst eben genau auf jener Insel, auf deren Suche Lilly ums Leben kam. Zusammen mit Tommy und seiner bunten Tiertruppe macht sich Dr. Dolittle auf eine gefährliche Reise ans andere Ende der Welt...

 

Nachdem man den urspünglichen Regisseur Stephen Gaghan nach ersten Testvorführungen mit der Aussage "der Film sei zu wenig familienfreundlich" durch Jonathan Liebesmann (Regisseur) und Chris McKay (Autor) ersetzt hatte, stiegen die Produktionskosten auf stattliche 175 Mio US-Dollar. Grund waren 21 Tage Nachdreh, die man Gaghan nicht zutraute. Das viele Köche den Brei verderben ist ein altbekanntes Sprichwort und trifft in Teilen auch bei dieser Neuadaption der beliebten Kinderbücher von Hugh Lofting zu. An etlichen Stellen kommt es zu teils sehr krassen und harten Schnitten in der Handlung, die das Gefühl erwecken, dass zwischen den beiden gesehenen Szenen einiges weggeschnitten wurde. Somit springt die Geschichte an jenen Stellen für den Zuschauer durchaus verwirrend zu schnell von A nach B. Insgesamt wirkt die Handlung in den 102 Minuten oftmals an ein reines Stückwerk. Immerhin überzeugen die vielen toll animierten Tiere mit teils sehr witzigen Szenen. Einem stets frierenden Eisbären oder einen ängstlichen Gorilla dabei zusehen zu können die Ihre jeweiligen Schwachpunkte immer wieder auf witzige Weise unter Beweis stellen, sorgt für ein Lachen auf den Lippen. Dazu der kauzige Dr. Dolittle, der stets nachgibt wenn sein Pagagei droht bis 3 zu zählen, bilden eine in diesem Punkt solide Einheit. Trotzdem bleibt ein gewisses Gefühl, das bei den Tieren viele Charaktermomente durch einfache und billige Witze ersetzt wurden, um das Publikum bei Laune zu halten. Gegen Ende baut die Story (die immer wieder Hänger und abgewürgte Handlungsstränge aufweist) ziemlich stark ab, wobei die Szene mit dem Drachen (mit Verdauungsproblemen) in der Höhle an Dämmlichkeit kaum zu überbieten ist. Besagter Moment sorgt zwar für lautstarkes Gelächter, ist aber dennoch nur plump und unpassend.

 

Beim Cast gilt es zwischen den Tieren und den realen Darstellern zu unterscheiden. Haben alle gezeigten Tiere, egal ob gut oder böse ihre teils sehr witzigen Momente und Szenen, fehlt es doch meist an der Charaktertiefe. Zwar kann man sich vorstellen warum gerade jenes Geschöpf auf der Seite von Dolittle ist oder eben nicht, fehlt jedoch die genaue Verbindung untereinander. Immerhin war der Einfall mit den so gar nicht passenden negativen Eigenschaften ein recht guter Kniff, sorgen diese doch stets für Unterhaltung. Hängen bleibt aber das eigentlich als Nebenrolle gedachte Eichhörnchen Kevin, das eigentlich auf Rache sinnt und mit eingestreuten Szenen eine Art Log-Buch führt, in dem die passierten und geplanten weiteren Schritte im Selbstgespräch "eingetragen" werden. Die Synchronisation aller Tiere ist mitunter sehr gut gelungen und passend zu den Mundbewegungen sowie zur Umgebung in der sich die Tiere gerade aufhalten.

Robert Downey Jr. als titelgebende Figur Dr. Dolittle liefert maximal eine befriedigende Leistung ab. Zu oft wirkt er uninspiriert und irgendwie auch lustlos. Seine Figur könnte ein billiger Abklatsch seiner bisherigen Rollen sein, die man in Zukunft (positiv) mit seinem Namen in Erinnerung behält. Eigentlich sollte er die Traumbesetzung für diese Art von Rolle (Egomane, exzentrisch, kauzig), nur man spürt es zu selten.

Die beiden Jungdarsteller Laniado und Collett können dagegen überzeugen, und verleihen Ihren Rollen die nötigen Grundvoraussetzungen. Dabei wurde aufgrund des Drehbuchs jedoch viel Potential verschenkt, da Lady Rose zu wenig Spielzeit bekommt um Ihre übertrieben höfische Art noch besser darzustellen (oder den durchaus vorhandenen guten Kern noch mehr in den Fokus zu rücken) und Tommy in den Szenen mit Dolittle meist nur Beiwerk darstellt. Gerade die Aktion als er von einigen Tieren zum Schiff gebracht wird oder gleich am Anfang im Wald, als er nicht schießen will, sind Beweis welch tragende Rolle hier leichtfertig liegengelassen wird.

Beide Bösewichte Rassouli (Antonio Banderas) und Mudfly (Michael Sheen) funktionieren als Figuren überhaupt nicht, werden aber durch Ihre jeweiligen Darsteller einigermaßen ordentlich gespielt.

 

Die Kameraarbeit überzeugt mit durchaus tollen Aufnahmen, besonders der einzelnen Handlungsorte, und richtig gut animierten Tieren. Auch die gezeigten Effekte wirken sehr wertig und sind ein Zeichen für das recht hohe Budget. Die gezeigten Bilder weisen durchweg kräftige, zumeist helle, Farben auf und sind selbst im 3D-Format noch deutlich erkennbar. Die Kameraführung ist soweit auch gut gelungen, nimmt die Kamera doch stets einen sehr guten Platz im Raum ein, um die Handlung aus der besten Perspektive einzufangen. Wie bereits erwähnt ist der Schnitt mitunter katastrophal und unterbricht die Story schlagartig. 

Da viele der Handlungsorte digital gestaltet worden sind muss man für deren gelungene Darstellung ein großes Lob aussprechen, wird hier doch nichts nur oberflächlich gezeigt, sondern vielfach sehr detailreich.

 

Der Soundtrack von Danny Elfman kommt sehr durchkomponiert und ohne größere Schwächen rüber. Zu jeder Situation und vorallem Stimmungslage, egal ob rasant, emotional oder ruhig, gibt es die passende Melodie in angenehmer Lautstärke. An ein- zwei Stellen erhält die Musik, wie auch die gezeigten Bilder, etwas mehr Power um das bildgewaltige zusätzlich zu pushen. Im Großen und Ganzen eine tolle musikalische Beigleitung.

 

Fazit: Für das außerordentlich hohe Produktionsbudget bekommt man zwar viele sehr witzige Szenen, die jedoch eine recht flache Handlung überdecken. Sicherlich kann man sich kurzweilig daran erfreuen, aber es bleiben nur wenige Szenen im Kopf hängen. So ist es vorallem der technische Teil (Animation, Kamera, Sound) der das Budget am ehesten rechtfertigt, während das Drehbuch und leider auch der Großteil des "realen" Casts maximal befriedigend sind. Dennoch sehe ich diesen Film nicht als diese ganz große Enttäuschung an wie der Großteil der Kritiker, sondern eher mittelmäßig (da ich doch ausgiebig lachen konnte)

 

Bewertung:

Genre: 6,5 von 10 Punkte

Gesamt: 6,5 von 10 Punkte

 

 

 

Die Wütenden - Les Miserables (Thriller/Drama)

 

 

Spannendes Polizei-Drama aus Frankreich, das bei den Filmfestspielen von Cannes den Jury-Preis gewinnen konnte und bei den Oscars in der Kategorie "Bester fremdsprachiger Film" nominiert ist.

 

Um räumlich wieder näher bei seinem Kind zu sein lässt sich Stephane (Damian Bonnard) von der Provinz in eine Einheit für Verbrechenbekämpfung in den Pariser Vorort Monfermeil versetzen. Dort ist sein erster Einsatz der Diebstahl eines Löwenbabys von einem Clan-Chef durch einen kleinen Jungen namens Issa (Issa Perica). Zusammen mit seinen neuen Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djebril Didier Zonga), beide bereits seit Jahren im Einsatz, macht sich der Polizist auf die Suche. Dabei stellt Stephane fest, dass seine Kollegen unkonventionelle Methoden gefunden haben, um mit den verschiedenen Clans auszukommen. Als man Issa findet und festnehmen möchte eskaliert die Situation und Gwada schießt dem Jungen mit seiner Gummigeschosswaffe ins Gesicht. Dabei werden die Ermittler jedoch von einer Drohne gefilmt, welche dem Jungen Buzz (Al-Hassan Ly) gehört. Um die Verbreitung des Videos zu verhindern, und damit den Verlust Ihrer Autorität, müssen Chris und Co. Buzz finden. Während die Polizisten den Drohenbesitzer jagen, bereitet Issa seine Rache vor..

 

Lady Ly's neueste Regiearbeit spielt in einem Pariser Vorort, wo Clans die Macht an sich gerissen haben und die Polizei mit teils verbrecherischen Methoden ermittelt. Während der Rest der Stadt im WM-Fieber ist, zeugen nur einige Trikots von diversen Fussball-Spielern von ein wenig Stimmung in Monfermeil. So lenkt Ly den Fokus voll auf die spannende und explosive Handlung rund um das Team von Chris, womit sich dem Zuschauer die Frage stellt, welche Probleme aufgrund eines sportlichen Großereignisses gerne für wenige Wochen komplett in den Hintergrund rücken. Der soziale Brennpunkt, begünstigt durch eine Vielzahl von Einwanderern und gesellschaftlich Abgehängten, ist der ideale Brutboden für die gezeigte und durchaus sehr realistisch wirkenden Gewalt, die immer wieder hochkocht und das Faß fast zur Explosion bringt. So wird aus einem für Außenstehnde harmlosen Diebstahl eine Gewaltorgie, die in einem Gruppenangriff auf die Polizisten endet. Sind die ersten 20 Minuten noch recht ruhig und dienen dazu Stephane, das Team sowie einige wichtige Figuren ausgiebig vorzustellen, nimmt der Film danach richtig Fahrt auf. Trotzdem beruhigt Ly mit einigen kleinen Pausen (wie etwa die Szene als Stephane und Gwada in einer Bar sitzen) die immer temporeichere aber mit klarer Linie durchdachten Handlung, die mit einem offenen Ende den Zuschauer aus dem Kinosaal fassungslos, schockiert wie auch entsetzt entlässt.

 

Der ausschließlich mit Franzosen besetzte Cast kann auf ganzer Linie überzeugen. Neben den Hauptfiguren zeigen auch die zahlreichen Nebenfiguren wie auch die Komparsen eine authentische Leistung. Das ungleich wirkende Polizistentrio mit dem eher ruhigeren Neuling Stephane, dem aufbrausenden Teamleiter Chris sowie dem überforderten Gwada sorgen mit Ihrer anfänglichen Uneinigkeit für die Eskalation der Situation. Während also Stephane (sehr toll gespielt von Damien Bonnard), der sich wegen seines Sohnes versetzen hat lassen, anfänglich auf die Einhaltung der Regeln behaart (bestes Beispiel: als einziger trägt er eine Polizei-Armbinde), möchte Chris knallhart den Diebstahl aufklären. Dabei schreckt er auch nicht vor Gewalt zurück und wird schnell sehr laut im Ton. Zwischen den Stühlen zu sitzen scheint Gwada, der einerseits zu seinem Boss hält, während er in einer anderen Situation Stephane unterstützt. Er ist es auch, der Issa anschießt, weil Ihm die Nerven durchgehen und von da an seelisch darunter leidet.

Issa (Issa Perica) ist einschlägig als Unruhestifter bei der Polizei bekannt und sorgt mit dem Diebstahl des Löwenbabys für den Beginn der Ermittlungen. Nachdem er schwer verletzt und gedemütigt von Chris nach Hause geschickt wird, sieht es erst so aus, als würde er daran zerbrechen. Dabei ist er dabei einen perfiden Plan zu erstellen wie er sich an seinen Peinigern rächen kann.

Die Kostüme sind symptomatisch für die gesellschaftliche Schicht der Vorortbewohner und teilweise sogar in der traditionellen Optik der Herkunftsländer. Issa's Wunde im Gesicht wirkt sehr aufwendig und authentisch.

 

Die Kameraarbeit von Julien Poupard überzeugt durch klare, heftige und schockierende Bilder der Geschichte. Dabei sind speziell die Aufnahmen der Drohnen explizit hervorhebenswert. Somit wird das teilweise heruntergekommene Viertel aus Plattenbauten, dass nur einen Steinwurf von der Pariser Glitzerwelt entfernt liegt, mit seinen Müllbergen und schmutzigen Straßen (bildlich) von oben herab gezeigt. Durch den geschickten Wechsel von Nah-und Fernaufnahmen, gepaart mit einem intelligenten Schnitt, bekommt der Zuschauer einen sehr nahbaren Einblick in diese oft vergessene/verdrängte Welt der sozialen Brennpunkte von Großstädten. Als krasser Kontrast sind die Wohnungen der 3 Polizisten zu sehen, die einerseits in etwas besserer Umgebung liegen und entsprechend sauber und modern gestaltet sind.

Ebenfalls positiv stechen die teils sehr kräftigen und klaren Farben der Bilder heraus, die selbst im Chaos der letzten Szenen noch eine entsprechend deutliche Aussagekraft besitzen, trotz Pyro, Rauch und Feuer.

 

Untermalt wird die Handlung von einem sehr gut komponierten und begleitenden Sound, der an gezielt ausgesuchten Momenten die aufkommende Spannung in der Luft musikalisch passend auskleidet. Dadurch wird der Zuschauer voll mitgenommen und zusätzlich an das Geschehen gefesselt.

Hierzu sei erwähnt das es während der Vorstellung mucksmäuschenstill im Kinosaal war und man die berühmte Stecknadel hätte fallen hören können. Ein Beleg, wie gefesselt die Besucher im sehr gut gefüllten Kino waren.

 

 

Fazit: Politisch, intensiv, spannend und hochexplosiv; Ein gnadenlos energischer Thriller von Ladj Ly über die Beziehung zwischen der Polizei und den herrschenden Clans in den Pariser Vororten. Schauspielerisch und atmosphärisch grandios

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkte

Gesamt: 8.5 von 10 Punkte

 

 

Jojo Rabbit (Satire/Komödie/Drama)

 

 

Gewinner des Publikumspreises des Filmfestivals von Toronto. Eine Satire-Drama-Komödie über einen Jungen im Dritten Reich, dessen imaginärer Freund Adolf Hitler ist.

 

Der 10-jährige Jojo Betzler (Roman Griffin) lebt im Deutschen Reich während des zweiten Weltkrieges und ist ein überzeugter Nazi. Zusammen mit seinem gleichaltrigen Freund Yorki (Archie Yates) und Adolf Hitler (Taika Waititi), der aber nur in Jojo's Kopf ist, besucht der Junge ein Nazi-Wochenendcamp von Hauptmann Klenzendorf (Sam Rockwell). Dort kommt es zu einem Unfall und Jojo wird verletzt. Nach einiger Zeit im Krankenhaus und mit vielen sichtbaren und unschönen Narben (inkl. Hinkebein) gibt es in der Hitlerjugend keinen Platz mehr für Jojo. So wird er der Einheit von Klenzendorf zugeteilt, wo er Propagandaplakate anbringen und Einberufungsbescheide verteilen soll. Immer an seiner Seite: der imaginäre Hitler, der immer dann zur Stelle ist, wenn Jojo vor einer Entscheidung steht. Eines Tages kommt er früher nach Hause und findet im Zimmer seiner Mutter Rosie (Scarlett Johansson) die Jüdin Elsa (Thomasin McKenzie). Nach anfänglicher Furcht und antisemitischen Gedanken nähern sich die beiden an. Jojo merkt, dass Elsa so gar nicht dem propagierten Bild eines Juden entspricht und es entwickelt sich eine immer tiefer werdende Freundschaft. Diese wird nach dem Mord an Rosie (die dem Widerstand angehörte) auf eine harte Probe gestellt...

 

Vielfach kam sowohl bei den Filmkritikern wie auch in den Medien eine Frage auf: Darf man so einen Film über die Nazis und Hitler machen? Meine ganz klare Meinung dazu: JA!

Film ist schließlich ein Kunstmedium und ein Mittel sich auszudrücken. Man darf die (Film)Kunst nicht immer für bahre Münze nehmen; und "Jojo Rabbit" hat mehr als genug Momente die zeigen, dass es sich hier auch um einen Anti-Kriegs und einen Anti-Nazifilm handelt. Sei es mit der Figur von Rosie, die Ihrem Sohn immer wieder auf eine ruhige und aufklärerische Art versucht aufzuzeigen, dass das Nazisystem schlecht ist, oder die Wandlung die Jojo und Yorki im Laufe der Handlung durchmachen. Bestes Beispiel ist der mehr als symbolische Rauswurf (Rauskick) von Hitler aus der Fantasie von Jojo. Und selbst Hauptmann Klenzendorf ist nicht der fanatische Nazi, als der er optisch wirkt. 

Zu sehen gibt es unzählige extrem lustige Szenen, bei denen diejenigen am besten punkten, als Hitler (überragend gespielt von Taika Waititi) inmitten des Moments mitmischt und dabei eine oftmals lächerliche Figur darstellt. Allgemein werden die Nazis ganz im Stille einer Satire mehr oder weniger als Witzfiguren hingestellt. Damit kann auch eine Rebel Wilson (spielt Fräulein Rahm) nach einer enttäuschenden Leistung in "Cats" als eine leicht verpeilte und witzige Figurendarstellerin glänzen. Trotz all der Lachmomente hat "Jojo Rabbit" auch seine emotionalen und tiefgründigen/ernsten, aber auch naiven und brutalen Momente. Hier stechen insbesondere die Dialoge zwischen Elsa und Rosie sowie Rosie und Jojo (emotional und tiefgründig), Yorki und Jojo's gemeinsame Szenen (kindlich naiv) sowie die Kriegsszenen im letzten Drittel (brutal) in einer Handlung hervor, die zumeist aus Sicht des kleinen Jungen erzählt wird.

Die Orginalaufnahmen zu Beginn, sowie gezielt plazierte kleine Anspielungen (u.a. Bücherverbrennungen) zeigen neben dem Bombenfall am Ende die Schrecken bzw. den Fanatismus im Dritten Reich auf.

Das am Ende Jojo und Elsa gemeinsam auf der Straße tanzen (nachdem Jojo den immer aggresiveren Hitler aus seiner Fantasie "kickt" und damit endgültig den Nazis abschwört) ist ein mehr als passender Schlusspunkt von Waititi.

 

Im teils namhaft besetzten Cast (u.a. Alfie Allen, Rebel Wilson, Scarlett Johansson) sind es die beiden Kinderdarsteller Griffin (Jojo) und Yates (Yorki) die mit Ihrer unbekümmerten, kindlich naiven Art überzeugen. Authentisch und sehr glaubhaft verkörpern die beiden die damalige Jugend, die bereits seit Kindertagen voll auf den Antisemitismus der Nazis eingeschworen wurden. Blind vor Hass wollen die Kinder in den Krieg ziehen und wirken extrem enttäuscht (Jojo), als man wegen der Narben und der Tatsache das man nicht bereit ist ein unschuldiges Kaninchen zu töten, belächelt und ausgegrenzt wird. Sowohl Jojo als auch Yorki durchlaufen mehr oder weniger schnell einen Sinneswandel weg vom Nazionalsozialismus. Dabei spielt in Jojo's Fall hauptsächlich Elsa die tragende Rolle. McKenzie verleiht Ihrer Figur nicht nur eine liebliche und unschuldige Art, sondern auch eine verletzliche und hoffnungslose. Dennoch ist das Mädchen, das Ihre Eltern und den geliebten Freund verloren hat, bereit Jojo, dessen Vater verschollen und die Schwester gestorben ist, aufzuzeigen das Juden Menschen sind wie jeder andere auch. Der Tod von Rosie (Johansson mit grandioser Schauspielleistung) und die damit verbundenen Probleme schweißen die beiden noch mehr zusammen. Obwohl Ihr Sohn ein fanatischer Anhänger der Nazi-Idiologie ist, liebt Rosie Jojo trotzdem über alles. Wann es geht versucht Sie Ihm beizubringen wie schrecklich das Regime ist, nutzt aber auch die Zeit um mit Fröhlichkeit und Witz ein Lächeln in Jojo's Gesicht zu zaubern. Elsa's Leben zu retten erfüllt die Frau mit größter Freude, erinnert sie Sie doch sehr an die verstorbene Tochter.

Kostüme und Make-up sind passend zur Zeit gewählt, wobei es auch hier besonders bei den Nazis teilweise sehr ins lächerliche gezogene Outfits gibt (Klenzendorfs "Kostüm" am Ende, Hitler im Ganzkörperbadeanzug). Rosie's Kleidung stellt dagegen einen klaren Kontrast zu denen der anderen Frauen dar, trägt Sie doch keine Naziklamotten und einen markanten Hut. Jojo sieht man ausschließlich in entsprechender Uniform.

 

Eine tolle Kameraarbeit liefert anfangs kräftige und helle Farben, die ab den Zeitpunkt von Rosie's Tod in blas, grau und eher dunkel wechseln. Dazwischen liefert sie nicht nur sehr lustige Szenen und Momente, sondern auch einige tolle Effekte. Hier seien besonders die real wirkenden Schmetterlinge in Jojo's Bauch hervorzuheben. Die Optik am Anfang (Einspieler mit den Orginalaufnahmen) sowie im Abspann wirken sehr orginell (man beachte auch die Schrift) und authentisch. Auch die wenigen Slowmotion Aufnahmen, die ausnahmslos Hitler und teilweise Jojo in merkwürdigen, mitunter sehr lustigen zeigen, sowie die Szenen, in denen Hitler plötzlich ins Bild kommt um eine an sich normale Situation satirisch wirken zu lassen, sind die Highlights im technischen Bereich. Ein sorgsam gewählter Schnitt, der sich selbst in den hektischen Schlussminuten mit dem hautnahen Kriegsgeschehen, sorgt für ein angenehmes Sehgefühl.

Überwiegend in einer deutschen Provinzstadt spielend, zeigt das Szenenbild die zur damaligen Zeit massiv vorhandenen Nazisymbole wie Hakenkreuzfahnen und SS-Zeichen.

 

Der Soundtrack ist während der kompletten Laufzeit einerseits sehr passend zu den Szenen gehalten, hat aber andererseits auch einige hängenbleibende im Stille des Rock'n'Roll Genres (amerikanischer Sound) gehaltenen Songs zu bieten. So kommt stets ein Gefühl auf, man wäre tatsachlich in den 1940er Jahren, wobei deutsche Propagandamusik glücklicherweise fehlt. So bleibt man auch hier dem übergeordneten Filmgenre Satire treu. Die emotionalen, tiefgründigen Momente sind dann mit ensprechend ruhigerer Musik unterlegt.

 

Fazit: Ein Film, der zeigt wie sehr das Kunstmittel "Film" funktionieren kann. Waititi liefert zusammen mit einem perfekt harmonierenden Cast eine tolle Satire über Hitler und nebenbei einen grandiosen Antikriegsfilm.

Einer der Filme, die man 2020 im Kino gesehen haben muss

 

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkte

Gesamt: 9.5 von 10 Punkte

 

 

Das Geheime Leben der Bäume (Dokumentation)

 

 

Der Kinofilm zum Bestseller von Peter Wohlleben. Darin erkundet der Autor wie "klug" Bäume wirklich sind und welchen Beitrag diese zu unserer Umwelt leisten

 

Der Autor nimmt den Besucher auf eine interessante und vorallem lehrreiche Reise in den Wald, bzw. das was wir Wald nennen, mit und zeigt eindrucksvoll auf, wie vielschichtig Bäume sein können. Dabei stützt er sich auch auf diverse wissenschaftliche Studien und eigene Erfahrungen aus seinem Leben als Förster. Dabei erklärt Wohlleben wie weitläufig Bäume im Wald vernetzt sind, auch mithilfe von zahlreichen Pilzen, und welche Strategien Sie bsp. bei einem Schädlingsbefall nutzen um sich und andere Artgenossen zu schützen. Ebenfalls zeigt die Doku, wie viele Gemeinsamkeiten wir Menschen mit diesen Geschöpfen haben. So "versorgen" die Altbäume den Nachwuchs, oder tauschen sich Mithilfe von Duftstoffen untereinander aus, oftmals über hunderte Kilometer. Die heutige Forstwirtschaft fördert keineswegs ein intaktes Waldleben, sondern ist geprägt von Monokulturen und den Einsatz schwerer Maschinen. Die so dringend benötigten Urwälder sind, zuminderst in Deutschland, bereits vor Jahrhunderten verschwunden. Diese wieder aufleben zu lassen ist sehr zeitintensiv. Wir reden hier nicht von 30 Jahren, sondern von mehreren hundert bis tausend Jahren bis die Natur wieder in dem Zustand ist, wie sie vor dem Menschen war. Allgemein muss folgendes in unsere Köpfe: Menschliche Zeitgefühle sind mit jenen der Bäume nicht vergleichbar. Dies sieht man vorallem darin, das ein gesunder Baum in natürlicher Umgebung mehrere tausend Jahre alt werden kann. In den heutigen "Plantagen" bzw. Solitärpflanzungen können die Bäume gar nicht so alt werden, da Ihnen die Artgenossen fehlen.

So ist dieser Film auch eine Mahnung an uns alle, dass wir dringend etwas ändern müssen in unserern Vorstellungen vom Wald. Gegen eine weitere, aber andere, Holzentnahme ist nichts einzuwenden. Es müssen aber alle Plantagen und Monokulturen auf natürliche Weise wieder in den Ursprungszustand gebracht werden. Das heißt bsp. für Deutschland: überwiegend Buchenwälder bzw. Laubwälder.

Nur so kann der Wald aktiv zum bekämpfen des Klimawandels beitragen.

 

Besonders begeisternd sind die wunderbaren Landschafts- und Waldbilder, die mit toller Musik unterlegt sind. Hier und Da sind die Aufnahmen in Slow-Motion bzw. im Zeitraffer. Dadurch werden die Wunder der Bäume (Keimung, Austrieb, usw.) nochmals deutlich hervorgehoben. Auch die Kameraführung ist richtig Klasse und zeigt einerseits viele kleine Details, andererseits auch große Waldflächen von oben. Daneben lernt der Zuschauer den ältesten Baum (ca. 10000 Jahre alt, in Schweden) kennen, und verschiedene Wälder außerhalb Deutschlands.

 

Aufgebaut ist diese Doku in verschieden Kapitel. Diese sind bereits so im Buch vorhanden. Die ersten Passagen aus dem Buch werden "vorgelesen", als eine Art Einleitung, bevor Wohlleben richtig in das Thema einsteigt.

Zu Beginn gibt es einen kleinen Teaser (etwa 5 Minuten), in denen der Autor vorgestellt wird und sein Weg vom Förster zum erfolgreichen Buchautor gezeigt.

 

Nebenbei wird mit jeder verkauften Kinokarte ein Baum in Regionen gepflanzt, wo es dringend notwendig ist. Dies ist eine Kooperation von Constantin Film und der grünen Suchmaschine Ecosia.

Somit kann man mit seinem Kinobesuch aktiv etwas für den Umweltschutz tun.

Und genau hier wäre es toll wenn nach Möglichkeit alle Schulklassen geschlossen in den Film gehen. Damit würden einerseits viele Bäume gepflanzt, und die Kinder lernen etwas sehr wichtiges über unsere Bäume und die Wälder.

 

Jeder der mich persönlich kennt weiß, welch große Bedeutung der Wald schon seit Kindertagen und vorallem heute für mich hat. Daher liegt mir dieses Thema so sehr am Herzen.

 

Fazit: Die Natur können wir gar nicht kaputt machen; Die wird sich immer wieder erholen. Der Wald kommt zurück, es wäre nur schön, wenn wir dann noch da sind.

Diese Aussage trifft es wohl am Besten: Die Natur wird immer irgendwie überleben, ob wir es auch tun ist fraglich.

Und genau das will uns Peter Wohlleben mit auf den Weg geben. Wir müssen viele Dinge mit ganz neuen Augen sehen. Nur dann wird es uns gelingen wirklich etwas zu verändern.

 

Bewertung:

Genre: 10 von 10 Punkte

Gesamt: 10 von 10 Punkte

 

 

 

Countdown (Horror/Thriller)

 

 

Regiedebüt von Justin Dec, bei dem eine neue Handy-App den Tod des Nutzers präzise voraussagt und es kein Entrinnen gibt.

 

Die junge Krankenschwester Quinn (Elizabeth Lail) hört von einem etwa gleichaltrigen Patienten von einer neuen und mysteriösen App, welche den eigenen Todeszeitpunkt vorhersagen soll. Ahnungslos lädt Sie sich die "Countdown-App" herunter, ohne dabei die Nutzungsbediengungen zu lesen. Das Ergebnis ist erschreckend: Quinn soll nur noch 3 Tage leben, während die Kollegen noch Jahrzehnte Lebenszeit haben sollen. Immer öfter sieht die junge Frau fiktive dunkle Gestalten und Dinge. Als dann der Patient an dem von der App vorhergesagten Tag wirklich stirbt, bekommt Quinn richtig Angst. Selbst ein neues Handy bringt keine Besserung, da sich die Countdown-App wie von selbst installiert hat. Zufällig tritt Matt (Jordan Calloway) in Quinn's Leben, der ebenfalls nur noch wenige Tage zu leben hat. Zusammen versuchen die beiden hinter das Geheimnis der App zu kommen und suchen einen Weg dem Albtraum zu entkommen. Denn auch Jordan (Talitha Bateman), die jüngere Schwester von Quinn, soll bald sterben...

 

Mit seinem Regiedebüt versucht Justin Dec eine Mischung aus "Happy Death Day" und "The Conjuring" zu kreieren, was mehr oder weniger gelungen ist. Ein ehrenwerter Versuch das Horror-Genre mit einem frischen und modernen Touch (eine App ist der Auslöser des Grauens, statt eines Hauses oder Puppe, und ohne festes "Zuhause") zu versehen wobei man ansonsten auf altbewärtes wie Jumpscares (die oftmals zu vorhersehbar sind) oder den (gruseligen) Handlungsverlauf bei Nacht/Dunkelheit setzt. Zwar wirkt die Handlung größtenteils durchdacht (mit wenigen Ausnahmen), fühlt sich jedoch eher platt und einfallslos. Das liegt auch daran, dass sich die Figuren mit zunehmender Dauer immer dämlicher verhalten und irrationaler handeln. Somit ergibt sich ein Spannungslevel im mittleren Bereich, wodurch die Geschichte recht vorhersehbar ist. Ein, zwei interessante Wendungen sind so nicht erwartbar. Die Schlussszene auf dem Friedhof deutet eine Fortsetzung an und die Abspannszene löst dann das Schicksal vom Handyladenbesitzer Derek auf, der sich wie Quinn, Jordan und Matt mehr Lebenszeit erschleichen wollte. Nach dem Fast-Komplettflop "The Grudge" endlich ein schaubarer Horrorfilm, trotz der Schwächen.

 

Drei Hauptdarsteller und einige Nebenfiguren bilden den Cast bei "Countdown". Besonders die (leider) zu kleinen Rollen von Derek (Tom Segura), den etwas arschigen und arroganten Handyladenbesitzer und Techniknerd, oder Pater John (P.J. Bryne), der besessen ist von Dämonen, Comics und einen total untypischen Geistlichen verkörpert (hört R'n'B und bestellt beim Lieferservice Essen) sind die am stärksten ausgearbeiteten Rollen. Die restlichen Nebenrollen sind komplett belanglos geschrieben. Obwohl die drei Hauptfiguren Quinn, Jordan und Matt erstaunlich viel Charaktertiefe und Hintergrundinfos im Drehbuch erhalten, wirken diese trotzdem recht uninspiriert und unnahbar. Auch hier bedient man sich Genretypischer Plots, da alle 3 eine schwierige Kindheit hatten bzw. ein traumatisches Erlebnis im Leben hatten. Quinn und Jordan haben Ihre Mutter verloren und geben sich jeweils selbst die Schuld daran, wodurch auch das Verhältniss untereinander zerrüttet ist. Bei Quinn kommt noch hinzu, dass Sie vom Stationsarzt Dr. Sullivan (Peter Facinelli) sexuell bedrängt wird (bei einem klärenden Gespräch mit der Geschäftsleitung wird Sie von Sullivan als Ausgangspunkt der Belästigung hingestellt und daraufhin entlassen). Im Laufe der Handlung finden die beiden Schwestern wieder zueinander und Quinn ist bereit sich für Jordan (und allen anderen App-Nutzern) zu opfern.

Matt, der seinen kleinen Bruder verloren hat, lernt Quinn in Dereks Laden kennen, da er die gleiche Idee hatte. Zusammen versuchen die beiden das Geheimnis der App zu erkunden und man verliebt sich ineinander. Obwohl er in Sicherheit ist (Salzkreis), lässt er sich vom Dämon austricksen (nimmt die Gestalt seines Bruders an) und stirbt so, wie es die App wollte.

 

Kostüme und Make-up sind, salopp ausgedrückt, Standard pur bzw. alltagstauglich. Etwas aus der Reihe tanzt Pater John, der gerne mal oben Ohne die Tür öffnet und Kruzefix-Tattoos hat. Die verschiedenen Dämonen/Geister sind meist dunkel gekleidet, mit gelben Augen und blutverschmierten Gesichtern. Diese wirken aber meist wenig gruselig, was sicherlich an der geringen Altersfreigabe (vorallem in den USA) liegen sollte.

 

Eher in einer typischen amerikanischen Kleinstadt spielend, präsentiert uns "Countdown" nichts spektakuläres was die Handlungsorte betrifft. Neben dem Krankenhaus spielt Geschichte noch in einer Kirche und diversen Wohnungen. Diese sind entsprechend des 21. Jahrhunderts technisch und optisch eingerichtet. Die Kamera ist stets auf das Geschehen fokussiert und liefert neben einigen (genretypischen) Winkeleinstellungen, bei denen man die Szenen mit einer (fiktiven) Gestalt filmt, die im nächsten Moment nicht mehr da zu sein scheint. Das ständige "Licht aus - Horror an" Spiel wird mit andauernder Filmlänge langweilig und öde, passieren doch alle gruseligen Szenen Nachts oder nach plötzlichen Stromausfällen. Immerhin kann die Lichtsetzung einige Glanzpunkte setzen. Die Effekte sind entsprechend auf die Altersfreigabe zugeschnitten und somit für eingefleischte Horrorfans eher müde gehalten und sind nichts, was man in zahllosen Vertretern des Teen-Horrors bereits zahlreich so gesehen hat. Ebenso durchschnittlich kann man den Schnitt der Bilder bezeichnen.

 

Die Hintergrundmusik ist wie der Name bereits ausdrückt, glücklicherweise, nur im Hintergrund zu hören. Dennoch gelingt es in zahlreichen Szenen mithilfe von beängstigend wirkenden Klängen eine düstere und beklemmende Atmosphäre zu schaffen. Dies stellt aber auch einen der wichtigsten Basics im Horror-Genre dar. Positiv hervorheben muss man die Szene als Quinn und Matt das Büro von Pater John betreten und dieser lautstark R'n'B-Musik hört, was so gar nicht nach Kirche klingt.

 

Fazit: Nachdem "The Grudge" derart enttäuschte und einen schlechten Start ins Horrorfilmjahr 2020 hingelegt hat, macht "Countdown" einen deutlich besseren Eindruck. Zwar ist vieles Durchschnitt und mitunter uninspiriert gehalten, kann man aber die Machart im Stille von "Happy Deathday" mit einer Prise "The Conjuring" positiv hervorheben. Ein generischer Teenie-Horror, der seinen Hauptfiguren immerhin etwas Tiefe gibt, und mit zwei Nebenrollen (die viel zu wenig Spielzeit haben) überzeugen kann.

 

 

 

Bewertung:

Genre: 6.5 von 10 Punkten

Gesamt: 6.5 von 10 Punkten

 

 

Bad Boys for Life (Action/Komödie)

 

 

Dritter Teil der "Bad Boys" Filmreihe mit Will Smith und Martin Lawrence in den Hauptrollen als Mike und Marcus.

 

Nach Jahren des gemeinsamen Ermittelns, inkl. vieler Toter, steht die Geburt von Marcus (Martin Lawrence) Enkelkindes an. Dieses Ereignis bringt den Cop zum Nachdenken ob es nicht Zeit wäre in Rente zu gehen. Seinem Partner Mike (Will Smith), der flotte Autos fährt und nur lose Beziehungen unterhält, missfallen diese Gedanken. Eines Tages wird Mike jedoch Opfer eines Attentats, was er nur knapp überlebt. Getrieben von Rache will er den Täter, der mittlerweile viele Weggefährten von Mike getötet hat, ausfindig machen. Marcus, mittlerweile im "Ruhestand" erklärt sich nach einigem Hin und Her doch dazu bereit, wieder ein "Bad Boy" zu sein. Zusammen mit einem kleinen Spezialteam um Rita (Paola Nunez) nehmen die beiden Cops die Ermittlungen auf. Es stellt sich heraus das die ehemalige Geliebte von Mike und Witwe eines Kartellboses, Isabel (Kate del Castillo), und deren Sohn Armando (Jacob Scipio) die Drahtzieher sind. Zudem will ein altes Geheimnis gelüftet werden.

 

17 Jahre nach "Bad Boys 2" nun also endlich Teil 3 der Actionkomödie-Reihe, und nicht der letzte. Teil 4 ist bereits in Vorproduktion und wird im Abspann auch mehr oder weniger deutlich angekündigt. Den beiden Regisseuren Adil El Arbi und Bilall Fallah ist nicht nur ein actionreicher , mit teils sehr humorvollen Momenten, sondern auch ein überraschend tiefgründiger Film gelungen. Sicherlich ist die Schlussszene im Hotel mit überhandnehmenden Schusswechseln und Explosionen etwas zu überdreht geraten (was man in den vorherigen Actionmomenten gedrungener und dadurch auch angenehmer insziniert) und an einigen Stellen hätte man vielleicht noch etwas tiefergründiger werden können, aber gesamtbetrachtet ist "Bad Boys 3" eine starke Fortsetzung. Neben den zahlreichen, durchaus auch brutalen und sehr blutigen Szenen (die auch ein FSK 18 verdient hätten), dürfen natürlich die bekannten und lustigen und vulgären Sprüche nicht fehlen, die sich Mike und Marcus sehr zur Freude des Publikums an den Kopf werfen. Unvergesslich dürfte sicherlich folgende Anmerkung von Marcus sein, die er im Flugzeug an Mike macht: "Wie kann man ohne Kondom eine Hexe f..... Mensch du musst das Ding doch einpacken". Hier dürfte der komplette Kinosaal brüllen vor Lachen. Gerade diese Momente sorgen in regelmäßigen Abständen immer wieder für eine (humorvolle) Pause der gezeigten Action. Neben unzähligen zum Lachen einladenden Dialogen überzeugen auch die diesmal zahlreichen ernsthaften bzw. emotionalen Unterhaltungen der beiden Figuren. Hier werden dann tiefgründige Themen wie Familie angesprochen, die darauf abziehlen, dass es auch ein Leben neben dem (gefährlichen) Job gibt. Obwohl es natürlich eine recht vorhersehbare Geschichte ist, gibt es doch ein paar sehr interessante Wendungen (hier möchte ich nicht spoilern) sowie Neuerungen (das junge Spezialteam), welche die Handlung doch etwas anders verlaufen lassen könnte. Kurz gesagt: eine sehr unterhaltsame Actionkomödie

 

Das man den beiden Hauptfiguren ein junges Team zur Seite stellt, bei dem besonders Nunez als deren Anführerin Rita überzeugen kann,  lässt die Aufmerksamkeit steigen, wie sich Mike und Marcus weiterentwickeln.

Während sein Partner bereits seit über 20 Jahren verheiratet ist, pflegt Mike den Lebenstil eines Draufgängers. Eine lose Affäre folgt auf die nächste und was Autos betrifft müssen es stets richtig flotte Sportwagen sein. Trotzalledem ist er ein Vollblutcop, dessen Zuhause die Straßen von Miami sind. Durch das Attentat schwer verletzt (und kurzzeitig auch tot) wächst in Ihm die Rache, den Schuldigen zu finden, koste es was es wolle. So wächst neben der Rache auch etwas Dunkles, dass immer mal wieder durchscheint (als er einen Informanten mit dem Hammer auf die Hand schlägt). Sein wiederholtes und immer emotionaleres Bitten bei Marcus führt dazu, dass dieser wieder in den Dienst zurückkehrt. Bemerkswert ist wie Will Smith in dieser Rolle jedes mal aufs neue richtig aufblüht. Man merkt Ihm die Freude in jedem Moment an, wodurch er seine Figur entsprechend stark verkörpert.

Erneut als Marcus ist Martin Lawrence zu sehen, der ebenfalls in dieser Rolle sein Können eindrucksvoll unter Beweis stellt. Etwas tollpattschig und irgendwie unter dem Pantoffel seiner Frau stehend möchte Marcus nach der Geburt seines Enkelkindes (das übrigens genau seinen Namen trägt) eigentlich in "Rente" gehen, was er auch nach dem Angriff auf Mike tut. Er ist täglich an dessen Krankenbett und fängt sogar wieder an zu beten (während der weiteren Handlung ersucht er immer wieder göttlichen Beistand und möchte eigentlich keine Gewalt mehr in die Welt tragen) Doch so recht gefällt Ihm die viele freie Zeit nicht und er macht sich sofort auf den Weg zu einem Informanten, der Ihn kontaktiert hat. Obwohl er und Mike ein perfektes Team sind informiert er stets die Einheit um zusätzliche Unterstützung zu haben.

 

Die Kameraarbeit überrascht mit tollen Bildern, bei denen vorallem die Luftaufnahmen von Miami zu den verschiedenen Tageszeiten und aus verschiedenen Einstellungen hervorstechen. Eine ruhige Kameraführung zeigt sich auch in den Verfolgungsszenen, von denen es einige gibt. Hier ist jedoch anzumerken das man unter Umständen zu viele Schnitte benutzt, wodurch einige Momente unsauber bzw. unvollständig aufgelöst werden. Die Effekte wirken bei diesem 90 Mio Dollar teurem Film soweit ganz in Ordnung; es sind jetzt keine besonders atemberaubende Explosionen dabei. Die gezeigten erfüllen den gewünschten Effekt, wobei ein paar vielleicht zu überdreht gehalten werden.

Das Szenenbild ist in teils kräftigen und zumeist hellen Farben gehalten und wechselt von der Großstadt Miami (Polizeirevier, Nachtclubs, Mike's Dachwohnung, Marcus' Haus) nach Mexiko Stadt (wo es weniger glanzvoll aussieht) und endet in dem heruntergekommenen Hotel. Die Gewaltszenen (Schießerein) werden teils sehr detailiert und ausführlich mit der Kamera festgehalten.

 

Beim Soundtrack bleibt vorallem der titelgebende Song von Inner Circle als absolutes Highlight im Gedächtnis. Dieser ist einerseits im Orginal zu hören und mehrfach als Gesangseinlage der Figuren. Die weitere Filmmusik ist teilweise sehr dominant und reicht von eher düsterern Klängen bishin zu elektronischer Tanzmusik, wodurch alle Paletten von Stimmungen und Gefühlen abgedeckt werden. Daneben sind vorallem auch die Geräusche der Motoren (Autos und Motorräder) deutlich wahrnehmbar, was etwas an "Fast&Furios" erinnert

 

Fazit: Sehr gelungener dritter Teil der "Bad Boys"- Filmreihe, der neben viel Action und lustigen Szenen auch in die erstaunlich Tiefgründig ist. Martin Lawrence und Will Smith versprühen immer noch den gleichen Charme und bilden ein perfektes Filmduo, dass sich wunderbar komische Sprüche um die Ohren haut und durch die Handlung kloppt und schießt.

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 8.5 von 10 Punkten

 

 

Freies Land (Krimi/Thriller)

 

 

Deutscher Krimi-Thriller, der 1992 in Ostdeutschland spielt. Dort müssen zwei Ermittler das Verschwinden von den einem Schwesternpaar aufklären.

 

Der aus Hamburg stammende und als schwierig geltende Ermittler Patrick Stein (Trystan Pütter) wird 1992 nach Ostdeutschland entsendet um dort zusammen mit dem ehemaligen Stasi-Mann und jetzigen Ermittlers Markus Bach (Felix Kramer) das Verschwinden zweier Schwestern aufzuklären. In der kleinen Ortschaft gehen die örtlichen Polizisten sowie die Anwohner davon aus, dass beide Mädchen in den Westen geflohen sind. Als man jedoch die Leichen in einem Kanal bei der Kläranlage findet (die auf Misshandlung und Vergewaltigung schließen lassen) gilt es den/die Mörder zu ermitteln. Dennoch scheint das im Ort niemand zu interessieren und man stößt auf Verschwiegenheit und Missgunst. Trotzdem decken die beiden grundverschiedenen Ermittler nach und nach ein Netzwerk von Schmugglern, Schleusern und Frauenhändlern auf. Somit werden auch weitere Fälle von spurlos verschwundenen jungen Frauen aufgeklärt.

 

Mit seinem Remake zu "La Isla Minima - Mörderland" zeigt Christian Alvart eindrucksvoll wie stark der deutsche Genrefilm im Jahr 2020 sein kann. Noch dazu mit einem Thriller/Krimi in Kombination  mit dem heiklen Thema "Ostdeutschland kurz nach der Wiedervereinigung", der auch einige witzige Szenen enthält (fast kindisch wirkende Schlägerei zwischen den Ermittlern auf der Straße). Entstanden ist ein von Anfang bis Ende spannender, packender, aufregender und intensiver Film, der den Zuschauer gebannt an die Leinwand fesselt. Wenn man nicht mal den Drang verspürt kurz mal auf die Uhr zu sehen, zeugt das von der Intensität der Handlung. Neben der konsequent eindringlichen Geschichte wird vorallem der Zustand der Region und die vorherrschende Hoffnungslosigkeit in Verbindung mit der Enttäuschung und Verbitterung der Menschen in Ostdeutschland kurz nach der Wende eindrucksvoll wiedergegeben und als elementärer Teil der Handlung gezeigt. Der anfangs einfache Fall, das spurlose Verschwinden von 2 Mädchen, wird nach und nach immer tiefgründiger und weitet sich zu einem immer größer werdenden Netz aus Korruption, Schmuggel, Missbrauch und Menschenhandel aus, ohne dabei die Realität zu verlassen. Die (heute noch) schwellenden Konflikte zwischen Ost und West erhalten punktuell immer wieder einprägsame Momente und machen die gesamten 129 Minuten authentisch und sehr nahbar. Gerade die Pausen zwischen u.a. einigen Verfolgungsjagden, in denen es deutlich ruhiger zugeht und das Tempo der Handlung verlangsamt wird, dürfen fast als Doku bezeichnet werden. Mit einigen offenen Fragen wird der Zuschauer dann aus dem Kino entlassen: Kehrt Patrick zu seiner Frau zurück? Stellt sich Markus seiner Vergangenheit?

 

Der West-Polizist Patrick ist vom Wesen her sehr ruhig und besonnen,  aber akribisch in seiner Arbeit. Er achtet auf jedes noch so kleine Detail, was bei den Ermittlungen sehr hilfreich ist. Mit seiner Frau erwartet er das erste gemeinsame Kind, kann aber zur Geburt nicht bei Ihr sein, da er den Fall erst abschließen muss. Immer wieder telefonieren beide und Sie drängt auf seine baldige Rückkehr. Mit den teils Stasiermittlungsmethoden von Markus kommt er anfangs gar nicht klar, merkt aber im Lauf der Handlung, dass diese doch zu Erfolgen führen. Trotzdem entwickelt sich eine Art tiefe Freundschaft, die jedoch Risse bekommt, als ein Reporter die brutale Vergangenheit von Markus augzeigt. Sowohl in Hamburg als auch beim zuständigen Polizeipräsidenten in Mecklenburg-Vorpommern ist Patrick wegen seiner speziellen Art unbeliebt.

Markus, ein ehemalliger Stasiermittler mit dunkler Vergangenheit, ist eigentlich das krasse Gegenteil zu Patrick. Er trinkt gerne über den Durst, isst in Übermaßen, ist Kettenraucher, treibt sich gerne auf Partys rum und trägt meistens eine Sonnenbrille. Zudem kann er ohne Medikamente (wohl gegen Angstzustände bzw. psychischer Probleme) den Tag nicht durchstehen. Seine unorthodoxen (Stasi-) Methoden um an Informationen zu kommen (er spendiert gerne Wodka, oder Abhören eines Telefons), tragen in der Regel Früchte. Kaltblütig tötet er den Entführer und Mörder der Mädchen und wirft Ihn dann in das Becken der Kläranlage.

Neben den beiden Hauptdarstellern kann der komplette Cast, bedingt auch  durch ausreichend Zeit für die Charaktertiefe der Figuren, mit einer tollen, authentischen Schauspielleistung überzeugen.

 

Bei den Kostümen fällt auf, das die Bewohner schlicht, teilweise sogar ärmlich gekleidet (aber entsprechend der Zeit und der Region) sind während die Ermittler und die Polizei deutlich vornehmer und edler gekleidet sind. Was noch auffällt ist die teilweise sehr freizügige Kleidung der jungen Mädchen.

 

Eine wirklich tolle Kameraarbeit, die eine schöne Mischung aus Nah- und Weitaufnahmen in Kombination mit Drohnenbildern liefert. Dabei wird vorallem das trostlose, winterliche Umland besonders intensiv hervorgehoben und heruntergekommene Häuser und Fabriken sowie rostige Schiffe wirken noch einen Tick realer. Zudem wird immer wieder zwischen ruhiger und heckischer Kameraführung (gerade bei den Verfolgungsszenen) gewechselt. Die Atmosphäre ist, auch durch die Jahreszeit, dunkel/düster, grau und leblos und damit perfekt zur damaligen Zeit gehalten. Die Misswirtschaft der DDR zeigt die Kamera mit löchrigen Straßen, leerstehenden Häusern und Müllhalden. Als harter Kontrast sind die Bilder zu werten, die man von Berlin sieht: modern, frisch, dynamisch, lebendig. All das was man im Osten nicht hat.

Das Hotel in dem Patrick und Markus leben hat den klangvollen Namen "Hotel Fortschritt" und das obwohl in den Zimmern noch DDR-Sprüche an den Wänden sind und die Technik veraltet ist. Auch fängt die Kamera noch alte Trabi-Polizeiwagen ein, die immer noch als Dienstwagen genutzt werden.

 

Abwechslungsreiche, meist düstere und bedrückende Melodien bilden die perfekte Begleitmusik zu der Handlung und den Bildern. Die Lautstärke ist stets im angenehmen Bereich womit das Gezeigte und die damit verbundene Atmosphäre begleitend unterstützt werden. Einzig die Partyszene am Ende bildet eine Ausnahme, da hier die Musik kurzzeitig im Vordergrund steht.

 

Fazit: Bestes deutsches Genrekino das vorallem mit spannender und extrem packender Handlung überzeugt. Die teils heute noch schwellenden innerdeutschen Konflikte werden hautnah und authentisch dargestellt, wie es die meisten Dokus nicht schaffen

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkte

Gesamt: 9 von 10 Punkte

 

 

1917 (Kriegsdrama)

 

 

Kriegsdrama über 2 britische Soldaten, die im ersten Weltkrieg auf eine scheinbar unlösbare Mission geschickt werden.

 

April 1917, der erste Weltkrieg tobt in Europa und befindet sich auf seinem grausamen Höhepunkt im Stellungskampf. Die beiden britischen Soldaten Schofield (George MacKay) und Blake (Dean-Charles Chapman) werden von General Erinmore (Colin Firth) mit einem dringlichen Auftrag bedacht. Beide sollen das zerbombte Niemandsland zwischen den Fronten durchqueren und eine Nachricht an ein weiteres britisches Bataillon übermitteln. Der für den nächsten Tag geplante Angriff auf die deutschen Truppen soll abgesagt werden, da neueste Luftaufklärung eine Falle vermuten lässt und somit 1500 Männer sinnlos sterben würden, darunter Blakes Bruder Leslie (Andrew Scott). Nachdem es anfangs recht gut vorangeht und die beiden Männer einen zerstörten Bauernhof erreichen stürzt dort ein deutsches Flugzeug ab. Der Pilot tötet Blake obwohl dieser Ihm helfen wollte. Trotz des Verlustes seines Freundes will Schofield den Auftrag zu Ende ausführen. Dabei erlebt er noch einige gefährliche Momente. Wird er es rechtzeitig zu dem Bataillon schaffen und 1500 Männer vor dem sicheren Tod retten?

 

Der Gewinn der Golden Globe-Trophäe als bester Film war zwar überraschend, aber irgendwie auch verdient. Sicherlich ist "Joker" ein ebenso intensiver und guter Film, aber vielleicht ist die Wahl von "1917" auch eine Art politisches Statement in Zeiten von steigender Angst vor neuen Kriegen. Auf jeden Fall kann Sam Mendes (u.a. Skyfall) mit seiner neuesten Regiearbeit vollends punkten. Authentisch, nahbar, eindringlich, intensiv, zuweilen emotional und teilweise brutal sind nur einige Ausdrücke, die dieses Kriegsdrama perfekt umschreiben. Von der ersten bis zu allerletzten Sekunde spannend und packend zieht "1917" den Zuschauer in seinen Bann und fesselt diesen mit einer drückenden, düsteren und beklemmenden Atmosphäre. Dabei stehen keine riesigen Schlachten und Kriegshandlungen im Vordergrund, sondern der Auftrag der beiden Soldaten und deren gefährlicher Weg, der nur wenige Kilometer beträgt, aber in den Wirren des Krieges unendlich lang werden kann, gerade wenn man weniger als 24 h Zeit hat. So ist der eigentliche Feind nicht mal die deutsche Armee, sondern der Faktor Zeit. Ein interessanter Ansatzpunkt, der hier um Welten besser umgesetzt wurde als bei "Midway" (2019). Trotz einiger kleiner Nebenstränge folgt die Handlung einer ganz klaren Linie vom Verlassen der eigenen Schutzgräben bishin zur Übergabe der Nachricht an General Erinmore. Trotz der durchweg überragenden Geschichte/Handlung gibt es einen kleinen "Kritikpunkt". Das mehrere deutsche Soldaten Schofield aus nächster Nähe nicht treffen ist etwas unrealistisch.

 

Während es bei Kriegsfilmen üblich ist die Szenerie in einem etwas größerem Abstand zu filmen, um die Gefechte mit den gewaltigen Explosionen bombastischer erscheinen zu lassen, geht Mendes zusammen mit Kameramann Roger Deakins einen ganz anderen Weg. Man begleitet die beiden Hauptfiguren stets aus nächster Entfernung (und das in einer Ruhe und Geradliniegkeit) und gibt so dem Zuschauer das Gefühl, als dritter im Bunde direkter Teilnehmer der Handlung zu sein. Trotzdem werden unzählige Details, wie etwa die Berge an verschossener Munition der Deutschen (Zeichen für den immensen Materialverbrauch), verwesende Pferde und Menschen im zerbombten Niemandsland oder die aufgeblähten Wasserleichen im Fluss in einer erschreckend authentischen Weise dargestellt, welche die unbegreifliche Brutalität des Krieges wiederspiegeln. Selbst so unscheinbar wirkende Tatsachen wie ein toter Hund oder eine tote Kuh sowie mutwillig gefällte Bäume, die die Straße blockieren sollen werden so in Szene gesetzt, dass der Zuschauer diese auch wahrnimmt. Besser kann man den Schrecken eines solchen Krieges nicht darstellen, sind es doch diese Bilder, welche die Soldaten (egal welchen Lagers) tagtäglich gesehen haben. Dazu gehören auch die Szenen im Lazarett, in dem die teils schwer verwundeten Soldaten vor Schmerz schreiend liegen und sterben.

 

Thomas Newman's Filmmusik wirkt immer dann sehr präsent und stimmig, wenn es nötig ist. Gerade die Szenen als die beiden Männer im Niemandsland sind werden nicht von Musik begleitet um einfach die vorherrschende Stille und Ruhe perfekt "hören" zu können. Andererseits schaffen es die Klänge die Atmosphäre und die Spannung in unzähligen Augenblicken in perfekt abgestimmter Klanglage und Lautstärke das Geschehen zu untermalen. Was Filme aus diesem Genre betrifft, einer der am bisher besten Soundtracks.

 

Wie bei Kriegsfilmen üblich ist der Cast riesig und mit vielen Komparsen bestückt. Diese und die eigentlichen Hauptakteure machen einen extrem guten Job und überzeugen auf ganzer Linie und lassen den Zuschauer auf erstaunlich reele Weise den Krieg fühlen.

Blake (von Dean-Charles Chapman verkörpert) ist ein junger Soldat, der einerseits ein etwas zu großes Ego und Mundwerk besitzt und dennoch naive Züge aufweist. Die an sich schwierige Mission will er fast schon unüberlegt angehen und unterschätzt die Gefahr. Schon kurz hinter der deutschen Linie sorgt diese Sorglosigkeit fast dafür, dass Schofield in einem deutschen Bunker stirbt. Als man den zerstörten Bauernhof erreicht glänzt Blake mit Fachwissen über Kirschen und man erfährt etwas über sein eigentliches Leben in England. Seine Naivität und Hilfsbereitschaft kostet Ihm schließlich das Leben.

Das komplette Gegenteil zu Blake ist Schofield (George MacKay). Dieser ist eher ruhig, insich gekehrt und macht nichts unüberlegt (im Lauf der Mission ändert sich dies aber). Schon nach kurzer Zeit ist er an der Hand verletzt (Stacheldraht) und entgeht nach einer Explosion nur knapp dem Tod. Der Verlust seines Freundes schmerzt Schofield anfangs sehr, hält Ihn aber nicht davon ab weiter zu machen. In der zerstörten und brennenden französischen Stadt zeigt er seine Hilfsbereitschaft gegenüber einer Französin und entgeht erneut nur knapp den Tod durch deutsche Soldaten. Ihm gelingt es das Bataillon zu erreichen, jedoch hat der Angriff bereits begonnen wird aber dann doch noch abgeblasen. Hier beweist er Heldenmut, als er unter Beschluss quer über das Schlachtfeld rennt.

Neben dem Setting sind die Kostüme und die komplette Ausstattung sehr authentisch und durchaus mit viel Liebe zum Detail gestaltet.

 

Fazit: Durch die Erzählungen seines Großvaters, der im ersten Weltkrieg kämpfte,  wurde Sam Mendes zu "1917" inspiriert, wodurch diese Geschichte einen wahren Kern erhält. Dabei handelt es sich keineswegs um eine Heldengeschichte, sondern um ein Erzählung über 2 junge Männer, denen es nur darum geht Ihre Kameraden zu retten.

Ein bildgewaltiger, atemberaubend spannender, berührender und bewegender (Anti)Kriegsfilm, den man unbedingt im Kino sehen muss

 

Bewertung:

Genre: 9.5 von 10 Punkten

Gesamt: 9.5 von 10 Punkten

 

 

 

Queen&Slim (Drama/Thriller)

 

 

Spielfilmdebüt von Regisseurin Melina Matsoukas (bekannt u.a. durch Ihre Musikvideos für Rihanna) über ein Afroamerikanisches Paar, die mit Rassismus und willkürlicher Polizeigewalt in den USA von heute zurecht kommen müssen. Starttermin in Deutschland: 09.01.2020

 

Nach einem eher enttäuschendem Tinder-Date möchte der Schuhverkäufer Ernest "Slim" (Daniel Kaluuya) die Anwältin Angela "Queen" (Jodie Turner-Smith) nach Hause fahren. Auf dem Weg dorthin gerraten beide in eine Polizeikontrolle. Aufgrund seiner leicht rassistischen und machtausnutzenden Einstellung sorgt Officer Reed (Sturgill Simpson) für die Eskalation der Situation. Er schießt Angela an und wird anschließend von Ernest aus Notwehr erschossen. Um nicht unschulig wegen Mordes verhaftet zu werden begeben sich  beide auf die Flucht nach New Orleans, zu Angelas Onkel Earl (Bokeem Woodbine). Dieser bietet für einige Zeit einen sicheren Unterschlupf und vermittelt eine Kontaktperson im Süden, damit beide nach Kuba fliehen können. In der Presse werden Ernest und Angela im folgenden als "Queen&Slim" bezeichnet und mit "Bonny&Clyde" verglichen. Es gelingt über Umwege den Flugplatz zu erreichen, wo aber bereits ein Großaufgebot der Polizei wartet und das flüchtige Paar erschießt: Beide wurden von einem schwarzen Drogenabhängigen verraten, der über 200 T Dollar Kopfgeld dafür kassiert hat. Fortan gelten "Queen" und "Slim" als Vorreiter im Kampf gegen Rassimus und Polizeigewalt.

 

Auch wenn wir es uns hier in Europa kaum vorstellen können, sind die Themen "Rassismus von Weißen gegen Schwarze" und "Polizeiwillkür gegen Schwarze" in den USA des Jahres 2019 ein großes und brandaktuelles Thema. Und genau dieses greift Regisseurin Matsoukas in Ihrem Spielfilmdebüt "Queen&Slim" auf. Zudem baut Sie geschickt noch einen weiteren, wichtigen Punkt ein: Radikalisierung der Jugend (Junior greift auf einer Demo einen Polizisten an und wird daraufhin erschossen). Dabei liegt der Fokus nicht auf einer Aneinanderreihung von brutaler und blutiger Gewalt, sondern erzählt von einer anfangs überstürzten Flucht zweier Menschen, die sich eigentlich nicht kennen. Nur vereinzelt, dafür aber schockierend, wird das Thema "Gewalt" gezeigt wodurch man diesen Film nicht als übermäßig brutal bezeichnen kann. Bis auf wenige Spannungsbögen hat die Handlung ein eher gemächliches Tempo und neigt doch an 2-3 Stellen, sich etwas zu sehr zu ziehen. 20-25 Minuten weniger Laufzeit und dafür etwas mehr Geschwindigkeit wären sicherlich angenehmer zum schauen gewesen. Positiv ist dennoch hervorzuheben, dass die authentische Darstellung der Figuren, die sich praktisch nicht kennen, in dem vorherrschenden System richtig gut gelungen ist. Je länger die Flucht dauert, desto mehr Risiko gehen die beiden ein und vertrauen zum Ende dann auch noch einem Mann (Bekannter eines Bekannten), der das Paar (man verliebt sich unterwegs ineinander) des Geldes wegen an die Polizei verrät. Der Tod beider Figuren hat dann etwas von Märtyrern.

 

Schauspielerisch können sowohl Kaluuya als "Slim" wie auch Turner-Smith als "Queen" durchaus überzeugen. Beide profitieren zudem von einem guten Drehbuch, dass der jeweiligen Figur genügend Charakterbildung/Charakterzeichnug und Entwicklung einräumt. Somit baut man zwangsläufig eine Bindung zu Ernest und Angela auf und deren Schicksal ist dem Zuschauer keinesfalls egal. Sie stehen symbolisch für den Kampf der Schwarzen gegen den immer weiter aufkommenden Rassimus und der ausufernden Polizeigewalt in Amerika. Während Ernest gerade zu Beginn ein wenig arrogant und von sich selbst überzeugt ist, kann man Angela als eine aufgeklärte und selbstbewusste junge Anwältin bezeichnen die offen Ihre Meinung vertritt und auf die Einhaltung der gültigen Gesetze plädiert. Im Laufe der gemeinsamen Flucht wird aus den "Fremden" immer mehr ein Liebespaar. Nach einer Zwangspause (das Fluchtauto ist defekt) kommt es dann auf einer einsamen Landstraße im Wagen zum Sex. Sinnbildlich für Ihre Liebe ist sicherlich die letzte Szene auf dem Flugfeld, bei der Slim seine tote Freundin in Richtung der Polizisten trägt und von mehreren Kugeln niedergestreckt wird.

 

Neben dem guten Drehbuch und Schauspielern kann die Kameraarbeit/das Szenenbild positiv überraschen. Die Flucht der beiden Figuren vom kalten Norden in den warmen Süden wird nicht nur mit interessanten Nebenschauplätzen (Countryclub oder Reitkoppel), sondern mit richtig schönen Bildern kleiner Städte, die abseits der großen Metropolen liegen, sowie der jeweils vorherrschenden Landschaften gezeigt. Diese sorgen natürlich für einen gewissen Retrofaktor, sieht man doch viele ältere Automodelle, eine alte Polaroidkamera und antik wirkende Schnurrtelefone und Musikautomaten. Gerade der Countryclub mit seiner Ausstattung ist authentisch gestaltet. Tat Radcliffe an der Kamera führt diese immer im richtigen Nah-Fern-Verhältnis zur Handlung und sorgt mit den Highwayaufnahmen für ein Freiheitsgefühl beim Zuschauer. Zudem fühlt sich die Geschichte überregional und weitläufig an. Ein tolles Licht-Schattenspiel mit entsprechend guter Ausleuchtung wirkt sehr angenehm beim schauen. Der besondere Eyecatcher ist definitiv Ernest im dunkelrotem Jogginganzug auf einem schneeweißen Pferd. Genau diese kleinen aber perfekt eingebauten Kontraste runden die Bilder ab.

 

Ein sehr Hip-Hop-lastiger Soundtrack, der mit einigen Country-Einlagen, für musikalische Abwechslung, vermischt ist, lädt zum grooven und mitwippen im Kinosessel ein. Mit einigen sehr ruhigen Balladen/Musikstücken werden die geschickt inszinierten emotionalen/intimen/persönlichen Momente perfekt unterlegt. Somit fügt sich die Musik nahtlos in die Handlung ein.

 

Fazit: Wer das Amerika von heute, mit all seinen Rassenkonflikten, verstehen will, muss sich "Queen&Slim" definitiv im Kino ansehen. Das die Geschichte aus Sicht der Schwarzen Bevölkerung erzählt wird und nicht aus einer objektiven, gibt dem ganzen Film eine ehrliche Art und lässt dem Zuschauer vieles verstehen was falsch läuft. Ab dem 09.01.2020 in den deutschen Kinos

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 7.5 von 10 Punkten

 

 

 

The Grudge (2020) (Horror)

 

 

Reboot der gleichnamigen Filmreihe, die mit dem Film "Der Fluch - The Grudge" 2004 als Neuverfilmung des japanischen Orginals "Juon: The Curse" ins Leben gerufen wurde.

 

Nach dem Tod Ihres Mannes zieht die Polizistin Muldoon (Andrea Riseborough) zusammen mit Ihrem Sohn in das kleine Städtchen Cross River. Schon bald muss Sie zusammen mit Ihrem Kollegen Goodman (Demian Bichir) zu einem mysteriösen Todesfall. In einem Wald wird eine verweste Frauenleiche in einem Auto gefunden. Diese scheint im Zusammenhang mit anderen Todesfällen der letzten Jahre zu stehen, die alle mit einem merkwürdigen Haus zu tun haben. Goodmans ehemaliger Partner Wilson (Wiliam Sadler) wurde durch diese Fälle bereits verrückt und sitzt in der Psychatrie. Davon unbeeindruckt und entgegen der Warnungen von Goodman ermittelt Muldoon trotzdem. Wie sich herausstellt war dies die falsche Entscheidung, denn das Böse in dem Haus macht nun Jagd auf die Polizistin.

 

Mit dem zweiten Remake des japanischen Orginals setzt Regisseur Nicolas Pesce mit einem kurzen Teaser zu Beginn zeitlich kurz vor dem 2004er Film an, um dann aber die Geschichte um Officer Muldoon im Jahr 2006 zu erzählen. Dabei wechselt der Filmemacher immer wieder die Zeitebenen und bindet die Storys der Toten, die über die zwei Jahre "Opfer" des Bösen wurden, in die Handlung mit ein. Somit bekommt man vier parallel erzählte Geschichten, bei denen der Zuschauer recht schnell den Zusammenhang erkennt. Durch teils sehr extreme Schnitte wird man aus der einen Handlung gerissen um in die nächste hingeworfen zu werden. Zwar laufen am Ende alle Stränge zu einem zusammen, da hat aber eigentlich jeder das Interesse bereits verloren. Mit 08/15 und wirklich für jedermann vorhersehbaren Jumpscares bekommt man trotz des vorhandenen Potentials nichts außergewöhnliches geboten, außer Langeweile und ein mehr als schwaches Ende. Entgegen aller bekannten Regeln aus diversen Filmen des Genres wird das Böse nicht durch ein "reinigendes Feuer" getötet, sondern findet mit Muldoon ein letztes Opfer. Dabei ist der Ansatz nicht mal schlecht, als man das Gefühl bekommt, der Geist will der Polizistin seine Taten einfach nur erklären und zeigt Ihr deshalb den Ablauf der einzelnen Tötungen. Immerhin sind die Schauspielleistungen in diesem "Grudge-Film" die bisher stärksten der Reihe.

 

Polizistin Muldoon, eine verwitwete Mutter die Ihren Sohn über alles liebt, sucht eine neue Umgebung um ein neues Leben zu beginnen. In dem Städtchen Cross River scheint Sie den perfekten Ort gefunden zu haben. Da Sie eine akribische und gründliche Beamtin ist, beginnt Sie fast zwanghaft in dem Fall der vielen ungeklärten Todesfälle zu ermitteln. Nachdem Muldoon im verfluchten Haus war beginnen bei Ihr immer häufiger auftretende grauenhafte Erscheinungen und Sie ist im Begiff den Verstand zu verlieren. Trotzdem hält Sie verbissen an Ihrer eigens aufgestellten Regel fest: wenn man Angst hat schließt man die Augen und zählt bis 5, danach ist alles wieder gut.

Detektiv Goodman, Ihr eher ruhiger und pragmatischer Kollege hat fast Angst vor den ungelösten Fällen. Schließlich ist sein ehemaliger Partner dadurch verrückt geworden. Obwohl er nicht an Geister glaubt hängen in seiner Wohnung Kreuze und er sieht sich religiöse Sendungen am TV an. Selbst einen kleiner Altar hat er in einem Zimmer stehen. Immer wieder macht er sich aber Vorwürfe, dass er seinen Kollegen nicht helfen konnte, weshalb er Muldoon trotz Bedenken bestmöglich in Ihren Ermittlungen unterstützt.

Gesamt betrachtet muss beim Cast erwähnt werden, dass alle Figuren erstaunlich viel Zeit für die Charaktertiefe und entsprechend Hintergrundinfos erhalten. Dadurch werden bsp Makler Peter und dessen schwangere Frau Nina (die ein behindertes Kind erwarten) für den Zuschauer deutlich greifbarer.

 

Die Wahl der Kostüme ist schlicht gehalten, teilweise aber in Richtung Oldfashend während beim Make-up besonders die aufwendig gestalteten Leichen und deren Verwesungsgrade positiv hervorstechen. Auch die "neuen" Geister wirken zeitweise sehr gruselig gestaltet, wenngleich der Effekt durch vorhersehbare Jumpscares verpufft.

 

Die Kameraarbeit ist soweit ganz ordentlich und filmt viele Momente aus tollen (verzehrten) Blickwinkeln. Auch das recht düster und dunkel mitunter regnerische Szenenbild, was zuminderst hier und da für eine gedrungene Stimmung sorgt, kommt somit größtenteils zur Geltung. Da sich die gruseligen Momente immer in der Dunkelheit abspielen und wie bereits erwähnt vorhersehbar sind, können die Effekte kaum bis gar nicht zünden.

Das Horrorhaus ist teils sehr detailreich eingerichtet und weißt entsprechend seines Alters, der Zeit (2006) und Bewohner viel ältere Technik wie Schnurtelefon, Klapphandy, Röhrenfernseher und im Revier Überwachungskameras bei denen das Bild noch flimmert auf.

 

Die beleitende Hintergrundmusik ist durchweg düster und schaurig gehalten. Auch hier verpufft der Schockeffekt, den die Musik versucht mit vorzubereiten, komplett.

So wirken die Melodien wie in jedem anderen Film aus dem Horrorgenre und können keine speziellen Momente prägen.

 

Fazit: Ein extrem vorhersehbares, langweiliges Remake der "Grudge"-Reihe, das immerhin mit guter Schauspielleistung und deutlich mehr Charaktertiefe der Figuren nicht zum Totalausfall wird. Dennoch ein (leider) sehr schwacher Start in das Horrorfilmjahr 2022

 

 

Bewertung:

Genre: 5 von 10 Punkte

Gesamt: 4.5 von 10 Punkte

 

 

Knives Out (Krimi/Thriller)

 

 

Starbesetzer Krimi mit Thriller- und Komödienelementen im Stille von "Mord im Orientexpress" oder Agatha Christie's Romane

 

Der bekannte und erfolgreiche Krimiautor Harlan Thrombey (Christopher Plummer) wird am Morgen nach seinem 85. Geburtstag tot on seinem Zimmer gefunden. Alles deutet auf Selbstmord hin, trotzdem ermittelt die Polizei in Form der beiden Beamten Elliot (Keith Stanfield) und Wagner (Noah Segan) zusammen mit dem Privatdetektiv Benoit Blanc (Daniel Craig) wegen Mordes. Durch Befragungen der einzelnen Familienmitglieder stellt sich heraus, dass jeder der anwesenden Personen der Täter sein könnte, inkl. der Haushälterin und der Pflegerin Marta (Ana de Armas). Blanc enthüllt unzählige Verschwörungen, Geheimnisse und Lügen innerhalb der Familie. Als dann Marta im Testament als Alleinerbin genannt wird, eskaliert die Situation vollkommen. Der einzige mit kühlem Kopf ist Detektiv Blanc, der den Fall aufklären kann.

 

Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson (u.a. Star Wars - Die letzten Jedi) liefert den Zuschauern einen durchgehend spannenden und vielfach unvorhersehbaren Krimi, der durchweg unterhaltsam ist und eine Menge Spaß verbreitet. Dabei verbindet der Filmemacher eine Art "Mord im Orientexpress" mit Agatha Christie in harmonischer sowie perfekt ergänzender Weise. Durch geschickt eingebaute Lachmomente wird das recht ernste Thema "Krimithriller" für ein breites Publikum zugänglich gemacht. Dies zeigt sich deutlich in den weltweiten Einspielergebnissen (Allein in den USA bereits über 100 Mio US-Dollar). Die Familie des Opfers wird, auch durch viele kleine Anspielungen auf die jeweiligen Geheimnisse (bsp. Enkel Jacob zeigt Anzeichen, das er ein Nationalsozialist ist), als intrigant, selbstzerfleischend und mit Lügen durchzogen so gut dargestellt, sodass es kaum besser umsetzbar ist. Während die einzelnen Familienmitglieder beim Verhör Ihre eigenen Versionen des Abends erzählen, wird ein Teaser gezeigt wie es tatsächlich war. Somit erfährt der Zuschauer auch recht zeitig, den augenscheinlich einzig wahren Ablauf, der zum Ableben von Harlan führte. Die Spannung fällt jedoch keinesfalls ab, da Johnson das perfide Spiel perfekt weiterspielt und der Handlung nach und nach immer mehr einzelne Details zur Feier verleiht (die Teaser werden immer genauer und auch räumlich rückt man näher ans tatsächliche Geschehen). Diese Liebe für die kleinen, teils unauffälligen und banal wirkenden Dinge gipfelt in der letzten Szene als Marta am Balkon steht mit einer Tasse, welche einen interessanten Aufdruck hat, in der Hand hält. Diese sieht man ebenfalls in der ersten Szene (mehr wird nicht verraten).

 

Der sehr große Cast könnte beim Betrachter zu einem Gefühl von Unübersichtlichkeit führen, was jedoch keineswegs der Fall ist. Alle Akteure verleihen Ihren Figuren eine tolle Authenzität und vorallem Tiefe. Somit werden die jeweiligen Charaktereigenschaften bestens verkörpert und dargestellt. Chris Evans als Enkel Ransom hütet ein Geheimnis und wirkt extrem arrogant und egoistisch; Jamie Lee Curtis spielt die älterste Tochter Linda, die erfolgreich ein Unternehmen leitet, aber dennoch beim Erbe absahnen möchte; Detektiv Blanc, der stets auf Details achtet und seine Ermittlungen penibel genau führt, wird anonym gebeten den Fall zu untersuchen. Seine Ermittlungsmethoden haben Ihn berühmt gemacht und sie helfen Ihm auch diesmal wieder den verzwickten Fall zu lösen. Mit dieser Rolle zeigt Daniel Craig erneut sein Geschick, anspruchsvolle Rollen zu verkörpern und dabei eine Ruhe und Präsenz zu zeigen, ohne überheblich oder arrogant zu wirken.

Die zweite Hauptrolle, die Figur der Pflegerin Marta, nimmt Ana de Armas ein. Die aus Südamerika stammende Marta hat sich durch Ihre offene und freundliche Art in das Herz von Harlan gearbeitet und gilt als seine Freundin. Zu Ihren besonderen Fähigkeiten gehört es einerseits, dass Sie aufgrund eines "guten Herzens" jedem Menschen in Not hilft (selbst der Haushälterin, welche Marta erpresst hat) und andererseits den Drang bei einer Lüge sich übergeben zu müssen. Gerade letzteres ist am Ende der Schlüssel zur Aufklärung des Falls.

 

Dem Genre entsprechend ist die Kameraarbeit von Steve Yedlin, der mit sehr ruhiger Hand sein Arbeitsgerät durch die Geschichte führt. Abwechselnd hält die Kamera direkt auf die einzelnen Figuren zu, um in der nächsten Szene aus größerer Entfernung die Handlung zu filmen. Dadurch sind oftmals alle anwesenden Familienmitglieder zu sehen und deren Reaktionen. Besonders hervorzuheben ist die Lichtsetzung bzw. Ausleuchtung des Settings. Bestes Beispiel ist das spontane Verhör von Marta durch Blanc nachts auf der Terrasse, bei der der Detektiv aus dem Schatten tritt um von einer Außenleuchte perfekt angeleuchtet zu werden.

Die bereits erwähnten Details in der Handlung spiegeln sich auch in der Kameraarbeit wieder. In den ersten Momenten begleitet Yedlin die Haushälterin auf der Suche nach Harlan, wobei er die einzelnen Räume sehr genau und umfassend filmt. Höhepunkt ist sicherlich das mehrfach zu sehenden "Sonnenrad" voller Messer.

 

Die Filmmusik ist recht dezent gehalten und untermalt die Geschichte mit ruhigen Klängen, aber auch rasanten Melodien (besonders in der Verfolgungsszene auf dem Highway). Zudem gelingt es durch mysteriös klingende Töne in einigen Momenten beim Zuschauer ein Gefühl von "Halt, hier stimmt doch etwas nicht. Die Handlung muss anders verlaufen sein" hervorzurufen.

 

Fazit: Gleich zu Jahresbeginn sorgt der Krimi "Knives Out" für ein Highlight, das die Messlatte schonmal sehr hoch legt. Ein spannender, unterhaltsamer und detailreicher Film, der durch sein durchdachtes und ausgreiftes Drehbuch überzeugen kann. Der mit einigen Stars gespickte Cast macht seine Sache exzellent und verleiht den Figuren die nötige Tiefe und Präsenz

 

 

Bewertung:

Genre: 9 von 10 Punkten

Gesamt: 9 von 10 Punkten

 

 

 

Drudenherz (Mystery-Thriller)

 

 

Filmprojekt von Autor Hubertus Hinse zu seinem gleichnamigen Buch über Oberpfälzer und Bayerische Wesen, Sagen und Legenden

 

Auf dem Hof von Jungbäuerin Franziska (Anja Ibler) passieren plötzlich merkwürdige Dinge: Hühner werden zerfetzt, nachts gibt es laute Schreie und es kommt zu Vandalismus. Will Ihr etwa der Bauunternehmer Schorsch (Christoph Baierl) übel mitspielen, weil Sie den Hof nicht verkaufen will? Neben der Polizei ermittelt auch Hias (Alex Karrasch) vom Nittendorfer Ordnungsamt in diesem Fall. Anfangs kann er sich die Vorfälle nicht erklären und die Hinweise, es könnte sich um Wesen (Bilmesschnitter) aus den alten Sagen und Mythen handeln, belächelt er. Als er dann aber auf einen mysteriösen jungen Mann (Ole Bosse) trifft, der wirres Zeug zu reden scheint und Hias immer wieder nach Erscheinungen fragt, beginnt dieser nachzuforschen. So taucht der anfangs ahnungslose Hias immer tiefer in die Welt der Hexen, Moosmänner, Druden, Wasserfrauen und Geister aus den alten Sagen und Legenden der Oberpfalz und Ostbayern ein. Und was hat Rosalie (Jessica Schilling) mit all dem zu tun?

 

Viel Herzblut, Liebe und Arbeit sowie private Mittel hat Autor/Drehbuchautor/Regisseur Hubertus Hirse in dieses Projekt gesteckt. 2 Jahre nach erscheinen des gleichnamigen Romanes nun der Film über die alten Geschichten/Sagen über Wesen, Hexen, Druden, Holzhetzer, uvm. der Oberpflaz bzw. Ostbayerns. Anfangs eher ein Krimi entwickelt sich die Geschichte recht schnell zu einem Thriller mit Fantasy-Elementen und kleinen Einflüssen eines Liebesdramas. Durchweg unterhaltsam zieht die Handlung am Zuschauer vorrüber, hat aber ein paar kleine Schwächen. Unter Umständen hat man sich zu vielen Mythen und Sagen angenommen, sodass es kurze Passagen gibt, die etwas verwirrend wirken. Durch regelmäßige Rückblicke in das frühe Mittelalter wird die wahre Geschichte vom Feilenhauer und Rosalie sehr bildhaft und ausführlich erläutert. Meiner Meinung nach wäre es aber verständlicher gewesen, diese Vorgeschichte an den Anfang des Films zu stellen. So erfährt der Zuschauer erst recht spät warum Rosalie zur Drude wurde. Dafür kommt es im weiteren Handlungsverlauf zu interessanten Wendungen und der wahre Bösewicht wird enthüllt. Größtenteils im oberpfälzer Dialekt gehalten wirken die Dialoge hier und da etwas zu überdreht und eher unpassend in der Ausdrucksweise (Mimik, Gestik), werden aber mit der Figur des Ostdeutschen Polizisten (mit entsprechendem Dialekt) immer wieder auf sehr heitere Weise aufgewertet.

 

Der Cast, der ausschließlich aus Theaterschauspielern, bzw. Laiendarstellern besteht überzeugt durch seinen immensen Einsatz von Herzblut und Mühe. Jedem ist der Spaß an diesem Projekt anzumerken und daher wird auch niemand speziell hervorgehoben, da es den anderen gegenüber nicht fair wäre. Dadurch das es sich um Darsteller aus der Region handelt, wirken die Figuren zu 100% authentisch und die Menschen aus diesem Teil Bayerns werden bestmöglich abgebildet.

Kostüme und Make-up sind entsprechend der Zeit, in der die Handlung gerade spielt und der Region. Gerade die Kleider aus der Mittelalterzeit sind teilweise sehr aufwendig und farbenfroh gestaltet.

 

Trotz der nicht/kaum vorhandenen Mittel wirkt die Kameraarbeit bzw. Kameraführung sehr professionel und im Rahmen der Möglichkeiten hochwertig. Außerdem kann der Schnitt überzeugen sowie die teils sehr guten Effekte. In einigen Low-Budget-Filmen sind gerade diese beiden Punkte deutlich schwächer, obwohl dort sicherlich Leute am Werk sind, die weitaus erfahrener sind. Besondere Highlights sind die Luftaufnahmen (mit einer Drohne gefilmt) von Regensburg und den Burgen, die in recht hoher Bildqualität wiedergegeben werden; wie übrigens der komplette Film. Sicherlich macht sich an einigen Stellen die fehlende Profiausrüstung bemerkbar, was jedoch angesichts des Hintergrunds kein negativer Punkt ist.

 

Die Filmmusik stellt eine Mischung aus mystischen, geheimnissvollen und regionalen Klängen dar und ist stellenweise mit Elementen aus dem Fantasybereich angehaucht. Eine wiederkehrende, einprägsame und eingängige Melodie ist Hauptbestandteil des Soundtracks. Insgesamt passend zur Atmosphäre und der Geschichte ist die Musik an ein paar Stellen zu laut und dominant (fehlende Feinabstimmung).

 

Fazit: Trotz ein paar kleinerer Schwächen (es ist nunmal eine Eigenproduktion mit wenigen Mitteln) überwiegen am Ende die positiven Punkte deutlich. Zudem kommt der Faktor "Herzblut" lobend hinzu, der über vieles hinwegschauen lässt. Ein solches Projekt in Eigenregie und mit viel privaten Mitteln sowie immens viel Freizeit au diese tolle Weise umzusetzen sollte nicht aufgrund von kleinen Details schlecht geredet werden. Ich hatte während der gesamten Laufzeit sehr viel Freude an "Drudenherz", an der Geschichte und den gezeigten Handlungsorten (Nittendorf/Burg Leuchtenberg/Burg Stockenfels/Regensburg). Wie "Wackersdorf" ein Film, der für jeden Oberpfälzer ein MUSS ist

 

Bewertung:

Genre: 8 von 10 Punkten

Gesamt: 8 von 10 Punkten